Thread zum Austausch über Mißbrauch in Zen- Zusammenhängen

  • Meine Beteiligung liegt begründet in in den Erfahrungen aus knapp 30 Jahren Missbrauch innerhalb der Familie.


    Glück hatte ich, das mein ‚alter‘ Handball-Trainer (ehe.Soldat) viel von mir im Alter von knapp 8 Jahren

    mitbekam, sah und mich immer mehr in seine Obhut nahm. Er gab mir immer mal zu Essen, lud mich so oft wie ihm möglich zu sich und seiner Familie ein und gab mir viel von seiner Zeit.

    Trainierte mich (Handball) 7 Tage die Woche im Kraft—/ und Zirkelbereich so das es mir gelang Abstand zu bekommen, zu haben.


    Das war ein ganz großes ( Lebens-/)Geschenk für das ich ihm bis heute dankbar bin.


    Die letzten ca. 12 Jahre des Missbrauches waren mit dem eigentlichen Kontaktabbruch der letzten beteiligten Person aus Familie beinhaltet.


    Eine weitere beteiligte Person nahm sich vorher nach 25 Jahren das Leben.


    Ich überlebte einen Suizid 1993.


    Es folgten weitere ca. 6 Jahre an verschiedenen Therapien zur Aufarbeitung der Erlebnisse.


    Zuflucht nahm ich in einer Sangha in Berlin.


    Diesen Kontakt beendete ich sofort nachdem Tendenzen von Missbrauch zum Vorschein kamen.


    Ayya Khema lernte ich leider nicht mehr kennen so das ich ‚nur’ ihr schriftliches Werk studierten durfte und mich sofort entschloss ihr Erbe

    zu unterstützen.❤️🙏

  • Ich wurde vom Säuglinsalter bis zur Pubertät sexuell missbraucht. Aber einige Jahre Therapie und über dreißig Jahre Zenpraxis haben mir geholfen, meine Opferrolle zu überwinden und mit meinem Leben zurecht zu kommen.


    Jetzt bin ich Zen-Mönch in der Tradition des Rinzai-Zen. Und ich leite selbst eine kleine Sangha. Berichte über Missbrauch im Zen haben bei mir dazu geführt, mich und mein Handeln immer wieder zu beobachten und zu hinterfragen um solchen Dingen vorzubeugen. Ich hoffe es ist mir gelungen.


    Bei mir gibt es noch Roben, Räucherstäbchen, rezitieren in fremden Sprachen usw. Ich bin da Traditionalist. Und bei mir gibt es keine Basisdemokratie.

    Da ich die Missbrauchsthematik gerade auch hier im Zen für wichtig halte, interessiert mich das Thema.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Natürlich bin ich weiter bereit, über das Thema zu diskutieren. Ich kann auch gerne über meine persönliche Motivationen berichten. Allerdings habe ich schon die Nase voll von persönlichen Attacken. Ich werde mich bemühen, einen sachlichen Ton zu bewahren - vor allem, weil ich jetzt weiß, was für traumatische Erfahrungen einige User hier durchgelebt haben. Aber im Gegenzug bitte ich Euch, mich nicht persönlich anzufeinden, nur weil ich als (persönlich von Missbrauch geschont gebliebener) Laie darüber berichte. OK?


    Jedenfalls befasst sich meine Studie auch zu 90% mit anderen Arten von (nicht körperlichen) Missbrauch, über die es sicherlich einfacher diskutieren lässt.

  • Ich kann ja mal Anfangen, etwas über das Üben bei mir zu berichten.
    Das ist mir bei diesem Bericht aus Christophers Studie eingefallen.

    Zitat

    Christophers Studie: Seite 7/8

    ...Der ehemalige Schüler B erzählt, dass er erst drei Jahre nach Eintritt in die Gruppe zum Koan40-Studium zugelassen wurde und es anschließend weitere vier Jahren dauerte, bis ihm der Zutritt zum „inneren Kreis“ und die Mönchsweihe gewährt wurden.


    Wenn bei mir jemand anfängt zu üben, dann sitzt er erst einmal ein halbes bis ein Jahr und beobachtet seinen Atem und seine Körperhaltung.

    Und dann gibt es da das schöne Buch "Geistestraining durch Achtsamkeit". Dem wird sich als nächstes gewidmet. Und dann, wirklich erst dann, kann man über "Koan-Studium" reden. Wobei der Ausdruck Koan-Studium für mich befremdlich klingt. Ich weiß auch nicht warum.

