Wie sehr muss man im Buddhismus glauben?

  • Das stimmt zweifelsohne. Aber auch ein Theist hat starke Indizien für seine Anschauung, ein Materialist für seine, ein Pantheist für seine, ein Monist für seine, ein Anhänger der Stoa für seine. Es geht also mehr darum, daß es für einen Buddhisten starke Indizien sind, meiner Meinung ist es aber nicht verallgemeinbar.

  • [Zum Anfangsbeitrag, den ich nicht zitieren kann: ]


    Ich muss nichts glauben, deshalb brauch ich auch keine Beweise, um etwas glauben zu können.

    Auch wissenschaftliche Beweise werden in allen Fächern außer Mathematik über kurz oder lang widerlegt. Daher sind auch wissenschaftliche Beweise etwas, das man glauben müsste.


    In Wirklichkeit lässt sich nichts beweisen, nur widerlegen. Soweit ist die Wissenschaft schon gekommen, dass sie das nun versteht.



    Also, kurz, ich glaube eigentlich nichts. Ich schau nur, was ich sehe und probiere aus, was mir mein Lehrer erklärt. Dazu muss ich nicht glauben.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


    Einmal editiert, zuletzt von Lirum Larum ()

  • Es ist eigentlich ein allgemeines religiöses Phänomen, vielleicht ein rein menschliches. Eine Variante: Man geht mit den Widersprüchen weiter, und irgendwann lösen sie sich auf. Das ganze wird für einen stimmig. Hat mkha' gut beschrieben.
    Oder man ringt mit ihnen und es wird nicht stimmig, und man sucht sich dann etwas anderes, was für einen stimmiger ist. (Wär es nicht so, würden sich ja niemand vom Buddhismus abwenden. Aber das gibt es ja auch im Westen nicht so selten, und in Asien sogar massenhaft. Aber du findest das auch bei anderen Religionen häufig, sonst gäbe es ja keine Kirchenaustritte.).

    Aber das ist ja sonst im Leben nicht anders. Wenn etwas passt (was auch ein langer Prozeß sein kann), dann bleibt man. Wenn etwas auf Dauer nicht passt, sucht man (auch meist nach langem Ringen) was anderes.

  • Als ich Buddha in meinem Leben entdeckt habe da habe ich viele Bücher und Sutren gelesen. Einiges was ich da entdeckt hatte wollte ich nicht für wahr erkennen.

    Als ich danach Retreets besucht habe und Besprechungen von Sutren durch Dharmalehrer und Lehrerinnen besuchte, da ist mir oft das berühmte Licht aufgegangen und bisher konnte ich alle meine Zweifel an Buddhas Dharma ausräumen.

    Meist ist es nur unser eigenes falsches Verstehen des Dharma und deshalb finde ich es sehr wichtig, dass man Dharmalehrer zu Rate zieht.

  • Danke fürs Ausgraben dieser Frage @mkha' . Das wurde bisher tatsächlich übersehen.

    Wie geht ihr mit den Widersprüchen, die auch der Buddhismus mit sich bringt, um?

    Was für Widersprüche meinst du denn beispielsweise, dukkha ?

  • Danke fürs Ausgraben dieser Frage @mkha' . Das wurde bisher tatsächlich übersehen.

    Wie geht ihr mit den Widersprüchen, die auch der Buddhismus mit sich bringt, um?

    Was für Widersprüche meinst du denn beispielsweise, dukkha ?

    ich meine eher Dinge, die gegen den Verstand sprechen, die mit Logik nicht zu erklären sind.

    Es gibt ja im Buddhismus auch verschiedene Auslegungen und Strömungen, die sich mit kulturellen Aspekten

    mischen.Vieles ist auch nicht eindeutig, sondern interpretierbar.

    Grüße

    denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, drum besser wär's, dass nichts entstünde.


    (Goethes Faust)

  • Naja, die säkularen Buddhisten würden da Karma und Reinkarnation als kulturelles Beiwerk betrachten. Aber selbst dann brauch ich noch Glaube daran/Vertrauen darauf, das es so was wie Erwachen gibt, das es einen Weg dahin gibt. Das die Lebensfrage des Buddha: Wie entkomme ich dem Leiden, auch meine Lebensfrage ist. Auch das die Lehre von anatman stimmt, weil das widerspricht ja auch erstmal unserem Empfinden.


