Beiträge von Bambus im Thema „Buddhismus und der Verzehr von Fleisch“

    Syia:

    Warum sollte sich ein Fleischesser dazu hergeben ? Dann müsste er doch auch gleich noch zugeben, dass er das Gleichnis vom Berg nicht wirklich verstanden hat.


    Und was wäre so schlimm daran?


    Ich habe es ja selber offenbar noch nicht wirklich verstanden weil ich eben noch nicht mit letztendlicher Konsequenz praktiziere. Das gebe ich gerne zu. Die "Gewissensbisse" mache ich mir schon selber deswegen. Und ich könnte lang und breit meine gut ausgearbeiteten Rechtfertigungen vortragen.


    Gewachsen ist in mir ein Verständnis, man könnte es auch Mitgefühl nennen, mit denen die Dinge tun oder lassen die für andere selbstverständlich sind. Ich akzeptiere z.B. den Fleischesser. Hege keine Geringschätzung für sie.


    Viel zu oft aber meine ich solche Tendenzen bei der Diskussion um Fleisch zu erkennen. Geringschätzung bei den Vegetariern und Rechtfertigungstriaden bei den Fleischessern. Meine Schlußfolgerung ist dass viele, von beiden Seiten, ihre eigene Unsicherheit mit ihrer teils vehement vertretenden Meinung überdecken. All das passiert hauptsächlich unbewusst. Und weil wir ja in einem buddhistischen Forum sind möchte ich dazu anregen sich selber dahingehend zu untersuchen. Achtsam zu beobachten warum man gerade diesen Forenbeitrag zum Thema in gerade diesem Tonfall verfasst.


    Und weil ich mir dann auch an die eigene Nase fasse verabschiede ich mich für die nächsten Stunden aus diesem Thread...

    Geronimo:

    Aber ich kann es auch menschlich verstehen, das viele Menschen sich mit diesen Dingen überhaupt nicht auseinandersetzen wollen. Das sie genügend andere Sorgen haben, als das sie sich dann auch noch mit ihren Angewohnheiten auseinandersetzen sollten, die ja scheinbar seit Generationen gut funktionieren. Das beste Argument meiner Oma ist z.B.: Wenn es so schlecht wàre, dann wäre ich doch schon tot.


    Und dem "Buddhisten" geht es nicht anders. Wer SN 3.25 (Gleichnis vom Berg) gelesen - und wirklich verstanden - hat der müsste die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Und wie viele machen es?


    Es menschelt halt. Samsara. Beim Buddhisten der nicht konsequent praktiziert und beim "Normalo" der sein Fleisch weiter isst. Eigene Verantwortung, eigene Erkenntnis sind die Schlagworte. Das ist unbequem und schwierig.


    Geronimo:

    Das grundlegende Problem ist vielleicht jedoch, das es sich hier ganz grundsätzlich, ja zwangsläufig um eine Einbahnstraße handelt. Es findet ja letztlich kein wirklicher Austausch statt, da es für den einen ja nur darum geht das der andere etwas weglässt, für sein eigenes Glück. Ein Fleischesser hat aber vielleicht das Bedürfnis auch mich davon zu überzeugen, das Fleisch und Milch wichtig für eine gesunde Ernährung sind, und schon stecken wir in einer Sackgasse.


    Auf diesen Punkt wollte ich hinaus als ich weiter oben gefragt habe ob ich Medikamente oder Fleisch bevorzugen würde. Grundsätzlich gibt es Situationen in denen der Verzehr von Fleisch nicht grundsätzlich zu verdammen ist. Und wenn mir jemand gute, nachvollziehbare Argumente dafür liefert werde ich - als eingefleischter ( ;) ) Vegetarier - wieder damit anfangen. Die Wahrscheinlichkeit für eine solche Konstellation sehe ich als recht gering an aber ausschließen möchte ich sie nicht.

    Syia:

    Es ist sogar noch schlimmer : meine Linie verbietet mir das Fleischessen überhaupt nicht. :shock:


    Es geht nicht im Ansatz um Verbote. Das wäre ja einfach. Klare Tatsachen. Es ist viel schwieriger - man ist genötigt selber nachzudenken und Schlüsse zu ziehen ...

    Geronimo:

    Aber seine Mitmenschen, ganz besonders die Lernwilligen, nicht auf das eine oder andere aufmerksam zu machen, mal mit einem Zitat, mal mit einem Video, mal mit einem persönlichen Beispiel, wäre auch nicht richtig.


    Völlig korrekt.


    Geronimo:

    Der aufrichtig Praktizierende wird seinen Beweggründen schon so oder so auf die Spur kommen.


    Hier habe ich halt den Verdacht (oder das Vorurteil), dass manch Teilnehmer der Diskussionen eben noch nicht mit sich selber "im Reinen" ist und die Diskussion nutzt um der ureigenen Auseinandersetzung mit dem Thema zumindest ein wenig aus dem Weg zu gehen. Meine Zeilen waren gedacht als Hinweis und Anreiz eben diese achtsame Untersuchung der eigenen Beweggründe etwas mehr in den Vordergrund zu rücken.


    Matthias65:

    welche Geisteshaltung meinst Du ?


    Danke für den Finger in der Wunde. Leider kann ich keine Erwiderung so formulieren wie ich es gerne möchte und würde deshalb gerne auf eine direkte Antwort verzichten. Trotzdem ein Versuch, unvollkommen und mit der Gefahr missverstanden zu werden:


    Leben ohne anderen Wesen zu schaden ist nicht möglich. Das ist eines der "Gesetze" von Samsara. Die Frage ist nur wie man mit dieser Tatsache umgeht. Sie als Ausrede nutzt um eigene, vermeidbare negative Handlungen, zu relativieren oder zu ignorieren. Oder Unabwendbares akzeptiert.


