Was ist säkularer Buddhismus?

  • Das vorausgeschickt, würde ich sagen, dass das Nirvana des säkularen Buddhismus ein "gelingendes Leben im Hier und Jetzt" ist. Denn durch den Verzicht auf metaphysische Spekulationen fallen alle Heilsziele weg, die irgendwo anders liegen als in dieser unserer erfahrbaren Welt.


    Danke, das war genau das, was ich wissen wollte.

  • Nein nein. Es ist ein Oxymoron:


    etwas weltliches (säkulär) kann nicht spirituell (Religion) sein.


    Ich will da nichts dividieren, jedem das Seine. Ich bin säkulär aber kein Buddhist.

    Ich folge dem Dhamma.


    Dhamma ist für mich nicht Religion sondern Lebensweg, -> Achtfacher Pfad.


    Wenn man das mal erblickt hat, fühlt man sich bereits schon besser. Wenn man sich ohne Erwartungen auf den Pfad macht noch viel besser.

  • Dhamma ist für mich nicht Religion sondern Lebensweg

    Schon klar.

    Wenn man den Buddhismus als Religion sieht, dann hast du Recht. Doch da das Dhamma keine Religion ist und auch nix Spirituelles, ist auch der Buddha kein religiöser "Führer", sondern nur ein an praktischen Lösungen interessierter Mensch.

    :zen:

  • auch nix Spirituelles

    Das würde ich nicht so sagen. Buddhadmma ist reich an spirituellem. Wikipedia beschreibt es meiner Meinung sehr gut:


    "es handelt sich in jedem Fall um intensive psychische, höchstpersönliche Zustände und Erfahrungen, die direkte Auswirkungen auf die Lebensführung und die ethischen Vorstellungen der Person haben".


    Das ist ja genau das was die Dhamma vermittelt ! Spiritualität erschafft sich jede(r) selber.


    Dhamma versucht zu lehren heilsame Spiritualität zu erschaffen.


    Früher wurde ich hier angefeindet (von Moderatoren gewisser Schulen) weil ich der Meinung war, gewisse Schulen vermitteln unheilsame Spiritualität, aber das war einmal. Jeder ist für sich selber verantwortlich. Ich bin nicht hier um zu kritisieren.

  • Wohlgemerkt, zu betrachten, nicht zu zerstören. Denn das Betrachten zerstört und erschafft nicht.

    Betrachten ist ohne Glaubenselemente, ohne Kulturabhängigkeit und zeitlos, es betrachtet nur. Dabei könnten diese Elemente sich neu ordnen, weil sie wie intelligente Spielzeuge auf dem Tisch des Betrachters liegen.

    Wie soll beim Betrachten: "Das ist starker Tobak." aufkommen? Betrachten ist kein Gefühl.

    Wie wahr...

    Es fällt mir so oft ins Auge, dass auch Menschen, die sich jahrzehntelang schon mit Buddhismus und ähnlichen Strömungen befassen, das Konzept des "inneren Beobachters" so gar nicht gemeistert zu haben scheinen.


    Dabei ist es so wichtig, dass man - insbesondere in tiefgehenden und menschenbewegenden Themen - das achtsame Beobachten drauf hat, ohne gleich irgendetwas anderes zu wollen, als genau das: Es achtsam beobachten.

    Erst, wenn das geschehen ist, kann man erforschen und darüber meditieren, ob das ein oder andere vielleicht ein "Update" braucht, oder ob es überhaupt etwas "braucht". Zunächst wollen Dinge und Menschen erstmal verstanden werden...


    Stichwort - Ursache und Wirkung. ;)

    1. Was ist die Ursache dafür, dass etwas auf eine bestimmte Weise von jemandem wahrgenommen und wiedergegeben wird? Was steckt dahinter?
    2. Was ist die Ursache, dass ich auf diese Beobachtung so reagiere, wie ich reagiere? Was steckt dahinter?

    Erst, wenn ich das ohne "ja aber" und "das ist doch, weil..." u.ä. ergründet habe, bin ich einen Schritt weiter. Es ist erstaunlich, wie schwer das zu sein scheint.

    Weisheit und Güte _()_

  • Es fällt mir so oft ins Auge, dass auch Menschen, die sich jahrzehntelang schon mit Buddhismus und ähnlichen Strömungen befassen, das Konzept des "inneren Beobachters" so gar nicht gemeistert zu haben scheinen.

    Das Konzept wird durch die Interpretation der Lehre auch nicht mehr deutlich.

    Das ganze Satipatthana Sutra und Anapanasati Sutra bestehen nur daraus, den inneren Beobachter zu erklären.

    Der Innere Beobachter, der ausschließlich das eigene Geistige beobachtet und so fähig wird, das eigene Körperliche als Mein, Ich, Selbst zu verwerfen. Wer das kann, wird auf die Welt nicht mehr hereinfallen.


    Der Innere Beobachter wird, als Instanz verblendet die zu beobachten hat, was mit Samsara benannt ist. Wobei der Innere Beobachter sein auch in Samsara sein ausgeblendet.


    Der Innere Beobachter wird zu einen Wesen, das vom Geistigen her angeblich die ganze Welt beobachtet und seine eigenen Handlungen nicht als die einzigen Ursachen sieht, die zu seinem Leid führen. Die Schüler des Buddha fühlen sich schon befreit, wenn sie kaum noch Probleme mit der Welt haben, einschließlich ihrer eigenen.


    Statt Gleichmut wird Gleichwertigkeit -gültigkeit, statt Gelassenheit wird Nichtberührtsein, statt Freigiebigkeit wird Zurück-Geheimhaltung geübt. Mitgefühl schon erreicht, wenn Edelmut, der jemanden etwas gönnen ist, statt Freundlichkeit gezierte Höflichkeit gezeigt wird, als richtig angesehen.

    Der innere Beobachter wird als ein unantastbares Ichsein etabliert, ohne zu prüfen ob das überhaupt die Lehre des Buddha ist.


    Der Innere Beobachter betrachtet sich im Spiegel seiner Inneren Darstellungen und nicht im Spiegel an der Wand des stillen Örtchens. Das ist die Lehre des Buddha.


    OT und PS Das ist die Ausgangslage meiner Beiträge: Das Betrachten meines Inneren Spiegels und dieses Erkennen wird mit den Erscheinungen, die ich in der Welt beobachte geprüft. Damit ich inneres Anhaften an meine Welt und äußeres an der Welt vermindern kann. So erfreue ich mich an jedem Verlassen von jeder noch so kleinen Anhaftung.

    Da dieser Beitrag in jedem Bereich von Buddhaland OT ist kann er auch in einer meiner Chroniken verschoben werden, oder in den Papierkorb, ich benötige ihn nicht mehr. :) :sunny:

    Einmal editiert, zuletzt von Noreply ()

  • Ein weiterer Aufschlag, wie ich den säkularen Buddhismus verstehe;


    Säkularer Buddhismus scheint mir die Konzentration auf die wesentlichsten Elemente der überlieferten Aussagen des Buddha zu sein.

    Es ist ein Praxisweg und hält sich mit Spekulationen über die „Früchte“ von Karma oder evtl. Wiedergeburten zurück. Das erscheint mir recht naheliegend über diese Bereiche zu denen wir keine Aussagen treffen können zu schweigen.


    Eine kritische Auseinandersetzung mit der Literatur wie dem Palikanon ist für mich ebenfalls ein mögliches Betätigungsfeld für säkular ausgerichtete Buddhisten.


    Ich sehe im säkularen Ansatz die Möglichkeit nicht für etwas, aus karmischer Sicht, zu handeln, sondern weil es einfach die ethisch sinnvolle Handlung ist im „hier und jetzt“.


    Der Verzicht auf magisches Denken oder esoterische Praktiken erscheint mir auch positiv zu sein. Diese Dinge bringen Leute oft in problematische Zusammenhänge, seien es sektenartige Gemeinschaften um einen Guru dem solche Fähigkeiten nachgesagt werden, bis hin zu Ängsten oder schlechten Entscheidungen aufgrund solcherlei Vorstellungen.


    Definitiv ein interessantes Thema mit dem ich mich weiter beschäftigen werde.

  • Das Wort "säkular" ist eben recht unscharf.


    1.Verzicht auf Übernatürliches

    An kann darunter einen Verzicht auf alle möglichen übernatürliche Dinge verstehen - auf Magie, Wunder und Gottheiten. Da auch Buddha eher nüchtern war wären dann der Buddhismus eh schon sehr säkular. Das man nicht an Nagas, den Weltenberg Meru oder Baumgeister glaubt muss einen nicht vom edlen achtfachen Pfad abhalten, da diese eher marginal sind.


    So definiert ist gegen einen säkulare. Buddhismus wenig zu sagen.


    2. Verzicht auf Überwindung des Normalen.

    Aber es gibt noch eine andere Lesart, nach der säkular bedeutet, der Buddhismus solle sich von seiner soteriologische Dimension - der Überwindung Samsaras lösen und stattdessen den Menschen ein besseres Alltagsleben ermöglich - weniger Stress, mehr Leistung, besserer Psychohygiene und Paarbeziehung. Dies ist eine ganz andere Baustelle.


    Wenn man das Ziel des Buddhismus als die Überwindung von Samsara sieht, dann wäre eine spirituelle Praxis die das nicht leistet und an samsarisches Zielen hängen bleibt, "weltlich" zu nennen.


    Ist so ein "weltlicher Buddhismus", der statt Samsara zu überwunden will, dieses zu verbessern sucht, überhaupt Buddhismus? Man würde erstmal strikt mit "Nein" antworten.


    Aber vielleicht ist es sogar so, dass die Anzahl derer die sich mit weltlichen Zielen an den Buddhismus gewendet haben immer die Mehrheit gewesen ist. Seit Ashoka wurden ja die Ordinierten dazu angehalten für das Wohl den Staat zu beten. Jeder Mönch war eine kleine Gebetsmühle die für die säkularen Ziele des Staates "Verdienst" erwirtschaftete.


    Und auch sonst gab es immer Leute die sich Gesundheit, gute Wiedergeburt, beruflichen Erfolg, Schutz vor Krankheiten, Friede für die Verstorbenen und Erdbeben wünschten. Sie bildeten ja das Rückgrat auch gerade des religiösen Buddhismus. Religiöser Buddhismus ist eben sehr häufig ziemlich weltlich/samsarisch gewesen. Der Buddhismus hat sich Dank erheblicher Kompromisse und Nebenjobs durch die Jahrhunderte gewurstelt.


    Man kann da ja nicht mal wirklich die Trennlinie zwischen dem Reinen und dem Unreinen ziehen. Buddhismus existierte immer "in Samsara" - viel an Heiligkeit ist eingebildet.


    Es gab und gibt eine Querfinanzierung in der Amuletten und Begräbnisse die Ausbildung von Ordinierten möglich machen.


    Selbst ein angesehener Reformer wie Hakuin war einerseits seinen nach Befreiung strebenden Schülern eine Hilfe er malte aber auch für die Bauern die sieben Glücksgötter - was ja eher dem materiell ausgerichteten Volksbuddhismus entstammte.


    Wenn Leute heute die Verbesserung des Alltags mit buddhistischen Mitteln versprechen - Leistungssteigerung für Manager, Stressreduktion zur gelungenen Selbstausbeutung dann knüpft man ja nahtlos an den Handeln mit Amuletten an. Die Frage ist: Kann man den Giftshop loswerden. Und eine Schritt in welche Richtung wäre das?


    Wenn man wie Jesus die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel wirft, wo kommt man da an? In einem endlich sakralen Bereich gereinigt von weltlicher Gier. Oder in einem ganz säkularen Bereich gereinigt von falschen Götzen?


    Es kommt darauf an den richtigen Frontverlauf zu klären. Und da können ja mißverständliche Begriff zur Verwirrung beitragen.


    Von daher finde ich den Begriff "Naturalistischen Buddhismus" gut. Weil er nur 1 - den "Verzicht auf Übernatürliches" bedeutet. Es ist ein guter Begriff.


    Wenn aber sowohl der Begriff "samsarisch" als auch der Begriff "säkular" als "weltlich" übersetzt werden können dann tut das doch ganz unnötig eine Quelle an Missverständnissen auf - es ist ein schlechter Begriff ganz nahe an einem Januswort - einem Begriff der sein eigenes Gegenteil bedeuten kann.


  • Wenn man das Ziel des Buddhismus als die Überwindung von Samsara sieht, dann wäre eine spirituelle Praxis die das nicht leistet und an samsarisches Zielen hängen bleibt, "weltlich" zu nennen.


    Ziel eines sB ist die Überwindung von Samsara. Samsara wird aber nicht als mehrere Existenzen überschreitende Erscheinung betrachtet, sondern als Wiederwerden der Augenblicke innerhalb dieser einen Existenz.


    Dabei wird sich auf einige Prämissen berufen, u.a.:


    anatta, Was keinen Wesenskern hat, kann sich über den physischen Tod hinaus nicht weiter manifestieren. Was soll es denn sein, was sich da hinüberrettet? Alle anderen bud. Vorstellungen hierzu, haben aus sB Sicht anatta schlicht nicht verstanden (das sage ich ohne die Absicht, andere bud. Vorstellung herabzuwürdigen - es zitiert übrigens Buddhadasa).


    Es gibt kein „Bewusstseinskontinuum“ ausserhalb von uns Tieren - und wer weiß, was noch alles Bewusstsein hat. Bewusstsein benötigt immer ein neuronales Korrelat.


    Stellt das neuronale Korrelat die Arbeit ein, erlischt individuelles Bewusstsein.


    Deshalb gibt es über den Tod des Individuums hinaus, keinen Transfer von individuellen Bewusstseinsinhalten, wie zum Beispiel Erinnerung, von einem Wesen auf ein anderes Lebewesen.


    Diesen Prämissen folgend, geht es darum, Erwachen in dieser einen Existenz zu verwirklichen.


    Dies ist weder ein „beschnittener“ Buddhismus noch „kein“ Buddhismus. Er dringt zum Kern des Dharma. Es könnte nach Ockhams Rasiermesser sogar dem, was der historische Buddha gelehrt haben mag, am nächsten kommen, statt der aufgeblähten Lehren durch 2.500 Jahre langes sophistisches Spiel buddhistischer Philosophen.


    Insofern ist sB eine Reformbewegung, die es sich nicht einfach macht, wie oft vorgeworfen, und beliebig streicht und altes leichtfertig für ungültig erklärt. Vielmehr wird mit aller gebotenen Ernsthaftigkeit gefragt, was das Buddhadharma wirklich ist.


    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna