Wenn das Ego sich meldet

  • Hallo mal wieder,


    ich merke, wie gut es mir tut, buddhistische Lehre zu lernen und zu praktizieren, aber der Nachteil ist, dass ich momentan sogar noch mehr grübele.

    Das liegt aber auch daran, dass ich mich momentan neuen Situationen stelle, die mich sehr ängstigen aufgrund vergangener Traumatisierungen, die ich durch Therapie und Buddhismus bearbeite und überwinde. Da spielt Angst eine große Rolle...

    Wichtig ist hierbei die Veränderung des eigenen Verhaltens, der bessern Wahrnehmung sich selbst und seinen Gefühlen gegenüber, achtsames Handeln und Abgrenzen, ehrlich zu sich selbst sein!

    Nun frage ich mich Folgendes:

    Wenn ein anderer sich auf eine bestimmte Weise einem Gegenüber verhält und der erste Gedanke ist "das war ja mal echt beknackt", wie gehe ich da jetzt weiter?

    Ich habe Folgendes bemerkt:

    Wenn man sich doof behandelt fühlt, dann schnattert einem ja oft das Ego rein und man ist zum Beispiel beleidigt und denkt Dinge wie:

    Das ist ja respektlos mir gegenüber! Oder Das ist ja albern! etc.

    Buddhistisch gedacht ist es sinnvoller zu sagen: Das hat mit mir nichts zu tun, das begründet auf diesen und jenen Dingen, die im anderen vorgehen.

    Das ist für mich eine gute Lösung, wenn man nicht direkt angegriffen wird. Man sollte nicht direkt einen Konflikt eingehen.

    Ich war früher gut darin, mit Leuten zu streiten und ihnen zu erklären, was mich an ihnen stört und dann habe ich daraus keine Konsequenz gezogen, sondern habe alles so weiter passieren lassen. Konflikte sind also sinnlos und keine Abgrenzung.

    Dennoch ist da ein Zweifel, wie weit man sich dann mit einer anderen Person noch auseinandersetzen will, wenn man zum Beispiel bemerkt:

    Diese Person kann nicht richtig zu sich selbst stehen und ist inkonsequent. Oder: sie ist unzuverlässig und sprunghaft aufgrund von Unsicherheiten. Demgemäß kann es Nachteile bergen, mit so einer Person umzugehen. Auch versuche ich Mitgefühl zu üben: Diese Person hat diese und jene Probleme noch nicht bewältigt und steht sich selbst im Weg.

    Aber: Ich möchte nicht zu sehr dort hineingeraten.

    Ich bemerke grade einen großen Knoten in meinem Denken.

    Immer, wenn ich mir gesagt habe: "Bausch das nicht so auf, mach da kein Ding draus", endete das ganz übel beim Umgang mit Menschen.

    Denn dann zog ich Leute an, die merkten, dass man "alles mit mir machen kann". Da wurden die Grenzüberschreitungen und Respektlosigkeiten langsam gesteigert und jedes Mal sagte ich mir dasselbe. Ich vermeidete Konflikte und redete mir jeden Menschen schön, der mir über den Weg lief, selbst wenn die Warnzeichen schon unübersehbar vor mir aufleuchteten. Es musste immer erst übel kommen, bis ich mich distanziert habe. Leider ging es sogar bis zur totalen gefühlten Vernichtung und Traumatisierung. (Ich weiß, lt. Buddhismus gibt es keine Vernichtung ;)). Das darf natürlich nicht so weitergehen.

    Aber im Umkehrschluss jedes Ding auf die Goldwaage zu legen bringt es ja auch nicht.

    Man sollte sich nicht sofort persönlich angegriffen fühlen, man muss auch nicht sofort verschwinden oder sofort einen Konflikt anzetteln, aber trotzdem sollte man das doch irgendwie "abspeichern" und gewahrsam sein und dann vielleicht doch irgendwann ins Handeln kommen? (Z.B. Distanzierung). Aber wann?

    Wie bewertet ein guter praktizierender Buddhist, wie geht er damit um?

    Mich nervt schon wieder mein Dauergegrübel:doubt: Das bringt es irgendwie nicht.

  • Hallo Sitaara,

    Wie bewertet ein guter praktizierender Buddhist, wie geht er damit um?

    Mich nervt schon wieder mein Dauergegrübel

    Keine Ahnung, wie ein guter praktizierender Buddhist damit umgeht. Vergleiche schaden anstatt zu helfen.

    Und natürlich nervt das Dauergegrüble.


    Ich jedenfalls kenne das auch. Und ich übe mich schon seit Jahrzehnten.

    Seit ein paar Wochen hat sich aber mein "Inneres" geweitet (wieder einmal) und es stört mich einfach nicht mehr. Ich mache mir keine Sorgen darüber, ob mich jemand falsch versteht, gar nicht versteht oder meint, mich respektlos behandeln zu können.


    Einer Freundin habe ich vor ein paar Wochen gesagt, dass ich nicht mehr gerne mit ihr spreche und das ich unsere Freundschaft als beendet betrachte. Es ist meine längste Freundin - seit 63 Jahren. Vor zwei Tagen hat sie mich angerufen und gefragt, ob der Grund denn wirklich so schwerwiegend sei, dass wir uns nicht mehr sprechen und sehen können. Nein, habe ich gesagt, der Grund ist nicht so schwerwiegend. Daraufhin hat sie zugegeben - und das ist eine große Leistung von ihr, dass sie mich nicht richtig behandelt hat, ohne Achtung. Wir werden uns demnächst Auge in Auge gegenüber sitzen und aussprechen.


    Ich habe daran gesehen, dass ich ganz ruhig bleiben kann, nicht wütend werden muss, nicht grübeln muss "was mach ich jetzt". Ich hatte darüber nachgedacht, nachdem mir das schon lange Zeit nicht mehr gefiel, und dann habe ich einfach gehandelt.


    Zeitgleich habe ich aber in den letzten Wochen vor allem anderen Menschen das Recht zugestanden, nicht so zu fühlen wie ich, nicht so zu denken wie ich. Ganz im Gegenteil, mir ist klargeworden, dass das kaum möglich ist. Nicht mal hier im Forum.

    Das hat mich total entlastet. Ich muss niemanden umerziehen, ich muss nicht Recht haben.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Vielleicht findest du hier was:

    Vorzügliche Freundschaft: kalyanamittata

    Sehr schön! Bringt es absolut auf den Punkt, finde ich.

    Ich bin nämlich trotz der negativen Erfahrungen auch zum Glück in den Genuss einer wahren Freundschaft gelangt und so langsam finden auch immer mehr nette Menschen in mein Leben. :D


    Monikadie4. Ja, manchmal zeigt es sich, dass man auch über so etwas reden kann. Finde ich großartig, dass du es angesprochen hast, sowas erfordert Mut.

    An der Stelle frage ich mich aber eben, ob ich etwas zur Sprache bringen soll oder nicht.

    Wenn ich gerade erst jemanden kennen lerne, finde ich es unnötig - weil man möglicherweise einen Konflikt heraufbeschwört mit jemandem, der einem noch nicht wirklich wichtig ist. Dann ist da mehr Verlust als Gewinn, denke ich.

    Es kann mir momentan eigentlich relativ egal sein, wie die Person zu mir steht, ich denke, ich kann innerlich reagieren (Rückzug) und muss es äußerlich nicht mit Konfrontation tun. Wenn mich etwas bei einem guten Freund stört, habe ich mehr das Bedürfnis es anzusprechen, weil mir die Verbindung wichtig ist.

  • sitaara .

    Was du ansprichst, das sind meistens zwei verschiedene Schuhen. Buddhissmus strebt Nirvana an. Das wäre früher sogar sehr zuträglich( für diesen Zweck), alle mögliche Kontakte zu vermeiden( bis zum Minimum zu reduzieren). Um nur zu meditieren.

    Sehr gut über die Unterschiede und die mögliche Lösungen spricht dieser Autor, selbst der Psychotherapeut und auch der praktizierende Buddhist.


    Psychotherapie & Buddhismus | Arbor Verlag

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Vielleicht findest du hier was:

    Vorzügliche Freundschaft: kalyanamittata

    Danke für den Link, Spocki :)



    Zum Thread Titel: Wenn das Ego sich in Form von geistigen Giften (Gier, Hass, Unwissenheit) meldet, versuche ich zunächst einen Schritt zurück zutreten und die Rolle des Beobachters (des eigenen Geistes) einzunehmen.

    Dadurch lerne ich Gleichmut zu entwickeln und Dinge nicht künstlich zum Drama zu machen.

