Der Theravada kennt das Dogma, dass alle bedingten Dinge leidhaft sind (sabbe saṅkhārā dukkhā). Damit ist das Lieben von dem, was gerade ist, das Lieben von Leiden. Das sollte nie das Ziel des buddhistischen Weges sein. Der graduelle Fortschritt im Theravada ist u.a. gekennzeichnet durch die Einsichtswissen (vipassanāñāṇa).
Die im 'Sichgewärtighalten des Schreckens bestehende Erkenntnis' (bhayatûpatthāna-ñāna), die in 'Betrachtung des Elends bestehende Erkenntnis' (ādīnavānupassanā-ñāna), die in 'Betrachtung der Abwendung bestehende Erkenntnis' (nibbidānupassanā-ñāna) und die im 'Erlösungswunsche bestehende Erkenntnis' (muccitu-kamyatā-ñāna) verweisen auf Ursache-Wirkung auf dem Pfad. Wer dem Schrecken und Elend des Daseins (bhava) zutiefst bewusst wird indem entsteht der Wunsch "sich von allen Daseinsformen zu befreien, ihnen zu entrinnen; denn dadurch, daß der Geist sich von allen Gebilden abwendet, ihrer überdrüssig wird und keinen Gefallen mehr daran findet, haftet der Geist auch nicht mehr an einem einzigen von allen jenen Daseinsgebilden" (Quelle). Das Wissen um die Vergänglichkeit und Leidhaftigkeit allen Daseins führt nach und nach zum Ausbleichen (virāga) der Welt. Sie verliert ihre Farbe (rāga) und damit ihren Reiz, was zu Leidenschaftslosigkeit (virāga) führt. Ich nenne dies die Auskotz-Phase. Das Elend des Daseins muss einem einmal so richtig auf den Magen geschlagen haben, damit der Wunsch entsteht: so geht's nicht weiter.
Die Einsichtswissen entfalten sich weiter und kulminieren vorübergehend in der im 'Gleichmut hinsichtlich der Gebilde bestehenden Erkenntnis' (sankhārûpekkhā-ñāna). Der Sinn des Lebens ist also nicht, dass du das, was gerade ist, lieben kannst, sondern - mit oder ohne Sinn -, dass du den bedingten Dingen, also dem Leiden, mit Gleichmut begegnen kannst bis die Dinge mit Körper und Geist für immer abfallen.
Der vorübergehende Kulminationspunkt ist Gleichmut. Und zwar nicht nur in den Einsichtswissen. Die vierte Vertiefung, und die körperlosen Vertiefungen auch, zeichnen sich durch Gleichmut aus. Das vierte Brahmavihara ist der Gleichmut. Die sieben Erleuchtungsglieder (bojjhanga) gipfeln im Gleichmut. Der Pfad strebt im Bedingten zum Gleichmut. Hört auf, das Leiden zu lieben! Komm und sieh des Daseins Elend selbst, so dass in dir der Wunsch nach Ablösung entsteht und du gleichmütig das Ende erwarten kannst.