Wie Buddhisten das Christentum verstehen

    • Offizieller Beitrag

    Der Religionswissenschaftler Andreas Grünschloß hat sich vier bud. Lehrende (Ayya Khema, Thich Nhat Hanh, Dalai Lama, Zen-Meister Kenneth S. Leong) angesehen und deren Verständnis des Christentums, seine Vereinnamung durch sie, seine Interpretation aus buddhistischer Sicht. Ganz interessant, meine ich.


    Andreas Grünschloß, Buddhistische Jesusbilder. Zeitgenössische Beispiele einer buddhistischen Hermeneutik des Christentums

  • Der Religionswissenschaftler Andreas Grünschloß hat sich vier bud. Lehrende (Ayya Khema, Thich Nhat Hanh, Dalai Lama, Zen-Meister Kenneth S. Leong) angesehen und deren Verständnis des Christentums, seine Vereinnamung durch sie, seine Interpretation aus buddhistischer Sicht. Ganz interessant, meine ich.


    Andreas Grünschloß, Buddhistische Jesusbilder. Zeitgenössische Beispiele einer buddhistischen Hermeneutik des Christentums

    Ich bin unglaublich lesefaul. Der Text ist mir einfach zu lang. Aber ganz grundsätzlich würde ich vermuten, dass das begriffliche Framing von Buddhisten ihre Wahrnehmung des Christentums und das begriffliche Framing von Christen ihre Wahrnehmung des Buddhistmus bestimmen. Also würde ich vermuten, dass jede Seite ihre rationalen Fabrikationen bzgl. der religiösen Fabrikationen der jeweils anderen Seite parat hat, welche natürlich derart sind, dass das eigene begriffliche Framing gestützt wird. Grundsätzlich kann also das eigene Framing konfrontative Impulse verursachen ("meine Religion ist richtig und deine ist falsch") oder integrative Impulse verursachen ("was die anderen als dies oder jenes verstehen entspricht de facto meinem Glaubensgrundsatz vom diesem oder jenem, was belegt, das mein Glauben richtig ist").

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

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    Ich bin unglaublich lesefaul. Der Text ist mir einfach zu lang


    Das kann ich durchaus verstehen.


    Was ich an dieser Arbeit persönlich interessant finde, ist der Teil über Thich Nhat Hanh. Meine These war schon lange, dass TNH etwas völlig neues geschaffen hat – unbemekrt von der Orhodoxie und deshalb bisher völlig unkritisiert: Eine Synthese zwischen Thien (vietnamesicher Zen), Theravada-Elementen (starker Fokus auf Sati, Achtsamkeit), Amitabha Buddhismus und Christentum. Letzeres finde ich in dem Artikel bestätigt.

  • Aus dem Abschnitt von Thich Nhat Hanh:


    Zitat

    "Das Bild von Jesus, das uns gewöhnlich präsentiert wird, ist das Bild vom Jesus am Kreuz - ein qualvolles Bild. Es vermittelt keine Freude und keinen Frieden und wird somit Jesus nicht gerecht. Ich wünschte mir, unsere christlichen Freunde würden Jesus auch anders darstellen, vielleicht, wie er in der Lotusposition sitzend meditiert oder Gehmeditation praktiziert.


    Deswegen nehme ich auch die Jesus-Statue auf dem Corcovado in Rio de Janeiro, weil die mit offenen Armen dasteht ;-).


    Ich würde mal unqualifiziert behaupten, dass die Kirche den gekreuzigten Jesus in den Vordergrund gerückt hat aus eigenem Interesse, weil so den Gläubigen verdeutlich wird, dass Jesus für die Sünden der Welt gestorben ist und die Menschen ihre Sünden nur beim Priester erlassen bekommen (ist bei der evangel. Kirche nicht so, aber die kath. Kirche war ja lange Zeit vorherrschend).


    Und vielen Dank für den Link zum Artikel von dem Andreas Grünschloß. Dieser Artikel ist wunderbar :-).

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

    2 Mal editiert, zuletzt von Anandasa ()

  • Da bleibt wohl nur Jesus als Möglichkeiten Zeiger zu sehen, wie man mit Leiden umgeht. Wenn ich akzeptiere, dass Jesus die Leiden des Vergangenen auf sich genommen hat, kann ich meine vergangenen Leiden auch so sehen, ich habe sie auf mich genommen und weil ich das getan habe, sind sie keine Belastung mehr. Sie sind vergangen, gehören zu mir, aber nicht mehr ich.

