Ein Artikel von Zoketsu Norman Fischer, Mitvorsteher des San Francisco Zen Center, mit dem Titel "Über das Fragen", der in der Shambhala Sun erschien.
Ich habe den Text ins Deutsche übersetzt. Zuerst mit DeepL, aber das war nicht besonders brauchbar. Der Text ist zu speziell, um ihn mit einem Übersetzungsprogramm zu übersetzen. Ich habe versucht, es besser hinzubekommen. Wie weit mir das gelungen ist: Nun ja... jedenfalls habe ich es versucht...
Über das Fragen
Es heißt, dass der Zen-Zweig im Buddhismus traditionell mit den klaren Worten Bodhidharmas beginnt: eine besondere Lehre außerhalb der Schriften, die direkt auf das Herz des Menschen verweist, ohne Meditation.
Von Anfang an stellt sich Zen als die Essenz des Buddhismus dar, der Kern oder das Herzstück des Buddhismus, das von allem anderen befreit ist. Direkt und erfahrungsbezogen. Mit Glauben oder Frömmigkeit hat es nichts zu tun. Und natürlich wird dies durch den Stil und den Charakter der Zen-Literatur während ihrer langen Geschichte bestätigt. Es ist nicht so, dass die Zen-Tradition besonders reformistisch oder rebellisch wäre; tatsächlich herrscht im gesamten Zen ein allgemeiner Respekt vor dem Buddhismus an sich, dem Buddhismus, der dem Zen vorausgeht und parallel zu ihm verläuft.
Es ist nur so, dass alle Zen-Schulen das Wesen des Zen als etwas verstehen, das tiefer und umfassender ist als jede einzelne Schule des Buddhismus oder sogar jede einzelne Religion, einschließlich des Zen selbst. Man könnte sagen, dass Zen die einzige der großen Traditionen der Welt ist, die das Über-sich-Hinausgehen ausdrücklich zu ihrem Wesenskern macht. Natürlich vergessen viele Zen-Anhänger dies heute und im Laufe der Jahrhunderte und errichten im Zen einen weiteren Tempel des Scheins oder der Macht oder der Orthodoxie. Aber die Lehre des Zen weist eindeutig auf etwas anderes hin. Was ist also der Schlüssel des Zen, was ist das, was Zen als den Kern des Buddhismus, als den Kern der religiösen Suche ansieht?
Ich würde sagen: Es ist das Hinterfragen. Der aktive, kraftvolle, grundlegende, unnachgiebige, tiefe und einzigartig menschliche Akt des Fragens.
Ein Hinterfragen, das jede Möglichkeit oder auch nur den Gedanken an eine Antwort weit hinter sich lässt. Ein Hinterfragen, das einen Zweifel hervorruft, der so tief und so ausgeprägt ist, dass er schließlich nicht mehr vom Glauben unterschieden werden kann. Ein Hinterfragen, das mit Sprache und Konzept beginnt, aber Sprache und Konzept schnell in Schutt und Asche legt. Ein Infragestellen, das das Menschsein an seine Grenze bringt und es abschüttelt. So dass das Sein, die Existenz selbst, wie sie sich in einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort und in einer bestimmten Person manifestiert, in den Vordergrund rückt.
Im Zen gibt es eigentlich keine Doktrinen, Zen ist keine Ideologie, sondern eine Erfahrung. Doch es ist auch keine Erfahrung, denn Erfahrung ist immer etwas, das um Beschreibung und Erklärung bittet; Erfahrung, als solche verstanden, ist Ideologie. Das Hinterfragen führt uns sogar über unsere Erfahrung hinaus.
Wenn ein Kind sprechen lernt, beginnt es zu benennen. Aber bald, nachdem es das Benennen gelernt hat, fast sobald die Substantive den Sätzen weichen, beginnt das Fragen. Wo ist Papa hingegangen? Warum weint Mama? Warum darf ich nicht mehr Süßigkeiten haben? Wann werden wir wieder nach Hause gehen? Und später: Warum muss ich nett mit ihr sprechen? Wo ist Oma hingegangen, als man sie unter die Erde gebracht hat? Warum muss ich erwachsen werden?
Das Hinterfragen des Kindes beginnt damit, dass es merkt, dass die Dinge in der Welt keinen Sinn ergeben, dass wir Erklärungen bekommen, die unecht und abgedroschen sind. Deshalb stellen Kinder immer wieder Fragen, die für Erwachsene unmöglich zu beantworten sind. Die Erwachsenen lachen oder schmunzeln oder kratzen sich am Kopf, was eine Art ist, dem Thema auszuweichen.
Und in der Tat, die Kindheit hinter sich zu lassen, erwachsen zu werden, bedeutet, diese kindlichen Fragen beiseite zu lassen, die doch Ausdruck des Staunens sind, die Grenzen des Sprechens und Denkens aufdecken. Erwachsenwerden bedeutet, das Fragen zu unterdrücken, es zu begraben, damit wir uns an die praktische Arbeit machen können, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen und mit den bestehenden Strukturen der Welt zu kooperieren. Das Erwachsenwerden ist das Verschwinden des Hinterfragens.
