Beiträge von Sudhana im Thema „Welches Buch lest ihr gerade?“

    Passend zu den letzten Postings eine Literaturempfehlung: Das deutsche Krokodil. Meine Geschichte. Autobiografie, Rowohlt Verlag, Reinbek 2017, ISBN 978-3-498-04468-8


    Eine vaterlose Kindheit in den 70ern als Sohn einer Schlesierin (Flüchtling) und eines Nigerianers in Dossenheim bei Heidelberg.

    Zum Autor und auch zum Buch gibt's was bei Wikipedia

    Hab's gerade gelesen, hat ca. 1 Std. gedauert. Trotzdem gut für einen kurzen Realitätsabgleich, leider nur auf Englisch:



    Michael Parenti

    Friendly feudalism: The Tibet myth

    New Political Science 25:4, pp. 579-590, DOI: 10.1080/0739314032000145242


    Freier Zugang hier: https://redsails.org/friendly-feudalism/


    Bevor sich jemand wegen fehlender Triggerwarnung beschwert - der Autor ist Marxist. Was nicht bedeutet, dass der Text chinafreundlich ist, im Gegenteil. Und immerhin befand - wie in dem Artikel nachzulesen - ein gewisser Dalai Lama 1996:


    Zitat

    “Marxism is founded on moral principles, while capitalism is concerned only with gain and profitability.” Marxism fosters “the equitable utilization of the means of production” and cares about “the fate of the working classes” and “the victims of … exploitation. For those reasons the system appeals to me, and … I think of myself as half-Marxist, half-Buddhist.”


    Im Kontext der aktuellen Diskussion findet man da übrigens auch Verweise auf systemischen sexuellen Missbrauch. Was ja möglicherweise Denkanstöße liefern könnte.

    Ich wühle mich gerade durch Michael Borgoltes 'Die Welten des Mittelalters' - bin auf Seite 586 von 1416, wovon ca. 400 Seiten Anmerkungen/Literaturverweise sind. Denen ich, ehrlich gesagt nur selten nachgehe, um den Lesefluss nicht zu stark zu unterbrechen (im Moment bin ich bei Fußnote 1664 ...). Borgoltes Thema ist die frühe Globalisierung bzw. deren Wurzeln in einem (natürlich ausführlich definierten) 'Mittelalter', das Borgolte als einen Abschnitt "eufrasischer" Geschichte darstellt mit Fokus auf den unterschiedlichen Wechselbeziehungen europäischer, afrikanischer und asiatischer Kulturen. Borgolte geht insbesondere den Verbreitungswegen der in diesem Zeitraum erst als solche sich entwickelnden Weltreligionen (und deren durch Inkulturation bedingten Wandlungen) nach, die er sehr detailreich und systematisch schildert.

    Das Glasperlenspiel, Hesse.

    Tolle Schwarte. Ich war so Anfang 20, als ich das gelesen habe - war zu der Zeit Kafka-Fan und las gerne diese durchgeknallten Russen. Blok und Chlebnikov - letzteren halte ich noch heute für genial. Aber das Glasperlenspiel gefiel mir, hat wohl auch etwas angestoßen bei mir, während mir der Siddharta doch etwas zu märchenhaft erzählt war. Den Steppenwolf schätzte ich nie sonderlich - nicht zuletzt, weil sich Hesse auch der Lyrik als Ausdrucksmittel bedient ("Ich bin Steppenwolf und trabe ...") und das hatte er definitiv nicht drauf. Klein und Wagner fand ich noch gut von den kürzeren Sachen.

    Nyanatilokas Übersetzung des Abhidhammatha-Saṅgaha (danke Igor07 für den Hinweis auf die kostenfreie PDF-Version). Scheint eine Art Visuddhimagga für Eilige zu sein - letzteres kenne ich zwar schon, ist aber schon einige Jahre her. Also für mich so eine Art Auffrischung (verspreche ich mir jedenfalls davon). Mal sehen, ob es ohne (die im Vorwort empfohlene) Parallellektüre des Visuddhimaggas geht. Andererseits - ich habe irgendwo noch eine ungelesene Übersetzung des (älteren) Vimuttimagga aus dem chinesischen Tripitaka. Vielleicht eher das ...

