wie lernt man das Hannya Shingyo (Herzsutra) auswendig?

  • Liebe ZENis,

    wie habt ihr eigentlich das Herzsutra auswendig gelernt?

    Ich mühe mich ab, aber es geht einfach nicht, da ich die Worte ja nicht verstehe und somit ist es eine Aneinanderreihung von unverständlichen Silben.
    Ich habe auch schon versucht die Übersetzung dazu zu verstehen, damit ich es mir damit dann merke (also mit dem INhalt quasi), aber auch das klappt nicht.

    Habt ihr einen Tipp für mich?

    Wie habt ihr es geschafft?

    Herzliche Grüße,

    Margot _()_:mediw::tee::heart::buddha::mala:

  • Ich kann einfach durch das (frühere; aktuell ist das ja leider nicht möglich) Rezitieren im Dojo einiges davon auswendig. Gezielt auswendig lernen ist für mich dabei nichts (wüsste auch nicht wofür).

    _()_

  • Das ist wie früher Gedichte auswendig lernen ("Walle, Walle, das zum Zwecke Wasser fließe.... :grinsen:) Nur, dass ich jetzt älter geworden bin und es etwas länger dauert bis ich lange Texte auswendig kann. Immer wieder wiederholen. ;)

    Es ist manchmal praktisch, Texte auswendig zu können. So kann man sie abends im Bett rezitieren wenn man nicht einschlafen kann.


    Bisher kann ich nur Teile vom Herzsutra auswendig.

  • Ich mühe mich ab, aber es geht einfach nicht, da ich die Worte ja nicht verstehe

    Macht das dann überhaupt Sinn? Wäre es nicht besser es vorher zu übersetzen? Sorry für die naive Frage.


    lg,

    Erdmaus

  • Das ist wie früher Gedichte auswendig lernen ("Walle, Walle, das zum Zwecke Wasser fließe.... :grinsen:) Nur, dass ich jetzt älter geworden bin und es etwas länger dauert bis ich lange Texte auswendig kann. Immer wieder wiederholen. ;)

    Es ist manchmal praktisch, Texte auswendig zu können. So kann man sie abends im Bett rezitieren wenn man nicht einschlafen kann.


    Bisher kann ich nur Teile vom Herzsutra auswendig.

    Ja genau - und auch beim Zauberlehrling war ich nicht so sonderlich gut im Auswendiglernen :)
    Beim Herzsutra ist eben das Problem, dass es keine verständlichen Wörter sind... :)
    Und ja, es ist ein beruhigendes Mantra, wenn man es auswendig kann. Beim Einschlafen, im Auto, im Zug,... Total angenehm... Das möchte ich gerne..

  • Ich mühe mich ab, aber es geht einfach nicht, da ich die Worte ja nicht verstehe

    Macht das dann überhaupt Sinn? Wäre es nicht besser es vorher zu übersetzen? Sorry für die naive Frage.


    lg,

    Erdmaus

    Liebe Erdmaus, ich glaube schon. Denn das Herzsutra wirkt auch sehr heilend, wenn man es nicht wörtlich versteht. Und es ist wie zur Beruhigung, wenn man etwas auswendig rezitieren kann und dabei die Augen schließt... Aber du hast schon recht - viel besser wäre es, wenn ich es auch wörtlich übersetzt verstehen würde. Die generell Übersetzung kenn ich eh gut, aber man kann es eben nicht wörtlich übersetzen zum lernen, sondern nur so in Wortblöcken, die zusammen den Sinn ergeben. Aber ich werds dennoch versuchen auch übersetzt zu lernen... :)
    Herzliche Grüße

  • Ich weiß jetzt nicht wie das Mantra der Vollkommenheit im Hannya Shingyo formuliert ist. Ich kenne aus der Übersetzung des Herzsutras aus dem Tibetischen ins Deutsche folgende Fassung des Mantras, die ich leicht zu erlernen finde und das kann ja schon mal ein Anfang sein.


    Teyatha om gate gate paragate parasamgate bodhi svaha.


    Die tibetischen Buddhisten haben die Mantras nicht übersetzt, sondern stets die Sanskritfassung übernommen. Deshalb rezitieren wir auch an unserem Zentrum die Sanskritfassung.


    Wenn man jetzt auch noch eine Erklärung der Sanskritworte hat, ist die Sache fast perfekt.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.


  • Hallo Uupsi,


    danke für die Erläuterung. Ich kenne mich mit dem Thema "Sutras"überhaupt nicht aus, daher die etwas naive Frage. So wie du es erklärst macht es Sinn. Du kennst ja den Inhalt auch, daher verstehst du ihn in gewisser Weise.


    Zum Thema Auswendiglernen:


    Ich gehe da immer so vor, dass ich erstmal die ersten 20 Worte (oder so) lerne und diese immer wieder wiederhole. Wenn dieses Paket sitzt, gehe ich das nächste Paket an. Anschließend prüfe ich ob beide Pakete sitzen usw...


    lg,

    Erdmaus

  • Schön, wenn DU das Herzsutra oder andere Sutren auswendig aufsagen willst. Das freut mich ...


    Doch wieso möchtest Du die Wahrheit des dhamma in Buchstabenfolgen irgendeiner Sprache vor Dich hin murmeln ?


    Provokative Frage, ich weis. Doch liegt es nicht eher im Erfahren als im Rezitieren ?


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

    • Offizieller Beitrag

    Das wichtigste ist natürlich den Inhalt zu verstehen. Aber das Hannya Shingyo hat auch ein Struktur. Von daher ist es geschickt, es in Sinnabschnitte aufzuteilen:

    Damit nicht alles nur Silben sind , macht es Sinn die Eigennamen einzufärben. Ich nehme mal blau.

    Kan ji zai bo satsu. Gyo jin han nya hara mita ji. Sho ken. Go on kai ku.Do issai ku yaku.

    Sha ri shi. ( also Shariputra)

    Shiki ist Form und Ku ist Leere. Wenn man die Bindewörter grün macht, ist das doch ein ganz elegantes Bild.


    Form ist Leere und Leere ist Form. Form ist nichts anderes als Leere und Leere nicht anderes als Form.

    Shiki fu i ku.
    Ku fu i shiki.
    Ku soku ze shiki.
    Shiki soku ze ku.


    Shiki bedeutet Form. Es ist eines der Skandha. Die anderen Skandha sind Ju so gyo shiki. Das zweite shiki (Unterscheidung) ist ein anderes als das erste ( Form)

    Ju so gyo shiki. Yaku bu nyo ze.

    Das heißt, dass für die anderen Skandha das gleiche gilt:

    Shari shi ( also Shariputra)

    Ze sho ho ku so.

    Hier färbe ich mal die fu grün:

    Fu sho
    Fu metsu
    Fu ku
    Fu jo
    Fu zo
    Fu gen

    Und jetzt wird wieder über die Skandha gesprochen.

    Ze ko ku chu. Mu shiki mu ju so gyo shiki.

    Die gleichen orangen Skandha wie oben.

    • Offizieller Beitrag

    Und jetzt die Sinnesorgane. Wenn man sich die nicht merkt, kann man sich ja sogar bei jedem Wort an selbigen fassen.

    Mu gen ni bi ze shin i
    Mu shiki sho ko mi soku

    ho

    Auge Ohr Nase Zunge Körper Geist

    Also keine Sinneswelt (gen kai) und auch keine vorgestellte (i shiki kai)

    Mu gen kai nai shi

    mu i shiki kai.


    Und so kann man auch den weiteren Verlauf für sich strukturieren.

  • Ich mühe mich ab, aber es geht einfach nicht, da ich die Worte ja nicht verstehe

    Macht das dann überhaupt Sinn? Wäre es nicht besser es vorher zu übersetzen? Sorry für die naive Frage.


    lg,

    Erdmaus


    Im koreanischen Seon (Zen)-Buddhismus ist eine solche Form der Praxis weit verbreitet; Sutren werden nach einer jeweils bestimmten Melodie in Sino-Koreanisch rezitiert. Im Ableger einer koreanischstämmigen Seon-Schule, in der ich mal für ein Jahr an einigen Veranstaltungen teilgenommen habe, beschwerte sich mal ein Teilnehmer beim anwesenden Gast-Zen-Meister, dass es für Koreaner*nnen ja auch viel leicher sei als für uns, da wir die Texte ja nicht verstünden. Der Meister erwiderte, dass die meisten Koreaner die Texte ebensowenig verstünden, was durchaus gut sei. Gerade wenn man den Inhalt intellektuell nicht verstünde, sei diese Art der Rezitation eine hervorragende Praxismethode: Man müsse für die Rezitation sehr gesammelt sein, das begriffliche Denken fände aber keinen Zugriff auf den unverständlichen Text. Gedankliches Abschweifen könne man sich auch nicht erlauben, da man ansonsten sogleich aus der Rezitation falle - da verleire man also entweder schnell den Faden oder gerate nach einiger Zeit fast von selbst in einen Zusatnd intuitiven Gewahrseins. Besonders lange Texte wie etwa das Diamant-Sutra könne man überhaupt nur in einem Zustand solchen Gewahrseins bewältigen. Über die Jahrhunderte sollen viele koreanische Meister während einer solchen Rezitationspraxis Erlauchtung erlangt haben (so z.B. der 2004 verstorbene koreanische Groß-Zen-Meister Seung Sahn Senim).