    Das Vergangene kann so wie ein Bild betrachtet und aus dieser Betrachtung Handlungsweisen im Jetzt für Zukünftiges erkannt werden.

    Irgendwann ist es so, das Wissen erscheint, das Leiden nur dann erscheint, wenn am Vergangenen festgehalten wird und sei es nur Sekunden vergangen. Das Verschmelzen mit dem Vergangenen, dass ich das bin, kann so schneller vermindert werden.

    Und Buddha oder Jesus hält immer seine Arme offen, allein dieses Wissen gibt mir Halt, um Mitgefühl auch mit mir zu entwickeln.

  • Der Religionswissenschaftler Andreas Grünschloß hat sich vier bud. Lehrende (Ayya Khema, Thich Nhat Hanh, Dalai Lama, Zen-Meister Kenneth S. Leong) angesehen und deren Verständnis des Christentums, seine Vereinnamung durch sie, seine Interpretation aus buddhistischer Sicht. Ganz interessant, meine ich.


    Andreas Grünschloß, Buddhistische Jesusbilder. Zeitgenössische Beispiele einer buddhistischen Hermeneutik des Christentums

    Ich bin unglaublich lesefaul. Der Text ist mir einfach zu lang. Aber ganz grundsätzlich würde ich vermuten, dass das begriffliche Framing von Buddhisten ihre Wahrnehmung des Christentums und das begriffliche Framing von Christen ihre Wahrnehmung des Buddhistmus bestimmen. Also würde ich vermuten, dass jede Seite ihre rationalen Fabrikationen bzgl. der religiösen Fabrikationen der jeweils anderen Seite parat hat, welche natürlich derart sind, dass das eigene begriffliche Framing gestützt wird. Grundsätzlich kann also das eigene Framing konfrontative Impulse verursachen ("meine Religion ist richtig und deine ist falsch") oder integrative Impulse verursachen ("was die anderen als dies oder jenes verstehen entspricht de facto meinem Glaubensgrundsatz vom diesem oder jenem, was belegt, das mein Glauben richtig ist").

    Das war jetzt wohl sehr psychoanalytisch/kognitionstherapeutisch gedacht. Aus der Perspektive der A(cceptance)C(ommitment) Therapie ist wohl der integrative Ansatz zu bevorzugen: 1. man akzeptiert andere Glaubensansätze (sie stressen einen nicht mehr) und 2. man ist dennoch dem Eigenen (mehr) verbunden, gibt das Eigene wegen dem Anderen nicht auf bzw. findet sogar kognitive Wege, das Eigenen durch das Andere zu stützen. Die Hinduisten praktizieren das in Perfektion, indem sie alle Heilsbringer anderer Religionen einfach in den eigenen Pantheon integrieren.

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    • Offizieller Beitrag

    Andreas Grunschloß würdigt die differenzierte Sicht der buddhistischen Denker die er untersucht. Er trifft nicht auf Freundlichkeit sondern eher auf eine Tendenz die Gemeinsamkeiten zwischen Buddhismus und Christentum zu betonen. Er beklagt dass dies bei Einheitspostulaten steckenbleiben kann und hebt den Dalai Lama da positiv hervor:


    Abgesehen vom Dalai Lama wird jedoch eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Widerständigkeit und Fremdheit der biblisch-jesuanischen Verkündigung nicht wirklich gesucht [50]. Die drei anderen Protagonisten entwerfen zudem jeweils relativ "schlicht" - d.h., zumindest für eine religionswissenschaftliche Perspektive - relativ schlicht anmutende Einheitspostulate.


    Die Religionswissenschaft hat in ihrer jüngeren Geschichte selbst recht lange damit gerungen, derartig einfache Einheitsvisionen von "Religion" (im Singular!) zu überwinden - zugunsten der jeweiligen Besonderheit unterschiedlicher religiöser Traditionen.

