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Mich persönlich würde es nicht überraschen, wenn man Ikeda somit als Buddha deklariert sei es zu seinen Lebzeiten oder nicht.
Dazu fallen mir drei Gedanken ein: Erstens: Im tantrischen Buddhismus Tibets gibt es sehr viele Personen, von denen angenommen wir, dass es sich um Buddhas (bzw. um Bodhisattvas) handelt. Dazu zählen die beiden aktuellen Karmapas (deren Anhänger noch darüber streiten, wer der echte ist) oder das größte buddhistische Idol der Gegenwart „Seine Heiligkeit der Vierzehnte Dalai Lama“. In diesem Milieu, das übrigens in buddhistischen Kreisen (z.B. in der DBU) und in Teilen der (unkritischen) Öffentlichkeit über Einfluss und übertriebene Sympathie verfügt, ist es ganz normal, dass bestimmte Führer als „Buddhas“ bezeichnet und verehrt werden.
Zweitens: Das Ziel des Christentums ist es wohl, sehr einfach gesagt, nach dem Tod in den Himmel zu kommen und dort bei Gott zu verweilen. Ob dieses Ziel überhaupt, oder gar von vielen, erreicht wird, das ist naturgemäß kaum zu überprüfen. Der Buddhismus behauptet dagegen, dass sein Ziel die Erlangung der Buddhaschaft ist (die Dritte Edle Wahrheit) und dies mag auch im Leben passieren und nicht erst nach dem Tode. Der Nichiren-Buddhismus (das hat er übrigens mit dem tantrischen Buddhismus gemeinsam) behauptet zusätzlich, dass er die richtige Methode lehrt, um in einem und in diesem Leben die Buddhaschaft zu erlangen. Und das sollte überprüfbar sein. Insofern wundere ich mich, dass du dich darüber wunderst, dass die Buddhaschaft Ikeda zuerkannt wird, aber den vielen Millionen seiner Anhänger nicht. Die Methode muss sich ja in der Praxis beweisen und das wird ja von der Soka Gakkai auch ausdrücklich so gelehrt.
Und drittens: Die Erlangung der Buddhaschaft, die ja nach Nichiren überhaupt nicht von den neun Zuständen der Nicht-Buddhaschaft getrennt ist, wird jedem verhießen, der mit tiefem Glauben die Fünf Schriftzeichen rezitiert. Diese Verheißung und das dahinter stehende Konzept dessen, was Buddhaschaft genannt wird und in welchem untrenntbaren Zusammenhang es mit der Existenz eines normalen Menschen steht (Ichinen Sanzen) – das ist doch das charakteristische Merkmal des Nichiren-Buddhismus. Insofern kann doch Buddhaschaft – von wem auch immer – gar nicht als etwas Exklusives angesehen werden, oder liege ich falsch?