Hallo, ihr Lieben ,
manch einer wird vielleicht bei diesem Thema darauf verweisen, dass jeder selbst die Verantwortung für seine Reaktionen auf Kränkungen, Verletzungen, Schäden jeglicher Art, die ihm zugefügt werden, zu tragen hat, denn er könnte ja anders damit umgehen, sie differenzierter sehen und bewerten.
Übende, die Buddhas Lehre folgen, könnten - mit einer Haltung von Liebender Güte und Mitgefühl - gleichmütig wahrnehmen, wie der Andere Opfer der Geistesgifte und seiner Unbewusstheit wird, während er uns z.B. aggressiv angeht und ihm entsprechend mitfühlendes Verständnis entgegenbringen.
Für viele, wenn nicht die meisten, ist es jedoch in der Praxis nicht so leicht umzusetzen....
Und dann stellt sich auch oft heraus, dass man sich selbst NOCH schwerer vergeben kann, z.B., weil man da höhere Ansprüche hegt, nach dem Motto "Jetzt praktiziere ich schon soo lange und trotzdem passiert mir sowas... ".
(Kurioses) Beispiel aus meiner Kindheit (!):
Ich wusste - dank entsprechender Erziehung - schon als Kind recht genau, was gut und was schlecht ("böse") ist und leider entschied ich mich des Öfteren dafür, "Böses" zu tun, wenn eine gewisse "Belohnung" zu erwarten war.
Im Alter von knapp 5 Jahren "fütterte" ich meinen 2-jährigen Bruder immer wieder mal mit "leckeren" Sandkuchen aus echtem "Spielsand", wenn wir gemeinsam im Sandkasten spielten. Es faszinierte mich (mit fast sadistischer Freude), wie er -trotz negativer Vorerfahrungen- stets erneut darauf hereinfiel, sein Gesichtchen sich verzog und er heulend zu unserer Mutter rannte. Dort erntete er allerdings (nach den häufigen Vorfällen) inzwischen kein Mitgefühl mehr, sondern Unmut und Vorwürfe (Triumph Nr. 2 für mich, denn ich war schrecklich eifersüchtig auf meinen Bruder und seine gefühlte Bevorzugung - jetzt war ER mal der Gescholtene...).
Ich log auch noch bewusst und sagte, er hätte den Sand "einfach so" gegessen...
Etwa 3 Jahre später - beim Beichten in der kath. Kirche - erhielt ich dann die Absolution für diese "Sünden"...
Alles palletti?! Zunächst war da Erleichterung, ja. Aber irgendwie fühlte ich mich nicht wirklich "befreit", weil ich mir selbst nämlich nicht wirklich verzeihen konnte, dass ich so mit dem kleinen Burschen umgesprungen war, dabei so eine Schadenfreude gefühlt und, noch dazu, gelogen hatte....Möglicherweise fehlte auch echte Reue...
Die pädagogisch - psychologischen Hintergründe der ganzen Geschichte sind natürlich komplex und waren auch Gegenstand meiner div. Psycho-/Verhaltenstherapien, heute verstehe ich, warum ich damals so fühlte und handelte.
Vergeben hat mir auch mein drangsalierter Bruder, vergessen ist es jedoch nicht - heute lachen wir darüber, von wegen "unschuldige Kinder"...
Buddha Shakyamuni gibt wohl keine konkrete Anleitung für das Vergeben, aber die Praxis führt ja letztendlich zu innerem und (oft daraus folgendem äußeren) Frieden und der ist nicht zu finden, wenn da noch alter "Groll" besteht.
Quote...Zu jener Zeit erbaten die entlassenen Schüler keine Vergebung. Dem Erhabenen erzählten sie diesen Sachverhalt. „Ihr Mönche, ich erlaube, um Vergebung zu ersuchen.“ Aber sie baten nicht um Vergebung. Dem Erhabenen erzählten sie diesen Sachverhalt. „Der Entlassene soll um Vergebung bitten. Bittet er nicht um Vergebung, ist dieses schlechte Verhalten ein Dukkaṭa-Vergehen.“
Zu jener Zeit vergaben die um Vergebung gebetenen Lehrer nicht. Dem Erhabenen erzählten sie diesen Sachverhalt. „Ihr Mönche, ich erlaube, zu vergeben.“ Aber sie gewährten keine Vergebung. Die Schüler brachen auf, schweiften umher oder gingen zu Andersgläubigen über. Dem Erhabenen erzählten sie diesen Sachverhalt. „Ihr Mönche, man soll dem um Vergebung Bittenden vergeben. Vergibt man nicht, ist dieses schlechte Verhalten ein Dukkaṭa-Vergehen.“
Vergibt man jemandem, gibt es auch ein paar "Fallstricke"...
Es könnte z.B. sein, dass der Andere sich einem "gnädig verzeihenden", in diesem Moment ethisch und moralisch Überlegenen" gegenüber wähnt und er sich gedemütigt fühlt.
(Also immer die Augenhöhe wahren, wir sind nicht "Gott", der verzeiht, belobigt und begnadigt...)
Vergeben hilft zweifellos - in erster Linie - dem Vergebenden.
Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Sich-selbst und Anderen - Vergeben gemacht?
Liebe Grüße, Anna
P.S. Die französische Sängerin ZAZ hat vor kurzem ein (offensichtlich sehr persönliches) Lied zum Thema veröffentlicht - wer mal reinhören mag (mit Übersetzung):