    Aber auch im Rahmen einer interreligiösen Begegnung zwischen (Vertreterinnen und Vertretern) religiöser Gemeinschaften wird es erst dann richtig spannend, wenn die aus dem eigenen Kontext vorfabrizierten Vereinnahmungsideen überwunden werden und die andere bzw. fremde religiöse Tradition in ihrer Eigenständigkeit, in ihrer Widerborstigkeit und Besonderheit auftaucht - wenn gleichsam das "Antlitz" des Anderen und Fremden aufblitzt und es daher nicht mehr einfach in die eigene kognitive Landkarte 'eingemeindet' werden kann [51]. Manche der hier Vorgestellten berichteten davon, dass die dialogische Begegnung mit Christinnen und Christen sie angestoßen hat, darüber nachzudenken. Das heißt, die reale Konfrontation mit dem andersreligiösen Antlitz hat sie 'be-wegt' - auf den Weg tieferer interreligiöser Auseinandersetzung gebracht. Dennoch erwiesen sich manche ihrer daraus resultierenden Rekonstruktionsversuche doch wieder als inklusive Eingemeindungsversuche.

  • Andreas Grunschloß würdigt die differenzierte Sicht der buddhistischen Denker die er untersucht. Er trifft nicht auf Freundlichkeit sondern eher auf eine Tendenz die Gemeinsamkeiten zwischen Buddhismus und Christentum zu betonen. Er beklagt dass dies bei Einheitspostulaten steckenbleiben kann und hebt den Dalai Lama da positiv hervor:


    Abgesehen vom Dalai Lama wird jedoch eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Widerständigkeit und Fremdheit der biblisch-jesuanischen Verkündigung nicht wirklich gesucht [50]. Die drei anderen Protagonisten entwerfen zudem jeweils relativ "schlicht" - d.h., zumindest für eine religionswissenschaftliche Perspektive - relativ schlicht anmutende Einheitspostulate.



    Zitat

    betont der Dalai Lama sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten zwischen Buddhismus und Christentum ... sie seien eben nicht als lediglich unterschiedliche sprachliche Repräsentationen für eine im Wesenskern gleiche Religion anzusehen. Daher solle man auch keine buddhistisch-christliche Einheitsreligion anstreben, denn die religiöse Vielfalt werde - trotz ihres Konfliktpotentials, das nicht unterschlagen werden dürfe - "den unterschiedlichen geistigen Veranlagungen der Menschen" besser gerecht



    Aus christlicher Perspektive (also nicht-psychoanalytisch/nicht-kognitionstherapeutisch gedacht) würde ich seine Sichtweise aus buddhistischer Perspektive bestätigen wollen.

    Es ist nicht möglich begriffliche Elemente der Praxis (wie zB buddhist. metta und christl. Nächstenliebe) zu vergleichen und daraus etwas abzuleiten bzgl. der vermeintlichen "Gemeinsamkeiten" der beiden Religionen. Denn die Grundlagen/Grundannahmen beider Religionen, des buddhistischen (Atheismus oder Agnostizismus?, da mag es in der buddhistischen Gemeinde Unterschiede geben) und des expliziten christlichen Monotheismus sind einfach unvereinbar und beide "durchstrahlen" die gesamte Praxis und damit auch die begrifflichen Elemente der Praxis.

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  • Ich muss mir den Bericht erst einmal durchlesen.

    Als ich nach 10 Jahren im thailändischen Theravada zu Thich nhat hanh gekommen bin, hat sich meine Sicht auf das Christentum grundlegend verändert.

    Vorher habe ich die Unterschiede zwischen dem Buddhismus und dem Christentum hervorgehoben und meine christlichen Wurzeln "ausgerissen" , wohl auch aus einer Enttäuschung heraus.


    Aber inzwischen verstehe ich die christliche und islamische Lehre viel besser als früher.

    Der Buddhismus hat mir gezeigt was ich bin und was ich nicht bin, und weil ich das nun weiß, kann ich alles in dieser Welt viel besser verstehen und nachvollziehen.


    LG Martin

  • In der Tat eine interessante Lektüre. Obwohl nicht mehr als eine Buchkritik von vier Büchern mit verwandter Thematik, die ich alle mit Sicherheit nicht lesen werde. Den Grund dafür deutet Grünschloß mit einer mE passenden Bezeichnung dieses Genres an: "meditative Erbauungsliteratur". Ehrlicherweise macht Grünschloß selbst unmissverständlich klar, dass diese "Beispiele einer buddhistischen Hermeneutik des Christentums" nicht Anspruch erheben können, in irgendeiner Weise repräsentativ dafür zu sein, wie die Buddhisten das Christentum verstehen. Dazu fehlt vor allem - wie vom Autor selbst eingeräumt - die

    Zitat

    genaue Sichtung des jeweiligen biographisch-werkgeschichtlichen Zusammenhangs sowie eine Verortung im Kontext der jeweiligen buddhistischen Traditionen.