Die Fragen verschwinden natürlich nicht wirklich. Sie sind immer noch präsent, wenn auch unter der Oberfläche. Sie äußern sich als nächtliche unerklärliche Unruhe, als vage Unzufriedenheit mit den Gegebenheiten, wie wir sie vorfinden, oder als ein übergroßes Gefühl der Angst bei Verlusten, Niederlagen oder Enttäuschungen. Irgendwie ist es notwendig, dass wir zu unseren Fragen zurückkehren, aber wir wissen nicht wie. Wir wissen nicht einmal, dass wir das tun müssen.
Auf einer diskursiven Ebene hat das Hinterfragen kein Ende. Doch scheint es zu stören und abzulenken. Es bringt uns dazu, uns von unserer Tätigkeit zurückzuziehen. Es erzeugt in uns eine Unfähigkeit, uns auf etwas einzulassen. Wir können unsere Sorgen und Zweifel nicht beiseite schieben. Sie scheinen uns zu plagen und zwischen uns und einem erfüllten, lebendigen und engagierten Leben zu stehen.
Aber diese Art des diskursiven Hinterfragens ist nicht das Fragen des Zen. Diese Art des Hinterfragens entspringt und geht nur so tief wie die Persönlichkeit: unsere Geschichte, unsere Wünsche, unsere Ängste.
Zen treibt das Fragen tiefer als das. In Zazen konzentrieren wir uns auf den Atem im Bauch und auf die Körperhaltung, um aufmerksam und vollkommen im gegenwärtigen Moment zu verweilen. Schließlich lassen wir alles Denken fallen, aber nicht in dem Bestreben, es zu beseitigen. Vielmehr lassen wir das Denken einfach zu, ohne darin aktiv zu werden. Wir lassen das Denken sich selbst denken und bringen es auf diese Weise zur Ruhe.
Diese intensive Ausrichtung auf einen einzigen Punkt, mit Weite, im gegenwärtigen Moment mit all seiner Tiefe, schärft und entwickelt das Fragen, bis es über die Sprache hinausgeht. Bis das Fragen auf eine Intensität reduziert ist, die Neugier und Wünsche verbrennt. Das Leben ist nur noch das Fragen und nichts als das Fragen. Alles andere löst sich auf. Alles andere erscheint unvollständig oder aufgesetzt.
Dieses Hinterfragen ist die Essenz des Zen, die Essenz dessen, was jenseits des Zen liegt. Keinerlei Glaube, keine Doktrin. Nur das, was durch das, was geschieht, bestätigt und gestützt wird, und das absolute Vertrauen darauf, auch wenn es sich von Augenblick zu Augenblick wie Rauch auflöst. Und mit Fragen immer tiefer zu gehen, bis es keine Möglichkeit mehr gibt, eine Antwort zu geben, die man wiederholen, definieren oder gar genau wissen könnte. Stattdessen das Heraufdämmern einer Gewissheit. Und dann das ständige Loslassen dieser Gewissheit in der Bereitschaft, mitten in der Ungewissheit zu stehen, denn die Ungewissheit ist das Einzige, das ein sicheres Gefühl der Wahrheit hat. Ungewissheit ist eine Haltung der Offenheit. Sie ist nur dann ein Problem und eine Schwäche, wenn sich dahinter der Wunsch nach einem sicheren Ausgang verbirgt. Aber in Wahrheit reicht keine Antwort aus, keine Antwort kann dem Anspruch dieses gründlichen Hinterfragens gerecht werden. Kein Ergebnis kann sich mit der panoramischen Pracht und den Farben der Wahrnehmung messen. Die Ungewissheit birgt immer neue Möglichkeiten in sich. Es ist ein endloses Abenteuer. Die Zeit ist ewig, denn das Hinterfragen vertreibt die Zeit aus der Zeit. Das Hinterfragen geht einfach weiter.
Vielleicht habe ich hier einen falschen Eindruck erweckt, wenn ich das Hinterfragen gleichsam heldenhaft klingen lasse. Es ist in seinem Wesen heroisch, aber natürlich ist es auch sehr alltäglich, und Zen ist nichts, wenn es nicht praktisch und geerdet ist. In der Tat ist dies einer der wichtigsten Aspekte des Zen-Fragens: dass seine Tiefe und Gründlichkeit identisch ist mit den gewöhnlichen alltäglichen Angelegenheiten. Mit der täglichen Praxis im Tempel oder außerhalb des Tempels integriert man das Fragen allmählich in Dinge wie Holzhacken und Wassertragen, sodass der Prozess des Fragens unser tägliches Leben entschlackt. Es ist wie ein Scheuerschwamm oder eine Fackel, die all die Schlacke und den Schmutz des Verlangens und der Verwirrung, die die gewöhnlichen Aktivitäten bedecken, wegschrubben oder wegbrennen. Wenn wir gehen, gehen wir einfach, wenn wir essen, essen wir einfach. Nichts Zusätzliches kann dem Feuer des Fragens widerstehen.
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