Beiträge von void im Thema „Der mittlere Weg“


    Das das im Buddhismus nicht in dieser Form ausgedrückt und gelehrt wird, bedeutet ja nicht, dass es nicht da ist. Nimm z.B dieses tolle Gedicht aus deinem Blog:


      Das Schiff auf hoher See .
      Die Winde stürmisch oder eher sanft.
      Steuerloses und führerloses Schiff.
      Ohne Ruder.
      Kein Segel, dass von Winden
      gefüllt wird.


    Wegfallen von Ich bedeutet ja auch dass das was Nicht-Ich ist, ganz präsent werden kann. Die stürmischen und saften Winde - der Andere in seinem Sein. "Sein" und "Anderer" müssen ja überhaupt nicht statisch und nicht begrenzt gedacht werden, sondern vielgestalt und verspielt wie der Wind. Dem man sich ins Gesicht wehen lässt. So verstehe ich Peema.

    Peeter:

    Und den "Anderen" (WEN ?) in seinem "Sein" zu erkennen .. na .. ich weiss nicht so recht .


    "Anderer" und "Sein" sind ja beides keine buddhitischen Begrifflichkeiten. Im Buddhismus wird einem ja immer geraten, sich mit den eigenen Verblendungen zu beschäftigten, statt mit dem "Du". Wenn man selber still wird - so das Denken, - ist alles leichter zu erkennen.


    Immer beim Ich anzufangen statt beim Du, kann aber auch was egozentrisches haben. Das muss ja nicht egoistisch sein. Auch Leute die sich dauernd mit ihren Fehlern beschäftigen, kreisen ja um sich selbst.


    Statt zu sagen: "Dadurch, dass man sich selbst kennen lernt, lernt man auch die "Anderen" kennen" könnte man ja auch sagen "Indem man den "Anderen" kennenelernt, lernt man sich selber kennen".


    Die Egoüberwindung in der Hinwendung zum "Anderen "ist aber eher so eine Monotheistengeschichte. Während man im Buddhismus Egoüberwindung durch die Achtsamkeit auf die eignen Wahrnehmung lehrt.

    Matthias65:

    Hallo void, wie genau hängt dein Beitrag mit dem zusammen was ich geschrieben habe ?
    Ich hoffe durch meine Frage wird dein Knoten nicht noch fester :)


    Dein Beitrag hat mich ein wenig verwirrt und so habe ich nochmal die Aspekte zusammengefasst, die ich bisher so gesehen habe.


    Matthias65:
    void:

    Aber hat der mittlere Weg Buddhas mit dem Herstellen von Hamonie zu tun?


    Hallo Void, innerhalb Samsara schon, die größte Harmonie besteht aber m.E. darin, die Sichtweise von "Samsara" zu verlassen indem man eine "erleuchtete Sichtweise" annimmt, mit welcher Motivation auch immer (entweder um sich selbst zu befreien oder um wiedergeboren zu werden, um andere zu helfen, sich selbst zu befreien).


    Ich versteh, dass der buddhitische Pfad zur Befreiung und damit zur Wegfallen von Leid führt. So wie man Leid als eine Art von Krieg sehen kann, kann man dessen Wegfallen natürlich auch mit Frieden und Harmonie in Verbindung bringen. Ist der Unterschied vielleicht der ob, man diesen Frieden als ein Hinausgehen über Samsara interpretieren will. Oder Leerheit als die wahre Natur der Dinge ansieht und damit die Harmonie "erleuchtete Sichtweise" als eine Rückkher zu dieser. Oder ist diese Unterscheidung nur sinnloses Wortgeplänkel. Wahrscheinlich.


    Und hat das noch was mit der Begrifflichkeit des "mittleren Wegs" zu tun?

    Matthias65:
    void:

    Aber hat der mittlere Weg Buddhas mit dem Herstellen von Hamonie zu tun?


    Hallo Void, innerhalb Samsara schon, die größte Harmonie besteht aber m.E. darin, die Sichtweise von "Samsara" zu verlassen indem man eine "erleuchtete Sichtweise" annimmt, mit welcher Motivation auch immer (entweder um sich selbst zu befreien oder um wiedergeboren zu werden, um andere zu helfen, sich selbst zu befreien).