  • Liebe(r) dukkha,


    in der Welt ist das Vertrauen in Verstand und Logik groß. Deshalb sind wir alle konditioniert, den Einflüsterungen von Verstand und Logik Glauben (!!) zu schenken


    _()_

    Mein Motto: "Nur Materie ist real." Probier's mal aus :)

  • Naja, die säkularen Buddhisten würden da Karma und Reinkarnation als kulturelles Beiwerk betrachten.

    Für Karma nicht, finde ich. In der Definition: Die Summe aller meiner Erfahrungen und Handlungen, die meine Gewohnheiten und mein jetziges Handeln mitbestimmen.


    Aber selbst dann brauch ich noch Glaube daran/Vertrauen darauf, das es so was wie Erwachen gibt, das es einen Weg dahin gibt. Das die Lebensfrage des Buddha: Wie entkomme ich dem Leiden, auch meine Lebensfrage ist. Auch das die Lehre von anatman stimmt, weil das widerspricht ja auch erstmal unserem Empfinden.

    :like:Genau. Da kann man manchmal, unabhängig von der Begeisterung am Anfang, unterwegs auf dem Pfad schon ganz schön ins Zweifeln kommen. :?


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • ... ich meine eher Dinge, die gegen den Verstand sprechen, die mit Logik nicht zu erklären sind.

    :grinsen: ich verstehe durchaus, was Du meinst, ... aber bist Du Dir z.B. sicher, mit unserem, (aufgrund simpler Sinne ziemlich begrenztem), "Wahr"-nehmungsvermögen alles, was ist, korrekt erfassen zu können? ... und selbst wenn wir ausgefeilte Technik zur Hilfe nehmen,

    ...,......

    Ich bin der Letzte, der glaubt mit Logik und Verstand, alles erfassen zu können.

    Aber, wenn man das zu Ende denkt müsste ich jedem alles glauben.


    Grüße

    denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, drum besser wär's, dass nichts entstünde.


    (Goethes Faust)

  • Naja, die säkularen Buddhisten würden da Karma und Reinkarnation als kulturelles Beiwerk betrachten.

    Für Karma nicht, finde ich. In der Definition: Die Summe aller meiner Erfahrungen und Handlungen, die meine Gewohnheiten und mein jetziges Handeln mitbestimmen.

    Naja, sie sind da anscheinend anderer Meinung. Wiki über Batchelor: Er hält vor allem die Lehre vom Karma und der Wiedergeburt für ein Merkmal der alten indischen Zivilisation und nicht für das, was Siddharta Gautama im Kern lehrte. Du musst das ja nicht teilen. Aber er modifizierte hier meiner Meinung nach nur die Lehre der Upanischaden.
    Zumal es auch in den Wesentlichen Punkten des Buddhismus nicht vorkommt. Dukkha, Anicca, Anatta, Nibbana. Leiden, Vergänglichkeit, Nicht-Selbst, Verlöschen.

  • Ich bin der Letzte, der glaubt mit Logik und Verstand, alles erfassen zu können.

    Aber, wenn man das zu Ende denkt müsste ich jedem alles glauben.


    Grüße

    Aber was sagt denn Buddha:


    Zitat

    Geht, Kâlâmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kâlâmer, selber erkennt: 'diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden, dann, o Kâlâmer, möget ihr sie aufgeben.



    Also ich les da nicht: Geht nach Vernunftsgründen und logischen Schlüssen.

  • Liebe(r) dukkha,


    vielleicht müsste die Frage auch lauten: kann man im Buddhismus Zweifel loswerden?


    Die Frage nach 'glauben müssen' zielt ja ab auf die Aneignung zu bestätigender Ideen. Aber im Buddhismus geht's eigentlich doch immer mehr darum, Phänomene loszuwerden, die Unwohlsein verursachen ... wie z.B. Zweifel.


    :rose:

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  • Also ich weiß nicht - einerseits ist ein gewisses Vertrauen in die Lehre sicherlich sehr wichtig. Aber Zweifel loswerden? Das klingt für mich nach einem Paradies für Fanatiker.

  • Also Zweifelsucht ist eine der Fesseln. Und es ist durchaus möglich, Zweifel "loszuwerden".

    Aber dazu gehört eben Vertrauen.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Also ich weiß nicht - einerseits ist ein gewisses Vertrauen in die Lehre sicherlich sehr wichtig. Aber Zweifel loswerden? Das klingt für mich nach einem Paradies für Fanatiker.

    Lieber Grashuepfer,


    'Zweifel loswerden' ist ein Merkmal des Stromeintritts, zumindest für jene, die einem bestimmten gelehrten Buddha-Dharma folgen. :rad:

    Mein Motto: "Nur Materie ist real." Probier's mal aus :)

  • Ich weiss die Quelle leider nicht mehr, aber ich las letztens, dass es wohl eher umgedreht sei und das Konzept der Wiedergeburt in den Upanishaden durch und nach Buddhas Lehre ausgebaut wurde und nicht umgedreht. Ob es davor schon in einfacherer Form da war (laut dem Autor) und sozusagen doppelt übernommen wurde (also vom Hinduismus zum Bud. und zurück oder was er genau meinte) dazu stand nichts weiter da. Das habe ich zum ersten Mal gehört, weiss ja jemand etwas darüber?

    Der Text über Batchelor nimmt Bezug auf die Bṛhadāranyaka Upaniṣad, dieses ist 700 v.u.Z. entstanden. Buddha lebte um 500 v.u.Z.
    Sicher, es gibt auch Upanischaden, die nach Buddha erschienen sind (die Atman=Brahman-Lehre könnte nach oder zur Zeit des Buddha entstanden sein), aber viele auch vor. Manche sehen ihn auch als einen ein wenig abweichenden Upanischadenlehrer. Sagen wir einfach, es war eine ziemlich umtriebige Zeit. Die Upanischadenbewegung, Mahavira, Buddha. Da gibt es ja überall Überschneidungen mit den Lehren. Wer da nun was gekannt hat, wissen wir eh nicht. Buddha hatte aber zwei Lehrer, die glaub ich aus der upanischadischen Ecke stammten, Alara Kalama und Uddaka Ramaputta. Er hat sicher seine Lehre eben nicht in einem luftleeren Raum entwickelt, sondern upanischadische Ideen weiterentwickelt und durch den Anatman-Gedanke revolutioniert. Denn in den Upanischaden hast du ja noch die Idee: Es gibt kein Ich, aber es gibt Atman. (Was dann irgendwann noch mit Brahman, dem ewigen Urgrund eins wurde). Es gibt manchmal so ne Tendenz, das geschichtliche auszublenden. Auch sein Orden-modell war nicht viel anders, als von anderen Gurus.
    Insgesamt find ich interessant, daß im Hinduismus der Glaube an Karma und Reinkarnation erst recht spät entstanden ist. (Ich glaub sogar zu ner ähnlichen Zeit wie im Judentum der Glaube an ein Leben nach dem Tod).

  • Also ich weiß nicht - einerseits ist ein gewisses Vertrauen in die Lehre sicherlich sehr wichtig. Aber Zweifel loswerden? Das klingt für mich nach einem Paradies für Fanatiker.

    Lieber Grashuepfer,


    'Zweifel loswerden' ist ein Merkmal des Stromeintritts, zumindest für jene, die einem bestimmten gelehrten Buddha-Dharma folgen. :rad:

    Das sollte man betonen. Denn in einer anderen Schule ist den große Zweifel zu entwickeln ziemlich essentiell.

    Der große Zweifel von Jeff Shore

    Ansonsten glaube ich, das der Zweifel ein wichtiger Teil der Vernunft ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Daoist ()

  • Aber 700 vor ist doch früher als 500 vor, oder irre ich mich da? Du hast den Glauben an eine Wiedergeburt und Karma übrigens auch bei Mahavira, bei ihm auch ohne den Glauben an Götter. Und das war auch ein paar Jahre vor Buddha, aber ihre Lebensdaten überschneiden sich wohl. Man könnte sich höchstens fragen, ob die Atman=Brahman-Lehre eine Antwort auf die Anatman-Lehre war oder sie sich gegenseitig beeinflusst haben. Aber dazu weiß ich zu wenig. Ich wüßte ja noch nicht mal alle geschichtlichen Zusammenhänge zu den Zeiten von Laozi und Zhuangzi (zeitlich ja auch so in etwa die Zeit von Buddha, irgend etwas muss da in der Welt in der Luft gelegen haben, das sich da so viel neues entwickelte, in China waren da ja noch Konfuzius und Mozi, in Israel auch ein paar der großen Propheten, hab aber vergessen, welche).
    Freilich würden Buddhisten und Jains noch damit argumentieren können, daß es ja frühere Buddhas und Tirtankaras gab, aber das ist aus meiner Sicht mehr Mythologie.

