Beiträge von Sôhei im Thema „Karma - bedingtes Entstehen“

    Ich denke die ganze Diskussion hinkt an einigen Stellen.
    Zunächst mal: keiner von uns weiß, wie weit die Verwirklichung eines anderen hier ist. Wir stützen uns doch alle nur auf das, was wir für uns als bestätigt bzw. verstanden zu haben glauben.
    Aber es gibt doch schon ein massives Problem gleich zu Beginn: ich vermute, keiner von uns würde behaupten, Karma und Bedingtes Entstehen genauso (korrekt und umfassend) verstanden zu haben, wie der historische Buddha. Andererseits wird davon ausgegangen, dass dieser es vollständig verstanden hat. Aber woher wollen wir das wissen? Vielleicht hat er ja nur einen grandiosen neuen Ansatz geschaffen, der aber dennoch nicht vollkommen war und es auch nicht ist. Warum sonst wurde und wird darüber sonst seit gut 2000 Jahren soviel und so kontrovers diskutiert?
    Und warum sollte das Bedingte Entstehen sozusagen "die Weltformel" sein? Sie kann ja für einiges gut, und trotzdem in ihrem Anwendungsbereich beschränkt sein. Fragen wie "warum ist das dreijährige Kind vom Auto überfahren worden, warum hat der gute Mann Krebs bekommen, warum haben manche immer Pech und andere immer Glück, warum haben manche so viel und andere so wenig" können meiner Ansicht nach nicht mit Karma oder Bedingter Entstehung gelöst werden.

    Ich vermute wir (die in diesem Thread diskutieren) sind uns doch weitgehend einig, dass die Idee eines "unveränderlichen Selbst", welches Träger der karmischen (Aus)Wirkungen ist und nach dem Tod des gegenwärtigen physischen Kontinuums einem neuen geistig-körperlichen Komplex zugrundeliegt, nicht mit der anatta-Lehre vereinbar ist. (Kurz gesagt: persönliche Wiedergeburt)
    Wenn man Karma darauf reduziert, dann ist es m.A.n. sinnvoll, es eher als Rudiment zu betrachten.
    Aber ganz einfach auf den Zeitraum zwischen Geburt und Tod bezogen: ein Mensch handelt mittels Gedanken, Worten und Taten. Und die Frage ist nun, gibt es einen Zusammenhang zwischen der Art und Weise wie wir handeln, und dem was wir erleben bzw. uns wiederfährt? Wenn ich sage es besteht keinerlei Zusammenhang, dann ist das die eine Richtung (welche auf ihre Stimmigkeit zu durchdenken und die tatsächliche Lebensführung hin zu überprüfen wäre). Wenn ich sage es gibt einen Zusammenhang, lautet die Frage wie dieser beschaffen ist. Bedingtes Entstehen und Karma sind dabei m.A.n. zwei Mittel, diesen Zusammenhang zu erklären. Theoretisch ist das ganz nett, aber für das echte Leben empfinde ich beide als unzureichend. Soll heißen: mein eigentliches Problem besteht darin, einfach gar nicht zu wissen, ob ein irgendwie gearteter Zusammenhang (zwischen der Art und Weise wie wir handeln, und dem was wir erleben bzw. uns wiederfährt) besteht, und ich kann auch nicht an das eine oder andere glauben.

    bel
    Die Problematik eines wesenhaft aufgefassten Täter sehe ich auch so.
    Dass die Schwierigkeiten des paticca-samuppada nur daraus resultieren, dass versucht wurde ihn mit der Karma-Lehre zu verbinden, sehe ich allerdings nicht so. Ich bin der Meinung das er auch für sich selbst genommen nicht weniger problematisch als die Karma-Lehre ist.
    Ansonsten haben wir wohl eher aneinander vorbeigeredet, als gegeneinander :)

    Ich versuche jetzt mal zu ordnen:


    1a) "Karma" versus "paticca-samuppada" als Ganzes: So wie ich Bel jetzt nach seiner Zusammenfassung verstehe ist das Karma-Konzept durch paticca-Samuppada quasi ersetzt worden, um Schwächen und Probleme des ersteren zu begegnen. Also an die Stelle von Ursache und Wirkung (Karma) tritt Bedingtes Entstehen (Paticcasamuppada).
    Für mich hingegen ist Bedingtes Entstehen die Antwort auf die Frage, wie Karma von statten geht.