    So jedenfalls mein Plan.:grinsen:
    Und innere oder äussere Kreise gibt es bei mir nicht. Und auch nicht in meiner Ursprungssangha. Sie ist als Verein organisiert. Es gibt einen Vorstand, der nach Vereinsrecht alle paar Jahre neu gewählt wird und ordentliche sowie fördernde Mitglieder. Und es gibt auch Sangha-Mitglieder, die nicht im Verein sind.
    Aber auch dort dauert es einige Jahre, bevor man sich zum Mönch ordinieren lassen kann. Und das halte ich auch für gut so.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
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  • Heute lebe ich seit vielen Jahren sehr zurückgezogen in Hamburg, auf einem Anwesen meiner Frau.


    Denn für dieses Leben habe ich mich entschieden noch einmal einen ‚ gesunden‘ Kontakt der Nähe zu leben.

    Immerhin schon gut 20 Jahre🔆


    So besitze ich nur noch was nötig ist, einen Meditationsraum und Kleidung.


    Ein ausgezahltes Gehalt lehne ich ab, verdiene allerdings auf dem Papier ein offizielles Gehalt.


    Im Gegenzug verwalte ich dafür heute die Dinge meiner Frau.( Immobilien etc)da ich das einst noch im späten Alter studierte.( war ja lange eine Angst ohne Grundversorgung)

    Und kann damit auch noch nebenbei meinen Taxenbetrieb am Leben halten...


    Die gesamte Liquidität stelle ich ihr zur Verfügung.So können wir zusammen verschiedene Vereine/ Organisationen zusätzlich unterstützen.


    Für mich ist bis zu meinem körperlichen Tod gesorgt.Sollte ich meine Frau überleben geht das restliche Vermögen in Ayyas Erbe.


    Im Sommer biete ich auf dem Grundstück im Garten Meditationen an.Nach einer längeren persönlichen Pause möchte ich meinen Kanal aktivieren und für die Zukunft sind ebenso Dinge in Verbindung mit Vorträgen etc rund um die Ehr.

    Ayya Khema geplant.


    Kommt jemand zur Medi in den Garten dazu dem ich nicht helfen kann, was auch schon einmal der Fall war, so gibt es immer ausreichend Ansprechpartner mit fachlicher Eignung in der Nähe.✨


    Habe mir überlegt Christopher nun da Du Dich hier auch noch einmal einlässt mich auch auf Deine Studie im Gegenzug einzulassen.


    Voraussetzung bleibt eine Ernsthaftigkeit im Dialog.


    Trigger wie angesprochen oder vermutet von Einigen sind bei mir lange bzügl. des Themas vorbei.


    Was jedoch immer bleibt ist die Fähigkeit die den meisten Menschen wohl möglich ist.


    Ein ‚hochholen‘ an gelebten Emotionen in die Gegenwart.

    Um dann damit negatives oder positives auszulösen.....


    In Metta🙏

  • Gutes Thema. Es sind genau diese Sachen, über die man nirgendwo reden kann - jeder macht es ungefähr so, wie er oder sie gelernt hat - die aber sehr heikel sind. Darüber hätte ich auch einiges zu sagen.


    Aber zuerst ein bisschen mehr über mich und die Hintergrund der Studie, weil Lucy danach gefragt hat. Meine persönliche Motivation stammt dadurch, dass ich in der Linie von Eido Shimano in den USA gelernt habe. Zwar meistens nicht mit ihm selber, aber eng genug, dass die Vorwürfe über ihn mich getroffen und geärgert hatten. Ich begann, mich über den Fall zu informieren, und bin dann über die Berichte im Netz über Klaus Zernickow gestoßen. Kurz gefasst, weil ich Englisch und Deutsch gut beherrsche, und damals in Elternzeit war, habe ich mich dazu entschlossen, die Fälle zu vergleichen und zu veröffentlichen weil sie erstaunlich ähnlich waren. Dadurch gab es für mich einige Muster, die zumindest im Rinzai Zen als Warnzeichen für künftigen Missbrauch gelten könnten. Und da ich inzwischen, wohl ähnlich wie Festus, auch ein kleines Dojo leite, war die Arbeit quasi eine Übung und Warnung für mich selber, wie ich (nicht) mit meinen Schülern umgehen sollte.


