Posts from Michael Haardt in thread „Buddhismus und Religion“

    Elliot Wenn man den Glauben an den Weg zur Beendigung oder das Auslöschen von Dukkha herausnimmt, bleibt meiner Meinung nach nichts Religiöses mehr in MN 141 übrig. Die Terminologie ist wirklich schwierig, aber ich denke, dass alles sonst im Einklang mit moderner Psychologie steht. Es ist schlüssig und passt zu meiner Lebenserfahrung.

    Elliot Ich denke, damit würde man die vierte Wahrheit so abändern, dass der Weg zur Verringerung der Leiden führt, aber nicht zur Auslöschung. Mehr nicht. Aber das ist so elementar, dass ich es nicht mehr Buddhismus nennen würde, auch wenn sich im Grunde im Leben sonst nichts ändert. Finde ich wenigstens. Es wird ja ziemlich klar benannt, wie selten das Erwachen ist (ein Mensch pro Jahrhundert?). Umgedreht ist der Weg nicht weniger lohnend.


    Was die Gruppen angeht, so ist das für mich die Unterscheidung zwischen Religion und Kirche. Kirchen, also organisierte Glaubensgemeinschaften, werden in den besten Absichten gegründet, aber oft nimmt dann doch die Politik oberhand, genau wie bei organisierten Gemeinschaften für weltliche Zwecke. Das hat nichts mit der Religion zu tun.

    Mir ist der Zusammenhang zwischen dem, was ich schrieb, und Deinem Artikel nicht klar, aber ich denke nicht, dass es wissenschaftlicher Konsens ist, dass die Karmaformation das Entstehen des Bewusstseins bedingt, was Teil der Abhängigkeitskette ist.


    Was Karl Marx da sagt, ist seine Ansicht, der man wissenschaftlich durchaus widersprechen kann. Es ist eine sehr offene Frage, warum es Religiosität gibt und die Versuche von Antworten sind erheblich komplexer und weit weg von Marx' Theorien über das Volk.


    Religion und, damit eng verbunden, Glauben, halte ich nicht für problematisch. Gruppendynamik und daraus entstehende Subkulturen sind es hingegen oft. Ohne dass es uns klar ist, glauben wir eine ganze Menge. Wenn Du die Wissenschaft hochhältst, dann glaubst Du, dass das Licht der Sonne wellenförmige Wahrscheinlichkeitsfelder quantisierter Interaktion sind. Wenn Dir davon warm wird, dann weil Du in Mathematik stehst - und diese Felder sind Teil unserer makroskopischen Welt und verschwinden bei einer Interaktion sofort, d.h. nicht nur mit Lichtgeschwindigkeit. Das nagt sehr am makroskopischen Realitätsbegriff. Wir glauben das, weil Physiker es sagen und sie einen Haufen guter Gründe dafür haben, und uns ähnlich wie Buddha nahelegen, Physik selbst zu verstehen, statt sie als Magier anzusehen.


    Buddhismus ist eine Religion. Zugegeben eine, in der man sehr wenig glauben muss, und in der sehr viel Logik und Wissenschaft steckt, aber eben nicht nur.

    Religion ist ein sozialer Ausdruck von Gefühlen und Gedanken, in dem die Erklärung von Übernatürlichem eine wichtige Rolle spielt, und da Letzteres halt jenseits der Wissenschaft liegt, ist es Glauben und nicht Wissen. Im Buddhismus sind das Karma, die Wiedergeburt und der Glauben an die Existenz des Erwachens. Lässt man das weg, wäre es meiner Meinung nach keine Religion mehr, aber auch kein Buddhismus.