    Gegenüber Dritten muss man sich aber im Alltag trotzdem manchmal abgrenzen. Da kann ich auch mal argumentieren, wenn ich möchte und wenn es mir nicht gleichgültig ist. Gleichmut und Gleichgültigkeit sollte man nicht verwechseln.

  • Sorry, ich wollte meine Antwort begründen.

    Nichts umsonst, bei fast vielen Buddhistischen Retreats

    Man sollte mit niemaden reden,

    kein TV, kein Buch, kein Schreiben...*lach*...keine Foren(:

    Ein Amerikaner , welchen ich jetzt lese, er ist der Wissenschaftler, dann er sollte das Papier und Kuli auf der eigener Klausur sehr gut verstecken, denn wenn es würde einfach entdeckt, dann er hätte sofot ausgeflogen. Und das ganze "Vergnügen", apropo, nicht so billig, dazu.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich würde mich da Monika anschliessen. Am besten lässt man die Anderen wie sie sind.
    Deine Eigenschaft stets das beste im Menschen zu sehen finde ich toll. Schliesslich ist in jedem die Buddha Natur. Was du tun kannst ist versuchen innerlich ruhig zu bleiben. Mitgefühl ist hier der Schlüssel. Durch weniger innere Konflikte wirst du auch weniger Äussere haben. Das heisst aber keinesfalls sich alles gefallen zu lassen, das scharfe Schwert des Mitgefühls darf ruhig benutzt werden. Am besten bleibst du nämlich einfach dich selbst wenn das nicht geht ist es möglicherweise Ratsam einen Kontakt zu beenden.

  • Ich denke, bei Konflikten ist es wichtig, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

    D.h. mit Wertschätzung für sich und den Anderen mit all seinen Emotionen usw.

    Dann kann auch eine Lösung gefunden werden, und wenn es dann auch eine Trennung ist. Aber dann ist das ohne Groll.

  • "Das Schwert des Mitgefühls" kannte ich bisher nicht, das finde ich, ist ein sehr schöner Ausdruck :D


    Zitat

    Ist kein Mitgefühl, sondern eine abwertende Bewertung. ;)


    OK, interessant, vielleicht weiß ich dann gar nicht so richtig, wie Mitgefühl funktioniert :?

    Für mich war das erstmal nur eine Feststellung; ich dachte Mitgefühl äußert sich in der Bewertung?

    Also ob man jemanden abwertet oder sich sagt, dass man selbst nicht perfekt ist und das vielleicht sogar selbst kennt?

  • Guten Morgen sitaara,

    wirkliches Mit-Gefühl habe ich eigentlich erst durch das Praktizieren der Lehre und daraus gefundenen Einsichten erkannt. Ich erlebte das als Geschenk, nicht als etwas, das gedacht wird und dann geübt. Es war insofern eine Geschenk, als es die Folge der Erkenntnis meines eigenen Unvermögens war.


    Die Lehre intellektuell zu verstehen, scheint nicht so schwierig. Sie ist es aber, wenn wir uns ernsthaft damit auseinandersetzen. Und dann kam die Erkenntnis, wie schwer es mir fällt, sie umzusetzen bzw. noch schwerer, sie zu vermitteln. Und da kam Mit-Gefühl auf für all diejenigen, die noch nicht mal ansatzweise damit in Berührung gekommen sind oder nur oberflächlich.


    Was ist Verblendung, was bedeuten Gier und Hass. Und wie weit geht das, wie tief sitzt das? Was sind die Ursachen? Und was kann ich tun?


    Ausgedehnt auf die gesamte Menschheit kann ich niemanden mehr be- oder verurteilen. Das weiß ich, aber handel ich auch danach?

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Also ob man jemanden abwertet oder sich sagt, dass man selbst nicht perfekt ist und das vielleicht sogar selbst kennt?

    Ja genau. Du redest aber nicht über Dich, sondern über den anderen.


    Ein Ansatz kann sein (ich denke, das stammt auch von TNH) : "Da ist ein Mensch, der leidet so wie ich. Und so wie ich strebt er nach Befreiung."


    Aber am Ende ist das hilfreich, kann aber auch recht verkopft sein.


    Liebende Güte ist ein Zustand, den man systematisch einüben kann, aber das dauert seine Zeit*.


    Liebe Grüße,

    Aravind.


    *) Das "einüben" kann etwas irreführen sein. Ich und viele andere gehen davon aus, dass der Zustand der Liebenden Güte schon in einem vorhanden ist, aber von anderen Gedanken usw. verdeckt wird. Wenn man Platz für diesen Zustand schafft, wird er von alleine immer größer.

  • Hallo sitaara,


    ich habe das in den letzten zehn Jahren hier immer mal wieder gesagt: das Praktizieren des Buddhismus (aber eigentlich auch jeder anderen Religion) setzt meines Erachtens nach ein einigermaßen stabiles Ego voraus. Der Versuch, bestimmten 'Verletzungen' oder 'Übergriffen' auf das eigene Ego damit zu begegnen, dass man Konflikten aus dem Weg geht und zu behaupten, dass einem da das eigene 'böse' oder eigentlich 'illusionäre' Ego reinfunkt und man stattdessen 'buddhistisch' reagieren sollte, ist meiner Erfahrung nach in den meisten Fällen Verdrängung und verschlimmert (immer meiner Erfahrung nach!) oft die Situation.


    Natürlich kann man bestimmte Störungen des Ego buddhistisch erklären (oder vielleicht besser: interpretieren), aber in aller Regel ist Buddhismus keine Therapie - auch wenn seit einigen Jahren eine sogenannte 'buddhistische Therapie' boomt und (grummel, grummel) zu einer beliebten Einkommensquelle geworden ist (oft für diejenigen, denen sogar der 'Heilpraktiker Psychotherapie' zuviel Arbeit ist...:x).


    Alles Gute in der Hoffnung, Dir ein paar Anregungen geliefert zu haben...

  • Der Buddha hat das Wort EGO nie verwendet.

    In den Lehrreden die uns heute zb über die vier Nikayas vorliegen erklärt er in seinen Erfahrungen

    ein Selbst, das Selbst.


    Seine damaligen Erfahrungen können wir bis heute analysieren und selbst ausprobieren.

    Ein Erleben das Gefühlte Welten relativiert, wenn Anhaftung und Vergänglichkeit in die Mitte rücken.


    Zb in der Übung

    32 Körperteile Kontemplation Ayya Khema



    Diese Übung gibt schnell Auskunft darüber das keine Materie von einem Selbst in uns existiert, sondern

    ein Selbst ist, mit dem sich indentifiziert wird.


    Eine Klarheit, die täglich betrachtet, Ernüchterung der Dinge beinhalten wird.


    Mögen wir alle glücklich sein


    In Metta🙏

  • Zitat

    Ein Ansatz kann sein (ich denke, das stammt auch von TNH) : "Da ist ein Mensch, der leidet so wie ich. Und so wie ich strebt er nach Befreiung."

    Das in etwa habe ich probiert. Aber es ist eher alles kognitiv bisher. ;) Aber ich finde es gut, da anzusetzen und sich das vor Augen zu halten, bevor man halt wütend wird oder sich über den anderen stellt.

    Zitat

    Die Lehre intellektuell zu verstehen, scheint nicht so schwierig. Sie ist es aber, wenn wir uns ernsthaft damit auseinandersetzen. Und dann kam die Erkenntnis, wie schwer es mir fällt, sie umzusetzen bzw. noch schwerer, sie zu vermitteln. Und da kam Mit-Gefühl auf für all diejenigen, die noch nicht mal ansatzweise damit in Berührung gekommen sind oder nur oberflächlich.

    Ja, darauf bin ich auch gestoßen. Die Lehre ist kognitiv in ihren Kernelementen nicht schwer zu begreifen, aber emotional? Ganz anders! Ich habe mir gedacht, wer buddhismus emotional verstanden hat, der hat es ja im Grunde geschafft. So stelle ich mir Menschen wie TNH vor.

    Die leben das.

    Und ich glaube, das geht nicht von heute auf morgen. ;)

    Zitat

    Natürlich kann man bestimmte Störungen des Ego buddhistisch erklären (oder vielleicht besser: interpretieren), aber in aller Regel ist Buddhismus keine Therapie - auch wenn seit einigen Jahren eine sogenannte 'buddhistische Therapie' boomt und (grummel, grummel) zu einer beliebten Einkommensquelle geworden ist (oft für diejenigen, denen sogar der 'Heilpraktiker Psychotherapie' zuviel Arbeit ist...:x).