    Und nun fast zehn Jahre später kam Zernickow daher und hat mich wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung verklagt. Und eben vor kurzem auf ganzer Linie verloren.


    So viel zur Hintergrund. Einige User - wie zB Sudhana - kennen schon längst alle Details, und es gab immer wieder auch Threads hier über die Entwicklungen, die man noch nachlesen kann. Aber das ist es, "in a nutshell".

  • Danke auch an @Lucy für den Thread. Sich zunächst einmal über die jeweilige Motivation zu verständigen, ist von unschätzbarem Wert, um miteinander ins Gespräch zu kommen. _()_


  • Der Missbrauch, den ich erinnere und der ist festgezurrt, das ist das als eben anwesend benutzt. Es gibt kaum Erinnerungen an körperlich und geistig gern gewollt sein. Ich bin nie missbraucht worden, weil ich nicht war, dass missbraucht werden konnte. Haustier.

    Man könnte das größtenteils Isolieren eines Menschen als Missbrauch deuten.

    Vom dritten Lebensjahr an nicht mehr als zu liebendes Wesen gesehen werden, prägt eine Person, die nicht merkt, dass sie sich automatisch unterordnet. Sie glaubt sogar zu leiten.

  • ❤️🙏❤️🧡💛💚💙💜🤎🖤

  • Wenn bei mir jemand anfängt zu üben, dann sitzt er erst einmal ein halbes bis ein Jahr und beobachtet seinen Atem und seine Körperhaltung.

    Und dann gibt es da das schöne Buch "Geistestraining durch Achtsamkeit". Dem wird sich als nächstes gewidmet. Und dann, wirklich erst dann, kann man über "Koan-Studium" reden. Wobei der Ausdruck Koan-Studium für mich befremdlich klingt. Ich weiß auch nicht warum.

    So jedenfalls mein Plan.:grinsen:
    Und innere oder äussere Kreise gibt es bei mir nicht. Und auch nicht in meiner Ursprungssangha. Sie ist als Verein organisiert. Es gibt einen Vorstand, der nach Vereinsrecht alle paar Jahre neu gewählt wird und ordentliche sowie fördernde Mitglieder. Und es gibt auch Sangha-Mitglieder, die nicht im Verein sind.
    Aber auch dort dauert es einige Jahre, bevor man sich zum Mönch ordinieren lassen kann. Und das halte ich auch für gut so.

    Nun also zum Thema Koans und so.


    Ich persönlich benutze sie nicht - oder höchstens im Rahmen von Sesshins - weil ich sie für nicht angebracht außerhalb des klösterlichen Umfelds betrachte. Aber das ist Meinungssache. Womit ich in der Studie hinauswollte, ist dass Koans als Mittel sehr leicht manipuliert werden können. Natürlich kann man durchaus begründen, dass mit Koans - und der Mönchsweihung sowieso - eine Art Schonzeit notwendig ist, aber damit fängt schon das Spielchen an: "Die ist schon Koan-Schülerin, der hat einen besseren Zugang zum Lehrer, die ist schon weiter als ich, usw." Jede zusätzliche Stufe oder Art von Schüler schafft eine zusätzliche Barriere und einen zusätzlichen Grund für das ständige Vergleichen. Hier ein weiterer Ausschnitt (Mumon-Kai betreffend):

    Quote

    Es gab bzw. gibt einen Verein (auch Förderverein genannt), der beim Amtsgericht eingetragen ist. Diesem haben alle Übenden als Vereinsmitglieder angehört. [...] Wenn man sich genügend angedient und zudem eine Reihe von Aufagen erfüllt hatte (an einer bestimmten Anzahl von Sesshins teilnehmen, alle Bücher von Zernickow lesen, Rezitationstexte auswendig können usw.), konnte man nach dem Willen des Meisters in die „Gemeinschaft“ aufgenommen werden. Darüber hinaus war es dann möglich, auch noch Mönch/Nonne bzw. persönliche Schülerin/Schüler zu werden. Die Bedingungen hierfür kenne ich nicht. [...] In jedem Fall gab es jeweils zusätzliche, meist geheime Verpfichtungen.

    Wie gesagt, diese Sachen können selbstverständlich sinnvoll sein, bergen aber auch Gefahren.

