Posts from Igor07 in thread „Buddhismus und Religion“

    Wenn alles Dukkha ist, also auch der Pfad, dann hat man kein Mittel, die wahren Beendigungen zu erreichen. Zu sagen, auch der Pfad ist Dukkha, bedeutet zu sagen, dass das Medikament Krankheit ist.

    Der Achtfache Pfad ist für diejenigen vorgesehen, die Dukkha als Daseinsmerkmal wahrnehmen und betrachten. Nur der Erwachte braucht keinen Pfad (kein berüchtigtes Floß) mehr.

    Obwohl Bhikkhu Anālayo schreibt, dass, wie der Buddha, so auch die Arahat-s weiterhin praktiziert hätten – zum Spaß?

    Ich frage Sie nach, dann würde ich mich melden, versprochen.

    Igor07 Ich bin etwas überrascht das von dir so zu lesen. Dukkha hat ja Ursachen nach den 4 edlen Wahrheiten. Entsprechend ist Dukkha ein Feuer dem man den Brennstoff entziehen kann. Der buddhistische Pfad ist ja kein Pfad in dem man lernt das Dukkha klagloser zu erleiden, sondern ein Weg der Befreiung vom leidvollen.

    pano

    Ich bin aber überrascht von deiner Reaktion.


    Nicht reaktiv, sondern angemessen zur Situation zu handeln, würde jegliches Dukkha mildern. Dukkha kann man als die tief verwurzelte konditionierte Muster ( Pattern) zu betrachten. Nach Buddhadasa Bhikkhu ist Nirvana der normale Zustand innerer Abgekühltheit und Ruhe. Wenn die traditionelle Auslegung es anders sieht, ist das nicht mein Problem, mein Lieber. Wenn alles, absolut alles im Leben, Dukkha ausmacht, dann sollte man sich fragen, was vom Leben überhaupt übrig bleibt. Eher der Tod? Tja, der ist immer todsicher. Lieber Grüß.


    P.S.

    Frei von Dukkha zu sein bedeutet für mich persönliche innere Freiheit( frei von "Ich" und "Mein"), die ich durch Cetana bestimme. Doch Alter, Krankheit und Tod bleiben bestehen, wie sie sind. Es hängt davon ab, wie man die Begriffe Dukkha oder Nirvana übersetzt und interpretiert.

    dukkha beschreibt eine Erfahrung, die jeder Mensch unabhängig von religiösen Überzeugungen machen kann: Vergänglichkeit, Schmerz, Unzufriedenheit. Deshalb ist dukkha eine universelle Beschreibung der menschlichen Existenz und hat nichts mit Religion zu tun. Es handelt sich um eine philosophische Interpretationen unseres Daseins, eine psychologische Tatsache.

    Psychologisch betrachtet ergibt es keinen Sinn, dukkha auszulöschen; das würde bedeuten, das Leben, wie es ist, auszulöschen. Aber man kann lernen, besser mit dem Leiden umzugehen, wenn man dem achtgliedrigen Pfad folgt.

    Die Frage, was zuerst war – die Materie oder der Geist – kann mit der Frage verglichen werden, was zuerst war – die Henne oder das Ei.

    Beide Fragen basieren auf einem Missverständnis.
    Da wo Geist ist, ist er nicht auf Grundlage einer beliebigen Materie-Konfiguration entstanden, sondern nur gemeinsam mit einer speziellen Materie-Struktur.
    Ebenso verhält es sich mit Henne und Hühnerei (mit Schale): Irgendwann weit zurück in der Evolution fand der Übergang aquatischer Wirbeltiere zu ausschließlich landlebenden Wirbeltieren statt und einer dieser Vorfahren, die Amnioten, (diese spezielle Materie-Struktur) erlangte und vererbte die Fähigkeit austrocknungsresistente Eier (mit Schale) zu produzieren. Also auch ein Zusammenentstehen.

    Metta


    Was ich gemeint hatte, kann man besser im Sinne von Nagarjuna (MMK) verstehen. Das war nicht buchstäblich gemeint. Man kann es anders ausdrücken: Nāma-rūpa bedingt das Bewusstsein und umgekehrt. Das sind wie zwei Seiten derselben Medaille. Also, die Realität ist nicht dual, aber wir zerschneiden sie wie eine Torte; dann haben wir auf der einen Seite Samsara, auf der anderen Seite Nirvana, wie wenn man in der Gestalttherapie entweder die Vase oder zwei Gesichter sieht. Ein anderes Beispiel wäre das Photon: Es kann entweder als Welle oder als Teilchen erscheinen.

    Ein letzter Fall, um es klarer zu machen: Gehirn und Bewusstsein kann man als zwei Komponenten betrachten, aber das eine existiert nicht ohne das andere; beide sind wie Teil-Anteile, die nicht selbständig funktionieren können. So wie Seher & Sehen.. usw.

    Ich denke, damit würde man die vierte Wahrheit so abändern, dass der Weg zur Verringerung der Leiden führt, aber nicht zur Auslöschung. Mehr nicht.

    Michael Haardt .


    Es kommt darauf an, wie man den Begriff "Auslöschung" übersetzt oder interpretiert. Wenn wir innerlich abgekühlt sind, frei von Hass, Gier und Verblendung, wie das kühle Essen, dann entstehen die Augenblicke von Nirvana, die frei von den reaktiven Mustern sind, die meistens unser ganzes Leben bestimmen. Dann braucht man keine Auslöschung nach dem Tod oder im Jenseits. Aber man entzieht dem Feuer den Brennstoff, sodass es erlischt. Und wenn es anders wäre, wären wir schier verrückt.

    Mir ist der Zusammenhang zwischen dem, was ich schrieb, und Deinem Artikel nicht klar, aber ich denke nicht, dass es wissenschaftlicher Konsens ist, dass die Karmaformation das Entstehen des Bewusstseins bedingt, was Teil der Abhängigkeitskette ist.

    Und:


    Buddhismus ist eine Religion. Zugegeben eine, in der man sehr wenig glauben muss, und in der sehr viel Logik und Wissenschaft steckt, aber eben nicht nur.

    Lieber Michael,

    der Buddhismus kann als unmittelbare innere Erfahrung betrachtet werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich an alles glauben sollte, was in den heiligen Texten steht. Das Schlüsselwort ist "Qualia". Soweit ich weiß, hat die moderne Wissenschaft des Geistes noch keine Lösung für dieses Problem gefunden, aber das Erlebnis ist real. Das Bewusstsein ist ebenfalls ein abhängig entstandenes Phänomen. Die Frage, was zuerst war – die Materie oder der Geist – kann mit der Frage verglichen werden, was zuerst war – die Henne oder das Ei.

    Liebe Grüße.

    Im Buddhismus sind das Karma, die Wiedergeburt und der Glauben an die Existenz des Erwachens. Lässt man das weg, wäre es meiner Meinung nach keine Religion mehr, aber auch kein Buddhismus.

    Ich denke, das Entstehen in Abhängigkeit (Paticcasamuppāda) ist so universell wie das Gesetz der Gravitation, und genau das bildet den Kern des Buddhismus. Darüber sind sich sowohl der säkulare Buddhismus als auch die traditionelle Theravāda-Tradition einig. Konzepte wie Wiedergeburt, Karma und das Leben nach dem Tod kann man sich wirklich ersparen. Jeder Wissenschaftler sagt, dass das bedingte Entstehen der Realität entspricht. Es ist bestimmt kein "Opium für das arme Volk", um Karl Marx zu zitieren.