    Ich kriege langsam einen Knoten im Hirn. Ich versuche das mal zu entwirren.


    • In der Sicht des Palikanon geht es darum Anhaftung entgegenzuwirken um sich aus den Verstrickungen der Welt zu lösen. Weil an Vergänglichen zu hängen bedeutet Mara zu verfallen.



    • Nagaarjuna und dir anderen frühen Mahyana-Philosophen verneinten so verhemnt und radikal, dass man sich fragte, warum es überhaupt etwas gibt. Anstelle darum, das Seiende als vergänglich zu verneinen, betrachtete man es von der anderen Seite her, also von seiner Leerheit ( an Inhärenter Existenz )



    • Nimmt man das eigene Ich als Messlatte, dann ist überall Leiden und Vergänglichkeit. Alles auf was man setzt, verschwindet. Legt man die Messlatte ganz tief nach unten auf die Ebene des Verlöschens, dann tritt von daher alles in Erscheinung. Alles was ist, ist aus Mitgefühl und Freude heraus. ( Christen würden wohl sagen aus "Gnade" )


    Im Übergang zum Mahayana weicht die destruktive Sicht gegenüber Samsara einer konstruktiven Sicht. Was man ja auf vielerelei Weisen sehen kann. Als Stumpfwerden einer scharfen Klinge. Oder als Übergang vom miesepetrigen Nörglertum zu einer toleranten Haltung.


    Ein wenig wie bei den Grünen. Die einen sind beschämt darüber, dass sie von einer phantasievollen Alternative zu Säulen des Establishment geworden sind. Die anderen freuen sich, dass sie von langhharigen, ideologischen Spinnern zu pargamtischen Realisten geworden sind, die auch mal einen Krieg unterstützten.


    man bräuchte da einen , äh "mittleren Weg", in dem die Wahrheit beider Perspektiven erhalten beleibt.

    Tarik:
    void:

    Der mittlerere Weg entspricht nicht aus Kompromissbereitschaft, sondern im Gegenteil daraus, dass Buddha die Idee, dass Anhaften unheilsam ist so konsequent und radikal vetreten hat.


    Villeicht hätte ich das ganz übersetzen sollen um Verwirrung zu vermeiden ... Wie gesagt, es ist nicht DER mittlere Weg, sondern zeigt, dass auch in anderen Fällen Extreme nicht sinnvoll sind..


    Kompromiss kann ja ebenfalls Ausdruck grosser Weisheit sein. Anstatt das das Eigeninteresse des einen oder das Eigeninteresse des anderen verfolgt wird, wird etwas verfolgt, was das gemeinsame Interesse beider ist. In vielen asiatischen Kulturen galt es als zentrales Problem gilt, zwischen widerströmenden Interessen eine Harmonie herzustellen. Ob chinesische Heilkunst, Feng Shui, Ayurveda oder auch konfuzianistische Diplomatie. Überall ist es das Ziel, einen harmonischen Gesamtzustand herzustellen. Und natürlich führt das zu anderen und oft auch besseren Lösungsansätzen, als etwas rein als Konfilkt zu sehen. Und aus dieser Weisheit asiatische Staatskunst heraus handelt auch der Dalai Lama.


    Aber hat der mittlere Weg Buddhas mit dem Herstellen von Hamonie zu tun? Als der Buddhismus nach China kam, fand man ihn ganz schrecklich. Eben weil er sich keinen Deut um Staat, Gesellschaft, kosmisches Gleichgewicht und Familie kümmerte. Im Gegenteil - so sah man das - verführte er hoffnungsvolle junge Männer, die als Beamten ihre Pflicht gegenüber Staat, Ahnen und Familie hätten leisten können , dazu als glatzköpfige Drop-Outs in den Bergen zu leben und Betteln zu gehen.


    Auch Nagaarjunas Philosophie wurde von seinen Gegenern nicht als etwas gesehn, was zwischen den unterschedlichen Meinungen vermittelte. Im Gegenteil sahen diese es als etwas so Negatives, dass es alles gleichsam verneinte und dann die Negation auch noch. So trat er (auf philosophischen Weg) , all den Ansichten entgegen, die einen einzufangen suchen. In dem im anderen Thread besprochenen Sutta MN25 - Der Köder heisst:


      „Aber dann gingen sie dazu über, Ansichten zu vertreten, wie ,die Welt ist ewig‘ und ,die Welt ist nicht ewig‘ und ,die Welt ist endlich‘ und ,die Welt ist unendlich‘ und ,die Seele ist das gleiche wie der Körper‘ und ,die Seele ist eine Sache und der Körper eine andere‘ und ,ein Tathàgata existiert nach dem Tode‘ und ,ein Tathàgata existiert nach dem Tode nicht‘ und ,sowohl existiert ein Tathàgata nach dem Tode, als auch existiert er nicht‘ und ,weder existiert ein Tathàgata nach dem Tode, noch existiert er nicht. 3)‘ Auf jene Weise scheiterten die Mönche und Brahmanen der dritten Art, von der Macht und Kontrolle Màras freizukommen. Jene Mönche und Brahmanen, sage ich, sind wie die Hirsche des dritten Rudels.“


    In buddhitischen Gesellschaften, war Buddhismus natürlich nicht mehr die Negation des Bestehenden sondern Träger des Systems.
    Und vielleicht kann man es da dann so sehen, wie du es tust. So wie der mittlere Weg das Anhaften an Sinnensfreude und Askese vermeidet und da die Balance sucht und auch Nagarjuna es vermeidet, einseitigen Ansichten aufzusitzen, transzendiert der polistische Kompromiss die Einzelinteressen. Leerheit und Gemeinwohl berühren sich. Das Mitgefühl, dass Gesellschaft und Familie zusammenhält, ist dem allumfassenden Mitgefühl, wie es sich im Dhama ausdrückt und in Avalokiteshvara verkörpert, ähnlich. Die Weisheit des Nicht-Anhaftens ist die Weisheit des Gemeinwohls.


    Aber ist das Gemeinwohl einer samsarischen Welt, nicht auch Samsara? Lassen wir uns von buddhitischen Begriffen blenden, wenn wir es ganz nachvollziehbar finden, dass im alten Tibet Avalokteshvaras Emmanationen als Feudalherren regierten. ist das nicht irgendwie komisch. So als würde sich die "Nächstenliebe" als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank betätigen.

    Oben wurden ja zwei mittlere Wege vorgestellt. Der mittlere Weg zwischen Askese und Nicht-Askese und Nagaarjunas philoshischer mittlerer Weg.


    Beides hat denke, ich nicht den Grund darin, dass Buddha jetzt so ein groser Freund von Mittelmässigkeit wäre. Wäre Buddhas Motivation wirklich Kompormissbereitschaft gegenüber Samsara, dann spräche ja nicht dagen, noch mehr Kompromisse zu schliessen. Und so von einem mittleren Weg zu einem, viertelten, und von da aus zu einen achtelten Weg zu gelangen. Und so weiter.


    Der mittlerere Weg entspricht nicht aus Kompromissbereitschaft, sondern im Gegenteil daraus, dass Buddha die Idee, dass Anhaften unheilsam ist so konsequent und radikal vetreten hat. Asketische Praxis verurteilt er nicht aus "Kompromissbreitschaft herau ( also dass er seinen Anhänger die Härte nicht zumuten wollte ), sondern weil asketische Praxi zum Anhaften an diese führen kann. Anstatt sich an Dingen zu Erfreuen erfreut man sich daran, auf sie verzichten zu können. Zwischen diesen beiden Klippen muss so navigiert werden, dass beide Formen der Anhaftung vermieden werden.


    Auch Nagarjunas mittlerer Weg ist kein Kompromiss, sondern etwas was das Nicht-Anhaften optimiert. Es wird einem sowowohl die Sicherheit der unmittlerbaren Anschauung (alles exitiert, so wie wir es sehen) genommen, als auch die Flucht in den billigen Nihiismus verbaut.



    Deswegen bedeutet "mittlerer Weg" vielleicht einfach nur "nicht Anhaften".
    "Mittel" wird es nur durch das Nicht Anhaften am "Nicht Anhaften".