🧺 Suttenbesprechung: Kaccānagottasutta - Eine Sutta über die Rechte Ansicht

  • Anmerkung für die Mods: Sabbamitta, deren Übersetzung ich hier eingestellt habe, hat ihre Übersetzungen Creative-Commons 0 lizensiert, also nach meinem Verständnis quasi gemeinfrei gestellt, somit sollte lizenzrechtlich / copyright technisch nichts gegen ein Posting des Textes sprechen.


    Da wir in letzter Zeit uns die Finger wund-tippen mit Themen mit tagesaktuellem Bezug bzw. "fachfremd" dachte ich mir es wäre mal eine Abwechslung Sutten zu diskuttieren. Im Eröffnungspost möchte ich garnicht groß kommentieren, sondern erstmal eine Sutta einstellen, in der Hoffnung, dass

    Spielregel für diesen Faden

    Wer hier mitreden will, kommentiert, zitiert, antwortet sollte die Sutta einmal konzentriert gelesen haben. Erst Lesen, dann schreiben.

    Kaccānagottasutta

    In der Übersetzung von Sabbamitta (https://suttacentral.net/sn12.15/de/sabbamitta)

    Edited once, last by pano ().

  • So ganz werde ich nicht draus schlau. Der Anfang erinnert ja ein bisschen an Hamlet: sein (atthi) und nicht-sein (natthi)



    Zitat

    Wenn du jedoch den Ursprung der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt nicht sei. Und wenn du das Aufhören der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt sei.


    Der Absatz klingt erstmal paradox. Der zweite Satz deutet ja auf die unbeständigkeit hin (assoziiere ich mit anicca), im ersten satz wäre dann quasi das Gegenteil nicca. hier wird aber keine Seite ergriffen (man würde ja erwarten dass die Sutta klar anicca erklärt).


    Zitat

    ‚Unwissenheit ist eine Bedingung für Entscheidungen. Entscheidungen sind eine Bedingung für Bewusstsein. … So kommt diese ganze Masse des Leidens zustande.


    Wenn Unwissenheit schwindet und restlos aufhört, hören Entscheidungen auf. Wenn Entscheidungen aufhören, hört Bewusstsein auf. … So hört diese ganze Masse des Leidens auf.‘“


    in der übersetzung steht "Entscheidungen": Saṅkhāra (Anhaftung an die Gedanken/geistigen Gebilden). Die Wahl von "Entscheidungen" als Übersetzung lehnt sich wohl an die von Bikkhu Sujato an (er übersetzt sie auf englisch als "Choices"). Bikkhu Bodi übersetzt "volitional formations".


    Hier wird also auf die 12 Nidāna bezug genommen, ausgehend von Avijjā (Unwissenheit) als Bedingung für Saṅkhāra, als Bedingung für Viññāṇa (Bewusstsein). Im letzten Teil der Sutta wird also argumentiert dass man das entstehen in Abhängigkeit unterbinden kann, indem man das Ausgangsglied (Avijjā) unterbindet.


    Was mir nicht so ganz klar wird ist, wie sich der Gegensatz sein und nicht-sein auflösen soll, da fehlt irgendwie ein Teil der Argumentation für mich.

  • Zitat

    „Kaccāna, diese Welt stützt sich überwiegend auf den Doppelbegriff des Seins und des Nicht-Seins.

    Wenn du jedoch den Ursprung der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt nicht sei.

    Und wenn du das Aufhören der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt sei.

    Meine Zusammenfassung der beiden rechten Weisheiten:

    Weder ist die Welt existent, noch nicht existent. Die Welt, wenn sie mit einer Weisheit so gesehen wird, wie sie ist, erkennt weder Entstehen, Andauern noch Vergehen, die Welt ist Augenblick.


    Die ersten beiden Weisheiten erscheinen ausschließlich durch Nachdenken über das Sein der Welt, dieses Nachdenken verblendet die Eine Weisheit. Das Nachdenken führt zur Dualität und damit zum Leiden der Unwissenheit, welche der zwei Seiten wahr ist, ergreifen zum recht haben.

