Was ist das Ich?

  • Nach der bisherigen Debatte dürfte doch klar geworden sein, dass die Person weder die Khandhas ist noch unabhängig von den Khandhas existiert und trotzdem gibt es sie.


    Mir scheint, die Lösung des Problems besteht darin, die Person als eine Benennung, Zuschreibung, die auf der Grundlage der Khandhas vorgenommen wird, zu verstehen. Zwischen der Benennung, Zuschreibung einerseits und der Benennungsgrundlage andererseits besteht ein Zusammenhang, sie existieren in gegenseitiger Abhängigkeit.

    Und was nimmt die Benennung oder Zuschreibung vor?

    Die Benennung nimmt das geistige Bewusstsein vor, denn eine Benennung ist ein mentales Phänomen und keines der Sinnesorgane.


    Die Benennung ist auch kein individueller Prozess, sondern ein gesellschaftlicher Prozess. Man kann nicht einfach die Dinge mal und mal so benennen.


    Die Benennung Person ist so etwas wie ein Oberbegriff, der die ursächlich entstandenen und zusammengesetzten Khandhas sowie ihre Funktionen zusammenfasst.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Mit Benennung meinst du wohl nicht nur das Wort "Person", sondern einen Begriff haben, die khandha als Person begreifen. Das wäre dann einerseits ein individueller Prozess "Das bin ich", als auch ein gesellschaftlicher "Das bist du".

    Der Vorgang dieses Begreifens ist ein mentaler Prozess, den wir nicht selber durchführen, der uns erst als Person entstehen lässt. So verstehe ich das.

  • Wie oft wollt Ihr Euch eigentlich noch wiederholen?

    Wer muss hier überzeugt werden?

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Naja, ich verstehe es nicht so recht. Ist die Person nun das was einwirkt? Es muss wohl zuerst eine Person vorhanden sein, die dann einwirkt, einen Willen hat. Ich kann mich im Gestalten finden "Ich gestalte und entscheide' aber wenn ich gerade nicht gestalte und entscheide, bin ich ja auch da.

    Das stimmt, aber der Wille (im Sinne von Schopenhauer) bleibt bestehen.

    Selbst wenn du nichts tust, spielt das keine Rolle.

    Klar, die sogenannte "Person" bleibt bestehen. Ansonsten hätte der Buddha nicht mehr als 40 Jahre so gehandelt, wie er es tat.

    Tja, lieber mukti, wie ich schon sagte, diese spitzfindige Metaphysik ist der konkreten Praxis eher abträglich.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Bei einem Auto ist es so, dass es solange es funktioniert, einfach so fahren kann, ohne sich groß Gedanken über das komplexe Zusammenspiel all der Teile zu machen, die es braucht um das Funktionieren zu Gewährleisten. Sobald es aber kaputt ist wird man damit konfrontiert, was da alles drin ist (Keilriemen, Zündkerzen, Batterie, Bremse) das das Funktionieren ermöglicht. Und so ist es auch beim Ich:

    Das zwiegespaltene Bewußtsein hält noch mehr Überraschungen parat. Über einen ungewöhnlichen Fall hat Ende der achtziger Jahre der damals an der Cornell University tätige US-Neurologe Michael Gazzaniga berichtet. Einer seiner Split-Brain-Patienten war ein halbwüchsiger Junge, bei dem auch die normalerweise "stumme" rechte Hirnhälfte über eine gewisse sprachliche Ausdrucksfähigkeit verfügte. Sie konnte sich über Buchstabenklötzchen mitteilen. Der Forscher interessierte sich für den Berufswunsch seines Patienten und befragte zunächst die "sprechende" linke Großhirnhälfte. Die Antwort kam wie mit der Pistole geschossen: Technischer Zeichner. Als der Forscher die gleiche Frage per Klötzchen an die rechte Großhirnhälfte richtete, buchstabierte diese zusammen: Rennfahrer. Zwei grundverschiedene Welten schienen da ein und derselben Person innezuwohnen.

    Wir haben hier also eine jungen Mann - eine "empirische Person" - er hat ein bestimmtes Alter, einen bestimmten Körper, bestimmte Eltern. Und in ihm sind bestimmte Wahrnehmungen, Wünsche, Emotionen. Aber weil - um schwere Epilepsie zu behandeln - der Corpus Callosum durchtrennt wurde - war der Prozess der aus der inneren Welt ein Ich generiert - der Prozess des " Anhaftens an einem Selbst" - in zwei Strömungen aufgespalten, die je nach dem in welchen Teil man das Resultat abfragte, andere "Ichs" mit ganz unterschiedlichen Berufswünschen produzierten.


    Weil bei uns der Corpus Callosum nicht durchtrennt sind kommen wir im großen und ganzen auf ein Einheitliche "Ich Illusion" die dann konsistent mit unseren Wünschen ist.


    Aber es reichen schon kleinere Sachen. Nehmen wir Alkoholsucht. Da kann es ja auch in gesunden Menschen schon zu einem " Jekyll und Hyde" kommen. Der nüchterne Jekyll empfindet vielleicht seinn Wunsch zu Saufen - als etwas fremdes, dämonisches. Und dass der dann besoffen nachts die Kinder schlägt empfindet er als eine "fremde Tat" deren er sich schämt und die er sich selbst nicht zuordnen will. Der betrunkene Hyde des Nachts empfindet dagegen sein nüchternes Tages imIch als fremd und spießig - als etwas was ihm seinen Spaß nicht gönnt. Die beiden liegen im Konflikt. Auch wenn sie die gleiche "empirische Person" teilen.


    Buddha geht einfach nur noch weiter. So wie Hyde ein Produkt des Anhaftens an Alkohol ist, sind auch die anderen Persönlichkeiten in die wir im Laufe des Tages schlüpfen, Produkte der Anhaftung. Und indem wir nicht daran anhaften werden wir frei. Dies bedeutet nichts, dass sich unser Körper ändert.


    Der Prozess des Anhaftens an einem Ich kanalisiert eine Vielzahl von psychischen Prozessen in Emotionen, Willen und dann in Handlungen. Es ist wie bei einem Bach, wo es mehrere Ströme gibt und es manchmal ausreicht, einen einzelnen Stein zu versetzten und das Wasser sucht sich einen anderen Weg. Und dieser ist dann "der Bach". Nymphomanin kriegen die Wechseljahren und haben keinerlei Lust auf Sex, Hippies werden zu Spiesern, Gangster zu liebevollen Vätern ohne dass es sie selbst groß wundert.


    Mit der Inbrunst der Überzeugung sagen wir das wir natürlich "Technischer Zeichner" werden wollen - wie könnte es auch anders sein. Oder eben "Rennfahrer" - es ist unsere tiefste Überzeugung - unser tiefster Wunsch - unser Wesenskern.

  • Das 'Ich' mit einem Auto zu vergleichen ist ja ein ziemlich verdummende Ansicht, der Mensch, das Lebewesen ist nun mal keine Maschine und das macht das Wesen aus. Das menschliche 'Ich' gibt es nur im Leben. Jetzt würde die Definition von Leben folgen, aber das kann jeder selbst bei Buddha nachlesen.

  • Mit Benennung meinst du wohl nicht nur das Wort "Person", sondern einen Begriff haben, die khandha als Person begreifen. Das wäre dann einerseits ein individueller Prozess "Das bin ich", als auch ein gesellschaftlicher "Das bist du".

    Der Vorgang dieses Begreifens ist ein mentaler Prozess, den wir nicht selber durchführen, der uns erst als Person entstehen lässt. So verstehe ich das.

    Hm, mukti, siehe das:


    Zitat

    Wenn eine Kutsche in ihre Teile zerlegt wird (selbst in der Vorstellung), hört sie auf, eine Kutsche zu sein; denn eine Kutsche ist, genau gesagt, ein Fahrzeug, und ein Haufen von Komponenten ist kein Fahrzeug – es ist ein Haufen von Komponenten. (Wenn man dem Menschen einen Haufen von Komponenten zeigt und fragt „Ist dies ein Haufen von Komponenten?“, so wird er Ja sagen.) Mit anderen Worten, eine Kutsche ist ganz gewiss eine Verbindung von Teilen, aber es ist eine Verbindung von Teilen in einem bestimmten funktionellen Arrangement; und dieses Arrangement zu verändern bedeutet, die Kutsche zu zerstören. Es ist nicht besonders verwunderlich, dass keine Kutsche zu finfinnden ist, wenn wir sie vorsichtshalber zerstört haben, bevor wir anfangen, nach ihr zu suchen. Wenn ein Mensch eine funktionierende Kutsche sieht und sagt „Im höchsten Sinne ist da keine Kutsche; denn es ist nur eine Verbindung von Teilen“, dann sagt er damit lediglich „Es ist möglich, diese Kutsche in ihre Teile zu zerlegen und diese zu einem Haufen aufzutürmen; und wenn das geschehen ist, gibt es keine Kutsche mehr.“


    Seite 65.


    https://muttodaya.org/books/notizen_zu_dhamma_und_andere_schriften.pdf


    Und das ist der Irrtum:


    Zitat

    Der assutavā puthujjana identifizfinziert sich mit dem Individuum oder dem Wesen, das er darüberhinaus als „Selbst“ betrachtet. Er lernt allerdings, dass der Buddha gesagt hat, dass „wahrhaftifteig und tatsächlich kein Selbst und was einem Selbst gehört zu finfinnden ist“

    66 Paramatthtthha Sacca

    (siehe zweite Suttattaapassage in §4). Da er sich kein Individuum vorstellen kann, außer in der Form eines „Selbst“, finfinndet er, dass er, um das „Selbst“ abzuschaffe n, das Individuum abschaffe n muss; und das tut er mit Hilfe dieses Kunstgriffs . Aber dieser Kunstgriff ffe schafft gar nichts ab, wie wir gesehen haben. Es ist bemerkenswert, dass die Passage im Milindapañha ein „Selbst“ überhaupt nicht erwähnt: Die Identifikfinkation von „Selbst“ mit dem Individuum wird als so selbstverständlich hingenommen, dass man – sobald feststeht, dass es „im höchsten Sinne gar kein Individuum gibt“ – keine weitere Diskussion für notwendig hält.

    Die nicht gerade geringste der Gefahren in dieser oberfläflaächlichen und trugschlüssigen Idee von der „Wahrheit im höchsten Sinne“ liegt in ihrem Vermögen, den unrefleflaektiert akzeptierenden Geist in falscher Sicherheit zu wiegen. Der unvorsichtige Denker gelangt dahin zu glauben, er verstünde das, was er in Wirklichkeit nicht versteht, und blockiert so wirkungsvoll seinen eigenen Fortschritt.tta.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Das 'Ich' mit einem Auto zu vergleichen ist ja ein ziemlich verdummende Ansicht, der Mensch, das Lebewesen ist nun mal keine Maschine und das macht das Wesen aus. Das menschliche 'Ich' gibt es nur im Leben. Jetzt würde die Definition von Leben folgen, aber das kann jeder selbst bei Buddha nachlesen.

    Ein Vergleich ist immer ein Vergleich im Bezug auf etwas. Ich kann sagen, dass die Sonne einem Fußball im Bezug auf die Kugelform ähndelt ohne dass ich damit sagen würde das die Sonne aus Leder und luftgefüllt wäre


    Und so vergleiche ich Mensch und Auto nicht in der Hinsicht, dass ersterer Blinker oder Sitze hätte sondern im Bezug auf die Tatsache, dass man manchmal das Funktionieren besser versteht, wenn was kaputt ist. Ich nehme also einen sehr spezifischen Vergleich vor, den ich dann ja auch genauer ausführe.


    Du hast ja schon die Wandlungsfähigkeit des Ichs betont:

    Nein, um Gottes willen, dieses 'Ich' ist nicht das Leben lang dasselbe, es wandelt sich.

    Dem folge ich und füge zwei weitere Aspekte anhand von Beispielen hinzu. Erstens das "Jekyll and Hyde" Beispiel in dem ein Mensch zwischen zwei Persönlichkeiten schwankt und das "Split-Brsin-Beispiel" bei dem sich die Persönlichkeit eines Menschen in unterschiedliche Ströme spaltet. Beides Fälle die zeigen, wie fragil und wandelbar wie doch sind.


    Ich hatte mir eingebildet, das einigermaßen gut formuliert zu haben aber es ist wohl rübergekommen, dass ich irgendwie die lebendige, dynamische Natur des Menschen leugne und ihn als was plumpes, mechanisches sehe. Das tue ich nicht.


    Wo genau kannst du denn meiner Argumentation nicht folgen?


  • Tja, lieber mukti, wie ich schon sagte, diese spitzfindige Metaphysik ist der konkreten Praxis eher abträglich.


    Dann geht es also um eine konkrete Praxis, die zu einer unmittelbaren Erfahrung führt, was das Ich ist.

    Da ist zunächst die Anatta-Lehre, die besagt dass Körper und Geist kein Ich sind und dass außerhalb von Körper und Geist auch kein Ich oder Selbst ist. Das lässt sich auf verschiedene Weise theoretisch nachvollziehen, z.B.: Körper und Geist sind Objekte der Wahrnehmung, was ich wahrnehme, kann ich nicht sein. Das was wahrnimmt ist das was wahrnimmt, ebenfalls kein Ich. Das Ich kann also nur eine geistige Gestaltung sein.


    So ergibt sich ein Verständnis, ein Konzept, eine rechte Ansicht, die aber wiederum nur eine geistige Gestaltung ist. Da lässt sich weiterdenken, abwägen, vergleichen, logische Schlüsse ziehen, assoziieren, differenzieren und diskutieren, aber das sind alles geistige Tätigkeiten, keine unmittelbare Erfahrung des Ich, nur die Erfahrung des Verstehens. Das Ich, die primäre geistige Gestaltung, müsste doch direkt der Wahrnehmung zugänglich sein?


    Tatsächlich wird das Ich auf vielfältige Weise wahrgenommen. Es gibt verschiedene Vorstellungen davon, was man ist und darstellt. Etwa in Bezug zur Stellung in der Gesellschaft, da ist das Ich vielleicht ein Straßenkehrer oder ein Bundespräsident, in Bezug zur Verwandtschaft ist vielleicht ein Vater, eine Mutter, ein Onkel, in Bezug zu einer geliebten Person ein Liebhaber. Es ist stark, schwach, groß, klein, gut angezogen, reich, arm, faul, fleißig, intelligent, dumm, unzählige, direkt wahrgenommene, sekundäre Ich-Manifestationen, die alle aus einer primären Ich-Manifestation entstehen: 'Ich bin der Körper, ein menschliches Wesen.'


    Da mag gleich wieder der Verstand rattern: Natürlich bin ich ein Mensch, das Ich existiert, aber bedingt und nicht unabhängig, das Individuum bleibt nach dem Erwachen bestehen, so und so ist die Lehre zu verstehen... die direkte Wahrnehmung geht verloren. Die ist aber ganz einfach:


    Ich bin Körper/Geist, das ist ein geistiger Eindruck, Objekt der Wahrnehmung. Mit dem Verständnis, der rechten Ansicht, dass Körper und Geist kein Ich sind und dass außerhalb von Körper und Geist auch kein Ich ist, lässt sich dieser geistige Eindruck nun wahrnehmen: Da sind diese körperlichen und geistigen Phänomene, zusammengesetzt zu einem Menschen. Und da ist etwas, das diese Phänomene zu einem Ich macht. Was ist das für eine Kraft, lässt sie sich wahrnehmen?


    Das ist bereits ein ziemlich langer Text, also nur mehr die kurze Antwort auf diese Frage: Unwissenheit und Begehren. Wie sie das Ich entstehen lassen ist wahrnehmbar und die vollständige, unmittelbare Erfahrung stellt sich am Ende des achtfachen Pfades ein.

  • Wo genau kannst du denn meiner Argumentation nicht folgen?

    Inhaltlich verstehen kann ich deine Ausführungen sehr gut, ich befürchte nur so argumentiert verdummen sie mehr als dass sie dem Geist Licht ermöglichen. Auch Dr Jekyll and Mr Hyde ist kein psychologisches Argument, es ist eine Fantasie in der Literatur. Deshalb bin ich der Ansicht, wenn es ums 'Ich' geht im Buddhaland-Forum und Buddha häufig zitiert wird, vor allem um das Loslassen des 'Ich', dann macht es Sinn, genau wie Buddha, bei den Naturwissenschaften zu bleiben. Die Sonne mit einem Ball vergleichen geht vielleicht bei dem geistigen Niveau eines Kleinkindes. Wir hier sind erwachsene Menschen und da ist die Ich-Betrachtung etwas genauer und spezifizierter. Sowohl bei Buddha als auch in der Psychologie ist viel darüber zu finden, es geht um das Wesen Mensch und da hat sich, was das 'Ich' angeht, seit Buddha nur wenig verändert. Ich brauche wohl kaum erwähnen, dass Buddha den Vergleich zwischen Auto und 'Ich' nie verwendet hat, auch die Naturwissenschaft war ihm nicht bewusst aber er wusste, was das 'Ich' loslassen bedeutet. In seiner Lage nachvollziehbar, für uns heute in der westlichen Welt kaum. Kurz gesagt, das menschliche 'Ich' mit profanen Dingen vergleichen halte ich, was die menschliche Würde angeht, für unangemessen.

    Edited once, last by ewald ().

  • Das 'Ich' mit einem Auto zu vergleichen ist ja ein ziemlich verdummende Ansicht, der Mensch, das Lebewesen ist nun mal keine Maschine und das macht das Wesen aus. Das menschliche 'Ich' gibt es nur im Leben. Jetzt würde die Definition von Leben folgen, aber das kann jeder selbst bei Buddha nachlesen.

    Ich finde den Vergleich anschaulich. Warum soll das verdummend sein? Verdummend kann nur etwas sein, was der Empfangende zulässt, mit sich machen lässt. Ich lese den Tag über viele Nachrichten, über die ich innerlich den Kopf schüttele. Auf die Idee, dass sie mich verdumme könnten, bin ich nie gekommen. Dafür bin ich wohl zu wenig leichtgläubig ;)

  • Wo genau kannst du denn meiner Argumentation nicht folgen?

    Kurz gesagt, das menschliche 'Ich' mit profanen Dingen vergleichen halte ich, was die menschliche Würde angeht, für unangemessen.

    Ich nicht. Im Gegenteil. Viele Weise sprechen bewusst in einfacher Sprache. So einfach wie möglich, so kompliziert wie unbedingt nötig. Ich glaube nicht, dass Buddha an diesem Vergleich etwas auszusetzen gehabt hätte. Wir müssen hier doch nicht zeigen, welches Wissen wir haben, es geht doch hier im Forum um die jeweilige Sache an sich (dachte ich zumindest?)


