Peter Riedl: „Buddhismus neu Denken“

  • Vortrag: „Können wir alles, was wir über Buddha und den Buddhismus wissen, vergessen, und herauszufinden, was wirklich gelehrt wurde, ohne irgendetwas zu erfinden, ohne uns etwas auszudenken?


    Sind das die wesentlichen Fragen, die wir zu stellen haben, wenn wir über Buddhismus sprechen? Gemeinsame Diskussion der Begriffe: Was ist Leiden? Bedingte Entstehung, Wiedergeburt und Karma, Bewusstsein, Achtsamkeit und Erleuchtung, Was ist Nicht-Leiden?“


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    Peter Riedl ist 1943 in Hannover geboren, lebt seit 1946 in Wien. Verheiratet, drei erwachsene Söhne. Studium der Medizin, Universitätsprofessor für Radiologie. Er ist seit 1986 Buddhist, war 1989-2001 Vorstand der Buddhistischen Gemeinde Österreich (BGÖ) und Generalsekretär der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR); 2001-2006 Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR); 1991-2019 Herausgeber der buddhistischen Zeitschrift Ursache\Wirkung.


    Er gibt seit 1993 Meditations - und Achtsamkeitsseminare. 2004 Gründung W.I.S.D.O.M. - Wiener Schule der offenen Meditation; 2006 Gründung spirituelles Wohnheim Mandalahof in Wien. Publikationen auf Deutsch und Englisch, teilweise auch auf Griechisch und Arabisch: Auf ins Nirvana – Gespräche über Buddhismus; Möge die Übung gelingen; Achtsamkeit und Sexualität; Schlüssel zur Gelassenheit; Ein Weg in die Freiheit und neu: Das Geheimnis der Achtsamkeit – in Vorbereitung. Mehr Info unter: http://www.peterriedl.at

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Vielen Dank, Hendrik , für die Empfehlung dieses interessanten Vortrags von Dr. Riedl!

    Leider war die Tonqualität des Videos nicht so gut, aber einige Thesen von Peter Riedl habe ich mir gemerkt, um darüber nachzudenken:


    - "Man wird nicht erleuchtet, man erleuchtet sich selber."

    - "Es gibt Erleuchtungszustände, es gibt ein erleuchtetes Leben, aber nicht "die Erleuchtung".

    Und das erleuchtete Leben ist das gelassene, friedfertige Leben, das gelungene Leben."

    DAS ist das buddhistische Ziel und nicht, in einem zukünftigen Leben wiedergeboren zu werden." (Wie bitte? Wer will denn wiedergeboren werden?)

    - "Es gibt ein WiederWERDEN, keine WiederGEBURT."

    - "Wenn es eine Wiedergeburt gäbe, müssten ja ALLE Menschen wiedergeboren werden, das kann ja wohl nicht sein."

    - "Buddha hat die Methode gelehrt: Wie kann ich ein gelingendes Leben erreichen?"

    - "Ein freies Leben ist eines, wo ich denken und fühlen kann, was ich möchte."

    - "Die eigentliche Meditation findet im Leben statt - nicht auf dem Kissen."


    (nur eine Auswahl, die Liste ist nicht vollständig)


    Ich schätze, für viele Buddhisten klingen diese Aussagen "unbuddhistisch", zu weltlich und mehr nach allgemeiner Lebensphilosophie, als nach Religion. Mich irritierte Riedls Annahme, ein Ziel im Buddhismus sei eine (gute) Wiedergeburt in einem zukünftigen Leben - ich dachte eigentlich, das Ziel sei Nibbana/Nirvana (= KEINE Wiedergeburt mehr!)...

    Ansonsten fand ich den Vortrag sehr inspirierend und sehe auch Chancen, eventuell mehr Menschen für diese Sichtweise der Lehre Buddhas zu gewinnen.
    "Buddhismus neu denken" - warum nicht?!

    "Fähigkeit ruhiger Erwägung - Anfang aller Weisheit, Quell aller Güte."

    (Marie von Ebner-Eschenbach)


    "...In der Aufhebung des Begehrens (tanha) besteht die Aufhebung des Leidens.

    Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..."