    Wichtig jedenfalls der Verweis darauf, dass die Autoren (allenfalls mit Ausnahme des Dalai Lama) ziemlich reduktionistisch mit ihrem Thema umgehen - um nicht zu schreiben: schönfärberisch. Zitat Grünschloß: es

    Zitat

    werden problematischere Vorstellungskomplexe wie Apokalyptik und Eschatologie oder das personale Gottesverständnis ausgeblendet (oder umgehend spiritualisiert), um buddhismuskompatibleren Vorstellungen Raum zu gewähren - oder zumindest interreligiös nahe liegende Schwierigkeiten bis hin zu traditionell-polemischen Heterostereotypen nach Möglichkeit zu umschiffen.

    Genau darin liegt auch die gemeinsame Schwäche der vorgestellten Werke: sie sagen nicht wirklich etwas über das Spannungsfeld zwischen Christentum und Buddhismus, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus - weil sie auch nicht wirklich etwas über das Christentum aussagen, sondern nur über ein von den Autoren zurechtgebasteltes Eiapopeia-Christentum. Noch einmal der Autor:

    Zitat

    Alle vier Beispiele demonstrieren [...] die religionsgeschichtlich immer wieder außerordentlich nahe liegende Selbstverständlichkeit eines hierarchisch-inklusiven Interpretationsgestus: Das religiös Fremde wird bestenfalls als "alter ego" - als Dublette zum Eigenen - gewürdigt. Diese Selbstreferentialität religiöser Aussagen über religiös Fremdes ist ubiquitär.

    In der Tat ubiquitär - denn das ist genau der Gestus freundlich-nachsichtiger Herablassung, der auch schon von anderer Seite zur Genüge bekannt ist:

    Zitat

    Wenn auch die Kirche gerne alles anerkennt, was in den religiösen Traditionen des Buddhismus, des Hinduismus und des Islam wahr und heilig ist [...] so mindert dies doch nicht ihre Pflicht und Entschlossenheit, ohne Zögern Jesus Christus zu verkünden [...]. Die Tatsache, daß die Anhänger anderer Religionen auch außerhalb der normalen Wege, die Christus festgelegt hat, die Gnade Gottes empfangen und durch Christus erlöst werden können, nimmt den Aufruf zum Glauben und zur Taufe nicht zurück, die Gott für alle Völker will. [...] Der Dialog muß geführt und realisiert werden in der Überzeugung, daß die Kirche der eigentliche Weg des Heiles ist und daß sie allein im Besitz der Fülle der Heilsmittel ist.

    So Papst Johannes Paul II. an die Bischöfe Asiens anläßlich der 5. Vollversammlung der Vereinigung ihrer Bischofskonferenzen, ein halbes Jahr später in die Enzyklika 'Redemptoris Missio' übernommen. Wo man u.a. auch folgendes lesen kann:

    Zitat

    Der interreligiöse Dialog ist Teil der Sendung der Kirche zur Verkündigung des Evangeliums. [...] In Christus ruft Gott alle Völker zu sich [...]. Er macht sich auf vielfältige Weise gegenwärtig, nicht nur dem einzelnen, sondern auch den Völkern im Reichtum ihrer Spiritualität, die in den Religionen ihren vorzüglichen und wesentlichen Ausdruck findet, auch wenn sie "Lücken, Unzulänglichkeiten und Irrtümer" enthalten. Das Konzil und die folgenden lehramtlichen Äußerungen haben all das ausführlich unterstrichen und dabei immer daran festgehalten, daß das Heil und die Fülle der Offenbarung von Christus kommt und der Dialog nicht von der Verkündigung des Evangeliums enthebt.

    Ob nun die rezensierten vier Autoren über "Lücken, Unzulänglichkeiten und Irrtümer" (aus buddhistischer Perspektive, versteht sich) nur gnädig hinwegsehen oder sie schlicht nicht wahrnehmen / wahrnehmen wollen (auch hier wohl das DL-Buch eine Ausnahme), finde ich eher nachrangig. Zum Verstehen des Christentums tragen sie mE eher nicht bei. Unvermeidlich, wenn man sich grundsätzlich vor einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema drückt.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Da ich die 5te Sila nicht befolgen kann und ab und an Rauschmittel zu mir nehme, darf ich mich mMn noch nicht als Buddhist bezeichnen, aber ich arbeite täglich daran, um mich zu "verbessern" und deshalb äußere ich mich hierzu und immerhin bin ich als evangelischer Christ sozialisiert.

    Ich spüre, dass es mir etwas peinlich ist, aber vielleicht ne gute Übung, um geistige Phänomene, wie meine "persönliche" Einstellung, als " "nicht mein" zu betrachten.


    Als ich Ende der 90er ZEN geübt habe, kam ich durch die Meditation an den Punkt, wo ich meinen Seelenglauben im Sinne eines "individuellen Selbstes" hätte aufgeben müssen, das konnte ich damals noch nicht, außerdem wuchs in mir ein schlechtes Gewissen Gott gegenüber, also habe ich mit ZEN aufgehört.

    Inzwischen hat sich das mit meinem festen Seelenglauben erledigt, aber Gott leugnen, möchte ich bis heute nicht.

    Im Zusammenleben mit meiner christlichen Freundin habe ich inzwischen folgende Einstellung entwickelt, die für mich plausibel erscheint und mit der ich die religiösen Gefühle meiner christlichen Freunde nicht verletze,wenn wir darüber sprechen:


    Die Welt, so wie sie uns erscheint (also, dass es überhaupt etwas gibt/existiert) ist Werk Gottes.(ohne diesem "Gott" weitere Attribute anzudichten)

    Buddha ist ein weiterer Prophet, wie z.b. Jesus oder Mohammed, und erklärt die Welt auf seine Art und erreicht damit bestimmte Menschen, die dies verstehen. Andere Menschen erreicht halt eher ein Jesus oder ein Mohammed, weil wir Menschen eben so unterschiedlich in unserer Auffassung sind. Dabei hat jeder Prophet unterschiedliche Schwerpunkte in seiner Lehre und es gibt viele grundsätzliche Unterschiede, keine Frage, aber die wichtige Gemeinsamkeit ist, dass sie das Wesen der Welt zu erklären versuchen.


    Meines Wissens nach, hat Buddha "nur" erklärt, wie die Welt funktioniert, aber nicht warum es etwas gibt und nicht Nichts.

    Warum es etwas gibt, die Frage beschäftigt mich aber gar nicht,deswegen interessiert Gott mich nicht so sehr,sondern ,wie gehe ich mit dem um, was es gibt und da ist Buddha mMn unübertroffen.


    Falls diese Einstellung lächerlich ist, schenke ich euch heute etwas Spaß, für mich ist das momentan so in Ordnung :moon: lg

    • Offizieller Beitrag

    Ich nehme an teilweise ist es so, dass asiatische Buddhisten durchaus die für sie abstoßenden, unsinnigen und befremdlichen Aspekte des Christentums durchaus wahrnehmen, aber aus Höflichkeit und Harmoniebedürfnis dann eher über das Gemeinsame sprechen. Was den Dialog langweiliger und fruchtloser macht aber eben vielleicht wirklich harmonischer.


    Und bei TNH muß man ja immer die vietnamesische Geschichte mitdenken. Zuerst wurden über Jahrhunderte weg die Christen verfolgt und dann gab es Zeiten wo die katholische Kirche sehr mächtig war und die Buddhisten verfolgte. Gerade in der Krise 1963 ( Buddhist crisis) mit den Selbstverbrennungen von Mönchen - was TNH ja alles miterlebt hat.

  • Ich bin unglaublich lesefaul. Der Text ist mir einfach zu lang


    Das kann ich durchaus verstehen.


    Was ich an dieser Arbeit persönlich interessant finde, ist der Teil über Thich Nhat Hanh. Meine These war schon lange, dass TNH etwas völlig neues geschaffen hat – unbemekrt von der Orhodoxie und deshalb bisher völlig unkritisiert: Eine Synthese zwischen Thien (vietnamesicher Zen), Theravada-Elementen (starker Fokus auf Sati, Achtsamkeit), Amitabha Buddhismus und Christentum. Letzeres finde ich in dem Artikel bestätigt.

    Er hat sicher etwas neues geschaffen, aus meiner Sicht so eine Art buddhistisch angehauchtes New Age. Amida-Buddhismus (ich fand sein Buch darüber sehr befremdlich, seine Gruppierung wird zu Amidas reinem Land hochstilisiert), ist es sicher nicht, auch mit Zen hat es nichts zu tun. Genauso geht er aus meiner Sicht auch mit Jesus um, auch der hat ja nichts mit dem Jesus des Christentums zu tun. Insgesamt spielt gerade die Anatman-Lehre bei ihm kaum eine Rolle. (Daher kann er auch Jesus unkritisch sehen). Auch Achtsamkeitsmeditation im Theravada, auf die er sich ja oft beruft, kommt meines Wissens ohne seinen "Glückslächelbrei" (wie C. Jantzen es so treffend nennt) aus.

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Ich nehme an teilweise ist es so, dass asiatische Buddhisten durchaus die für sie abstoßenden, unsinnigen und befremdlichen Aspekte des Christentums durchaus wahrnehmen, aber aus Höflichkeit und Harmoniebedürfnis dann eher über das Gemeinsame sprechen. Was den Dialog langweiliger und fruchtloser macht aber eben vielleicht wirklich harmonischer.


    Dies gilt auch manchmal für den innerbuddhistischen Dialog. Als der World Buddhist Sangha Council (WBSC) 1967 erstmalig zusammenkam, wurden die Basic points unifying Theravāda and Mahāyāna einstimmig beschlossen. Allerdings las ich einmal, und hier fehlt mir leider die Quelle, dass die Einstimmigkeit zwar formal richtig ist, aber sie kam durch die Enthaltung mehrerer Teilnehmer zustande, die dem Gastgeber nicht das Gesicht nehmen wollten. Daher wurde das Missfallen über die Erklärung mittels Enthaltung ausgedrückt. Aber ja, von der anderen Seite betrachtet wurde sie einstimmig angenommen.

  • Ich denke, dass ausschließlich eine unparteiische "wissenschaftliche" Betrachtung der buddhistischen Doktrin und der christlichen Doktrin als Narrative Sinn macht. Nur wenn die Doktrinen als Narrative wahrgenommen werden, kann man sich ihnen inhaltlich zuwenden, weil der "Wahrheitsgehalt" der doktrinären Aussagen irrelevant ist. Dann lassen sich Kohärenz und Widerspruchsfreiheit der Doktrinen erforschen, und auch der Anteil intellektuell-philosophischer Aussagen und solcher Aussagen, die auf das emotionale Erleben abzielen.

    Das Christentum als Buddhist oder den Buddhismus als Christ erforschen führt dagegen unweigerlich zu Verzerrungen, die den Doktrinen nicht gerecht werden.

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  • Wer die buddhistische Lehre wirklich versteht, und ich rede da nicht von Buchwissen, der versteht auch das Christentum und den Islam.

    Ich bin zum Beispiel gerade in Indonesien, und meine Gastgeber laden mich täglich zum Gebet in ihrer Moschee ein.

    Weil ich nun halbwegs weiß wer und was ich bin, ist jede Verbeugung, jede rituelle Wäsche ein Akt der Demut.

    Wenn ich in der alten Moschee nach oben schaue, sehe ich eine Moschee die mindestens 13 Milliarden Jahre alt ist.

    Das was durch meine Augen sieht, ist das was mein Denken nicht erfassen kann.

    Will man die Religionen der Welt verstehen, dann braucht man nur die buddhistische Lehre verstehen.


    🙏🙏🙏

  • Jede Verbeugung, jede "rituelle" Wäsche ist nichts anders als eine Verbeugung, eine "rituelle" Wäsche - alles andere sind unnötige

    Zuschreibungen, die aus den Handlungen was machen sollen.


    Religionen sind solche Überhöhungen, Besonderungen von ganz einfachen Handlungen, wie z.B. Essen. Ihr Sinn liegt in der Gemeinschaftsbildung, die auch einen Übersinn braucht, damit die Gemeinschaft nicht zerfällt - vor allem in Krisenzeiten.

    :zen:

  • Ich denke, dass ausschließlich eine unparteiische "wissenschaftliche" Betrachtung der buddhistischen Doktrin und der christlichen Doktrin als Narrative Sinn macht.

    Richtig. Speziell in China (und m.W. auch in Tibet, speziell von der Gelugpa) wurden verschiedene Klassifizierungssysteme für spirituelle Doktrinen entwickelt - insbesondere um die Diskrepanzen oder gar offensichtlichen Widersprüche zwischen den verschiedenen buddhistischen Schriften zu verstehen. Man ging hier nicht den Weg des Christentums, eine Orthodoxie zu definieren, was insbesondere in den ökumenischen Konzilien zwischen Nicäa I (325) und Konstantinopel III (680) stattfand. Ein ähnlich angelegter Versuch des konservativen 'Flügels' des Saṃgha um des Mitte des 3. Jhdts v.d.Z. in Pataliputra scheiterte letzlich daran, dass das Konzil trotz Unterstützung 'Kaiser' Aśokas (dessen Motive ähnlich wie die Kaiser Konstantins eher machtpolitischer Natur gewesen sein dürften) kein ökumenisches war.


    Jedenfalls war der Buddhismus in der Form, in der er nach China gelangte, ein sehr 'pluralistischer' Buddhismus. Man ging nun nicht den Weg, die Authentizität ausgewählter Texte in Frage zu stellen und diese zu verwerfen, sondern sie in ein umfassenderes Verständnis des Buddhadharma einzuordnen, in dem die Inkonsistenzen verschiedener Überlieferungsstränge dialektisch aufgehoben wurden. Ansatzpunkte dafür gab insbesondere das Saddharmapuṇḍarīkasūtra ('Lotossutra') mit seinen Lehren des 'einen Fahrzeuges' (Ekayāna) und der 'geschickten Mittel' (Upāyakauśalya).


    Diese systematischen Klassifizierungen waren hierarchisch, sie gaben also eine Perspektive auf den Buddhadharma vom Standort einer 'höchsten Lehre' oder einer 'Essenz' des Buddhadharma aus. Verständlich, dass sich bei unterschiedlichen Standpunkten auch die Perspektiven ändern. Daher ist hier auch von hermeneutischen Klassifizierungsschemata in der Mehrzahl zu sprechen, nicht nur von einem. Jedenfalls war es gerade in China mit seinen daoistischen und konfuzianischen Traditionen naheliegend, auch diese als Formen des Ekayāna zu begreifen und ihnen eine Stelle in solch einem Klassifizierungsschema zuzuweisen. Dass der so zugewiesene Rang kein sonderlich herausgehobener war, sollte nicht überraschen - aber immerhin war dieser Inklusivismus ein bemerkenswertes Zeichen religiöser Toleranz.


    Wie auch immer - das ist ein Ansatz, der Wertschätzung ausdrückt, ohne in platten Synkretismus zu verfallen.


    P.S.: Danke Keine Ahnung für die Korrektur von Hendrik s Einschätzung, TNH's 'special brand' sei "bisher völlig unkritisiert" gewesen.

    OM MONEY PAYME HUNG

    • Offizieller Beitrag

    mo im im

    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass TNH und sein Intersein-Orden in der westlichen bud. Community einen exzellenten Ruf genießt. Ernsthafte dogmatische Kritik gibt es schlicht nicht. Woran mag das liegen?

  • mo im im

    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass TNH und sein Intersein-Orden in der westlichen bud. Community einen exzellenten Ruf genießt. Ernsthafte dogmatische Kritik gibt es schlicht nicht. Woran mag das liegen?

    Was für eine ernsthafte dogmatische Kritik an Thich Nhat Hanhs Lehre wünscht du dir denn von wem?

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

    • Offizieller Beitrag

    mo im im

    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass TNH und sein Intersein-Orden in der westlichen bud. Community einen exzellenten Ruf genießt. Ernsthafte dogmatische Kritik gibt es schlicht nicht. Woran mag das liegen?

    Wenn man von Linji ( Rinzai) aus denken, dann könnte man von dort aus eine Linji Orthodoxie sehen und dann von da aus formulieren, dass TNH sich von dieser Linji Orthodoxie entfernt hat.


    Aber das funktioniert nicht so recht. Weil in Vietnam das beherrschende Thema die Kolonialisierung durch die Franzosen war und in dieser kolonialen Setzung einerseits die Unterschiede zwischen den Buddhisten als zunehmen irrelevant gesehen wurden.

    Was ja 1963 zur Vereinten Buddhistischen Sangha führte und andererseits die Politisierung des Buddhismus z.B beiThích Trí Quang. Von daher ergab sich ein sozial engagierter Vereinigten Buddhismus der sich an antikolonialen Vorbildern wie Mahatma Gandhi orientierte. Es war ein Buddhismus unter Bedingungen des Bürgerkriegs wo man eher die Differenz Imperialismus und Anti-Imlperialismus wichtig fand und die Unterschied zwischen Thien( Chan) und Nicht-Thien sowie zwischen Mahayana und Thervada verblasste.


