Hallo, ihr Lieben,
sogenannte "Edle Freunde" (Kalyana-mitta/Kalyana-mitra) spielen im Buddhismus eine wichtige Rolle, weil sie die spirituelle Entwicklung ihrer Freunde, die auf dem Weg noch nicht so fortgeschritten sind, unterstützen und fördern.
(Es besteht also diesbezüglich keine Gleichrangigkeit, bzw. "Augenhöhe", weil einer quasi die Lehrerrolle und der Andere die Schülerrolle innehat, was der heilsamen Beziehung aber in keinster Weise entgegensteht.)
Der Stellenwert des Kalyanamitta kann laut dem Buddha gar nicht hoch genug gesehen werden - es ist der "ganze spirituelle Pfad":
ZitatAlles anzeigenS.45.2. Die Hälfte - 2. Upaḍḍha Sutta
"Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei den Sakyern in einer Stadt der Sakyer namens Sakkara.
Da nun begab sich der Ehrwürdige Anando zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, sprach nun der Ehrwürdige Anando zum Erhabenen also:
'Die Hälfte des Brahma-Wandels, o Herr, ist dieses, nämlich Freundschaft mit Guten, Gemeinschaft mit Guten, Vertrautsein mit Guten'.
"Sage das nicht, Anando, sage das nicht, Anando:
ist es ja doch der ganze Brahma-Wandel, nämlich Freundschaft mit Guten, Gemeinschaft mit Guten, Vertrautsein mit Guten. Von einem Mönch, Anando, der Freundschaft mit Guten hat, Gemeinschaft mit Guten, Vertrautsein mit Guten, ist zu erwarten, daß er den edlen achtfältigen Pfad entfalten und ausbilden wird. ......."
https://www.palikanon.com/samyutta/sam45.html#s45_2
Gleichzeitig wird in den Suttas des Pali-Kanon wiederholt betont, dass es besser sei, alleine seinen Weg zu gehen, als in schlechter Gesellschaft, mit schlechten oder falschen "Freunden"...:
ZitatAlles anzeigenI.3. Das Nashorn (Khaggavisāna-Sutta)
...Wenn einen weisen Freund man findet, Als Weg-Gefährten, edel lebend, kraftvoll, Jedwede Widrigkeiten überwindend, Mag wandern man mit ihm, beglückt und achtsam.
Wenn keinen weisen Freund man findet, Als Weg-Gefährten, edel lebend, kraftvoll, Gleich einem König, der besiegtes Land verläßt
[10], Allein mag wandern man, dem Nashorn gleich.
Ja wahrlich, preisen wollen wir das Glück der Freundschaft. Die besser oder gleich, solch Freunde soll man wählen.
Kann solche man nicht finden, tadelfrei dann lebend, Allein mag wandern man, dem Nashorn gleich. ....
Auch auf die Gefahr der Anhaftung an einen solchen Freund, verweist dieses Sutta gleich am Anfang - klar, wenn man so einen wunderbaren Weg-/Lebensgefährten - vielleicht nach längerer Suche - gefunden hat, sind bei einem Verlust sicherlich Trauergefühle zu bewältigen, insbesondere, wenn sich eine (emotionale) Abhängigkeit ergeben hat...
Zitat....Dem, der sich zugesellt, Anhänglichkeit erwächst ihm. Anhänglichkeit hat im Gefolg dies Leiden. Anhänglichkeits-entstammtes Leiden sehend, Allein mag wandern man, dem Nashorn gleich.
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Für Freunde und Vertraute Mitleid fühlend [2], Sein Heil verliert man, wenn das Herz gefesselt
[3]. Solch Fährnis in vertrautem Umgang sehend, Allein mag wandern man, dem Nashorn gleich.
In vielen weiteren Suttas, u.a. Anguttara Nikaya VII. 35/36, Digha Nikaya 31. 15 - 26,...usw. und dem Dhammapada werden stets die guten Freunde gepriesen ( und von Kontakt zu "Nichtfreunden" abgeraten...).
Allerdings wird nicht erwähnt, inwiefern man selbst zu einer stabilen, verlässlichen und für alle bereichernden Freundschaft beitragen oder wie man überhaupt einen passenden Freund finden kann...
