Früher wurden Naturkräfte und Kräfte in der Seele Göttern, Engeln oder Dämonen zugeschrieben. Oft sind die Metaphern und Bilder, durch die sie zum Ausdruck gebracht wurden und werden, tief mit der kollektiven Psyche des jeweiligen Kulturkreises – zum Teil auch mit der kollektiven Psyche der gesamten Menschheit – verbunden. Das bedeutet, dass Menschen anhand dieser Bilder und Metaphern Anhaltspunkte, Methoden und Strategien finden, um Einfluss auf die psychischen Kräfte zu nehmen, von denen sie beherrscht zu werden drohen – und damit auch auf die Mitwelt, die nicht nur davon gestaltet, sondern auch von diesen Kräften beherrscht wird.
Nun ist es mit der Religion so, wie mit einem Medikament: je weniger ich daran glaube, desto weniger wirkt es. Das ist selbst bei Medikamenten der Schulmedizin so (interessanter Artikel dazu). Erst recht bei Mitteln, die nach bisherigen (!) naturwissenschaftlichen Kriterien keine objektiv messbare Wirkung haben.
Natürlich wissen wir noch viel zu wenig, als dass die Naturwissenschaft unsere Existenz oder die Welt in letzter Konsequenz schlüssig erklären könnte. Dennoch befinden sich die Bildersysteme der Religionen immer in Konkurrenz mit dem, was noch glaubhaft ist und was nicht mehr. Diese Konkurrenz verändert und entwickelt die Religionen auf lange Sicht. Methoden und Strategien, mit den Kräften der inneren und der äußeren Welt umzugehen, ändern sich mit unserem Wissen über diese Kräfte, und so ändern sich auch die Bilder und Metaphern der Religionen. Irgendwann, in vielen tausend Jahren wird es wahrscheinlich keinen Unterschied mehr geben zwischen Religion und Wissenschaft, weil Menschen erkannt haben und wissen, was das Wunder des Seins möglich macht, ohne auf Ahnungen oder Bilder zurückgreifen zu müssen. Das ist keine Entzauberung der Wirklichkeit, wie sie durch die "rationalen" Weltbilder der Gegenwart geschieht. Im Gegenteil. All das, was die Religionen nur ahnen, wovon sie nur stammeln können, weil wir noch zu wenig wissen, wird dann Teil der Wissenschaft sein. Religion wird wissenschaftlicher und Wissenschaft wird religiöser, weil letztere dann immer mehr dazu beitragen kann, die inneren und äußeren Kräfte, die unser Sein bestimmen, günstig zu beeinflussen und zu verstehen. Bisher macht das noch in vielen Fällen die Religion.
Der Buddhismus ist eine Religion, weil viele Teile seiner Lehre ins Unbekannte münden, zu dem die Wissenschaft noch keinen Zugang hat. Er arbeitet mit Bildern und Metaphern, die Kräfte in uns adressierbar und beeinflussbar machen. Nicht zuletzt – und das finde ich besonders wertvoll – öffnet der Buddhismus mir die Augen, welchem Wunder ich gegenüberstehe, indem etwas ist und nicht nichts.