    1b) Karma innerhalb von paticca-samuppada: Ich habe Bel so verstanden, dass er sowohl 1b1) den Begriff "Karma" nicht innerhalb des paticca-sampadda sieht und 1b2) das Konzept "Karma" nicht darin findet.
    Ich stimme zunächst mal zu, dass der direkte Begriff kamma keines der zwölf Glieder ist. Das Konzept "Karma" ist aber m.A.n. sowohl intern als auch extern untrennbar mit dem Bedingten Entstehen verbunden. "Extern" insofern, als es m.A.n. quasi den Hintergrund bildet, auf dem sich das Bedingte Entstehen abspielt. Aber natürlich und v.a. auch intern, insofern bei jeder Erklärung der zwölf Glieder oder des gesamten paticcasamuppada darauf Bezug genommen wird. Geht los mit der Übersetzung des Begriffs "sankhara". Aber auch Nidana-Samyutta erklärt ja sankhara mit den "Gestaltungen des körperlichen Tuns, der Rede und des Denkens".


    1c) Das Wegwischen von allen Erklärungen zum paticca-samuppada und der reine Bezug auf den Pali-Kanon ist m.A.n. albern. Der Pali-Kanon ist - wie Bel ja sonst auch immer einräumt - kein einheitliches, aus einer Feder stammendes Werk. Er wurde immer und muss immer interpretiert werden.


    1d) Wenn Buddha das Karma-Konzept tatsächlich durch Bedingtes Entstehen ersetzen wollte, ging der Schuss aber gründlich nach hinten los. Denn gerade der paticca-samupadda gehört ja wohl zu den am ausführlichsten und kontroverst diskutierten Lehren des Buddhismus.

    Nun, sie hat zumindest lesen können, dass die (meinetwegen: ebenso wie meine) unbewiesene Behauptung, dass Bedingtes Entstehen und Karma nichts miteinander zu tun haben, nicht unwidersprochen blieb (und auch Mukti hat ja kurz was beigesteuert).
    Noch mehr müßige Diskussion mit dir bringt mir nichts, und sie kann ja nachfragen wenn sie will.

    bel:

    "Karmaformation" ist je eine recht freie Übersetzung für sankhara, eben das was Nyanatiloka glaubensmäßig damit assoziiert, für mich heißt das einfach "(innere) Zusammengesetztheit".
    Und wieso brauch ich für den Zusammenhang zwischen Handeln und Wirken ein bestimmtes Wort - zumal ein einzelnes - das dann mehr verschleiert als klarmacht.
    Deshalb lehrt ja der Buddha "Bedingtes Entstehen" als Ganzes.


    Sôhei:

    ohne....macht jedenfalls der gesamte buddhistische Weg doch überhaupt keine Sinn


    Auf diesem Ohr bin ich völlig taub :) solche Behauptungen sind idR völlig unbegründet.


    Na ja, "Bedingtes Entstehen" ist genauso wenig oder genauso viel selbsterklärend wie "Karma". Und eine Erklärung des Bedingten Entstehens ohne eine explizite oder implizite Bezugnahme auf Karma habe ich noch nicht angetroffen und kann ich mir im Moment auch nicht vorstellen wie die ausssehen sollte. (Aber klar, was versteht schon Nyanatiloka davon...)


    Taubheit ist ja keine gute Voraussetzung für ein Gespräch. Du nimmst also keinerlei Zusammenhang zwischen deiner Praxis und dem was vor, während und danach geschieht an?? Ist deine Praxis wirkungslos? Oder sind die Wirkungen zufällig?
    (Völlig unbegründet ist doch bisher nur die Behauptung, Bedingtes Entstehen und karma haben nichts miteinander zu tun.)