    Und nein, Buddha hat selbstverständlich diesen Vergleich nie verwendet, weil er damals, 500 Jahre v. Christus, nicht wissen konnte, was ein Auto ist :lol:

  • Kurz gesagt, das menschliche 'Ich' mit profanen Dingen vergleichen halte ich, was die menschliche Würde angeht, für unangemessen.

    Der Begriff "profan" bedeutet doch "weltlich". In Denkrichtungen die an eine Seele glauben ( Christentum, Hinduismus oder Anthroposophie) wäre es natürlich problematisch wenn man das Seelische auf das Materielle heranzieht, aber hier haben wir ja eine inner-buddhistische Diskussion.


    Unser Körper besteht ja auch aus komplexen Systemen: Blutkreislauf, Immunsystem, Hormonsystem, Lymphsystem, Knochen, Muskeln und so weiter. Systeme die uns mit anderen Lebewesen verbinden. Und so besteht auch unser Gehirn aus unterschiedlichen Systemen - die Sehen, Erinnern, Fühlen ermöglichen. Und von daher ist auch unser Geist nichts einheitliches sondern er ist komplex und zusammengesetztes. Gerade die Komplexität ist für mich die Quelle von Ehrfurcht. Würde speist sich nicht daraus, dass man eine Mauer zwischen dem Materiellen und Geistigen errichtet, sondern daraus, dass ich den anderen - weil er wie ich ein führendes, leidendes Wesen ist - respektiere und schätzte.

  • Das Ich ist ein Perspektive, die Welt zu betrachten.

    Das noch nicht erwachte Ich erlebt die Welt als Samsara, das ewige Hamsterrad aus Frustration und Zerstreuung, Euphorie und Panik.

    Das erwachte, in den Strom eingetretene Ich hat Zugang zu einer anderen Perspektive, in der es aufgeht und verschwindet.

    Es hat, wie der Brandner Kaspar in Kobells Volksschauspiel, ins Paradies geschaut.

    Die grosse Aufgabe ist es dann, die beiden Perspektiven zu "integrieren".


    :angel:

  • Sagen wir so, das 'Ich' ist die persönliche Perspektive, die Welt und sich selbst zu betrachten.

  • Mir scheint, die Lösung des Problems besteht darin, die Person als eine Benennung, Zuschreibung, die auf der Grundlage der Khandhas vorgenommen wird, zu verstehen. Zwischen der Benennung, Zuschreibung einerseits und der Benennungsgrundlage andererseits besteht ein Zusammenhang, sie existieren in gegenseitiger Abhängigkeit.

    Benennung ist ja eine Handlung. Dabei ist fraglich, ob es um bei der Benennung eines Einzeldings oder Ereignisses darum geht, dass diese im Akt der Benennung einer bestimmten Kategorie oder einem bestimmten Begriff untergeordnet werden. Die Kategorie oder der Begriff würden dann schon vor der Benennung existieren und wären insofern allgemein und abstrakt. Oder ist mit Zuschreibung doch etwas ganz anderes gemeint?


    Die Benennung ist auch kein individueller Prozess, sondern ein gesellschaftlicher Prozess. Man kann nicht einfach die Dinge mal und mal so benennen.

    Ja, es gibt bestimmte soziale Konventionen wie etwas sprachlich benannt wird. Das Ich ist aber doch das Persönlichste und Intimste, was keinem außer mir selbst zugänglich ist und dem Gesellschaftlichen und Sozialen erstmal entgegengesetzt erscheint.


    Die Benennung Person ist so etwas wie ein Oberbegriff, der die ursächlich entstandenen und zusammengesetzten Khandhas sowie ihre Funktionen zusammenfasst.

    Person ist ja schon eine recht allgemeine und abstrakte Kategorie, bei der unklar ist, was man sich darunter vorstellen soll und kann.

    Der Prozess des Anhaftens an einem Ich kanalisiert eine Vielzahl von psychischen Prozessen in Emotionen, Willen und dann in Handlungen. Es ist wie bei einem Bach, wo es mehrere Ströme gibt und es manchmal ausreicht, einen einzelnen Stein zu versetzten und das Wasser sucht sich einen anderen Weg. Und dieser ist dann "der Bach". Nymphomanin kriegen die Wechseljahren und haben keinerlei Lust auf Sex, Hippies werden zu Spiesern, Gangster zu liebevollen Vätern ohne dass es sie selbst groß wundert.

    Das finde ich ein sehr schönes Bild für die Veränderlichkeit des Ich. Das Ich wandelt sich und kann sehr vielfältige Anteile haben, von denen mal der eine und mal der andere die Oberhand gewinnen kann. Die verschiedenen Ich-Anteile können auch entgegengesetzte Handlungsimpulse oder Perspektiven auf die Welt haben. Wenn man sich dieser Vielheit im eigenen Inneren bewusst wird, kann das möglicherweise auch ein erster Schritt zur Desidentifikation darstellen.