    In der Opposition gegen den Vietnamkrieg fand sich TNH mit Christen wie Martin Luther King auf einer Seite und würde zu einem Referenzpunkt für westliche Gegner des Vietnamkrieg.


    Wo sollte man da mit Dogmatismus anfangen? So der Klassiker wäre der Vinaya. Also das man fragt: Sind deine Ordinierten nach dem Vinaya ordiniert und wenn ja nach welchem oder habt ihr euch da wegbewegt und wenn ja warum? Nehmt ihr so Zuflucht wie die anderen auch oder habt ihr das modifiziert? So als buddhistischer Inquisitor( ohne das ich mich um den Job bewerben würde ) wären das meine Eröffnung.

  • Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass TNH und sein Intersein-Orden in der westlichen bud. Community einen exzellenten Ruf genießt. Ernsthafte dogmatische Kritik gibt es schlicht nicht. Woran mag das liegen?

    :o:grinsen::rofl::rofl::rofl: You make my day.
    Ich bleib da lieber bei Leuten, die du nicht ernst nimmst.
    Selbst Sektenportale schreiben über ihn, so gut ist sein Ruf. Selbst in öffentlich rechtlichem Rundfunk wird inzwischen kritisch über ihn (möge er in Frieden ruhn) und seine na ja nennen wir es Gruppierung berichtet, unter Buddhisten gibt es schon lange Zeit Kritiker. Ich bleib da lieber bei C. Jantzen (Um nur einen von vielen Kritikern zu nennen.) :
    "Ich habe erlebt, daß Thich Nhat Hanh für Menschen, die im Flachwasser ertrinken, eine vorläufige Rettung war. Für alle, die nicht schon bei 20 cm Wassertiefe Panik überfällt, sollte gelten - Hände weg von diesem Schwimmlehrer!"
    Bei Jantzen findet man viel inhaltlich fundierte Kritik, vor allem an seiner seltsamen Umdeutung buddhistischer Sutren.
    (Mehr zu schreiben lohnt sich nicht, wird ja eh gleich gelöscht).

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

    • Offizieller Beitrag

    mo im im

    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass TNH und sein Intersein-Orden in der westlichen bud. Community einen exzellenten Ruf genießt. Ernsthafte dogmatische Kritik gibt es schlicht nicht. Woran mag das liegen?

    Was für eine ernsthafte dogmatische Kritik an Thich Nhat Hanhs Lehre wünscht du dir denn von wem?

    Gar keine. Im Gegenteil wundere ich mich, dass manche Sprossen am Bodhibaum deutlich Kritik erfahren, während andere wild wuchernde klaglos Akzeptanz erfahren. Ich würde mir eher generell eine grössere Offenheit wünschen.

    • Offizieller Beitrag

    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass TNH und sein Intersein-Orden in der westlichen bud. Community einen exzellenten Ruf genießt. Ernsthafte dogmatische Kritik gibt es schlicht nicht. Woran mag das liegen?

    :o:grinsen::rofl::rofl::rofl: You make my day.
    Ich bleib da lieber bei Leuten, die du nicht ernst nimmst.
    Selbst Sektenportale schreiben über ihn, so gut ist sein Ruf. Selbst in öffentlich rechtlichem Rundfunk wird inzwischen kritisch über ihn (möge er in Frieden ruhn) und seine na ja nennen wir es Gruppierung berichtet, unter Buddhisten gibt es schon lange Zeit Kritiker. Ich bleib da lieber bei C. Jantzen (Um nur einen von vielen Kritikern zu nennen.) :
    "Ich habe erlebt, daß Thich Nhat Hanh für Menschen, die im Flachwasser ertrinken, eine vorläufige Rettung war. Für alle, die nicht schon bei 20 cm Wassertiefe Panik überfällt, sollte gelten - Hände weg von diesem Schwimmlehrer!"
    Bei Jantzen findet man viel inhaltlich fundierte Kritik, vor allem an seiner seltsamen Umdeutung buddhistischer Sutren.
    (Mehr zu schreiben lohnt sich nicht, wird ja eh gleich gelöscht).


    Mir ist tatsächlich wenig Kritik bekannt. Magst Du was verlinken?