    Danke für den Tip, klingt interessant - insbesondere für Leute, die sich für interkulturelle Ansätze interessieren. Wobei mir die Verwandtschaft zum Pyrrhonismus erst bei meiner Beschäftigung mit der Prajñāpāramitā-Literatur auffiel (ich glaube, F. Max Müller hatte schon darauf hingewiesen). Dass Pyrrhon von Elis wahrscheinlich am Punjab-Feldzug Alexanders (den ja ein regelrechter Stab von Wissenschaftlern und Philosophen begleitete) teilnahm und Gelegenheit zum Austausch mit Kalanos hatte, was ihn wiederum zu seiner Lehre inspirierte, scheint mir eine durchaus diskutable These. Auch wenn es da mit belastbaren Quellen nicht so üppig aussieht.


    Bei Bronkhorst (habe jetzt das zweite Kapitel begonnen) vermisse ich, dass er sich nicht der Frage stellt, warum im 'Greater Magadha' mit seiner von der spätvedischen so verschiedenen Geisteskultur ebenso Prakrit gesprochen wurde (also die Sprache der indoiranischen Migranten bzw. deren Nachkommen) wie im Westen.

    Johannes Bronkhorst, Greater Magadha: Studies in the Culture of Early India. Brill, Leiden 2007.

    Da mir 181,90 € für die Hardcover-Version zu happig war, die kostenfreie und gut aufbereitete PDF-Version. Account erforderlich, Google oder FB-Account geht auch. Hier ein ausführliches Review von Alexander Wynne.

    Ein Buch über bedingtes Entstehen: Lewis Dartnell, Ursprünge.


    Die ansonsten recht brauchbare Rezension hier greift leider etwas zu kurz. Der Astrobiologe Dartnell referiert nicht nur Auswirkungen geologischer Prozesse (insbesondere der Plattentektonik) auf Evolution, Entwicklung von Homininen und schließlich von Homo sapiens, auf dessen Kultur- und Zivilisationsgeschichte, sondern insbesondere auch die Auswirkungen kosmisch bedingter klimatischer Faktoren (speziell der Milanković-Zyklen - die er übrigens verständlicher erläutert als die hier verlinkte Wikipedia). Er ermöglicht damit auch einen etwas weiteren Blick auf die sich derzeit entwickelnde sog. Klimakatastrophe. So dürfte beispielsweise Vielen nicht bekannt sein, dass sich unser Planet gegenwärtig in einer nur durch relativ kurze Zwischeneiszeiten abgemilderten Kälteperiode befindet - wobei die Durchschnittstemperatur der letzten Zwischeneiszeit um ca. zwei Grad über der derzeitigen lag.


    Wobei er den anthropogenen Anteil des derzeitigen Temperaturanstiegs selbstredend nicht leugnet und auch nicht, dass er zu einer schweren Krise der menschlichen Zivilisation führen wird. Im erdgeschichtlichen Maßstab (und selbst im Maßstab der Geschichte der Spezies Homo sapiens) wird diese Krise allerdings lediglich eine kurze Episode sein.


    Dass Dartnell Professor für Wissenschaftskommunikation ist, merkt man dem Buch an. Es ist speziell für Laien geschrieben, d.h. gut verständlich und ohne wissenschaftliche Fußnoten, die das Lesen erschweren (was allerdings auch die Vertiefung einzelner Aussagen erschwert). Speziell einige historische Daten sind ungenau oder gar widersprüchlich - hier wäre ein sorgfältiges Lektorat von Vorteil gewesen.


