Die Atmung im Zazen (bezogen auf Soto)

  • Hallo zusammen,


    ich probiere mich in letzter Zeit wieder etwas mehr im Zen. Bezüglich der Atmung/Konzentration habe ich allerdings ein Fragezeichen im Geist. Aus dem Theravada bin ich es gewohnt in der Samadhimeditation den Fokus klar auf den Atem (genauer: einen Punkt an dem man den Atem gut spürt, klassisch meist Nasenspitze oder Bauchdecke) zu richten, wirklich ganz konzentriert auf diesen Punkt zu sein, so dass man sich im Optimalfall darin versenkt (meditative Vertiefungen). Die Aufmerksamkeit hat alleine diesem Punkt zu gelten, alles andere ist "egal" (vereinfacht ausgedrückt). Im Zazen (wichtig: Soto-Shu, im Dojo nennen sie es Shikantaza) wurde mir jetzt viel über die Haltung erzählt und auch darüber den Atem einfach natürlich fließen zu lassen, den Körper atmen zu lassen. Genauso Gefühle, Gedanken, etc. Das ist ja im Prinzip wie im Theravada. Nur weder im Dojo, noch im Fukanzazengi, noch in der Zazenanleitung hier oben im Forum wird erwähnt, dass man sich auf die Atmung konzentrieren soll, es wird einfach nur über die Haltung und das Beobachten gesprochen. Aber auch, dass alles im Bewusstsein ist und wir alles wahrnehmen.


    Jetzt weiß ich aber nicht, ob ich das so richtig verstanden habe, dass ich trotzdem noch den Atem (als ganzen, nicht nur an einem Punkt, sondern insgesamt) als Anker nehme, wann immer ich merke, dass ich in Gedanken/Ablenkungen/... abgedriftet bin und ihn einfach nur nutze, um mich in meinem Körper zurückzuerden und wieder im Jetzt zu sein, aber mich trotzdem nicht zu sehr auf die Atemkonzentration versteifen sollte, sondern nach wie vor alle inneren und äußeren Phänomene, die am Ende ja sowieso eins sind, wahrnehmen soll, nur halt natürlich nicht dem allen nachgehen, sondern locker (!) beim Atem zu bleiben.


    Oder, denn im Zazen war/ist oft die Rede davon, sich auf die Haltung zu konzentrieren, ob es so zu verstehen ist, dass ich mich garnicht auf den Atem konzentrieren soll, sondern dass ich, wann immer ich "aufwache" und merke, ich war "weg", mich einfach in der Körperhaltung (Handhaltung, gerader Rücken, Atmung, alles insgesamt) wieder ins Hier und Jetzt finden soll und der Atem garnicht in den Vordergrund gehoben wird, sondern halt einfach auch da ist.


    Im Internet liest man da auf verschiedenen Seiten verschiedene Dinge zu und ich bin jetzt irgendwie etwas verwirrt, wie man das im Zazen (Soto) nun handhabt.


    Danke im Voraus!


    LG

  • Meine Idee war beides zu üben.

    Wenn ich schnell bei mir sein muss, nehme ich die Nasenspitze, beachte die Haltung nicht, die korrigiert sich wie von selbst.

    Wenn ich sitze, achte ich auf die Haltung und den Atem betrachte ich nur.


    Daraus ist geworden:

    Wenn ich nicht bei mir bin liegt es sicher an meiner Körperhaltung.

    Denn, wenn ich meine Haltung korrigiere und diese ist angenehm, läuft der Atem automatisch im Kontext des Körpers.

    Korrektur der Haltung erzeugt richtiges Atmen.

    Korrekturen zum Richtig atmen, führt zu Fehlerhaltung, Versteifungen der Muskeln.

  • Die Frage ist zwar schon etwas her, trotzdem hier mal noch ein Kommentar von mir:


    Die Aufmerksamkeit entspannt auf den Atem zu legen. Und wenn das mal nicht so sein sollte und du das merkst, einfach wieder zum Atem zurückkehren, fertig. Die Sitzhaltung zwar möglichst aufrecht, aber trotzdem noch entspannt. Das sind die Empfehlungen für den Anfang, die mir gegeben wurden und an die halte ich mich.


    Es hat aber eine gute Zeit gedauert bis ich mal soweit war - immer wieder hab ich gemeint, da irgendetwas anderes zu tun und versuchen zu müssen... Ich glaub, es muss jeder selber praktisch rausfinden, wie Zazen funktioniert. Selbst, wenn ich es auf den Punkt genau in einer umfangreichen Doktorarbeit serviert bekommen hätte, hätte ich trotzdem Unsicherheiten, Probleme und vor allem weitere Fragen gehabt.


    Da fällt mir noch die Ziegel-Polier-Geschichte von Meister Nangaku und Baso dazu ein, die ist mir immer wieder unter die Nase gerieben worden: https://mystikaktuell.wordpress.com/tag/ziegel/


    Und eine langjährig erfahrene Person, ein persönlicher Kontakt, das ist sehr wichtig.


    Schönes Profilbild übrigens...

  • Da fällt mir doch nix mehr ein. Oder doch?

    "The important function for Buddha after Buddha

    And the pivotal moment for Ancestor after Ancestor

    Is to let It manifest without deliberately thinking about

    anything

    And to realize It without creating complications."


    Spontan leben aus der Quelle des Seins ohne die Dinge zu verkomplizieren.

    Der höchste Bewusstseinszustand ist der einfachste und unschuldigste.

    Erstaunt mich immer wieder.


    Kleine Anekdote am Rande:

    Von Günther Netzer haben Reporter behauptet, er spiele Fussball "aus der Tiefe des Raumes".

    Gerd Müller: "Vor dem Tor musst Du aufhören zu denken ..."

    Könnte man sagen, das unterscheidet einen "erleuchteten" Fussballer von einem "normalen" ?


    :) :?

  • Kleine Anekdote am Rande:

    Von Günther Netzer haben Reporter behauptet, er spiele Fussball "aus der Tiefe des Raumes".

    Gerd Müller: "Vor dem Tor musst Du aufhören zu denken ..."

    Könnte man sagen, das unterscheidet einen "erleuchteten" Fussballer von einem "normalen" ?

    Das finde ich tatsächlich ziemlich nah an der Praxis.


    Als Netzer liest du das Spiel. Als 9er und Knipser wie Müller musst du komplett basal handeln, denken wäre zu langsam. Konnte man bei der EM gut beobachten, finde ich, weil es nur noch wenige echte 9er gibt.


    Im Basketball ist das wegen der hohen Geschwindigkeit immer so. Guter Basketball findet rein intuitiv statt. Sobald du nachdenkt, wirst du schlechter.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Es ist im Grunde die Frucht jahrelanger Praxis und beständiger Übung - Denken ist tatsächlich dem Spiel selbst hinderlich - im Sinne von Nachdenken oder auch Vordenken, Antizipieren. Jedes Denken ist ein "Außerhalb" der Übung oder des Spiels.

    Daher wird eher instinktiv gehandelt, als intuitiv.

    Wobei man nicht vergessen darf, dass da eine Vielzahl von Spielsituationen eingeübt werden, aber im konkreten Spiel dann braucht es auch die Fähigkeit des "Umschaltens".

    Gute Spieler sind nie normal. Sie sind immer Ausnahmeerscheinungen.

    :zen:



  • Es ist im Grunde die Frucht jahrelanger Praxis und beständiger Übung - Denken ist tatsächlich dem Spiel selbst hinderlich - im Sinne von Nachdenken oder auch Vordenken, Antizipieren.

    Wenn man die „Frucht“ der Praxis erreicht hat, stellt man erschrocken fest „So einfach kann das nicht sein.“ und alle Praxis dreht sich um die Frucht, solange bis auch der Geistige Teil begriffen hat: Ja, genauso einfach ist es.“


    Denn die Frucht funktioniert im Körperlich wie im Geistigen handeln.

  • Jeder Mensch ist anders, hat eine andere Form der Wahrnehmung, Konzentrationsfaehigkeit usw. Das Gehirn ist nun mal plastisch. Das geht vielleicht vom autistischen Spektrum hin zu Leuten mit Aufmerksamkeitsdefizit, Menschen, die leicht ins Traeumen fallen und was weiss ich.


    Im Endeffekt finde ich nur einen Tipp wirklich gut. Und zwar den, den mir mein erster Lehrer zur d Einfuehrung ins Zazen gab. Als ich die Sitzposition eingenommen hatte, wartete er eine kleine Weile, und fragte er mich:


    Lehrer: "Was muessen wir jetzt tun?"

    Ich: "Keine Ahnung."

    Lehrer: "nichts."


    Wobei ich denke, dass sich im Zazen auf das "Nichts" auf radikale Weise bezogen wird. Sich nicht bewegen, nicht doesen, nicht nachdenken, sich nicht zu irgend etwas zwingen - etwas wollen, usw.

  • Das einfachste :lol: , ohne bewusstes handeln sein, sitzen tun ohne tun. Alle Sinne offen, doch nur wahrnehmen, ohne Betrachten oder Beobachten.

  • Phillips: "Wenn ich irgendeinen Weg verfolge, irgendeine Methode anwende, dann komme ich nirgends hin."

    Hisamatsu: "Richtig."

    Phillips: "Doch wenn ich keinen Weg verfolge und nichts tue, dann komme ich auch nirgends hin."

    Hisamatsu: "Auch richtig."

    Phillips: "Da bin ich also in einem Dilemma."

    Hisamatsu: "Machen Sie dieses Dilemma zu Ihrem Weg!"