    Es gibt aber auch Aspekte des Ich, die eher unveränderlich erscheinen und die wir dann als Charakter oder Persönlichkeit bezeichnen. Diesen werden dann auch eher als biologisch oder genetisch bedingt verstanden.

    Bei der Anthroposophie gibt es eine Übung, bei der man sich hinsetzt und denkt, wie man sich beobachtet, während man gerade einen Tisch denkt. Es ist eine schwere Übung und es ist viel Training notwendig um das zu schaffen. Es ist ein Beispiel dafür, dass das Gehirn in der Lage ist, sich beim Denken zuzuschauen. So gibt es also innere Wahrnehmungen, die unabhängig sind von den äußeren Sinnen, es ist die Innenwahrnehmung. Diese bildet das Ich-Bewusstsein und das Ich-Unbewusste. Die Äußerlichkeiten dienen nur zur Ablenkung und zur Illusion.

    Dieser Aspekt der Fähigkeit zur Selbstbeobachtung oder sich auf sich selbst zurück zu beziehen, ist zentral für das Selbstbewusstsein. Das wäre eine weiteres Thema, wie Selbstbewusstsein und Ich zusammenhängen und voneinander abzugrenzen sind.


    Ich brauche wohl kaum erwähnen, dass Buddha den Vergleich zwischen Auto und 'Ich' nie verwendet hat, auch die Naturwissenschaft war ihm nicht bewusst aber er wusste, was das 'Ich' loslassen bedeutet.

    Der Ursprung des Wagen-Arguments stammt aus den Verbundenen Lehrreden. Dort wird es von der Nonne Vajira vorgebracht. Damals war es wohl ein Pferdegespann oder so etwas ähnliches. Dem entspricht heute am ehesten das Auto.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Dieser Aspekt der Fähigkeit zur Selbstbeobachtung oder sich auf sich selbst zurück zu beziehen, ist zentral für das Selbstbewusstsein. Das wäre eine weiteres Thema, wie Selbstbewusstsein und Ich zusammenhängen und voneinander abzugrenzen sind.

    Da scheint das Ich in Subjekt und Objekt gespalten zu sein - Ich als Subjekt, beobachte mich als Objekt. Ich bin nicht entweder das Eine oder das Andere, sondern beide zugleich, ich sehe mich selber, so scheint es. Was ich sehe sind aber nur körperliche und geistige Phänomene, die durch den Vorgang der Identifikation als Ich erfahren werden. Und diese Ich-Erfahrung besteht dann eben in dem was erfährt und in dem was erfahren wird.

    Anders gesagt, das was erfährt ist das Bewusstsein und das was erfahren wird sind körperliche und geistige Phänomene. Durch Identifikation wird das Bewusstsein zum Ich-Bewusstsein, das sich dann der körperlichen und geistigen Phänomene als "Ich" bewusst ist - das bin ich, als das erfahre ich mich.

    Ich sehe mich also nicht selber, sondern scheine nur das zu sein was da gesehen wird und das, was es sieht. In Wirklichkeit sind da nur Bewusstsein und körperlich/geistige Objekte. Wenn ich Bewusstsein nur Bewusstsein sein lasse und Objekte nur Objekte, dann habe ich nichts mehr zu tun, zu erfahren und zu sein - was dann passiert wäre die interessanteste Erfahrung überhaupt, aber es gelingt nicht so leicht.

  • Die Benennung ist auch kein individueller Prozess, sondern ein gesellschaftlicher Prozess. Man kann nicht einfach die Dinge mal und mal so benennen.


    Die Benennung Person ist so etwas wie ein Oberbegriff, der die ursächlich entstandenen und zusammengesetzten Khandhas sowie ihre Funktionen zusammenfasst.

    Die Person ist absolut real und keine begriffliche Zuschreibung.

    Sie entsteht durch:

    • Ursachen,
    • Bedingungen,
    • und die Zusammenfügung verschiedener Teile.

    4:Die Zuschreibung erfolgt aufgrund von Benennungen (Entschuldigung, ich kenne kein Tibetisch, aber so erinnere ich mich an den Text). Ein Beispiel:

    Ich wurde geboren, weil meine Eltern sich getroffen haben. Aber das allein reichte nicht – sie mussten in derselben Stadt leben, was bestimmte Bedingungen erforderte.

    Ich bin die Summe vieler verschiedener Teile: meiner Organe, aber auch gesellschaftlicher, kultureller und anderer Einflüsse. Und dennoch heiße ich „Igor“ nur, weil dieser Name in meinem Ausweis steht. Dieser Name besteht letztlich aus bunten Flecken, die wir als Buchstaben erkennen. Um mich als „Igor“ zu identifizieren, muss der Text gelesen und verstanden werden.

    Ein anderes Beispiel: Ein Euroschein. Für jemanden aus Polynesien, der nicht weiß, wofür dieser Schein gedacht ist, könnte er einfach nur Papier sein, das zum Beispiel für die Toilette genutzt werden kann.

    Auch ein Präsident oder ein König existieren nicht mehr in ihrer Rolle, wenn sie abgewählt oder abdanken.

    So etwas kann ein normaler Mensch leicht nachvollziehen, scheint mir.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Es gibt natürlich gesellschaftliche Einflüsse auf das 'Ich', aber die halte ich nicht auf die eigene Persönlichkeit bezogen, für so dominant. Die determinierten Strukturen sind da, aber die freie Gestaltung des 'Ich' hat meiner Ansicht nach mehr Bedeutung. Ich kann in meiner Welt um mich herum Begriffe festlegen und kreieren, die aus meinem schöpferischen Denkprozess kommen. Natürlich sind sie anderen gegenüber erklärungsbedürftig, aber das mache ich gerne, will ich meine eigene Idee mitteilen. Das hat Buddha mit seinen Überlegungen auch gemacht, er hat sich anderen gegenüber erklärt und sie konnten es nachvollziehen oder auch nicht. Wer mit dem 'Ich' schöpferisch kreiert, tut etwas Einmaliges, es trifft damit eventuell den Nerv der Anderen und wird bejubelt oder er muss sich erklären und regt zum Nachdenken an. Aber ein automatisch gestaltetes 'Ich' als Mensch in der Gesellschaft solle es nicht geben, bei der KI ist das der Fall.

  • Buddha geht einfach nur noch weiter. So wie Hyde ein Produkt des Anhaftens an Alkohol ist, sind auch die anderen Persönlichkeiten in die wir im Laufe des Tages schlüpfen, Produkte der Anhaftung. Und indem wir nicht daran anhaften werden wir frei. Dies bedeutet nichts, dass sich unser Körper ändert.


    Der Prozess des Anhaftens an einem Ich kanalisiert eine Vielzahl von psychischen Prozessen in Emotionen, Willen und dann in Handlungen.

    Mit dieser Art der Argumentation habe ich das berechtigte Bedenken. Es gibt sehr viele absolut unbewusste Anteile (oder man kann sie als Subpersönlichkeiten benennen oder die Komplexe im Unbewussten).


    Der zweite Schritt: Aber ich habe davon keinen Schimmer. Sie aber bestimmen mein Verhalten, meine Gefühle und meine Gedanken. Das wäre dann das "Es" nach Sigmund Freud.


    Wie kann ich also anhaften an das, was mir nicht bewusst ist? Das wäre dann das "Ich" nach S.

    Freud.


    Der dritte Schritt: Aber ich lebe in der Gesellschaft, wo ich bestimmte Regeln und Muster, eher die sozialen Skripte, verinnerlicht habe. Das wäre entsprechend das "Über-Ich" nach S. Freud.


    Der letzte Schritt: Ich kann mich aber umerziehen, wenn ich mein Verhalten analysiere, die Meditation übe oder mir mithilfe der Verhaltenstherapie diese verborgenen Schichten als zu mir gehörend wahrnehme. Es wäre dann der edle achtfache Pfad. Der Pattern aber ist im Grunde genommen identisch.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Die Benennung ist auch kein individueller Prozess, sondern ein gesellschaftlicher Prozess. Man kann nicht einfach die Dinge mal und mal so benennen.


    Die Benennung Person ist so etwas wie ein Oberbegriff, der die ursächlich entstandenen und zusammengesetzten Khandhas sowie ihre Funktionen zusammenfasst.

    Die Person ist absolut real und keine begriffliche Zuschreibung.

    So absolut real ist die Person ja nun nicht. Du kannst noch nicht einmal mit dem Finger auf sie zeigen und sie auch nicht mit den Sinneswahrnehmungen erfassen.

    Ich wurde geboren, weil meine Eltern sich getroffen haben. Aber das allein reichte nicht – sie mussten in derselben Stadt leben, was bestimmte Bedingungen erforderte.

    Die Empfängnis entsteht durch eine Vielzahl von Ursachen und Bedingungen. Aber durch die Empfängnis entsteht keine Person, sondern die Khandhas. Wenn das Kind dann neun Monate später aus dem Mutterleib austritt, dann sehen wir keine Person, sondern nur das Körper-Khandha. Dieses ist weder zur Zeit der Empfängnis noch zum Zeitpunkt des Austritts aus dem Mutterleib die Person.


    Die Person ist mehr das was die Cittamatrins in ihrer Lehre von den drei Merkmalen Beifügungen nennen und diese existieren nur für das Denken.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Na, ja, Helmut, also die Gegenstände sind abhängig von ihren Teilen, dann von Ursachen und Bedingungen und schließlich von ihrer Benennung. Genau das hatte ich hier gesagt.

    Es gibt ein sehr gutes Beispiel über die Leerheit des Buchstabens „Z“: Er besteht nur aus ein paar Linien, und eigentlich ist er ein blinder Fleck auf dem Monitor. Um ihn als „Z“ zu definieren, braucht man die Kenntnis der Sprache.