    Ergreifen und Festhalten einer Seite wird Streit erzeugend, das nicht Ergreifen einer Seite wird Missverstehen.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Evtl.hilft dem Einen/ der Anderen

    der Kommentar ( gekürzt) aus der Einleitung des Sutta aus dem Palikanon dazu.🌹


    Zitat:

    „In diesem Sutta begegnet uns eine Reihe von Terminis, die kurzer Erläuterung bedürfen.

    "Aufsuchen, Erfassen, Dabeiverbleiben"

    beziehen sich auf unser Verhältnis zu den empirischen Dingen.

    Sie stellen eine Klimax dar, durch welche die stufenweise sich vollziehende Verbindung des Denkens mit den Objekten zum Ausdruck gebracht wird. Durch sie wird der Geist an die Objekte "gefesselt". Auf das cetas bezogen, werden die Ausdrücke "Wollen" (adhitthāna), "Eindringen"(abhinivesa) und "Beharren" (anusaya) gebraucht….


    Der Ausdruck vinivesa fehlt in diesen Stellen; es scheint also, daß es in den unsrigen die drei vom cetas ausgesagten Begriffe zusammenfassend vorweg nimmt.

    Der Sinn von dieser ist;


    Der Buddhajünger, der weiß, daß es keine Seele gibt, daß das, was man so nennt, nur Leiden d.h. etwas Vergängliches ist, das entsteht und vergeht, nämlich nur das Aggregat der "Wesensbestandteile"

    der läßt sich nicht durch die Objekte fesseln, der hat die "richtige Einsicht" in das Wesen der Dinge.“


    In Metta🙏

  • Zitat

    Wenn du jedoch den Ursprung der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt nicht sei. Und wenn du das Aufhören der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt sei.

    Ich denke mal, mit diesem Abschnitt ist das duale Denken in Form von Objekt (Welt) vs Subjekt (Erleben) gemeint.


    Wenn sich also jemand seinen Ursprung bedenkt - also die Tatsache, dass sie/er geboren wurde und somit in die Welt hineingeworfen wurde - "dann kannst du nicht denken dass die Welt nicht sei"

    Und wenn jemand bedenkt, dass alles Erleben - also die Komplette Wahrnehmung, wie Farben, Formen usw (alos Qualia) was subjektives, nicht greifbares ist, was mit dem Tode komplett verschwindet, dann "kannst du nicht denken, dass die Welt sei"


    Ich deute das obige Zitat so, dass sowohl das Erstere richtig ist, gleichzeitig aber auch das Zweite. Und bei dem Abschitt denke ich, dass der Buddha damit beabsichtigte, durch "Meditieren" darueber diese Dualitaet in sich aufloesen zu lassen. Ich jedenfalls betrachte diesen Abschnitt als so etwas wie eine Form eines Koans.


    Zitat

    ‚Unwissenheit ist eine Bedingung für Entscheidungen. Entscheidungen sind eine Bedingung für Bewusstsein. … So kommt diese ganze Masse des Leidens zustande.


    Wenn Unwissenheit schwindet und restlos aufhört, hören Entscheidungen auf. Wenn Entscheidungen aufhören, hört Bewusstsein auf. … So hört diese ganze Masse des Leidens auf.‘“

    Diesen Abchnitt deute ich so, dass der Buddha vielleicht meinte, dass Entscheidungsfreihieit und Bewusstsein vielleicht nur Illusion sind, also in wirklichkeit objektiv betrachtet nicht existieren, sondern nur auf subjektiver Ebene.

    Die Konsequenz daraus ist meines Erachtens sehr tief.

    "Setz dich, Freund und trink einen Tee."

  • Meine Zusammenfassung der beiden rechten Weisheiten:

    Weder ist die Welt existent, noch nicht existent. Die Welt, wenn sie mit einer Weisheit so gesehen wird, wie sie ist, erkennt weder Entstehen, Andauern noch Vergehen, die Welt ist Augenblick.

    Zitat

    Wenn du jedoch den Ursprung der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt nicht sei.

    Die Umwelt des Geistes: Die Realität deines Körpers, die Realität der Formen, Töne usw. Der Geist macht sie verächtlich, „Materielle, Weltliche Ansicht“, nicht erkennen wollend: nur mit Körper kann Geist sich ausdrücken.


    Nur mit meinem Tastsinn in der Haut kann die Erde als Zeuge der Realität wirken, alle anderen Sinne erzeugen geistige Realität-Werte, die den Tatsinn überprüfen, um darauf zu reagieren.

    Zitat

    Und wenn du das Aufhören der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt sei.

    Die Umwelt deines Geistes: Die Realität der Formen, Töne usw. wird als Wirklichkeit erkannt ohne diese mit dem Tastsinn bewusst zu prüfen. Nur die Sinnesobjekte, aller Sinne werden verarbeitet und nur das Bewusstsein durch die Sinnesbewusstseine wird als Real erkannt, ohne zu prüfen, ob der Tastsinn das Ergebnis bestätigt. „Spirituelle, Überweltliche Sicht“.

    Ist das Gewaltverbrechen durch meinen Tastsinn, in der Nähe sein, mit anderen Sinnen bestätigt? Wenn nicht, ist es nur eine Information, ohne dass ich darauf körperlich, nervlich reagieren muss.


    Der Geist macht sich zur Wirklichkeit, real durch

    Angezogen, Verlangen -

    Ergriffen werden, Ergreifen -

    Festgehalten werden, Festhalten -

    Wahrheiten glauben, seine Wahrheiten glauben.


    So wird der Geist zu einer Ich/Person, die fest überzeugt ist, dass sie von der Erde bezeugt wird. Alle Sinne werden nur zum Bestätigen der Person benutzt, ohne zu prüfen, ob das Ich real ist. Erkennt mein Tastsinn einen Menschen, ein fühlendes Wesen, glaubt meine Person, eine Person zu erkennen. Die wie ich ein Geistiges-Spiritueles-Ich-Wesen ist.


    Für ein Ich kann jedes lebende Wesen entweder eine Person sein oder eine Nicht-Person, ganz nach Belieben als Gebrauchsgegenstand seiner persönlichen Bedürfnisse, mit nicht Beachtung seiner eignen lebenserhaltenden minimalen körperlich Begehren.

    Zitat

    „Kaccāna, diese Welt stützt sich überwiegend auf den Doppelbegriff des Seins und des Nicht-Seins.

    Weder ist die Welt existent, noch nicht existent. Die Welt mit Weisheit so gesehen, wie sie ist, erkennt weder Entstehen, Andauern noch Vergehen, die Welt ist Augenblick. Das Ich ist Ewigkeit in allen Zeiten.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Zitat

    Wenn du jedoch den Ursprung der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt nicht sei.

    Und wenn du das Aufhören der Welt wahrhaftig mit rechter Weisheit siehst, kannst du nicht denken, dass die Welt sei.


    Mit "Wahrhaftig mit rechter Weisheit sehen", ist wohl ein Sehen das sich der gewöhnlichen Logik entzieht, mit der sich die Gegensätze von Sein und Nichtsein eben nicht aufheben lassen. Dann ist das aber keine rechte Ansicht die sich durch Nachdenken erlangen ließe, sondern durch das Versiegen des Begehrens und der Verblendung.

  • Mit "Wahrhaftig mit rechter Weisheit sehen", ist wohl ein Sehen das sich der gewöhnlichen Logik entzieht, mit der sich die Gegensätze von Sein und Nichtsein eben nicht aufheben lassen

    Was mir einfällt:


    Das passiert auch bei mir, denn der Mensch sucht immer wieder nach Sicherheit. Er findet sie jedoch nur im Augenblick zwischen Zeit und Zeitlosigkeit, also immer nur im Jetzt, das frei von allen Begriffen und Konzepten ist.



    „Wenn ihr nach Endgültigkeit in dem sucht, was endlos ist, oder nach Sicherheit in dem, was unsicher ist, seid ihr dazu bestimmt, enttäuscht zu werden.“


    Ajahn Chah.