    (AN.VI.63)

  • Man wird nicht erleuchtet, man erleuchtet sich selber.

    :lol:


    Sicher nicht.


    Ein freies Leben ist eines, wo ich denken und fühlen kann, was ich möchte.

    Ein freies Leben ist eines, wo ich nicht länger alles wollen muss, was ich möchte, weil ich mich so oder so fühle.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Minute 7:09:


    "Da muss etwas Fixes in mir sein, eine Seele, ein fester Wesenskern, irgendetwas Absolutes. Das hat der Buddha aber so nicht gelehrt."


    Keine Seele, kein fester Wesenskern, aber:

    Zitat

    Gesagt wurde dies vom Erhabenen, gesagt von dem Heiligen, So habe ich gehört:

    „Es gibt, ihr Jünger, ein Ungeborenes, Ungewordenes, Unerschaffenes, Ungestaltetes. Wenn es, ihr Jünger, dieses Ungeborene, Ungewordene, Unerschaffene, Ungestaltete nicht gäbe, so wäre hier ein Ausweg aus dem Geborenen, Gewordenen, Erschaffenen, Gestalteten nicht zu erkennen. Weil es nun aber, ihr Jünger, ein Ungeborenes, Ungewordenes, Unerschaffenes, Ungestaltetes gibt, deshalb ist ein Ausweg aus dem Geborenen, Gewordenen, Erschaffenen, Gestalteten zu erkennen.“

    Dies sprach der Erhabene; daher heißt es mit Bezug hierauf folgendermaßen:

    „Das Geborene, Gewordene, Entstandene, Geschaffene, Gestaltete, Unbeständige, aus Alter und Tod Gebildete, das Nest des Siechtums, das Gebrechliche, aus dem Strom der Nahrung Entsprungene: es reicht nicht hin, um daran Wohlgefallen zu finden. Der Ausweg aus ihm ist der Friede, das dem Sinnen Unzugängliche, Beständige, die ungeborene, unentstandene Stätte, frei von Kummer und Leidenschaft, die Aufhebung der Leidenserscheinungen, das selige Zurruhekommen der Prozesse.“

    Auch dies ist vom Erhabenen gesagt worden, So habe ich gehört.


    Quelle


    Der Buddhismus geht von einem Geisteskontinuum aus, das sich ständig wandelt, entsprechend der Ursachen und Umstände. Es ist kein fester Kern, aber es hat auch zugleich weder Anfang noch Ende. Es ist auch nicht in mir. Im Gegenteil: alles, was für mich ist, Körper, Welt, Gefühle, Gedanken (inkl. Ichgefühl und Bewusstsein) ist Teil des Geisteskontinuums.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Ich glaube, dass nur jemand "den Buddhismus neu denken" kann, der den buddhistischen Weg auch zu Ende gegangen ist. Aber jeder kann natürlich eine Weisheitslehre begründen, die seiner Welt- und Innensicht entspricht, und das kann sicher sehr hilfreich für viele Menschen sein. Ich frage mich aber, warum das dann Buddhismus heißen muss.


    Nebenbei. Dafür, dass Peter Riedl so vehement gegen religiöse Strukturen argumentiert, inszeniert er sich aber dann doch sichtbar in Richtung Guru. Weiße Kleidung, Schal, im Zentrum der Aufnahme im Lotussitz sitzend, daneben eine lebensgroße Buddhastatue... Naja. Wahrscheinlich erwartet man das von einem Weisheitslehrer. Würde er da in Jeans und Rollkragenpullover sitzen, wäre der Eindruck nur halb so spirituell.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Lieber Thorsten Hallscheidt ,


    Aber jeder kann natürlich eine Weisheitslehre begründen, die seiner Welt- und Innensicht entspricht, und das kann sicher sehr hilfreich für viele Menschen sein. Ich frage mich aber, warum das dann Buddhismus heißen muss.

    Da stimme ich dir - teilweise - zu. Allerdings gründet sich "Riedls Lehre" ;) - nach seinem Bekenntnis - ja auf die Lehre Buddhas und wenn man sich so die verschiedenen Fahrzeuge und Schulen ansieht, wurden dort auch viel anderes Gedankengut und religiöse Bräuche unter der Überschrift "Buddhismus" integriert. Entscheidend ist doch der KERN der Lehre.

    Nach meiner Erfahrung gibt jeder Dhammalehrer die Lehre so wieder, wie er sie versteht (oder verstanden zu haben glaubt) und" eigener Senf" wird stets hinzugefügt... "Meine" Lehrer sagen von sich, dass sie "nicht erleuchtet" sind und bezeichnen sich als Kalyanamittas.

    Letztlich muss man den Weg alleine "finden" und gehen.


    Dafür, dass Peter Riedl so vehement gegen religiöse Strukturen argumentiert, inszeniert er sich aber dann doch sichtbar in Richtung Guru.

    Ja, es scheint so..... Wobei mich Äußerlichkeiten noch nie so interessiert haben....


    Würde er da in Jeans und Rollkragenpullover sitzen, wäre der Eindruck nur halb so spirituell.

    :lol:

    "Fähigkeit ruhiger Erwägung - Anfang aller Weisheit, Quell aller Güte."

    (Marie von Ebner-Eschenbach)


    "...In der Aufhebung des Begehrens (tanha) besteht die Aufhebung des Leidens.

    Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..."

    (AN.VI.63)

  • Sind das die wesentlichen Fragen, die wir zu stellen haben, wenn wir über Buddhismus sprechen?

    Steht eine Gruppe Menschen in einem botanischen Garten. Stellt sich einer vor eine Blume und fragt: "Ist das die Blume, die wir uns anzusehen haben, wenn wir über Blumen sprechen wollen?"

  • Nach meiner Erfahrung gibt jeder Dhammalehrer die Lehre so wieder, wie er sie versteht (oder verstanden zu haben glaubt) und" eigener Senf" wird stets hinzugefügt... "Meine" Lehrer sagen von sich, dass sie "nicht erleuchtet" sind und bezeichnen sich als Kalyanamittas.

    Letztlich muss man den Weg alleine "finden" und gehen.

    Ja, klar, darin sehe ich auch kein Problem. Die Lehre des Buddha ist eben weit mehr als das, auf was Peter Riedl versucht sie zu reduzieren. Nirvana ist eben nicht die totale Kontrolle über Gedanken und Gefühle in ethischen Bahnen. Ich würde sogar sagen, es ist das Gegenteil. Nicht ohne Grund gilt Nirvana als sehr schwer zu ergründen. Dukkha hört ja nicht auf, weil ich Kontrolle über mein Innenleben habe und einsehe, dass Anhaftung und Ablehnung "nichts bringen". Der Stromeintritt bezeichnet den Punkt, in dem das intellektuelle Verständnis von Leerheit aller Erfahrungen selbst in Erfahrung umschlägt. Danach beginnt der buddhistische Weg erst. Was er aber hier als Kern der buddhistischen Lehre bezeichnet, ist Selbsterkenntnis gepaart mit Kontrolle. Das ist aber etwas ganz anderes. Ein Erwachter muss nichts mehr kontrollieren, weil durch Aufhebung der Unwissenheit (hier meine ich das Geistesgift) durch unmittelbaren Erfahrung Dukkha an der Wurzel abgeschnitten (nicht kontrolliert!) ist. Kontrollieren müssen Emotionen und Gedanken diejenigen, die am Anfang des Pfades stehen. Aus dieser Perspektive ist es aber nicht sonderlich sinnvoll, "den Buddhismus neu zu denken", weil der Pfad (nach dem Stromeintritt) ja noch gar nicht beschritten wurde.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Thorsten Hallscheidt


    "Ein freies Leben ist eines, wo ich denken und fühlen kann, was ich möchte." = Zitat von Dr. Riedl (nicht etwa von "Anna Panna" ;) )

    Es wäre die totale Kontrolle - man könnte sich dann mit eigenen Gedanken "bespaßen", die in der Folge angenehme Gefühle erzeugen...Bestimmt verlockend für Menschen, die sich mit Zwangsgedanken plagen und zum negativen Grübeln neigen. :?


    Ein freies Leben ist eines, wo ich nicht länger alles wollen muss, was ich möchte, weil ich mich so oder so fühle

    Ja, das klingt für mich erstrebenswert...

    "Fähigkeit ruhiger Erwägung - Anfang aller Weisheit, Quell aller Güte."

    (Marie von Ebner-Eschenbach)


    "...In der Aufhebung des Begehrens (tanha) besteht die Aufhebung des Leidens.

    Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..."

    (AN.VI.63)

  • Mich irritierte Riedls Annahme, ein Ziel im Buddhismus sei eine (gute) Wiedergeburt in einem zukünftigen Leben - ich dachte eigentlich, das Ziel sei Nibbana/Nirvana (= KEINE Wiedergeburt mehr!)...

    Ich habe inzwischen sehr viele westliche Konvertiten kennengelernt, für die der Horror einer immer währenden Wiedergeburt durch ihre Angst vor Tod/Nicht-Existenz zur Hoffnung geworden ist. Und auch im asiatischen Volksbuddhismus ist das Ziel des gemeinen Menschen nicht unbedingt der Austritt aus dem Samsara – irgendwann vielleicht mal – aber zunächst, eine günstige weitere Existenz. Darauf bezieht sich Riedl hier auch.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Der Buddhismus geht von einem Geisteskontinuum aus, das sich ständig wandelt, entsprechend der Ursachen und Umstände. Es ist kein fester Kern, aber es hat auch zugleich weder Anfang noch Ende. Es ist auch nicht in mir. Im Gegenteil: alles, was für mich ist, Körper, Welt, Gefühle, Gedanken (inkl. Ichgefühl und Bewusstsein) ist Teil des Geisteskontinuums.

    Dein Buddhismus. Meiner nicht. Eröffne doch nicht gleich eine dogmatische Ausernandersetzung.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Der Buddhismus geht von einem Geisteskontinuum aus, das sich ständig wandelt, entsprechend der Ursachen und Umstände. Es ist kein fester Kern, aber es hat auch zugleich weder Anfang noch Ende. Es ist auch nicht in mir. Im Gegenteil: alles, was für mich ist, Körper, Welt, Gefühle, Gedanken (inkl. Ichgefühl und Bewusstsein) ist Teil des Geisteskontinuums.

    Dein Buddhismus. Meiner nicht. Eröffne doch nicht gleich eine dogmatische Ausernandersetzung.

    Merkwürdig ist, dass du die Gelegenheit sofort nutzt für Vorwürfe, anstatt klarzustellen, dass Thorsten Hallscheidt nur ein Wort falsch gewählt hat: Buddha statt Buddhismus.

    Nun kann dein Buddhismus sein, was er will, wie jeder andere auch, wenn ihm diese Grundlage des Buddha entzogen wird, ist es tatsächlich nur noch Buddhismus.

    Quote

    Der Buddhismus Buddha geht von einem Geisteskontinuum aus, das sich ständig wandelt, entsprechend der Ursachen und Umstände. Es ist kein fester Kern, aber es hat auch zugleich weder Anfang noch Ende. Es ist auch nicht in mir. Im Gegenteil: alles, was für mich ist, Körper, Welt, Gefühle, Gedanken (inkl. Ichgefühl und Bewusstsein) ist Teil des Geisteskontinuums.

    Das ist kein Dogma, sondern Tatsachen, die jeder erkennen kann.


    Nur Buddhisten machen da ein Dogma (verbindliche, normative Glaubensaussage) draus, um sich weiterhin wohlfühlen zu können, Glaubensaussagen sind ungefährlich für ein Ego.


    Das wäre Notwendig, Dukkha vernichtend, wenn die Buddhisten Buddhismus neu denken würden, mit den von Buddha erkannten Tatsachen als Grundlage. Glaubenssysteme haben auch dann noch Bestand, doch ein Buddhist wüsste, dass er Glauben vertritt, aber mit den Tatsachen des Buddha als Grundlage, weiß er immer, dass es Dogma ist, das nicht den Tatsachen entspricht.

  • Dein Buddhismus. Meiner nicht. Eröffne doch nicht gleich eine dogmatische Ausernandersetzung.

    Ein Geisteskontinuum bedeutet ja noch lange keine Wiedergeburt einer Person. Dass der Geist nur von Augenblick zu Augenblick existiert und sich in Abhängigkeit von Ursachen und Umstände unablässig wandelt, kann jeder selbst erfahren. Daher "stirbt" und "entsteht" er ständig neu. Es gibt aber ein Ungeborenes, Ungeschaffenes, das (nicht nur) der Buddha entdeckt hat, das einen Ausweg aus diesem Kreislauf des Werdens und Vergehens darstellt. DAS ist der Kern der Lehre des Buddha. (Quelle) Formuliert ist diese Möglichkeit in der dritten edlen Wahrheit.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Den Buddhismus neu denken, das ist schon eine gewaltige Aufgabe, zu groß für mich. Dem bin ich nicht gewachsen und bleibe der alten Überlieferung in der Gewissheit dass dort alles Nötige für das Erwachen zu finden ist.

  • Ein Geisteskontinuum bedeutet ja noch lange keine Wiedergeburt einer Person. Dass der Geist nur von Augenblick zu Augenblick existiert und sich in Abhängigkeit von Ursachen und Umstände unablässig wandelt, kann jeder selbst erfahren. Daher "stirbt" und "entsteht" er ständig neu. Es gibt aber ein Ungeborenes, Ungeschaffenes, das (nicht nur) der Buddha entdeckt hat, das einen Ausweg aus diesem Kreislauf des Werdens und Vergehens darstellt. DAS ist der Kern der Lehre des Buddha. (Quelle) Formuliert ist diese Möglichkeit in der dritten edlen Wahrheit.

    Geist/Bewusstsein setzt die Materialität eines Trägers voraus. Im Sinne eines naturalistischen Weltbildes lehne ich die Annahme eines immateriellen, von der Materie losgelösten Bewusstseins/Bewusstseinsstroms/Geistkontinuums ab. Für das Auftreten von Bewusstsein ist nach unserem heutigen Kenntnisstand eine materielle Grundlage notwendig. Bewusstsein ist ein sogenanntes emergentes Phänomen.


    Das Ungeborene, Ungeschaffene ist das aus der freien Entscheidung geborene Denken und Handeln im Hier und Jetzt. Der Kreislauf des Werdens in Bezug auf individuelles Bewustsein bezieht sich immer nur auf diese eine Existenz. Alles andere ist Religion.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Merkwürdig ist, dass du die Gelegenheit sofort nutzt für Vorwürfe, anstatt klarzustellen, dass Thorsten Hallscheidt nur ein Wort falsch gewählt hat: Buddha statt Buddhismus.

    Nun kann dein Buddhismus sein, was er will, wie jeder andere auch, wenn ihm diese Grundlage des Buddha entzogen wird, ist es tatsächlich nur noch Buddhismus.

    Thorsten hat mitnichten "nur ein Wort falsch gewählt". Es geht um das Postulat, es gäbe richigen Buddhismus, weil Buddha dies oder jenes gesagt habe, und es gäbe falschen Buddhismus. Das ist religions- und kulturwissenschaftlich nicht haltbar.


    "Buddha hat dies gesagt, Buddha hat das gesagt..." All das sind reine Annahmen, ja Spekulationen. Über Buddha wissen wir so gut wie nichts. Was wir wissen, ist, wie die Generationen nach ihm seine Lehren nach ihrem Verständnisses, im Kontext ihrer Kultur, interpretiert haben. Lesen wir Pali-Kanon, lesen wir nicht Buddhawort, sondern was Menschen 500 Jahre nach dem Tode des Religionsgründers dachten, was dieser wohl gemeint haben könnte (Herausgekommen sind mit der Zeit übrigens teilweise die bizarrsten und esoterischsten Lehren, die man sich nur denken kann – da ist das, was ein Nils H. hier in der Vergangenheit geschrieben hat, über das sich hier viele in der Vergangenheit aufgeregt haben, geradezu hoch vernünftig).


    Deshalb ist eine zeitgemäße Interpretation des Buddhadharma gleichwertig mit alten Interpretaionen. Beide haben gemeinsam, dass sie das Dharma nach ihrem Verständnis, im Kontext ihrer Kultur auslegen. Etwas anderes ist auch gar nicht möglich. Es gibt nichts Überzeitliches, nichts Unveränderbares. Gerade DAS sollten Buddhisten wissen. :) _()_

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Es geht meines Erachtens nicht um Fragen der Geschichte, Religion oder Kultur sondern um die Frage was man anhand der Lehren in sich selber finden kann. Wenn man ein wenig als wahr erkannt hat, wäre es wohl voreilig zu denken man habe das Dasein vollkommen durchschaut und wäre nun imstande die Lehre zu beurteilen. Etwas Geduld und Einsicht in die menschliche Unzulänglichkeit finde ich da angebracht, es mag ja vieles geben was man noch nicht weiß und der Weg mag weiter führen als man denkt.

  • Im Sinne eines naturalistischen Weltbildes lehne ich die Annahme eines immateriellen, von der Materie losgelösten Bewusstseins/Bewusstseinsstroms/Geistkontinuums ab.

    Oha!

    Für das Auftreten von Bewusstsein ist nach unserem heutigen Kenntnisstand eine materielle Grundlage notwendig. Bewusstsein ist ein sogenanntes emergentes Phänomen.

    "Wir", also die Neurowissenschaftler (zu denen ich mich nicht zählen kann) wissen nicht, was Bewusstsein ist und auch nicht, wie es zustande kommt. Es gibt bisher nur mehr oder weniger plausible Theorien dazu. Ebenso plausibel ist übrigens die Theorie, dass Materie nicht ohne geistige Grundlage existieren kann (vgl. David Chalmers)


    Das Ungeborene, Ungeschaffene ist das aus der freien Entscheidung geborene Denken und Handeln im Hier und Jetzt. Der Kreislauf des Werdens in Bezug auf individuelles Bewustsein bezieht sich immer nur auf diese eine Existenz. Alles andere ist Religion.

    Auf der Basis eines materialistischen Weltbildes kann es keine freie Entscheidung geben (maximal die Illusion davon), da in der Naturwissenschaft (und im Buddhismus) keine Wirkung ohne Ursache aufscheinen kann. Jedes Tun, Denken und Entscheiden ist von Ursachen und Umständen abhängig. Es gibt aber das Ungeschaffene, behauptet zumindest der Buddha...


    Letzthin war ich in den Alpen. Die Wolken hingen sehr tief, sodass die großen Berge unsichtbar geblieben sind. Hätte ich nicht gewusst, dass ich in der Zentralschweiz war, hätte ich die Landschaft für ein Mittelgebirge gehalten. Beim Buddhismus ist es ähnlich. Je nach dem Maß geistigen Nebels, kann man das, man bisher erfahren hat, für die ganze Wirklichkeit halten. So wird aus einem Himalaya schnell mal ein Schwarzwald. Ich spreche aus eigener Erfahrung.


    Die Zeiten ändern sich schnell. Was vor 500 Jahren für die Wahrheit galt, ist heute in weiten Teilen überholt. So wird es auch in 500 Jahren sein. Entscheidend ist, dass der Buddha als Kosmonaut der Erste-Person-Perspektive weiter vorgedrungen ist als alle Menschen zuvor (soweit die Erinnerung ging) und die allermeisten seitdem. Von dort hat er Erfahrungen (keine Kosmologie) mitgebracht, praktische Wege und Möglichkeiten. Ich bin nur einen kleinen Teil des Weges bisher gegangen, musste aber immer wieder meine Ansichten und Statements revidieren, von dem, was es angeblich gibt und was es nicht gibt, und wie das alles zusammenhängt. Das hat mich zu der Überzeugung gebracht, dass ich zwar immer irgendetwas sehe, und im Rahmen dessen auch mehr schlecht als recht beurteilen kann, aber ich muss zugleich auch immer damit rechnen, dass der Großteil der Berge im Neben verborgen ist.


    "Wir" wissen nicht, was nach dem Ende der menschlichen Existenz kommt, und wir wissen auch nicht, wie Bewusstsein entsteht. Vieles, vielleicht alles, ist noch im Nebel verborgen. Der vergiftete Pfeil steckt dennoch. Darum ist Vertrauen noch lange keine religiöse Haltung. Der Kern des Religiösen ist aber etwas, das Vertrauen rechtfertigt. Der Buddha hat diesen Kern gefunden.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Geist/Bewusstsein setzt die Materialität eines Trägers voraus. Im Sinne eines naturalistischen Weltbildes lehne ich die Annahme eines immateriellen, von der Materie losgelösten Bewusstseins/Bewusstseinsstroms/Geistkontinuums ab. Für das Auftreten von Bewusstsein ist nach unserem heutigen Kenntnisstand eine materielle Grundlage notwendig. Bewusstsein ist ein sogenanntes emergentes Phänomen.

    Na ja. Für "Bewußtsein" gibt es keine wissenschaftliche Evidenz, es sei denn man zählt das Gerede der Leute zu "wissenschaftliche Evidenz".

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

  • Geist/Bewusstsein setzt die Materialität eines Trägers voraus.[...] Für das Auftreten von Bewusstsein ist nach unserem heutigen Kenntnisstand eine materielle Grundlage notwendig.

    Das ist in der Wissenschaft aber schon lange kein Konsens mehr.

    Wir hatten eine ähnliche Diskussion vor einiger Zeit schon einmal und ich will das darum nicht neu entfachen. Nur in Kürze ein Zitat von H.P. Dürr aus seinem Buch "Geist, Kosmos und Physik - Gedanken über die Einheit des Lebens" Verlag Crotona 9. Auflage 2016.

    In dem Kapitel "Es gibt keine Materie" schreibt er auf S. 45:

    "Das Fundament unserer Wirklichkeit ist nicht Materie, sondern etwas Spirituelles, das gar nicht greifbar ist. Schon der Ausdruck Fundament ist falsch, denn < Fundament > ist an die Vorstellung von < Substanz > gebunden. Besser sollte man sagen: Im Grunde unserer Wirklichkeit ist kein Fundament, sondern eine Quelle, etwas Lebendiges."

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

  • Na ja. Für "Bewußtsein" gibt es keine wissenschaftliche Evidenz, es sei denn man zählt das Gerede der Leute zu "wissenschaftliche Evidenz".


    Das ist in der Wissenschaft aber schon lange kein Konsens mehr.

    Wir hatten eine ähnliche Diskussion vor einiger Zeit schon einmal und ich will das darum nicht neu entfachen. Nur in Kürze ein Zitat von H.P. Dürr


    Auf der begrifflichen Ebene gibt es innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses eine Vielzahl unterschiedlicher Auffassungen darüber, was unter „Bewusstsein“ zu verstehen ist. Ein Beispiel ist etwa „Zugriffsbewusstsein“. Hier geht es um die globale Verfügbarkeit von Informationen für die rationale Handlungskontrolle, das Denken, oder die Aufmerksamkeit. Ein anderer Bewusstseinsbegriff ist „phänomenales Bewusstsein“.


    Während das funktionale Konzept des Zugriffsbewusstseins sich auf Informationen bezieht, beschreibt „phänomenales Bewusstsein“, wie sich das Erlebte anfühlt: Wie fühlt sich die Qualität der Rotheit als subjektives Erleben der Farbe Rot an? Wie fühlt es sich an, betrunken zu sein? Wie fühlt es sich an, eine Fledermaus zu sein? In diesem Sinne verfügen auch viele Tiere über Bewusstsein.


    Ein weiteres Beispiel ist der Begriff „präreflexives Bewusstsein“, für den es diverse Bedeutungsnuancen gibt. Im Wesentlichen ist damit aber der Aspekt des Bewusstseins gemeint, dessen Inhalt oder Vollzug entweder noch nicht oder prinzipiell nicht reflektiert werden kann. Ein anderer Begriff, der dem vorigen nahezukommen scheint und dem Buddhismus eher vertraut sein dürfte, ist das „primordiale Bewusstsein“ oder „Urbewusstsein“, von dem angenommen wird, dass es der „Grund des Bewusstseins“ ist.


    All diesen Hypothesen über Bewusstsein ist aber gemeinsam, dass sie ohne materielle Grundlage nicht gedacht werden. Und Dürr war Physiker und nicht Bewustsseinsforscher. Seine, sagen wir mal, etwas exotischen Ansichten spielen im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs keine Rolle.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna