"Eines der grundlegenden Prinzipien des Buddhismus ist gegenseitige Abhängigkeit, aber ich frage mich, ob uns klar ist, was das im Zusammenhang mit den ursprünglichen Lehren des Buddha bedeutet. Gegenseitige Abhängigkeit bedeutet, dass kein Ding irgendeine Form von 'Selbst-Exitenz' hat, weil es von anderen Dingen abhängt. Alle Dinge entstehen und vergehen aufgrund von Ursachen und Bedingungen. Doch der Buddhismus, so meinen wir, sei der unmittelbaren Erfahrung des Shakyamuni Buddha entsprungen, der ein 'Erwachter' wurde, als er unter dem Bodhibaum Nirvana erlange. (...) Diese Geschichte von der Erleuchtung, wie sie normalerweise erzählt wird, läuft auf einen Mythos der Selbt-Erschaffung hinaus – etwas, was der Buddhismus ablehnt! Wenn die gegenseitige Abhängigkeit aller Dinge für alle Dinge zutrifft, kann die Wahrheit des Buddhismus nicht unabhängig von alle den anderen spirituellen Vorstellungen zur Zeit und im geografischen Raum des Buddha (...), also ohne jede Beziehung zu ihnen, entstanden sein. Statt dessen müssen die Lehren des Shakyamuni als Antwort auf diese Lehren verstanden werden, und zwar als eine Antwort, die unvermeidlich viele der spirituellen Vorstellungen, die in dieser Kultur gängig waren, zur Voraussetzung hatte. (...) Daher war es unvermeindlich, dass sein Dharma (...) eine Mischung aus dem wirklich Neuen (zum Beispiel Lehren über anatta, Nicht-Selbst, und paticca-samupadda, bedingte Entstehung) und dem konventionellen Denke seiner Zeit (...) war." David R. Loy, Geld, Sex, Krieg, Karma – Anmerkungen zu einer buddhistischen Revolution, S. 81ff
Was bedeutet das für uns und die Interpretation des Buddhdharma für unsere Zeit? Wie schon das ursprüngliche Buddhadharma eine Mischung aus neuen Ideen und vorgefundener Kultur war und eine Antwort auf die Fragen der Zeit – und die nachfolgenden Buddhismen (Theravada, Vajrayana, Chan etc.) natürlich ebenso – dann ist es unvermeidlich, dass das Buddhdharma im Westen, im dritten Jahrtausend, eine Mischung aus neuen Ideen und vorgefundener Kultur und eine Antwort auf die Fragen der Zeit ist/sein wird.