  • Wie gesagt, diese Sachen können selbstverständlich sinnvoll sein, bergen aber auch Gefahren.

    :grinsen: Genau so ist es Christopher.


    Deshalb habe ich mich auch als Beispiel genommen. Ich rede nicht gerne über Andere. Aber ich lebe ja ähnliche Strukturen. Warum nicht also mit mir über mich und meine Strukturen reden.

    Es ist, wie du sagst. Man kann mit einem Auto zu schnell fahren, man muss es aber nicht.

    "Die ist schon Koan-Schülerin, der hat einen besseren Zugang zum Lehrer, die ist schon weiter als ich, usw." Jede zusätzliche Stufe oder Art von Schüler schafft eine zusätzliche Barriere und einen zusätzlichen Grund für das ständige Vergleichen

    Richtig, solche Gedanken können bei Übenden aufkommen. Wunderbar. Denn schon haben sie etwas, an dem sie arbeiten können.
    Ich kann gar nicht zählen, wie oft sich mein Lehrer darüber in seinen Teishhos schon den Mund fusselig geredet hat.
    Wer in Kiel Vereinsmitglied werden möchte, füllt einen Mitgliedsantrag aus und das war's.


    Bei mir gibt es keinen Verein. Und es kostet auch nichts, bei mir zu sitzen. Der Raum ist in meinem Haus und kostet mich nichts. Außerdem bin ich berufstätig. Ich habe genug Geld.
    Nach dem Sitzen schnacken wir noch eine knappe halbe Stunde über dütt und datt. Und dann war's das. Letzten Donnerstag hatten wir übrigens das Thema Missbrauch im Zen zu fassen.
    Ansonsten sehe ich meine Pappenheimer nicht und das ist auch gut so.


    Und was Koans angeht; mir hat die Arbeit mit ihnen sehr geholfen. Und wer es nicht mag, muss ja nicht.
    Und geheime Verpflichtungen gibt es nicht. Und das ist auch gut so.

    So weit erst mal in Kürze.

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    (Obaku)

  • Glück hatte ich, das mein ‚alter‘ Handball-Trainer (ehe.Soldat) viel von mir im Alter von knapp 8 Jahren

    mitbekam, sah und mich immer mehr in seine Obhut nahm.

    Ich finde, das sollte man immer wieder deutlich machen, wie wichtig Menschen außerhalb der Familie oder der Gruppe sind, in der Missbrauch statt findet.


    Bei meiner Frau war es eine Arbeitskollegin, die ihr mit viel Engagement geholfen hat, ihre Familiensituation zu verlassen. Nachdem das Jugendamt zwar involviert war, sich aber taub und stumm gestellt hat.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ach ja, hätte ich beinahe vergessen. Auch bei mir kann man "aufsteigen":grinsen::grinsen:


    Also, es gibt Jobs zu vergeben. Z.B. den des Teegebers. Zu Anfang, nach dem Rezitieren, trinken wir in ritueller Form eine Tasse Tee.
    Normalerweise kommt der Teegeber etwas früher und bereitet den Tee zu. Bei mir geht das nicht. Deshalb mache ich alles fertig und stelle ihm das hin. Wenn es dann so weit ist wird der Tee in einer genau vorgeschriebenen Art und Weise verteilt; hier so eine Verbeugung, da so eine Verbeugung. Es dauert ca. ein Jahr bis alles einigermaßen klappt.

    Warum das ganze? Es trainiert sehr gut. Der Teegeber lernt, sich immer wieder neu zu bemühen, alles auf die Reihe zu kriegen und er lernt ganz besonders, dass das nie klappt. Und das ist es. Es ist wie im Alltag. Shit Happens. Und das gilt es anzunehmen.
    Und sobald er einigermaßen sicher ist, in seinem Amt, gibt es ein neues.

    Für mich bedeuten diese Ämter Arbeitserleichterung. Ich muss nicht mehr alles selbst machen. Und der Übende lernt, mit seinem Selbstbild und den Ansprüchen, die er an sich selbst stellt zurechtzukommen oder sie jedenfalls erst einmal wahrzunehmen.

    Bei mir ist im übrigen alles ritualisiert. Wie bewege ich mich in der Zendo, wie betrete oder verlasse ich sie, wie setze ich mich, wie und wann verbeuge ich mich.....
    Der Sinn all dessen ist der gleiche, wie bei den Jobs. Man muss die ganze Zeit wach sein, sollte nicht träumen und sollte es aushalten können, dass es nie so ganz klappt.


    "Ein Ochse geht durch ein Fenster. Sein Kopf, seine Hörner, der Körper und seine Beine. Warum geht sein Schwanz nicht durch?

    (Mummonkan Fall38)"

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    (Obaku)

  • Warum das ganze? Es trainiert sehr gut.

    Selbstverständlich. Wie Du es machst klingt für mich völlig i.O. und wird so ähnlich sicherlich in jede Zen-Gruppe gehandhabt. Es geht eben darum, dass auch solchen Elementen, wenn die Neigung da ist, zweckentfremdet werden können. Wichtig ist hier sicherlich die Transparenz und die richtige Begründung durch den Lehrer. Nicht, dass die Lage so endet:


    Quote

    Zernickow war mit Bs buddhistischer Ordination, seiner Ernennung zum Zen-Mönch, tatsächlich ein „wirklich genialer Schachzug der Sektenpolitik“ gelungen, hatte B doch von da an etliche besondere Aufgaben wahrzunehmen, Vorträge zu halten und an den außerordentlichen Mönchstreffen teilzunehmen, über deren Inhalt gegenüber Nicht-Mönchen strengste Vertraulichkeit zu bewahren war. Und während er selbst darüber „vor Stolz platzte”, ließ seine Ernennung die anderen natürlich entsprechend „vor Neid und Eifersucht platzen“. Eine ähnliche Wirkung hatte schon einige Zeit vorher seine Zulassung zur Koan-Übung gehabt: sie stand unter strengster Geheimhaltung, war „somit eine wunderbare Gelegenheit für Manipulationen und bewirkte wie alles Geheime immer eine Trennung von den Uneingeweihten.“

  • Selbstverständlich. Wie Du es machst klingt für mich völlig i.O. und wird so ähnlich sicherlich in jede Zen-Gruppe gehandhabt. Es geht eben darum, dass auch solchen Elementen, wenn die Neigung da ist, zweckentfremdet werden können. Wichtig ist hier sicherlich die Transparenz und die richtige Begründung durch den Lehrer. Nicht, dass die Lage so endet:

    Richtig Christopher. So wird es in fast allen Gruppen gehandhabt. Und natürlich kann es auch missbraucht werden. Es ist wie beim Auto fahren. Die meisten halten sich an die Regeln, aber nicht alle.

    Dann dürfte es aber nicht heißen, dass Zen keine Moral hat, sondern es müsste heißen, dass es auch im Zen Menschen gibt, die diesen Weg für ihre persönlichen Geschichten missbrauchen. Und diese Menschen wird es immer geben. Sie werden immer irgend etwas finden, das sie missbrauchen können.

    Es ist also wirklich wichtig, auf diese Missbrauchsmöglichkeit hinzuweisen. Aber es ist nicht notwendig deshalb eine ganze buddhistische Richtung mit einem Generalverdacht zu belegen. Der Titel deiner Studie wirkt so und wird deshalb eher Ablehnung als Zuspruch hervorrufen.
    Und die Spielchen, die du in deinem letzen Zitat schilderst sagen nicht nur etwas über die Defizite von Zernikow aus, sondern auch besonders viel über die Defizite der Sanghamitglieder. Hier ist bei allen noch viel Luft nach oben. Aber so lange sich "B" nur als Opfer sehen kann, hat er keinen Grund, seine eigenen Anteile an dieser Geschichte anzusehen und zu bearbeiten.
    Er ist Opfer und Täter. Und hier braucht er meiner Meinung nach fachkundige Hilfe. Aber das ist nur meine Küchenpsychologie.:grinsen:

    Und was das ganze mit einer wie auch immer gearteten Moral im Zen zu tun hat erschließt sich mir nicht so richtig.

    Was verstehst du denn in diesem Zusammenhang mit "Moral im Zen"?


    Bei uns in Kiel haben die Mönche keine Sonderrolle. Sie putzen wie alle anderen die Klo's.


    Und auch es wird über die Koan-Arbeit mit dem Lehrer nicht gesprochen. Es ist nicht verboten, aber auch ich rate davon ab. Jeder Einzelne hat genug damit zu tun, die vielen Hüte die er trägt, nach und nach abzusetzen. Da braucht er keine Sanghamitglieder, die ihm weitere aufsetzen.

    Jeder, der seine Lösungen bei anderen sucht, nimmt sich selbst sehr viel.

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    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

    Edited 3 times, last by Festus ().

  • Dreimal habe ich das nun editiert. Bevor mir noch was einfällt und ich noch eine Krise kriege, gehe ich erst mal schlafen. Ich habe heute Nachtdienst.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
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  • Bevor mir noch was einfällt und ich noch eine Krise kriege, gehe ich erst mal schlafen.

    Schlafen ist immer gut - wir haben aller Zeit der Welt. Gerade weil Du hier bislang der einzige bist, der seine konkreten Methoden ganz detailliert durchleuchten lässt, hatte ich schon befürchtet, dass das ganze für Dich wie ein unfreiwilliges Prozess wirken könnte. Das ist selbstverständlich anstrengend und so sollte das Ganze nicht sein. Ich wiederhole, dass die Idee ist, einfach ein Bewusstsein für Gefahren zu schaffen, und nicht um Zen unter Generalverdacht zu stellen. Ich wiederhole, dass ich selbst "Zen-Lehrer" bin (obwohl ich die Bezeichnung nicht mag) und kann aus Erfahrung sprechen, weil ich eine ähnliche Reaktion gespürt habe, als ich zum ersten Mal die sehr kritischen Texte von Stuart Lachs gelesen habe. Und er ist noch eine Nummer schärfer als ich :).


    Aber zum Thema Zen und Moralität. Diese Kritik habe ich schon oft gehört, und so zitiere ich diese Stelle, als weiterer Diskussionspunkt:


    Quote


    Der folgende Abschnitt ist daher der Untersuchung möglicher Ursachen hierfür gewidmet.


    a) Fehlende Moral


    Meiner Ansicht nach sind die Ursachen auch der Tatsache geschuldet, dass im Zen selbst Verhaltensweisen wie die vorstehend beschriebenen nicht explizit verurteilt werden. So wird im Zen der Bedeutung von Werten wie Gerechtigkeit oder moralisch einwandfreiem Verhalten normalerweise relativ wenig Bedeutung beigemessen. Ein Autor drückt das so aus: „Würden wir in den zwei Dimensionen der Zen-Tradition an der Stelle nach Nachweisen für die wirkliche Bedeutung von Tugendhaftigkeit suchen, wo man sie am ehesten erwartet – nämlich im umfangreichen Kanon der Zen-Sakralliteratur und den vielen Zen-Übungen – stünde schnell fest, dass solche Nachweise kaum vorhanden sind.“ (Wright, Dale S., „Satori and the Moral Dimension of Enlightenment“, Journal of Buddhist Ethics 13 (2006), S. 3) Zwar sind in der weiter gefassten buddhistischen Literatur durchaus Hinweise auf ethische Grundsätze wie Weisheit und Mitgefühl zu fnden; klassischerweise lehnt das Zen eine akademische Erforschung und Untersuchung solcher Werte jedoch ab. Selbst die Auslegung des oben genannten Dritten Buddhistischen Gebots der Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens ist im japanischen Zen bewusst vage formuliert. Aus der Perspektive des „moralfreien“ Zen-Bereichs kann das Shimano und Zernickow zur Last gelegte und unseren Moralvorstellungen nach absolut verwerfliche Fehlverhalten also teils durchaus als akzeptabel gelten - und so ist es wohl auch kein reiner Zufall, dass das im Titel dieser Studie verwendete Zitat dem Inhalt nach bereits von beiden Lehrer für deren eigene Zwecke eingesetzt wurde.


    Und schließlich, bezüglich Schüler B, muss ich die Bitte wiederholen, keine persönlichen Verfehlungen oder Motivationen anderen Leuten zu unterstellen. Gerade Schüler B ist eine bewundernswert selbst-reflektierte Person, von der wir alle was lernen können. Seine Geschichte könnt Ihr übrigens hier wunderbar nachhören: Sendung auf Bayern2.

  • Jeder, der seine Lösungen bei anderen sucht, nimmt sich selbst sehr viel.

    Was soll er sich denn nehmen, wo es nichts zu nehmen und zu geben gibt?


    Ich finde deine Schilderungen über dein Zendo und deine Übungen mit dem Tee interessant.

    Zitat

    Festus

    Warum das ganze? Es trainiert sehr gut. Der Teegeber lernt, sich immer wieder neu zu bemühen, alles auf die Reihe zu kriegen und er lernt ganz besonders, dass das nie klappt. Und das ist es. Es ist wie im Alltag. Shit Happens. Und das gilt es anzunehmen.

    Und sobald er einigermaßen sicher ist, in seinem Amt, gibt es ein neues.


    Ich schätze mal, dass da keiner mit Parkinson dabei ist.


    Vielleicht fällt dir nicht auf, dass du dir damit heraus nimmst andere zu erziehen. Und vielleicht fällt dir auch nicht die subtile Weise auf, in der du das machst. Wobei du dich dabei auf eine Tradition stützt und du damit deine "Lehre" rechtfertigst.

    Man begibt sich natürlich freiwillig in dein Programm. Dazu bietest du den "Luxus", dass die Leute sich in deinem Zendo nur in dem von dir gesetzten Rahmen beteiligen können, alles frei ist und du das als Tradition verkaufst. Welche Tradition soll das denn sein?

    Der Dojo-Leiter hat die Spendierhosen an - sein Haus, seine Regeln und Riten, sein Gerüst, an dem er hängt und haftet.


    Noch was zum Titel - er ist als eye-catcher passend, aber auch inhaltlich zu rechtfertigen, denn seit D.T.Suzuki wird versucht "Zen" von Ethik und Moral zu trennen und dem "erleuchteten Zen-Mops" eine besondere Qualität jenseits von Moral und Ethik anzuhängen. Vielleicht wäre es präziser gewesen, wenn der Titel "Rinzai-Zen hat keine Moral" gewählt worden wäre, aber das hätte man dann näher erläutern müssen. Fakt scheint jedenfalls zu sein, dass die Missbrauchsfälle im Zen zur Rinzai-Tradition zu zählen sind.

    :zen:



  • Leonie


    Hast du hier im Forum schon irgendwann mal die Arbeit eines anderen buddhistischen Lehrers positiv bewertet?

    (Ich meine von denjenigen, die nicht schon vor vielen hundert Jahren gelebt haben?)


    Warum ist dir der ständige Zerriss so ein großes Bedürfnis?

  • Fakt scheint jedenfalls zu sein, dass die Missbrauchsfälle im Zen zur Rinzai-Tradition zu zählen sind.

    Es ist tatsächlich auffällig: Shimano, Zernickow, Sasaki und Döring waren alle Rinzai. Allerdings gibt es Fehltritte natürlich auch in anderen Zen-Traditionen. Hier fallen mir spontan Richard Baker (Soto), Jiyu Kennett (Soto - und eine Frau, auch eine absolute Ausnahme) und Taezen Maezumi (Soto) ein. Zum Fall Deshimaru/AZI (Soto) nehme ich auch immer wieder Bezug in der Studie.

  • Mir war es ein Bedürfnis, das mitzuteilen, was ich erkannt habe. Wenn ich dir damit schlechte Laune bereitet habe, dann liegt es daran, dass ich deine Bedürfnisse diesbezüglich nicht kenne.

    Was möchtest du also lesen?

    Ich habe hier schon einige empfohlen: Jeff Shore, Meido Moore, Guo Gu waren die letzten ..... alle drei dem Rinzai zuzurechnen und dann wäre da noch Muho - und Fumon Nakagawa, sowie Tenbreul in Schönböken, also ich hab' ne Menge auf meiner positiv-Liste.

    :zen:



  • Aber zum Thema Zen und Moralität.

    Ich habe Zen so kennengelernt, dass immer Wert auf das Entwickeln von Weisheit und Mitgefühl gelegt wurde. Die zehn Śilas werden zum Schluß der Koanarbeit noch einmal explizit wie Koan behandelt. Sie stehen deshalb am Schluß, weil sie eben kein einfacher Anfängerkram sind, wie oft gedacht wird sondern wichtig und facettenreich.



    Gerade weil Du hier bislang der einzige bist, der seine konkreten Methoden ganz detailliert durchleuchten lässt, hatte ich schon befürchtet, dass das ganze für Dich wie ein unfreiwilliges Prozess wirken könnte.

    Keine Sorge. Ich habe ein sehr dickes Fell.


    Wie läuft denn dein "Zen-Abend" so ab?

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)