    Selbstverständlich fand in dieser Schule unabhängig von der Rezitationspraxis auch eine Auseinandersetzung mit den Inhalten der rezitierten Sutren statt. Ebenso lagen die Texte in Lautschrift und in Übersetzung vor (ich weiß nicht mehr genau, ob es deutsch oder englisch war). Ich habe das hier aus der Erinnerung in meinen eigenen Worten wiedergegeben und möchte noch hinzufügen, dass Seung Sahn Senim und andere koreanische Mönche, die lange Sutren auswendig rezitieren konnten/können i.d.R. sicher auch Sino-Koreanisch verstehen. Dennoch wird aus genannten Gründen die Rezitation in einer unverständlichen Sprache als intensive Praxismethode weitverbreitet angewendet.

  • Zum Thema Auswendiglernen:


    Ich gehe da immer so vor, dass ich erstmal die ersten 20 Worte (oder so) lerne und diese immer wieder wiederhole. Wenn dieses Paket sitzt, gehe ich das nächste Paket an. Anschließend prüfe ich ob beide Pakete sitzen usw...

    Dem kann ich mich nur anschließen.


    Uupsi: Vielleicht sind 20 Worte auch schon zuviel. Es geht darum, es in kleinen Brocken sicher zu lernen; zu viel auf einmal - und alles verliert sich wieder.


    Eine weitere Methode ist das von xiaojinlong erwähnte, gemeinsame Rezitieren im Dojo. Das lernt man dann inetwa so, wie ich als kleiner Junge ohne jede Englischkenntnis englische Lieder irgendwann auch mitsingen 'konnte'. Muss man ja nicht unbedingt in Gegenwart von Englisch-Muttersprachlern machen :oops:

  • Habt ihr einen Tipp für mich?

    Liebe Margot,

    ergänzend zu den schon gegebenen Antworten (bzw. verdeutlichend): ein Sutra (oder einen der anderen im Zen üblichen Rezitationstexte) studieren und es rezitieren sind zwei verschiedene Dinge. Bzw. Rezitation ist eine besondere Art des 'Studiums'. Wobei der Begriff 'Rezitation' es nicht ganz trifft, vielleicht wäre 'deklamieren' oder 'skandieren' besser. 'Skandieren' ist im Deutschen zwar außer Gebrauch gekommen, aber es ist die genaue Entsprechung der im Englischen üblichen Bezeichnung dieser Praxis, nämlich 'chanting'. Was es mE deutlich besser trifft als 'rezitieren'.


    Das führt dann in der Praxis auch häufig zu einem Missverständnis - insbesondere wenn deutsche Übersetzungen rezitiert (ich bleibe mal bei diesem Begriff) werden. Gerade Neulinge tendieren dazu, die Texte wie ein Gedicht zu rezitieren - also die Aussage des Textes mit Betonungen, Pausen ("da gehört doch ein Komma hin ...") usw. zu verdeutlichen.


    Das Missverständnis besteht darin, dass die Rezitationspraxis keine Übung des Intellekts ist, sondern eine 'somatische' Übung. Traditioneller ausgedrückt: der Fokus liegt auf dem 'Herz'-Aspekt von Shin 心, dem 'Herz/Geist', auf den das Herzsutra (心經) im Titel verweist. Es geht da nicht nur um den 'Herz/Geist' des Großen Prajñāpāramitā - Sūtra, seine Essenz - es geht genauso um den 'Herz/Geist' des Rezitierenden, der nicht verschieden davon ist.


    Die Rezitation kommt bei dieser Praxis nicht aus dem Kopf - sie kommt auch nicht aus dem Herzen, sie kommt aus dem Bauch, dem Hara - aber sie weitet das Herz. Seine transformierende Wirkung entfaltet diese Praxis am tiefsten in der gemeinsamen Rezitation, wenn sich das Ich in Klang und Rhythmus der rezitierenden Sangha auflöst, zum Ein-Klang wird.