    Einmal editiert, zuletzt von Daoist ()

  • Wie geht ihr mit den Widersprüchen, die auch der Buddhismus mit sich bringt, um?

    Naja,die Praxis ist dazu da die zweifel zu beseitigen und Vertrauen aufzubauen in die Lehre Buddhas,ich hatte auch am Anfang Zweifel, und zwar wegen Karma und Wiedergeburt,die sind aber nach lektüre von buddhistischen Büchern und Meditation verschwunden.

    Ausserdem ist Logik ja aller Weisheits Anfang,aber nicht deren Ende.

    finde den frieden in dir und du findest Frieden mit anderen

  • Lieber Grashuepfer,


    'Zweifel loswerden' ist ein Merkmal des Stromeintritts, zumindest für jene, die einem bestimmten gelehrten Buddha-Dharma folgen. :rad:

    Hi Steve,

    wir sprechen wohl nicht von der selben Freiheit an Zweifeln. Es ist natürlich richtig, dass, wenn man den ersten Pfad nach Theravada-Lehre verwirklicht hat, man keine Zweifel mehr an der Richtigkeit und Heilsamkeit des Dharma hat.

    Zugleich aber ist das rückhaltlose Überzeugtsein von der Richtigkeit der eigenen Position und der Falschheit anderer Positionen (und Wege) ein Merkmal, das Fanatiker aller Himmelsrichtungen vereint. Und vor dieser Art der Zweifelsfreiheit sollte man sich hüten.


    (Damit will ich nicht sagen, dass du ein Fanatiker seiest. Zugleich will ich doch anmerken, dass deine Art manchmal doch etwas kompromisslos auf mich wirkt, wie man auch am zweiten Teil deines Satzes oben erkennen kann. Die Formulierung ist ja doch kein Zufall, nehm ich mal an.)

  • Ich denke, dass ist ein wichtiger Hinweis, @Grashuepfer. Es gibt Zweifel und Zweifel. Heilsamen, der die Erkenntnis fördert und das Verständnis der Lehre vertieft, und unheilsamen, der ein Hindernis ist.

    Das "rückhaltlose Überzeugtsein von der Richtigkeit der eigenen Position und der Falschheit anderer Positionen " würde ich weniger als überwundenen Zweifel, als als noch nicht ausgebildetes Metta für einem selbst gegenüber deuten.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ich denke solange man in Samsara wandelt glaubt man, man glaubt an ein Ich an ein Du, Mann, Frau, links rechts, etc.

    Die Wahrheit ist ohne Unterscheidung.

    Die Wahrheit ist Nirvana.

    Eine Basis, zwei Pfade: Samsara oder Nirvana, Illusion oder Wahrheit.


  • Lieber Grashuepfer,


    das gilt auch für den Pfad des indo-tibetischen Mahayana, nicht nur Theravada.


    Es gilt zu unterscheiden zwischen der Abwesenheit von Zweifel im Sinne einer nicht-implizierenden Verneinung und der Abwesenheit von Zweifel im Sinne einer implizierenden Verneinung. Du verstehtst offensichtlich 'Zweifel loswerden' auf letztere Art, während ich - aus der Perspektive des mittleren Weges, nicht aus der Perspektive von Theravada - 'Zweifel loswerden' auf erstere Art verstehe.


    Es ist mir auch vollkommen unmöglich ein Fanatiker zu sein, weil ich den mitteren Weg praktiziere.

    Wenn mein sprachlicher Ausdruck kompromisslos auf dich wirkt dann vermutlich deshalb, weil du nicht den mittleren Weg praktizierst oder zumindest nicht in dem Sinne wie ich ihn praktiziere.

    Der zweite Teil meines Satzes oben versteht sich im Kontext meines Ekayana-Konzepts so, dass man halt verschiedenen Arten von gelehrtem Budddha-Dharma folgen kann und ich davon ausgehe, dass es sicherlich Arten gibt, die gar keinen Stromeintritt lehren oder die ihn lehren, aber vielleicht gar nichts zu Zweifel sagen.


    _()_

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  • Danke für die Klärung deines zweiten Halbsatzes. Ich hab zwar keine Ahnung, was eine implizierende Verneinung bzw. eine nicht-implizierende Verneinung ist, aber ich geb dir im Folgenden Recht: wir sprechen definitiv eine unterschiedliche Sprache und es macht wenig Sinn, das hier weiterzuführen. Ich würde sagen, kehren wir zum Threadthema zurück.