    Einen Ausweg aus diesem Dilemma hat uns der Buddha ja aufgezeigt. Die dritte Edle Wahrheit ...

    Geronimo:

    Ich spreche tatsächlich nur hier, in einem buddhistischen Forum, über dieses Thema. Im Alltag...


    Im Alltag machen sich viele keine Gedanken darüber. Und das ist völlig ok so. Die Buddhisten, z.B. hier im Forum, die um die unheilsamen Auswirkungen wissen wenn Sie Lebewesen töten laden sich viel mehr "karmische Last" auf die Schultern als Onkel Willi der jeden Tag sein Steak genießt.


    Der Selbstbetrug und das Verdrängen finde ich dabei problematischer als die Tatsache das ein Schwein in einer Mast gezogen und dann letztendlich für meinen Genuss/Gier getötet wurde. Das Heraussuchen von Zitaten aus dem Kanon die den eigenen Fleischgenuss rechtfertigen/relativieren oder das Posten von Schockvideos der "militanten Vegetarier" ist halt viel einfacher als sich auf dem Kissen mal mit sich selbst und seinen Beweggründen zu beschäftigen.

    Geronimo:

    Es geht ja hier gar nicht mal um Gier, sondern darum so oft wie möglich die uns bestmöglichste, sprich heilsamste Entscheidung zu treffen.


    Es geht um die Geisteshaltung bei der Handlung. Der Buddha hat auch bei seinen Wanderungen Kleingetier zertreten und die ein oder andere Laus beim Essen mitgegessen und somit getötet. Nahrungsaufnahme ist eine Notwendigkeit um den Körper zu erhalten und somit diesen "kostbaren Menschenkörper" sinnvoll nutzen zu können. Sich zu ernähren ist nicht ohne das Töten von Lebewesen möglich. Jeder kann nur für sich alleine entscheiden wo er aus "Gewissensgründen" für sich selber eine Grenze zieht und auf manche Nahrungsmittel verzichtet. Jeder steht auf einer anderen Stufe und jemand vehement von seiner eigenen Ansicht überzeugen zu wollen ist nicht heilsam. Wie auch bei der Lehre an sich kann und soll man natürlich, wenn gefragt wurde bzw. Aufnahmebereitschaft beim Gegenüber existiert, Fakten klar benennen. Aber Missionierung ist beim Thema Fleisch oder nicht genau so wenig angebracht wie beim Thema Buddhismus an sich.


    Die Sache mit der Geisteshaltung birgt natürlich eine große Gefahr: Manch einer meint über den Dingen zu stehen und z.B. Fleisch essen zu können weil er ja ach so gleich gleichmütig ist. Oder ach so toll zu sein weil er eben kein Fleisch isst und somit keinem Wesen schadet. Extreme wie "Ich würde am liebsten gar nichts mehr essen um keinem Wesen zu schaden" gibt es natürlich auch. Dies ist ein nahezu unerschöpfliches Trainingsgebiet für Achtsamkeit. Mir fällt auf Anhieb kein anderer recht profaner Lebensumstand ein der so viel Potential zum Erkennen von Selbstbetrug und Verdrängen von Wissen bieten wie das Thema Ernährung.

    Jetzt stelle ich mir gerade selber die Frage ob ich eher wieder Fleisch essen oder Antidepressiva einwerfen bzw. ein Therapie machen würde. Wirklich klar ist die Antwort für mich nicht. Selbst wenn mir jemand tatsächlich, nachvollziehbar und glaubhaft, versichern könnte etwaige Depressionen würden sich durch ein Steak heilen lassen. Ich tendiere in diesem völlig unnötigen Gedankenspiel zu den Medikamenten. Ist das jetzt ein wahres Zeichen der Unzurechnungsfähigkeit eines Vegetariers? Dazu gibt es doch bestimmt auch Studien ... :grinsen:

    Irgendwie fehlt mir die Diskussion um Vegetarier, also nutze ich die Gelegenheit um der Sache nochmal etwas Vorschub zu leisten ;)


    Gerade gefunden: Vegetarier oft depressiv


    So fängt der Artikel an:


    Zitat

    Jung, Single, weiblich, Stadtmensch – so sieht der typische Vegetarier aus.


    Alt, verheiratet, männlich, Vorortbewohner - also bin ich atypisch. Macht nichts ...


    Und so hört er auf:


    Zitat

    Die Forscher vermuten daher, dass vegetarische Ernährung oft aus einem gesteigerten Gesundheitsbewusstsein resultiert und dem Wunsch, eigenverantwortlich zu handeln. Vegetarier zu werden könnte so eine Strategie sein, auch psychisch gesund zu werden.


    Dazwischen gibt es wenig aus meiner Warte lesenswertes. Aber diese zwei Sätze halte ich schon für nachvollziehbar. Das ist so ähnlich wie mit "gesundheitsfördernder Rotwein". Nicht der Fusel aus dem Supermarkt, sondern der teure vom Weinhändler. Wer sich den leisten kann der leistet sich auch eine ansonsten gesunde Ernährung, hat Geld für den Sportclub, ... Also durchaus gesundheitsförderliche Aspekte die die Nachteile von dem bisschen Alk überdecken.