    Langer Rede kurzer Sinn: die lexikalische Bedeutung der rezitierten Silben ist für diese Praxis unerheblich. Ihre Kenntnis kann für Manche sogar hinderlich sein, wenn sich dann bei der Rezitation der Intellekt mit dazuschaltet - anders gesagt: wenn das 'Ich' sich einbringt (was dann in aller Regel die Rezitation ins Stolpern bringt). Ob diese Kenntnis beim 'Auswendiglernen' hilft oder nicht, kann individuell sehr unterschiedlich sein. Bei mir war es so, dass es mir geholfen hat - was nicht heißen muss, dass es bei Dir auch so ist. Jedenfalls - hier eine Lernhilfe, die für mich nützlich war. Wobei ich, nachdem ich die Rezitation dieses Textes gelernt hatte, während der Rezitation nie wieder an irgendwelche Bedeutungen von Silben gedacht habe. Das ist schlicht nicht Sinn der Übung. Dass man selbstverständlich das Herzsutra auch im herkömmlichen Sinn studieren kann (und sollte), bleibt davon unberührt - das ist dann aber eine andere Übung, ein anderes Dharma-Tor.


    Mit der Rezitation ist es wie mit jeder Praxis. Man lernt sie durch (Aus-)Übung. Empfehlenswert ist es da, nach der täglichen Zazen-Übung zu rezitieren. Mit 'Spickzettel', wie es ja in den meisten Praxisgruppen in der gemeinsamen Praxis üblich ist. Während der Zeit, als ich das lernte, ging ich nach dem abendlichen Zazen (mit abschließender Rezitation) noch auf eine Abendrunde mit dem Hund - und rezitierte dabei. Soweit ich eben mit dem Text kam; wenn ich unsicher wurde, begann ich einfach wieder von vorne. Das ging dann eigentlich recht schnell; in ein paar Wochen hatte ich das komplett 'drauf'. Der Spickzettel wurde beiseite gelegt und ich fing an, meine Rezitation zu Hause mit keisu und mokugyo zu begleiten. Da hatte ich keine Hand mehr frei, um auch noch einen Spickzettel zu halten. Klar - das ging in der Anfangszeit auch mal in die Hose. Macht nix. Aufhören, Lächeln, von vorne anfangen. Wenn es auch dann nicht hinhaut - morgen ist auch wieder ein Tag und zwei, drei Tage übt man dann halt wieder mit Spickzettel. Ist nix dabei.


    In der Gemeinschaft ist das einfacher - die trägt einen und wenn man sich von einem kleinen Aussetzer nicht aus dem Gleichgewicht bringen lässt, findet man sich meist auch schnell wieder in den Text. Wenn Du die technische Möglichkeit hast, wäre es vielleicht eine Idee, mit einem youtube-Video zu üben - z.B. dem hier. Natürlich nicht das Video anschauen, sondern mitrezitieren und sich von der Gemeinschaft tragen lassen.


    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

    Einmal editiert, zuletzt von Sudhana () aus folgendem Grund: Typo

  • Namaste!


    Ich hatte nie den Anspruch, die sino-japanischen Rezitationstexte auswendig können zu müssen.

    Mit den Jahren der regelmäßigen Übung kam das aber nach und nach von selbst.

    Erst die kürzeren Texte wie z. B. das Shiguseiganmon, das Enmei Jikkû Kannon Gyô oder das Shariraimon; später merkte ich dann beim Besuch eines Shingon-Tempels im Ausland, dass ich auch das Hannya Shingyô ohne Sutra-Buch auswendig mitsingen konnte ohne mich zu verhaspeln.

    Beim alleinigen Rezitieren des Hannya Shingyô gerate ich oft bei den sich wiederholenden Zeilen in eine Art "Endlosschleife", so dass ich weiterhin gern dafür mein Sutra-Buch zu Hilfe nehme.


    Bei den Dharanis musste ich feststellen, dass es da schwieriger für mich ist - die muss ich immer noch ablesen und das wird wohl auch so bleiben.


    Systematisches Auswendiglernen ist für mich schwierig.

    Kurze Sutras [maximal eine Seite] als mp3 täglich über mehrere Wochen im Auto hören, z. B. auf dem Weg zur Arbeit, und nach ein paar Tagen versuchen mitzusingen - das bringt mich immerhin meist etwas weiter.

    Aber ohne die regelmäßige Anwendung im Tempel, zusammen mit dem Lehrer und der Sangha, setzt es sich bei mir einfach nicht.


    < gasshô >


    Benkei


    BuPôSo-en

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Vielen Dank - das hat mir sehr geholfen, dass es in der Tat auch Sinn macht ohne dem Verstehen der Silben zu rezitieren.

    Das inhaltliche zu studieren finde ich auch spannend - ist nicht weniger schwierig beim Herzsutra. :) Aber eben ganz anders...

    Dankeschön :)