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    Zitat

    15. Zen ist nichts Spirituelles - Zen wird mit dem Körper praktiziert


    Satori vollzieht sich nicht in deinem Kopf. Satori wird mit dem Körper ausgeübt. Es bedeutet, sich in der Haltung Buddhas zu üben. Was sich "spirituell" nennt, ist nur mit Vorsicht zu genießen. Zen-Praxis muss beim Körper anfangen.

    Der Geist drückt sich im Körper aus - oder besser gesagt: In der Lebenseinstellung.

    Zen ist dein tägliches Leben. Wenn du auf's Klo gehst, musst du auf dem Klo dein Leben neu erfinden. Wenn du in die Badewanne steigst, musst du in der Badewanne umkehren zu einem religiösen Leben. Im Zazen geht es darum, das eigene Leben stehts von Neuem mit frischen Atem zu beleben.

    Zen ist ununterbrochene Übung mit ungetrenntem Geist-und-Körper. Zazen ist ihr ruhendes Zentrum (pun intended) - da, wo die Übung, die Praxis, in die Nicht-Praxis übergeht - dem Abfallen von Geist-und-Körper als Werkzeugen der Praxis.


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    Der Schreibende gibt in seinem Werk (in langen Jahren) Erlerntes weiter.

    Zitat von hier (übersetzt):

    "wieviel Sogyal selbst damit [mit dem Buch] zu tun hatte, ist fraglich; nach Angaben derer, die nahe mit dem Projekt verbunden waren, wurde die meiste Arbeit von Ghostwritern geleistet - Sogyals engstem Schüler und nun seiner rechten Hand Patrick Gaffney und dem Autor Andrew Harvey."


    ("how much Sogyal himself had to do with it is debatable; according to those close to the project, most of the work was done by ghost-writers - Sogyal’s closest student, and now his right-hand man, Patrick Gaffney, and the author Andrew Harvey.")


    Einer weiteren Öffentlichkeit ist das - und auch, was sonst im inneren Zirkel Sogyal Lakars so abging - spätestens seit 2011 bekannt, als das Dossier "Behind the Thangkas" erschien. Zitat daraus:

    Zitat

    But there are questions around the authorship of the TBOLD. Rumours that Sogyal did not write the book have been circulating on the internet for years. When approached for comment, the author, academic and mystic Andrew Harvey gave an inconclusive response:

    “Sogyal participated totally in every level of the creation of the book and as the representative of his tradition was the indispensable transmitter of its wisdom. The process was a totally mutual collaboration in which Sogyal gave everything and had the final word on every word. It is a very hard process to describe. Any suggestion that Sogyal did not write this book is -I think, absurd and dishonouring of his genius and passion. Both Patrick and I worked tirelessly and I hope, selflessly to honour Sogyal’s brilliance and the wisdom of the tradition. And the book could not exist without the transcripts of Sogyal’s talks that were it’s foundation.”

    The ubiquitous Patrick Gaffney and Andrew Harvey are credited as editors – but Harvey’s words do not confirm Sogyal as the author. Grant, a former Rigpa member, recalls spending time with Harvey “when he was writing the book”. Grant adds:

    “Could anyone who knows Sogyal imagine him being able to quote the German mystical poet Rainer Maria Rilke? Or the Sufi sage Jalaluddin Rumi? He simply doesn’t have that level of education.”

    Andrew Harvey does – and comparisons between The Tibetan Book of Living and Dying and Harvey’s own books reveal striking similarities in tone, structure and language. According to a well known American Buddhist teacher:

    “Andrew Harvey was very upset at not being credited as co-author.”

    The journalist Mary Finnigan is also sceptical:

    “When Sogyal was living in London it became obvious that he is barely literate,” she says, “he never read anything except comic books, never wrote letters and spent most of his free time watching television.”

    Buddhist teacher Ngakpa Chogyam also has doubts:

    “The book was cobbled together from more than a decade of Sogyal’s teachings,” he says, “I worked for a while on transcribing the tapes. There were a fair few mistakes which I corrected as I went along – particularly about Dzogchen and precise definitions of Buddhist doctrine.


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