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Für die meisten Menschen gehören Freunde wohl zu einem glücklichen, erfüllten Leben dazu, sind geradezu essenziell.
("Anteilnehmende Freundschaft macht das Glück strahlender und erleichtert das Unglück." wusste auch Marcus Tullius Cicero.)
Dabei werden m.E. häufig auch Bekannte, "Kumpel", Arbeitskollegen, also eher oberflächliche Beziehungen, zu den Freundschaften gezählt, denn "wahre", "echte" Freunde sind rar ...
Außerdem ist zu beobachten, dass viele Menschen, mit zunehmenden Alter, schwerer Freundschaften schließen - woran mag das liegen?
(Will/kann man sich nicht mehr so leicht auf neue Kontakte einlassen, weil es an Geduld fehlt, gesundheitliche Probleme belasten und der näherrückende Tod Zweifel aufkommen lässt, ob eine neue Freundschaft sich überhaupt noch "lohnt"- schließlich mag man sich nicht gleich wieder verabschieden müssen?..)
Ich hatte zeitlebens meist (oft wesentlich) ältere FreundInnen, wobei immer eine besonders innige "Busenfreundin", mit der Freud, Leid und alle "Geheimnisse" geteilt wurden, Priorität genoss.
Leider brachte es der Altersunterschied mit sich, dass ich bereits mehrere Freundinnen durch den Tod verlor, z.Z. bereitet sich meine letzte Freundin vor Ort, sie ist 80 J. und schwerkrank, auf den baldigen Umzug in ein Pflegeheim vor...
Eine langjährige (Brief-) Freundin in meinem Alter (wohnt 90 km entfernt) und ich haben uns leider in den letzten Jahren "auseinanderentwickelt", sie ist verwitwet und versucht, ihr Leben mit Reisen, viel Konsum und Sinnesgenüssen auszufüllen, während sie kaum noch Interesse an Dingen zeigt, die uns früher verbanden.
(Meine buddhistische Praxis befremdet sie eher, u.a. hält sie den Verzicht auf Fleisch für "übertrieben", während ich Probleme mit ihrem felsenfesten Glauben an die Präsenz -des Geistes- ihres verstorbenen Ehemanns in ihrer Wohnung habe...)
Dennoch halten wir- jetzt allerdings loseren - Kontakt, teilen uns gegenseitig die "Familien-News" mit, aber "tiefsinnigere" Gespräche sind selten geworden...
Hätte einige Fragen an euch, vielleicht habt ihr die Neigung, die eine oder andere zu beantworten...? :
- Wie wichtig ist ein "guter Freund"/ sind gute Freunde für euch?
- Habt ihr einen "Kalyanamitta" an eurer Seite, der euch auf eurem spirituellen Weg begleitet?
- Haben sich bei euch Freundschaften im Laufe der Zeit oder durch gravierende Einschnitte (Krankheiten, Alter,..) verändert? Und wie geht ihr damit um?
(Wenn es z.B. kaum noch Gemeinsamkeiten gibt, u.a., weil sich Ansichten/Einstellungen zum Leben gravierend gewandelt haben...)
- Sollte man für den Erhalt einer Freundschaft "Opfer" bringen?
- Sollte man eine -langjährige- Freundschaft beenden, wenn man den Eindruck hat, dass die Ausgewogenheit des Gebens und Nehmens nicht mehr gegeben ist, die "Augenhöhe" fehlt, man sich entfremdet hat?
- Wie bewältigt man den Verlust (Umzug/Wegzug, Alter, Krankheit, Tod) von guten Freunden am besten?
- Neue Freundschaften schließen - im "fortgeschrittenen" Alter? (Oder besser alleine "wandern", wie "das Nashorn"..?)
ZitatFreundschaft zieht die Menschen zueinander, das Eigeninteresse trennt sie." (Hebräisches Sprichwort)
Zum Schluss - zur Erheiterung - noch ein kurzes Video zum Thema, kaum zu glauben, dass dieser Filmausschnitt fast 100 Jahre alt ist:
Freue mich über jegliche Beiträge zum Thema....
Liebe Grüße, Anna