    Ich sehe das genauso - Buddhismus ist kein Therapieersatz. Ich bin ja zum Glück in professioneller Psychotherapie und habe mir mal gedacht, die Therapie ist quasi der Kuchen und der Buddhismus die Sahne obendrauf. ;) Also eine prima Ergänzung, ich denke mir, Buddhismus zu praktizieren sorgt dafür, dass die therapeutische Arbeit einfach auf noch fruchtbareren Boden fällt. Allein das bewusste/achtsame Wahrnehmen der eigenen Gefühle hilft ja schon, wenn man in den Stunden darüber dann sprechen kann. Oder die Übungen an sich um einfach den Stresspegel herunterzusetzen. Es ist eine super Ergänzung aber kann alleinstehend auf jeden Fall nicht reichen, um komplexere Themen wie Traumata etc. zu überwinden.

    Zitat

    Diese Übung gibt schnell Auskunft darüber das keine Materie von einem Selbst in uns existiert, sondern

    ein Selbst ist, mit dem sich indentifiziert wird.

    Eine Klarheit, die täglich betrachtet, Ernüchterung der Dinge beinhalten wird.

    Das Thema finde ich emotional auch schwierig zu verstehen. Also kognitiv finde ich es gar nicht so schwer zu erfassen, dass ich eigentlich nur eine "Anhäufung von Ursachen und Wirkungen bin" und keine eigene Natur besitze, aber tiefgreifend merke ich es einfach nicht - das ist ja auch kein Wunder, das kann man von heute auf morgen wahrscheinlich gar nicht richtig begreifen.

    Danke für den Link! Gibt es auch eine Schrift/Sutra zu dieser Kontemplation?

  • Sehr hilfreich und interessant finde ich "Der direkte Weg - Satipatthana" von Analayo. Hierin beschäftigt sich der Mönch mit dem Satipatthana-Sutta

    M I, 55-63 und gibt - aus meiner Sicht - außerordentlich verständliche Kommentare Abschnitt für Abschnitt.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich schreibe mal was ich beim gelesen gedacht habe, ich bin aber kein Profi.

    ich merke, wie gut es mir tut, buddhistische Lehre zu lernen und zu praktizieren, aber der Nachteil ist, dass ich momentan sogar noch mehr grübele.

    Das liegt aber auch daran, dass ich mich momentan neuen Situationen stelle, die mich sehr ängstigen aufgrund vergangener Traumatisierungen, die ich durch Therapie und Buddhismus bearbeite und überwinde. Da spielt Angst eine große Rolle...

    Wichtig ist hierbei die Veränderung des eigenen Verhaltens, der bessern Wahrnehmung sich selbst und seinen Gefühlen gegenüber, achtsames Handeln und Abgrenzen, ehrlich zu sich selbst sein!

    Am Anfang der Praxis ist das normal und ich finde das gut, was du schreibst. Angst ist oft auch Gewohnheit. Wenn ein Städter eine Nacht alleine draußen schlafen muss (manchmal reicht schon der eigene Garten), dann hat er oft riesige Angst, obwohl nichts passiert. Einfach weil er es nicht gewohnt ist. Und dann springt das Gedankenkarussell an...


    Man denkt ständig unbewusst und bekommt es selber nicht mit, wenn man dann plötzlich bewusst hinschaut, dass man die ganze Zeit denkt und was alles, dann ist das unter Umständen erstmal viel und verwirrend. Manche haben dann den Eindruck etwas falsch zu machen, weil ja in buddhistischen Foren immer von Frieden und Stille geschrieben wird. Aber Verwirrung kann in meinen Augen auch ein Zeichen dafür sein, dass man jetzt hinschaut und es richtig macht.

    Zitat

    Nun frage ich mich Folgendes:

    Wenn ein anderer sich auf eine bestimmte Weise einem Gegenüber verhält und der erste Gedanke ist "das war ja mal echt beknackt", wie gehe ich da jetzt weiter?

    Ich habe Folgendes bemerkt:

    Wenn man sich doof behandelt fühlt, dann schnattert einem ja oft das Ego rein und man ist zum Beispiel beleidigt und denkt Dinge wie:

    Das ist ja respektlos mir gegenüber! Oder Das ist ja albern! etc.

    Buddhistisch gedacht ist es sinnvoller zu sagen: Das hat mit mir nichts zu tun, das begründet auf diesen und jenen Dingen, die im anderen vorgehen.

    Vielleicht war es auch einfach respektlos... Wenn sich jemand verletzend verhält, dann kann man das sagen "Das, was du gerade machst, ist verletzend für mich.". Woher soll er das sonst wissen? Wenn das den Anderen dann nicht interessiert, dann würde ich einen Bogen um ihn machen.


    Randbemerkung: Ich finde den Begriff "Ego" auch sehr ungünstig.

  • Ich denke das ist auch ein Problem davon, das manche Leute einfach kein Ende finden können wegen mangelnder Achtsamkeit. Bei Bewerbungsgesprächen wird man gerne gefragt, ob man auch irgendeine Schwäche hat. Man darf da natürlich nicht sagen, dass man keine hat, sondern muss irgendwas unverfängliches bereitgelegt haben. Sagt man aber etwas, woran sich die nächste Frage anknüpfen lässt, finden manche Personalleute oder sonstige Teilnehmer am Bewerbungsgespräch manchmal einfach keine Ende und müssen immer weitermachen: Ja, und warum haben sie dann diese Schwäche und warum diese? Kommt man in so eine Situation hinein, muss man irgendwann pseudo-selbstbewusst irgendwas sagen, was dann als selbstbewusst verstanden wird, und dann hat das Nachfragen ein Ende.


    Wer bei Bewerbungsgesprächen oder sonst oft im Beruf ständig erzählt, dass er ganz toll ist und alles kann, hat dagegen keine Probleme. So jemand bietet keine Angriffspunkte. Viele Chefs fallen dann auch gerne auf solche Leute rein, weil sie immer auf jemanden hoffen, der alles kann, und der alles hinkriegt. Ich habe bei mir im Geschäft so jemand, der das als sein Erfolgsmodell entdeckt hat: Er attackiert oft andere und erzählt ständig was er alles kann und alles macht und was er alles weiß. Der Chef ist mächtig beeindruckt. Sowas bringt dann beruflichen Erfolg, aber solche Leute sind dann bald in einen Wahn drin, der immer schlimmer wird. Die Achtsamkeit ist weg und es geht geistig immer weiter in den Keller runter. Möchte nicht in deren Haut stecken, denn irgendwann funktioniert dieses Erfolgsmodell nicht mehr und dann beginnen die Leiden, weil man kennt nur den einen Weg, der aber irgendwann das Fass vollaufen lässt. Vorher ist man schon vereinsamt, weil niemand einen mehr leiden kann.


    Man sieht sowas auch immer wieder bei Talk-Shows mit Politikern. Ein Politiker, der versucht etwas sachlich anzuschauen, kriegt von den Moderatoren schnell das Wort weggenommen, sobald eine Denkpause kommt. Die kommt natürlich irgendwann, wenn man nicht nur labert, sondern über eine Sache nachdenkt und nicht bzgl. dieser Sache in jedem Punkte vorbereitet ist.


    Diese Problematik ist heute virulenter als früher, denke ich. Weil die Leute heute fahriger sind im Zeitalter mit Handies und allen möglichen äußeren Reizen, die über alle möglichen Medien oder Geschehnisse ständig reingeflogen kommen.


    Man kann da nicht viel machen als solchen Leuten wenig Angriffsfläche zu bieten, würde ich sagen. Dann genau schauen, wer mit ständigem Nachhaken nicht aufhören kann und dann solchen fahrigen Geister keine Nahrung geben und am besten meiden.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

    Einmal editiert, zuletzt von Anandasa ()

  • Aber Verwirrung kann in meinen Augen auch ein Zeichen dafür sein, dass man jetzt hinschaut und es richtig macht.

    Ja, ganz genau! Alles ist nur die Frage des klares Bewusstseins und seiner Tiefe, oder so wie der Intensität! Je "mehr" wir hin-schauen, je klarer wir alles sehen, desto weniger "Verwirrungen" wir bekommen, und desto "weniger" wir würden als un-wissen-tlich ( verblendend) re-agieren.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Aber Verwirrung kann in meinen Augen auch ein Zeichen dafür sein, dass man jetzt hinschaut und es richtig macht.

    Ja, ganz genau! Alles ist nur die Frage des klares Bewusstseins und seiner Tiefe, oder so wie der Intensität! [...]

    (Unterstreichung ist von mir.)


    Ich weiß nicht ob "höher, schneller, weiter" immer auch besser ist. Ich denke sitaara sollte selbst darauf achten inwiefern sich etwas richtig anfühlt und mit dem Therapeut absprechen.