    Ich würde es sogar zuspitzend sagen: "Verdammt zu sein". Das echte Leben findet man nur im Zeitschnitt zwischen Zeit und Zeitlosigkeit.




    Der Buddha lehrte, „Bhavanirodho* nibbānaṁ“ (AN 10, 7), was soviel bedeutet wie „Das Aufhören des Werdens ist Nibbāna“. Oder wie Hui Neng sagte:


    In diesem Moment ist nichts, das beginnt zu sein.In diesem Moment ist nichts, das aufhört zu sein.In diesem Moment also, gibt es weder Geburt noch Tod, die beendet werden müssten.



    13Hui Neng, wie von Alan Watts zitiert in The Way of Zen, S. 201, Vintage Spiritual Classics, (1999).

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Was mir nicht so ganz klar wird ist, wie sich der Gegensatz sein und nicht-sein auflösen soll, da fehlt irgendwie ein Teil der Argumentation für mich.

    Ja, das erscheint unlogisch (aber der Buddha betonte ja immer, dass seine Lehre "tiefgründig, schwer ersichtlich, schwer zu verstehen, ...nicht mit Logik beschäftigt,....." sei).


    Ich würde es mir (vorläufig...) so erklären, dass gemeint ist:

    Es gibt kein - unabhängiges - "Sein" im Sinne von: "Ich" bin da.

    Es gibt (aber auch) kein "Nicht-Sein", denn "etwas" ist - unter Bedingungen - vorhanden.


    Die Mitte zwischen Sein und Nicht-Sein wäre demnach ein fließendes, sich stets wandelndes Existieren unter Bedingungen, in wechselseitiger Abhängigkeit...

    (Diese Bedingungen implizieren die 3 Daseinsmerkmale Anicca, Dukkha und Anatta.)



    "....Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen, Bewußtsein, die unvergänglich sind, beständig, ewig, unveränderlich, die gibt es nicht! Darin stimmt man unter den Weisen in der Welt überein, und davon sage auch ich: 'Das gibt es nicht!' ....."

    (S.N. 22.94)

    "Fähigkeit ruhiger Erwägung - Anfang aller Weisheit, Quell aller Güte."

    (Marie von Ebner-Eschenbach)


    "...In der Aufhebung des Begehrens (tanha) besteht die Aufhebung des Leidens.

    Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..."

    (AN.VI.63)

  • https://suttacentral.net/sn12.15/de/sabbamitta Da gibt es keinen Kommentar.

    https://suttacentral.net/sn12.15/en/bodhi?

    Habe die beiden verwendet. Mir erlaubt meinen aus meinem Leben erscheinenden Kommentar geschrieben. Kommentare, Vorworte, Einführungen lese ich nicht. Die verhindern mein eigenes Denken. Wenn ich nicht klarkomme, greife ich darauf zurück und kann dann erkennen, wie der Übersetzer sein Werk eingefärbt hat. Für Wortbedeutungen gibt es Wörterbücher.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

    Edited once, last by Qualia ().

  • Es geht hier nicht um Wettbewerb oder Wertungen, lieber Helmut.


    Es geht um inhaltliche Verständnisfragen und einem Verständnis für SEIN des Sutta.


    Wenn es zb eine MickyMaus- Ausgabe gäbe😘könnte die evtl.auch dem Einen/ der Anderen im Verständnis weiterhelfen.

    Leider kenne ich keine.


    Was wer wie studieren möchte, wird dieser auch studieren, den Weg der Worte und Klarheit darin finden.

    Die Gewissheit der Verständigung im Text wird dabei für Vertrauen sorgen wird.


    In Metta🙏

  • Also ist es hier doch nur eine Sutra-Besprechung, lieber XY, wie ein Warzen-Besprechung, Chef-Besprechung. Soll also nur abgelegt oder gefressen werden. Auf gar keinen Fall soll über „Verständnis“ gesprochen werden. Dann habe pano missverstanden.

    Sorry.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Ich habe jetzt noch einmal Notizen eines Seminars mit Jay Garfield, das er 2010 in Hamburg gab, gefunden.


    Kaccayana fragt ja den Buddha, was ist rechte Einsicht. Und Buddha Sakyamuni beginnt ja seine Antwort mit der Aussage: "Auf zweierlei Möglichkeit kommt, Kaccayana, diese Welt zumeist hinaus, auf Sein und nicht-Sein." (Übersetzung H. Hecker)


    Sein und Nicht-Sein bezeichnen ja die beiden Extreme mit der gewöhnliche Menschen ihre Welt auffassen. Sein ist das Extrem zu glauben, die Phänomene existieren nur wenn sie ein Eigenwesen haben. Das Extrem des Nicht-Seins besteht darin zu glauben, dass die Phänomene nicht existieren wenn sie kein Eigenwesen haben. Diese beiden Extreme haben aber keine Grundlage in der Realität sind deshalb keine rechte Einsicht.


    Die rechte Einsicht negiert diese beiden Extreme ohne die Existenz der Phänomene zu negieren.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Die rechte Ein-Sicht ist ein Geistzustand der aus dem Herz als Quelle entspringt.


    Negieren ist hingegen eine aktive Handlung.


    Sobald etwas getan werden

    muss, verlöscht der Bewusstseinszustand des momentanen Erlebens.


    Ein-Sicht wird erlebt ohne Handeln zu müssen.

    Es ist das gegenwärtige erleben der Dinge im Augenblick.


    Sobald ein handeln eintritt erfolgt ein neuer Zustand im Geist des Erlebens.


    Sein ist und ist nicht Sein.

    So erklärt es der Buddha;


    „und wenn er dann daran, daß Leiden alles ist, was entsteht und Leiden alles ist, was vergeht, nicht zweifelt und kein Bedenken hat

    und infolge seines ausschließlichen Vertrauens schon das Wissen hiervon besitzt - in so weit, Kaccāyana, gibt es rechte Einsicht.


    In Metta🙏

  • „und wenn er dann daran, daß Leiden alles ist, was entsteht und Leiden alles ist, was vergeht,

    Was mir beim sehr aufmerksamen Lesen des Sutras auffällt, ist die Betonung der bedingten Entstehung und des Leidens, das entsteht und vergeht. Es drängt sich die Vermutung auf, dass der Autor indirekt auf Anatta hinweisen wollte, da der gesamte Prozess auf eine gewisse "Unpersönlichkeit" hinweist. Das ergibt absolut Sinn. _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Bhikkhu Bodhi übersetzt die Textstelle, die in W. Geigers Übersetzung den 6.Vers/Abschnitt bildet, folgendermaßen:

    Quote

    Diese Welt, Kaccana, ist zum größten Teil von Ergreifen, Anhaften und Festhalten gefesselt. Dieser aber [mit Rechter Ansicht] wird sich nicht durch Verstrickung und Anhaftung darin verstricken und daran anhaften, diesen geistigen Standpunkt, dieses Festhalten, diese Neigung. 'Mein Selbst' nimmt er nicht als Standpunkt ein. Er ist sich zweifelsfrei darüber im Klaren, dass das, was entsteht, nur das entstehen des Leidens ist, und das was vergeht, nur das vergehen des Leidens ist.* Sein Wissen darüber ist nicht abhängig von anderen. Insoweit, Kaccana, gibt es Rechte Ansicht.


    Bhikkhu Bodhi, In den Worten des Buddha, Beyerlein & Steinschulte, 2011, S.331


    *An dieser Stelle fügt Bhikkhu Bodhi eine Fußnote ein. Er übernimmt die Deutung des Saratthappakasini (Kommentar zum Samyutta-Nikaya) in der Leiden (dukkha) auf die fünf Anhaftungsgruppen bezogen wird.

    Sind die Lebewesen an diese Welt(1) (Samsara) durch Ergreifen, Anhaften und Festhalten gefesselt, dann fallen sie in eines der beiden Extreme von Sein und Nicht-Sein, die Buddha Sakyamuni im vorherigen Vers/Abschnitt erwähnt.


    Jemand mit rechter Ansicht fällt nicht in diese Extreme, weil diese Person die Ansicht eines aus sich heraus bestehenden Selbst oder Ich überwindet.


    Gleichzeitig hat er eine tiefe Einsicht in das Leiden, weil er erkennt, dass die fünf Anhaftungsgruppen Leiden sind; so wie es ja auch in SN 56.11 heißt: "... kurz: die fünf Anhaftungsgruppen sind Leiden." (Bhikkhu Bodhi, S.67)


    -----------------------------------------------------------

    (1) Mit Welt können [1.] die Lebewesen gemeint sein, aber [2.] auch die Welt, in der sie leben.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Ich wäre dafür, das Kaccayanagottasutta abzuschließen, bevor wir auf weitere Suttas eingehen, in denen rechte (richtige) Ansicht erklärt wird. Neben MN 9 ist auch MN 117 interessant.


    Im nächsten Abschnitt des Kaccayanagottasutta greift Buddha Sakyamuni noch einmal den Abschnitt auf indem es hieß:

    Quote

    Auf zweierlei Möglichkeit kommt, Kaccayana, diese Welt zumeist hinaus, auf Sein und auf Nichtsein.

    (Übersetzung W.Geiger)

    Er sagt:

    Quote

    'Alles ist', das, Kaccayana, ist das eine Ende. 'Alles ist nicht', das ist das andere Ende. Diese beiden Enden vermeidend, verkündet in der Mitte der Tathagata seine Lehre.

    (Übersetzung W.Geiger)

    Rechte Ansicht beseht also darin, die beiden Extreme von Beständigkeits- und Vernichtungsglauben zu überwinden und der Lehre vom mittleren Weg zu folgen.


    Im abschließenden Abschnitt erklärt Buddha Sakyamuni den mittleren Weg anhand der zwölf Glieder des abhängigen Entstehens und nicht anhand des achtfachen Pfades wie in der Lehrrede über die vier edlen Wahrheiten.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Für jemanden, der zum ersten Mal davon hört, dass das "Sein" zurückgewiesen wird, kommt schnell zum trügerischen Schluss ,dass es sich um eine nihilistische Lehre handelt. Und wenn dann das "Nicht-Sein" zurückgewiesen wird, geht es wieder zum "Sein" zurück. Ohne sich in diese Inhalte zu vertiefen, pendelt der Betrachtungspunkt wiederholt zwischen dem "Sein" und dem "Nicht-Sein" hin und her.


    Ich empfand dieses Sutta als besonders, weil es das bedingte Entstehen als eine Zwischenstufe des Seins und Nicht-Seins darstellt und damit klarstellt, welche Position eben nicht verteten wird: Nämlich genau die, zwischen denen man hin und her pendelt. Dazwsichen stellt sich eine Art "Sweet-Spot" ein.


    Auch wenn wir hier im Theravada-Unterforum sind: Nāgārjuna ist quasi Meister dieses Sweet-Spots:


    Quote

    Der dreizehnte Patriarch [Kabimara] wurde vom Drachenkönig eingeladen, um eine wunscherfüllende Perle zu empfangen. Der Meister [Nāgārjuna] fragte: “Diese Perle ist der wertvollste Schatz der Welt. Ist dies Gestalt von Sein oder Gestalt von Nichtsein?” Der Patriarch [Kabimora] sagte: “Du kennst nur Gestalt von Sein und Gestalt von Nichtsein. Aber du weißt nicht, dass diese Perle weder Gestalt von Sein noch Gestalt von Nichtsein ist. Auch weißt du nicht, dass diese Perle keine Perle ist.” Der Meister hörte dies und kam zu einer tiefen Erleuchtung.


    Aus dem Denkoroku Fall 14.

    Für mich waren die Werke (Chūron/MMK) eine Bestätigung, dass Nāgārjuna sich mit dem Pali-Kanon deckt und eine neue Perspektive auf den ganzen Kanon geben kann, ohne sich zu widersprechen.

  • ...


    Was mir nicht so ganz klar wird ist, wie sich der Gegensatz sein und nicht-sein auflösen soll, da fehlt irgendwie ein Teil der Argumentation für mich.


    Hallo pano.


    Meine Interpretation/Argumentation/Anregung/Herangehensweise:


    Der Gegensatz löst sich auf, wenn man das bedingte Entstehen durchschaut.


    Wenn man sieht, dass alles Erleben und alle Dinge bedingt entstanden sind, dann sieht man auch ihre Leerheit, Kernlosigkeit und Substanzlosigkeit.


    Und dann sieht man, dass es keinen Sinn macht einen Kern in die bedingten, leeren, kernlosen, substanzlosen Dinge hinein zu denken/deuten.


    Der kernlose Kirschkern.


    Und auch in die bedingten, leeren, kernlosen, substanzlosen Dinge die man Ich, Mein, Person oder Selbst nennt, denkt/deutet man dann keinen Kern hinein.


    Die kernlose Person.


    Deswegen die 12er Kette des bedingten Entstehens in der Sutta (12 Nidana), die für mich ein Hinweis darauf ist.


    Dann kann man weder sagen, dass die Dinge sind, noch dass sie nicht sind.


    Aber der Reihe nach.


    Zu Leerheit/Kernlosigkeit siehe :


    S.22.95. Schaum - 3. Pheṇapiṇḍūpama Sutta


    Aufhören der Welt


    Die Welt ist nur ein Zusammenspiel ihrer Einzelteile. Da ist keine Welt. Da sind Autos, Menschen, Wälder, Wasser, Boden, Himmel, usw. aber keine Welt.


    Das Auto ist nur ein Zusammenspiel seiner Einzelteile. Da ist kein Auto. Da sind Räder, Karosserie, Lenkrad, usw. aber kein Auto.


    Und auch die Einzelteile des Autos sind nur ein Zusammenspiel ihrer Bestandteile. Da sind keine Räder. Da sind Felgen, Reifen, Schläuche, Luft usw. ...


    Und auch die Einzelteile der Räder sind nur ein Zusammenspiel ihrer Bestandeile. Da sind keine Reifen. Da ist ...


    Autoreifen – Wikipedia
    de.wikipedia.org


    Und dann ist die Frage wie tief man da rein gehen mag. Molekül-, Atom- oder Quantenebene? Was darfs denn sein? Was bleibt übrig? Bleibt etwas übrig?


    Und das gilt nicht nur für Autos und ihre Bestandteile, sondern für alles bedingt Entstandene, also für das was wir Welt nennen.


    Man kann also nicht sagen/denken, dass die Welt sei.

    Da ist scheinbar keine Welt.

    -> Das Aufhören der Welt (wahrhaftig mit rechter Einsicht?*) sehen.


    Ursprung der Welt


    Bei so einer Ansicht des Aufhörens und Nichtseins zu verharren wäre natürlich viel zu einseitig und wird nicht dem Erleben gerecht.


    Man könnte sehr wohl sagen, dass da Reifen sind. Die Reifen sind eben dieses Zusammenspiel ihrer Einzelteile:


    Autoreifen – Wikipedia
    de.wikipedia.org


    Man könnte auch sagen, dass da Räder sind. Die Räder sind eben dieses Zusammenspiel ihrer Einzelteile: Felgen, Reifen, Schläuche, Luft, usw. ...


    Man könnte auch sagen, dass da ein Auto ist. Das Auto ist eben dieses Zusammenspiel der Einzelteile: Räder, Karosserie, Lenkrad, usw. ...


    Man könnte auch sagen, dass da eine Welt ist. Die Welt ist eben dieses Zusammenspiel der Einzelteile: Autos, Menschen, Wälder, Wasser, Boden, Himmel, usw. ...


    Wenn ich jemanden überfahre, wird ihn das in den meisten Fällen berühren.


    Oder warum schreit der Kerl da so rum, nachdem ich ihm zenmäßig mit meiner Schubkarre über den Fuß gefahren bin?


    Die angeblich nichtigen/nichtexistenten Dinge können ganz schön weh tun.


    Und das gilt nicht nur für Autos und Schubkarren, sondern für alles bedingt Entstandene, also für das was wir Welt nennen.


    Könnte man Nichts wahrnehmen oder darüber sprechen? Worüber schreiben wir hier? Nichts schreibt über Nichts?


    Da scheint doch etwas zu sein worüber man reden/schreiben kann und was überhaupt reden/schreiben kann.


    Man kann also nicht sagen/denken, dass die Welt nicht sei.

    Da ist scheinbar eine Welt.

    -> Den Ursprung der Welt (wahrhaftig mit rechter Einsicht?*) sehen.


    Sein oder Nichtsein?


    Was ist jetzt also richtig? Sein oder Nichtsein? Das ist hier die Frage.


    Ich sage es ist Beides richtig.

    Man kann die Dinge auf diese 2 Arten betrachten.

    Als Nichts und als Etwas.

    Da ist keine Welt und doch ist da eine Welt.

    Da ist kein Auto und doch ist da ein Auto.


    Man kann sich auf einen der 2 Aspekte konzentrieren oder man sieht beide Seiten der Medaille. Die ganze Medaille.


    Welt und Nicht-Welt gleichzeitig. Die zwei Seiten der einen Medaille Leerheit/Kernlosigkeit/Substanzlosigkeit.


    Auto und Nicht-Auto gleichzeitig. Die zwei Seiten der einen Medaille Leerheit/Kernlosigkeit/Substanzlosigkeit.


    Sein und Nicht-Sein gleichzeitig. Die zwei Seiten der einen Medaille Leerheit/Kernlosigkeit/Substanzlosigkeit.


    Man kann auch noch die Vorstellung von Auto und Nicht-Auto loslassen und landet bei:


    Da ist weder ein Auto noch kein Auto.

    Da ist weder Sein noch Nichtsein.

    Da ist weder Welt noch keine Welt.


    Diese Vorstellungen könnte man auch noch loslassen ...


    Oder man lässt die Vorstellungen los "Vorstellungen loslassen zu müssen" oder "Vorstellungen nicht loslassen zu müssen" ...


    Fazit


    Das wäre für mich die im Sutta beschriebene "mittlere Art um über das Dhamma zu sprechen" und die beiden Extreme "Alles ist" und "Alles ist nicht" zu vermeiden.


    Eben durch das Verständnis der grundlegenden Bedingtheit von allem, einschließlich dem was man Ich, Mein, Person oder Selbst nennt, in der Sutta beispielhaft mit der 12er Kette des bedingten Entstehens (12 Nidana) dargestellt.


    Das wäre die beschriebene Rechte/Richtige Ansicht nach der unser Kaccanagotta fragt.


    Dieses Verständnis ist nichts was man sich mit dem Verstand erzwingt oder reinhämmert, sondern man läßt es in Alltag, Meditation/Sitzen und mit Achtsamkeit langsam reifen. Gut Ding will Weile haben. Geht spielerisch ran. Der Verstand ist eben auch nur ein Bestandteil in diesem Zusammenspiel.


    Und alles nur (m)eine Meinung.

    Es können mir auch Fehler unterlaufen sein - was sehr wahrscheinlich ist.

    Gibt bestimmt noch tiefere Sichtweisen auf diese Sutta.


    Schaut was für euch passt.

    Nur nachbeten des Gesagten wird vermutlich nicht zielführend sein.


    Nur weil ich darüber schreibe heißt das nicht, dass ich es auch umsetzen kann. :D


    Liebe Grüße



    * In Klammern und mit Fragezeichen deshalb, weil ich mir nicht so sicher bin, ob mein Verständnis tatsächlich der Anforderung "wahrhaftig mit rechter Einsicht" gerecht wird. Seht es als Anregung.


    Für Interessierte


    In folgendem Thread bin ich auch nochmal etwas näher auf mein Verständnis der Leerheit in mehreren Beiträgen eingegangen bzw. die Beiträge der anderen Teilnehmer sind sicher auch interessant:


    buddhaland.de/forum/thread/?postID=585250#post585250

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