    Am Ende existiert alles nur kraft der Benennung.

    Aber ich würde niemals eine lebendige Person als bloße Anhäufung der Khandhas definieren. Wozu dann das Metta-Sutra, in dem es um lebendige Wesen geht? Wenn man mit diesem Schema einen Menschen nicht als einzigartiges Wesen betrachtet – was bleibt dann?

    Schauen wir uns Folgendes an:

    „Andere philosophische Schulen

    beschreiben das Abhängige Entstehen

    auf gröberer Ebene, zum Beispiel

    auf der Ebene von Ursachen

    und Wirkungen: Wirkungen sind

    abhängig von ihren Ursachen. Eine

    andere Ebene ist die Abhängigkeit

    des Ganzen von seinen Teilen; ein

    Phänomen ist abhängig von seinen

    verschiedenen Bestandteilen. Die

    Prāsaṅgikas beschreiben die subtilste

    Art des Abhängigen Entstehens,

    indem sie sagen, dass alle Phänomene

    nur kraft der Benennung

    durch Gedanken oder Worte existieren.“


    Wem konkret dient dann Mitgefühl? :? :shrug: _()_


    Die Quelle:


    "Alles existiert

    kraft der Benennung"


    https://www.tibet.de/fileadmin/migration/pdf/tibu/1997/tibu043-1997-10-kr-benennung.pdf

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Es ist nicht die Benennung, der Name für die Existenz relevant, alle Sachen auf der Erde sind auch ohne menschliche Wahrnehmung und schriftliche Benennung da. Die Natur braucht weder eine Benennung noch eine Bezeichnung für ihre Entfaltung. Erst die Kultur ist auf Schrift und Begriff angewiesen. Aber das Universum braucht die menschliche Kultur nicht. Somit ist eine Benennung nur für das menschliche Bewusstsein von Bedeutung, ansonsten nicht. Es ist auch eine nonverbale Kommunikation möglich, völlig ohne Begriffe. Der Ausdruck von Gefühlen ist bei allen Menschen auf der Erde gleich und wird verstanden. Halte die Benennung über das Wort für überschätzt.

  • Mit dieser Art der Argumentation habe ich das berechtigte Bedenken. Es gibt sehr viele absolut unbewusste Anteile (oder man kann sie als Subpersönlichkeiten benennen oder die Komplexe im Unbewussten).

    Man muss gar nicht den ollen Siggi bemühen. Selbst in unserem bewussten Ich-Bewusstsein bestehen wir doch aus vielen unterschiedlichen Impulsen und Bestrebungen, die sich durchaus auch widersprechen können. Die Person oder das Ich ist vielleicht gar nicht so einheitlich - abgesehen davon, dass sie letztendlich nicht existiert.


    Im systemischen Coaching oder bei dem Kommunikationswissenschaftler Schulz von Thun wird vom inneren Team gesprochen. Das finde ich in vielen Situationen sehr hilfreich.


    ZOLLER KOMMUNIKATION Coaching-Team

    Quelle: https://www.zoller-kommunikati…hing-mit-dem-inneren-team


    Spezialkurs: Selbstcoaching mit dem Inneren Team - KBT  Kommunikations-Beratung und Training - Schulz von Thun Institut


    Quelle: https://www.schulz-von-thun.de…hing-mit-dem-inneren-team

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ein anderes Beispiel: Ein Euroschein. Für jemanden aus Polynesien, der nicht weiß, wofür dieser Schein gedacht ist, könnte er einfach nur Papier sein, das zum Beispiel für die Toilette genutzt werden kann.

    Auch ein Präsident oder ein König existieren nicht mehr in ihrer Rolle, wenn sie abgewählt oder abdanken.

    So etwas kann ein normaler Mensch leicht nachvollziehen, scheint mir.

    Das ist ein komplexes Thema. Geld oder auch Regierungen sind soziale Institutionen, die in gewisser Weise dadurch zustande kommen, dass alle daran "glauben". Aber man kann dadurch, dass man nicht mehr daran glaubt, auch nicht deren soziale Realität aufheben. Sie sind institutionalisiert und durch festgelegte Verfahren und Gesetze legitimiert. Wenn ich jetzt eine Klopapierrolle nehme und versuche damit meinen Einkauf zu bezahlen, wird das nicht funktionieren, selbst wenn ich felsenfest davon überzeugt bin, dass das Klopapier Geld ist oder vorher "Hundert Euro" auf jedes einzelne Blatt schreibe.


    Wie diese sozialen Institutionen zustande kommen, ist sehr komplex und wie es mir scheint ein Spezialfall von einer Benennung mit einigen zusätzlichen Bedingungen. Aber kann man das wirklich auf alle Phänomene ausweiten als Erklärung?

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte