Zenlehrer - ein Schublade?

  • bel:
    dorakuan:

    die Rolle von "Zen-Lehrern" im eigenen Lernen wird manchmal etwas überschätzt.


    was aber nur mit der "Rolle" zu tun hat, die man ihm zuweist, oder die er schlechterdings spielt.


    die Rolle ist, glaube ich, sehr wichtig.
    fällt mir gerade jetzt erst auf.
    wie wär´s damit.
    ein guter Lehrer nimmt die Rolle wahr, die der Schüler ihm zuweist, und geht damit konstruktiv um. (Konstruktiv hatte ich zuerst definiert, aber lieber lasse ich es mal so offen.) Dabei akzeptiert er seine eigenen Beschränkungen, die durch seine eigenen Grenzen entstehen.

  • Jojo:

    ein guter Lehrer nimmt die Rolle wahr, die der Schüler ihm zuweist, und geht damit konstruktiv um. (Konstruktiv hatte ich zuerst definiert, aber lieber lasse ich es mal so offen.) Dabei akzeptiert er seine eigenen Beschränkungen, die durch seine eigenen Grenzen entstehen.


    Hallo Jojo,


    kannst du so ein szenario beschreiben?
    alleine aus der definition verstehe ich nicht ganz wie das sein soll.
    vielen dank


    _()_
    .

  • Jojo:
    dorakuan:

    Auf meinen Sesshin erlebe ich, dass hin und wieder Leute kommen, die gar nichts lernen wollen. Oder die von mir nichts lernen wollen.


    ist das für dich dann eine statische Situation?


    Nein. Mein Unterrichten verstehe ich als "Angebot", das kann man wahrnehmen ... oder es sich in gewissen Grenzen anders wünschen. Manchmal kommt es vor, dass Teilnehmer auf dem Sesshin einen Änderungsvorschlag haben, oder sich ein Thema für den Zen-Vortrag wünschen oder sonst eine Veränderung, damit sie besser oder "etwas besseres" lernen können. Das erlebe ich meistens als sehr interessante Innovation, und manches übernehme ich dann auch für die nächsten Kurse.


    Wenn jemand allerdings im Moment gar nichts lernen möchte, weil er/sie selbst so voll mit eigenen Problemen oder Ideen ist, dann mische ich mich nicht ein, sondern versuche nur evtl. "Druck" aus der Situation zu nehmen. Schlage etwa vor, morgens lieber auszuschlafen, oder Nachmittags einen Spaziergang statt Zazen ... und lasse die Leute ansonsten "in Ruhe".


    Ganz selten ist es tatsächlich ein persönliches Problem zwischen uns. Wenn ich das mitbekomme, versuche ich es zu lösen, so weit es geht ... aber natürlich kann ich einen Kurs mit zehn Teilnehmern nicht in zehnmal maßgeschneiderten Einzelunterricht umwandeln. Da muss ich auch aufpassen, dass einzelne besonders Aktive nicht zu dominant ihre eigenen Vorstellungen durchsetzen ... einmal hatte tatsächlich eine Teilnehmerin in der Mittagspause das Ikebana weggeräumt, weil sie Gelb nicht ausstehen kann ...


    Aber manchmal hilft alles nichts, wir sind uns einfach zur falschen Zeit am falschen Ort begegnet.


    Jojo:

    oder sind das die Leute, von denen DU was lernen kannst?


    Ja, immer! Früher hatte ich solche Lehrer-Sprüche wie "ich lerne von Ihnen allen" immer etwas für eitel gehalten ... aber es ist wirklich so. Es ist immer ein Austausch, irgendwie, der Veränderung bewirkt ... nicht immer gleichermaßen auf beiden Seiten, aber irgendwie immer.

  • Jojo:
    bel:

    was aber nur mit der "Rolle" zu tun hat, die man ihm zuweist, oder die er schlechterdings spielt.


    die Rolle ist, glaube ich, sehr wichtig.
    fällt mir gerade jetzt erst auf.
    wie wär´s damit.
    ein guter Lehrer nimmt die Rolle wahr, die der Schüler ihm zuweist, und geht damit konstruktiv um. (Konstruktiv hatte ich zuerst definiert, aber lieber lasse ich es mal so offen.) Dabei akzeptiert er seine eigenen Beschränkungen, die durch seine eigenen Grenzen entstehen.


    Also ich hab nur Erfahrungen mit 3 Menschen die ich als "meine Lehrer" bezeichnen würde - in gewissem Sinne ist allein das schon eine Rollenzuweisung - aber - niemand von denen hat mir gegenüber diese Rolle gespielt, die waren/sind einfach so, wie sie eben einfach waren/sind, ganz natürlich, und das ist auch für mich nicht nur ausreichend, sondern eigentlich das entscheidende Merkmal eines "Lehrers" - "kein Bewußtsein dafür Lehrer zu sein" ( :) nach Genjokoan). Einen darf ich allerdings - aber nur wenn wir allein sind - entsprechend unserer Tradition mit "Lehrer" anreden ;)


  • Bitte, das ist dein Kriterium zum Thema "das Wesentliche". Meins nicht. Mich wundert nicht, daß dieses Dein Kriterium dich in eine Sackgasse führt :D

  • Zorița Câmpeanu:
    Jojo:

    ein guter Lehrer nimmt die Rolle wahr, die der Schüler ihm zuweist, und geht damit konstruktiv um.


    kannst du so ein szenario beschreiben?


    Na nimm die Standardsituation. Ein durchschnittliches Dojo. Jeder Neue, der da hin kommt, erwartet von dem Dojoleiter wohl erst mal, dass der über Wasser gehen kann.


    Jetzt ist die Frage, erstens, ob der das von sich auch erwartet, und zweitens, wie er sich dagegen verwahrt.

  • Jikjisa:

    Bitte, das ist dein Kriterium zum Thema "das Wesentliche". Meins nicht. Mich wundert nicht, daß dieses Dein Kriterium dich in eine Sackgasse führt :D


    he Oide!
    (Wo ist hier der Keisaku-Smiley?)

  • Jojo:


    Na nimm die Standardsituation. Ein durchschnittliches Dojo. Jeder Neue, der da hin kommt, erwartet von dem Dojoleiter wohl erst mal, dass der über Wasser gehen kann.


    Das Dojo mit dem hohen Turm, in dem eine Glocke hängt? War das nicht der Sohn vom Dojoleiter ...?


    Jojo:

    Jetzt ist die Frage, erstens, ob der das von sich auch erwartet, und zweitens, wie er sich dagegen verwahrt.


    Man muss bei sich bleiben, und darf sich die Projektionen der Schüler/innen nicht zu eigen machen (oder bewusst solche provozieren). Nachher kommt man noch in die Verlegenheit, den Wasser-Trick nachzumachen, spätestens dann wird es ungemütlich ...

  • Jojo:
    Zorița Câmpeanu:


    kannst du so ein szenario beschreiben?


    Na nimm die Standardsituation. Ein durchschnittliches Dojo. Jeder Neue, der da hin kommt, erwartet von dem Dojoleiter wohl erst mal, dass der über Wasser gehen kann.


    Jetzt ist die Frage, erstens, ob der das von sich auch erwartet, und zweitens, wie er sich dagegen verwahrt.


    steckt ziemlich viel fantasie in der standard situation :D
    danke
    _()_
    .

  • Jojo:
    Zorița Câmpeanu:


    kannst du so ein szenario beschreiben?


    Na nimm die Standardsituation. Ein durchschnittliches Dojo. Jeder Neue, der da hin kommt, erwartet von dem Dojoleiter wohl erst mal, dass der über Wasser gehen kann.


    Jetzt ist die Frage, erstens, ob der das von sich auch erwartet, und zweitens, wie er sich dagegen verwahrt.


    Zorița Câmpeanu:


    steckt ziemlich viel fantasie in der standard situation :D
    danke
    .


    Hat er doch schon beantwortet -

  • Die Kriterien sind mir zu allgemein.
    1) "Nachahmung": Was muss denn nachgeahmt werden? Als Beispiel wird Sitzen und Atmung genannt. Es gibt in der buddhistischen Tradition zig Arten zu sitzen und zu atmen, wieso sollte nur eine nachgeahmt werden oder wieso sollte man etwas lernen müssen, was man schon kann? Dass einem aufrechtes Sitzen gut tut und Bauchatmung, das kann einem z.B. auch ein Arzt sagen, der Asthma behandelt. Ist der Arzt darum ein Lehrer? Die Beispiele sind mir zu dünn.


    2) Einsicht: In allen Disziplinen wird Einsicht normalerweise auf der Grundlage von Vorwissen gewonnen. Wieso sollte für die Einsicht, die im Zen wesentlich ist, ein Lehrer entscheidend sein? Vielleicht, weil der Uneinsichtige sich quasi selbst im Weg steht und der Lehrer ihm diese Schranken ähnlich einem Therapeuten klar macht. Ginge es um Einsicht in ein Wissen, müsste der Zenlehrer eine Art Buddhologe sein, seine Materie gut kennen. Für viele Zenlehrer gilt das nicht. Ginge es um Einsicht in die Psyche des anderen, wäre er eine Art Analytiker und Therapeut. Auch hier wiederum könnte also eine dafür ausgebildete Berufsgruppe helfen. Weshalb also sollte der Zen-Lehrer für die individuelle Einsicht in das eigenen Wesen (Buddhanatur) entscheidend sein? Kürzlich habe ich hier mal eine Schätzung aufgemacht, wie klein der Anteil der Schüler sein dürfte, die durch die Zenübung eine solche Einsicht gewinnen. Dann las ich von einem Lehrer eine ähnliche Beobachtung. So muss man doch sagen, es gibt viele Schüler, aber wenig Einsicht. Also funktioniert dieses Modell nicht gut.


    3) Gerade bekam ich den Auszug eines Buchmanuskriptes von einem Hernn, der auf seinem Briefbogen unter seinem Namen stehen hatte: "Zen-Meister". Ich sollte das durchstreichen und ihm zurückschicken, aber da auf meiner Verlagsseite zu lesen ist, man solle mir keine unverlangten Manuskripte schicken, darf ich das auch einfach billiger schreddern. Hier gilt nämlich auch das umgekehrte: Es gibt viele Lehrer, aber wenig Einsicht.


    Man muss zunächst verstehen, dass es auch im Zen nicht unabdingbar ist, einen Lehrer zu haben. Erwachen und selbst Gelübde nehmen kann auch ohne geschehen, so wie es in den Sutren beschrieben wurde. Von dieser Position ausgehend frage man sich, was man wirklich braucht. Ist es vielleicht doch eher ein Therapeut? Oder ein Arzt? Auf diese Weise würden die Dojos schon um die Hälfte der Praktikanten ärmer, deren Probleme in Fachhände und nicht die von Stümpern gehören.


    "Zusammenleben" mit dem Lehrer war traditionell nie gleichberechtigt, sondern hierarchisch. Da gibt es die Geschichte des Hauslosen, den einer bat, sein Schüler werden zu dürfen. "Das wirst du nicht durchhalten", meinte der andere. Am Abend suchte er aus Abfällen sein Essen zusammen. Den anderen würgte. Der Hauslose sagte: "Siehste." In diesem Fall hätte Nachahmen einen Effekt haben können, aber da ging es gerade nicht um Sitzen und Atmen. In den Klöstern steigt man als letzter ins Badewasser, wenn man als letzter gekommen ist. Die teuersten Roben haben die Äbte. "Zusammenleben" kann man natürlich auch in einer Wohngemeinschaft üben.


    Es bleiben also eine Menge Illusionen bei den Zenübenden.

  • Ich fand die Beschreibung von jojo sehr treffend ... als Schüler bringt man seinem ganzen Kram mit zum Lehrer und der kapiert das alles (oder fast alles) und geht weise damit um.




    dorakuan: es klingt abgrenzend, wie du interpretierst - z.B. Schüler, die nicht lernen 'wollen', 'falscher' Ort und 'falsche' Zeit...


    Ist das Zen typisch, so zu denken?

  • dorn:

    Die Kriterien sind mir zu allgemein.
    1) "Nachahmung": Was muss denn nachgeahmt werden? Als Beispiel wird Sitzen und Atmung genannt. Es gibt in der buddhistischen Tradition zig Arten zu sitzen und zu atmen, wieso sollte nur eine nachgeahmt werden oder wieso sollte man etwas lernen müssen, was man schon kann? Dass einem aufrechtes Sitzen gut tut und Bauchatmung, das kann einem z.B. auch ein Arzt sagen, der Asthma behandelt. Ist der Arzt darum ein Lehrer? Die Beispiele sind mir zu dünn.


    Mimesis ist vielleicht ein Begriff, der eine gewisse philosophische Tradition hat - Nachahmung ist das grundlegende Prinzip der Übetragung von Mensch zu Mensch - durch z.B. das Nachahmen des aufrecht gehens. Wir übernehmen durch Nachahmung die körperlichen Gesten und Stile unserer Vor"gänger" - aka Eltern/Ältern. Das wird einfach im Buddhismus der Klosterpraxis fortgeführt - du kommst in eine Gemeinschaft und guckst, bzw. musst sehen, WIE die anderen DAS machen. Du kannst natürlich Fragen stellen und wirst auch auf Fehler hingewiesen, so dass dann durch trial and error dein Verhalten in die Gemeinschaft eingepasst wird.
    Auch Sprechen ist ein mimetischer Vorgang.
    Gerade in traditionellen Gesellschaften, wie Japan, gilt dieser Prinzip als sinnvoll, um eben Traditionen weiter zu führen.

    Zitat


    2) Einsicht: In allen Disziplinen wird Einsicht normalerweise auf der Grundlage von Vorwissen gewonnen. Wieso sollte für die Einsicht, die im Zen wesentlich ist, ein Lehrer entscheidend sein? Vielleicht, weil der Uneinsichtige sich quasi selbst im Weg steht und der Lehrer ihm diese Schranken ähnlich einem Therapeuten klar macht. Ginge es um Einsicht in ein Wissen, müsste der Zenlehrer eine Art Buddhologe sein, seine Materie gut kennen. Für viele Zenlehrer gilt das nicht. Ginge es um Einsicht in die Psyche des anderen, wäre er eine Art Analytiker und Therapeut. Auch hier wiederum könnte also eine dafür ausgebildete Berufsgruppe helfen. Weshalb also sollte der Zen-Lehrer für die individuelle Einsicht in das eigenen Wesen (Buddhanatur) entscheidend sein? Kürzlich habe ich hier mal eine Schätzung aufgemacht, wie klein der Anteil der Schüler sein dürfte, die durch die Zenübung eine solche Einsicht gewinnen. Dann las ich von einem Lehrer eine ähnliche Beobachtung. So muss man doch sagen, es gibt viele Schüler, aber wenig Einsicht. Also funktioniert dieses Modell nicht gut.


    Dir ist wahrscheinlich nicht aufgefallen, dass ich von LERNEN und nicht von LEHREN geschrieben hatte. Man kann Zen nicht lehren. Und man kann auch nicht Einsicht lehren - aber durch Einsicht kommt es zu Verhaltensänderungen, die eben als Lernen bezeichnet werden. Jemand hat etwas gelernt, wenn er bezogen auf ein Verhältnis sein Verhalten verändert hat. Da spielt eben die Einsicht eine Rolle.


    Zitat


    Man muss zunächst verstehen, dass es auch im Zen nicht unabdingbar ist, einen Lehrer zu haben. [..] "Zusammenleben" kann man natürlich auch in einer Wohngemeinschaft üben.


    Es bleiben also eine Menge Illusionen bei den Zenübenden.


    War hier auch garnicht gemeint - dass man einen Lehrer haben müsste - es ging, jedenfalls bei meinem Beitrag um das Lernen und dazu brauche ich keinen speziellen Lehrer. Ich brauche nur meine Bereitschaft zu lernen, also mich verändern zu wollen.
    Gerade das Zusammenleben ist ein sehr schönes Beispiel, wie wichtig enge und auch intime Beziehungen sind. Vor allem deshalb, weil sie Illusionen über den anderen auflösen und Projektionen dazu. Da man sich jederzeit über den Weg läuft, gibt es unzählige Situationen, in denen man sich mit seinen Verhaltensweisen erleben kann.
    Die hierarchische Struktur in Klöstern ist aber auch nur ein Abbild der Struktur einer patriarchalischen Gesellschaft, in der er eben naturgemäß Ältere und Jüngere gibt.

  • Tashili:


    dorakuan: es klingt abgrenzend, wie du interpretierst - z.B. Schüler, die nicht lernen 'wollen', 'falscher' Ort und 'falsche' Zeit...


    "Abgrenzend" im Sinne von "mit Absicht oder Anstrengung einen Abstand oder eine Grenze schaffen" hatte ich es nicht gemeint, eher mit "sich verfehlend, sich nicht treffend oder sich nicht begegnend". Der Ort als Ort oder der Schüler als Schüler sind natürlich nicht "falsch", die Schülerin kommt nicht mit der Eigenschaft "falsch" ins Dojo, das Dojo oder der Lehrer/Lehrerin haben (hoffentlich) nichts "falsches" als Eigenschaft. Aber obwohl wir gemeinsam einige Zeit miteinander verbracht haben, hat es einfach nicht gepasst.


    Nach meiner Erfahrung ist "Abgrenzung" manchmal in dem Sinne notwendig, dass man sich (war irgendwo weiter oben) nicht die (echten oder erwarteten) Projektionen der Schüler/innen oder Kursteilnehmer/innen zu eigen machen darf.


    Und ich habe immer mal wieder Leute erlebt, die kommen zum Kurs oder Sesshin und wollen wirklich nichts lernen. Sie erwarten ein spirituell-emotional-intellektuelles all-inclusive alles-wird-gut Wohlfühlpaket, und sind dann nicht damit einverstanden, dass sie selber und nicht der Lehrer oder die Lehrerin die Arbeit machen muss. Oder sie bringen überhaupt keine Bereitschaft mit, in der Gruppe gemeinsam nach gemeinsamen Regeln zu arbeiten, sie haben Augen, Ohren Herz und Hirn zu und signalisieren "bei mir geht nichts durch, nichts rein und nichts raus, ich bin so wie ich bin, lasst mich alle in Ruhe". Oder sie sind schon ganz voll mit ihrem eigenen Vorwissen und ihrern eigenen Vorstellungen, und was jetzt im Sesshin passiert wird nur noch nach "richtig" und "falsch" sortiert, insofern es den eigenen Vorstellungen entspricht, oder nicht.


    Ich versuche dann rauszufinden, ob es das "falscher Ort/falsche Zeit" Problem ist, dann kann ich vielleicht wenigstens ein paar Tipps geben, wo es sich möglicherweise besser als jetzt hier mit mir lernen lässt. Im zweiten Fall geht leider meistens nicht viel, da kann ich nichts machen.


    Beides passiert nicht oft, und wenn, dann tut es mir immer sehr leid. Jemand meldet sich an, bezahlt, nimmt Urlaub, fährt vielleicht an paar hundert Kilometer ... und merkt dann, "das hier ist nichts für mich". Anfangs musste ich mich wirklich bemühen, mich in so einem Fall nicht "schuldig" zu fühlen (s.o. "Abgrenzung") ... aber Schüler sind keine Gäste ;)


    Tashili:


    Ist das Zen typisch, so zu denken?


    Das weiß ich nicht. Mein ehemaliger Lehrer hat sich immer sehr viel Gedanken über die einzelnen Kursteilnehmer/innen gemacht, und wir haben uns sehr viel darüber ausgetauscht. Fast immer hat er versucht, auf die Bedürfnisse der Teilnehmer/innen einzugehen, damit sie doch noch irgendwie am Kurs teilnehmen und davon profitieren konnten, er hatte wirklich einen "siebten Sinn", was mit den Leuten in seinem Zendo los ist ... aber manchmal meinte er auch "schade, keine Chance ...". In Japan hatte ich auch einige gute Erfahrungen dieser Art gemacht, allerdings ist da die Ausgangsbasis etwas anders.


    Ich glaube aber, dass das kein "Zen-typisches" Problem ist. In der Arbeit an der Uni erlebe ich dasselbe ... ab und zu kommen Studenten oder Studentinnen in meine Vorlesung, die von mir nichts lernen können ... sie wissen es schon, oder es fehlen Vorkenntnisse, oder sie wollten etwas ganz anderes lernen, oder sie können so wie ich unterrichte nicht gut lernen. Und manchmal kommen welche, die wirklich gar nichts lernen wollen ... manchmal sagen sie mir ehrlich, sie brauchen nur ihre "Credits", und bei mir geht das mit der geringsten Arbeit. Manchmal haben sie ein psychisches Problem, und ich empfehle das entsprechende Beratungsangebot ... und manchmal erfahre ich es nie.


    Sorry, das war jetzt viel Text für eine Zeile Frage ...

  • Zen-Geschichten, Poesie, Kommentare, Sutren, Rezitationen sind belehrend, das Studium gehört auch zum Zen, immer mal wieder.
    Mondo, Kusen, Teisho ist sehr belehrend - auf das Wesentliche hin, wobei es, durch das Sitzen, es zu einem intuitiven Aufmerken kommt, zu einer kurzen Kontemplation, die Tibeter würden Introspektive sagen.


    Ich bin immer wieder erstaunt über die korrektive Wirkung - auf das Wesentliche hin. Über die Besinnung, die diese Dinge verursachen.


    Ein guter Zen-Lehrer ist "Anschauungsmaterial" durch seine ganze Haltung. Die Haltung ist auch belehrend. Die Begegnung sagt immer u.a.eines: sei gegenwärtig, ergründe dich, sieh nicht auf , sondern in die Bonno, vergegenwärtige die Illusion, die Fehlhaltung. Das ist auch die einzige Möglichkeit die Buddhanatur zu vergegenwärtigen, durch ständiges Sati.


    Man lernt zurückzukehren, sich zu besinnen - durch Anschauung - zur existenziellen Frage. Durch das alles. Das zeichnet ja den Zen-Lehrer aus, imgrunde aber mehr der Zen-Meister, die pure Gegenwärtigkeit, er zeigt das auf, lebt das und fordert das auch ein.


    Er nagelt einen immer wieder drauf fest. In Thera hieße das bhavana, Geistesentfaltung. Der Bonno-Geist rennt hierhin und dorthin, das ist seine Natur. Dann geht die Gegenwärtigkeit verlustigt, aber genau die muss man vertiefen und ausdehnen, um sich selbst zu ergründen, zu "läutern", zu vergessen. Jemand mit mehr Erfahrung erkennt diesen Drang ( Begehren, Durst ) sehr viel früher und jede Belehrung und Anschauung geht darauf hinaus, es selber immer früher zu erkennen. Finde ich.


    Ein guter Lehrer redet nicht viel, ein Meister schon garnicht und wenn, dann nur über den Dhamma, auch in Bezug auf Hemmnisse, Krankheiten, persönliche Schwierigkeiten - immer rückkoppelnd auf die Lehre. Auch das ist sehr belehrend.

  • Jikjisa:


    Ein guter Zen-Lehrer ist "Anschauungsmaterial" durch seine ganze Haltung.


    Ein guter Mensch ist Anschauungsmaterial - mehr nicht und auch nicht weniger. Aber dieser Mensch muss deshalb auch da sein - er muss sich ansehen lassen und gesehen werden.


    Das alles hat nichts mit Zen und so zu tun.

  • Es gibt auch ne ausgedehnte Zen-Lehrerschaft die nur auf ner rustikalen nervlichen Resilenz beruht. Auf Stoik. Auch in der Beziehung zum Schüler. Sie hat sich gar nicht ergründet, nicht vergessen, kann nur zügig fallenlassen oder diesen Eindruck vor sich und anderen vermitteln. So ein Samurai-Zen. Das ist theoretisches Zen.
    Da kommt meist nicht viel "gutes" bei rum. Da ist weder viel Weisheit noch Mitgefühl. Natürlich nimmt ein guter Zen-Lehrer einen "wahr".
    Das ist auch ganz wichtig als Prüfmerkmal. Es ist sehr schwierig diese Feinheit zu unterscheiden. Ich kanns noch nicht lange. Ich hab nur bei verschiedenen Leuten gemerkt, daß "was nicht stimmt". Leider bezieht man das meist nur auf sich selbst: "mit mir, mit meiner Wahrnehmung stimmt was nicht".
    Es ist wirklich sehr verwirrend und anstrengend prüfen zu müssen, ob da wo Zen-Lehrer und Zen-Meister draufsteht auch einer drin ist, weil das geht auch nur mit leidlich Erfahrung. Auch wenn sie s nicht absichtlich machen, ich mach denen den Vorwurf, daß sie den Geist und das Herz anderer beschmutzen, den Zen-Geist, die Tradition; das zugeneigte, hingebungsvolle, vertrauensvolle Herz ist leicht zu beschmutzen und zu verwirren. Es ist auch viel leichter zu brechen.
    Im allgemeinen würde ich sagen: es gibt den präzisen ( formellen ) Typus, den mitfühlenden ( wahrnehmenden ), den weisen ( klärenden ) Typus, natürlich nicht getrennt, in Verbindung. Manchmal tritt das eine Merkmal mehr hervor, ein anderes fehlt scheinbar völlig. davon abgrenzen tu ich den Stoiker. Das ist ein sehr schwieriges Thema.

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  • Jikjisa:


    Da kommt meist nicht viel "gutes" bei rum. Da ist weder viel Weisheit noch Mitgefühl. Natürlich nimmt ein guter Zen-Lehrer einen "wahr".
    Das ist auch ganz wichtig als Prüfmerkmal. Es ist sehr schwierig diese Feinheit zu unterscheiden. Ich kanns noch nicht lange. Ich hab nur bei verschiedenen Leuten gemerkt, daß "was nicht stimmt". Leider bezieht man das meist nur auf sich selbst: "mit mir, mit meiner Wahrnehmung stimmt was nicht".


    Es ist immer deine Wahrnehmung. Und wenn da eine kleine Unsicherheit ist - dann lass die Finger davon. Woher diese Unsicherheit kommt - das ist gleich.

  • Die Unsicherheit kann aber vom eigenen Ego herrühren, von den eigenen Befindlichkeiten, kann auch ein Mangel an Selbstvertrauen sein.
    Deswegen ist das ja alles so schwierig. Die Vermischung, Berührung von Geist zu Geist, Herz zu Herz bleibt nie aus. In keiner Begegnung. Die Erwartungen. Mein Gott. Was ist ne angemessene Erwartung ? Was nicht ? Keine Ahnung. Wozu sollte man sich zwingen, wozu überwinden, wozu lieber nicht ? Durch Zazen stehen die Tore eh offen, der Gleichmut ist aber nicht immer mit da. Gerätst du an " unguten Umgang"... Wenn einer weiß ( sic!): ich erfülle nicht Meisterschaft - und er tuts trotzdem - das ist als ob er einen Haufen Leute vom Felsen schmeißt, in den Abgrund. Aber ein Dhamma-Lehrer ist kein Meister. Achegal....

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Jikjisa:

    Die Unsicherheit kann aber vom eigenen Ego herrühren, von den eigenen Befindlichkeiten, kann auch ein Mangel an Selbstvertrauen sein.
    Deswegen ist das ja alles so schwierig. Die Vermischung, Berührung von Geist zu Geist, Herz zu Herz bleibt nie aus. Die Erwartungen. Mein Gott. Was ist ne angemessene Erwartung ? Was nicht ? Keine Ahnung.


    Woher die Unsicherheit kommt - ist wie beim Pfeil unbedeutend.
    Wenn es am Selbstvertrauen liegt - dann wird die Erwartung man bekäme da nun Selbstvertrauen mit Sicherheit enttäuscht. Wir reden hier über Personen - wenn mir jemand sagt, geh' über diese Brücke - die trägt - hab' keine Angst - dann lass' ich den vorgehen und sehe, ob die Brücke trägt.
    Wenn du dem Gefühl deiner Unsicherheit, Angst und dem Schmerz nicht traust - wem dann? Das ist doch genau die Falle, die diese Scharlatane aufbauen können.

  • Zitat

    Wenn du dem Gefühl deiner Unsicherheit, Angst und dem Schmerz nicht traust - wem dann? Das ist doch genau die Falle, die diese Scharlatane aufbauen können.


    Ach, *clap*clap*clap*, ein toller Satz. :D

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Jikjisa:

    Es gibt auch ne ausgedehnte Zen-Lehrerschaft die nur auf ner rustikalen nervlichen Resilenz beruht. Auf Stoik


    Jikjisa:

    davon abgrenzen tu ich den Stoiker. Das ist ein sehr schwieriges Thema.


    Wie meinst Du das ?


    Stoa ist doch (säkularer) Buddhismus pur ;) Kennst Du dich damit aus oder sind das Deine Vorurteile ? Hör bitte mal diese Radiosendung an:


    http://www.br.de/radio/bayern2…sophie/stoa-ethik100.html


    Bakram

  • das wesentliche von 71 Posts zu dem thema "was ist ein guter lehrer? zusammengefasst in 2 Zeilen


    bel:

    ....die waren/sind einfach so, wie sie eben einfach waren/sind, ganz natürlich, und das ist auch für mich nicht nur ausreichend, sondern eigentlich das entscheidende Merkmal eines "Lehrers" - "kein Bewußtsein dafür Lehrer zu sein" ( :) nach Genjokoan).


    und wenn ich es weiter ausdehne heißt es für mich "kein bewustsein dafür ETWAS zu sein".
    danke bel.


    in diesem sinne allen eine gute nacht :)


    _()_
    .

  • Zen hat eine Aufgabe.
    Der Schüler der sie aufnimmt wird zum Lehrer, zum Begleiter, zum Berater;
    ein Lehrer hat eine Zen-Aufgabe, nimmt er sie auf wird er zum Meister. Der Meister hat eine Zen-
    Aufgabe, nimmt er sie auf, ist er ein Buddha.
    Der Schüler vergisst sich,
    der Lehrer vergisst sich, der Meister vergisst sich. So löst sich eine Fessel nach der anderen.


    Im Dojo wurde heute eine Geschichte vorgelesen und ich habe laut geschmunzelt:


    Zitat

    Kaiser und Zen-Mönch begegnen sich. Der Kaiser ist sehr beeindruckt. Er sagt: Ich ernenne dich zu meinen Tronfolger,
    ich schenke dir meine Besitztümer, mein Reich. Der Zen - Mönch sagt: Deine Worte haben mein Ohr beschhmutzt und wendet sich ab.
    Er geht an einen Teich und wäscht seine Ohren. Sein Freund kommt, eine Kuh am Halfter.
    Warum wäschst du deine Ohren ? Aus dem und dem Grund, die Worte des Kaisers beschmutzten mein Ohr.
    Was tust du hier ?
    Ich wollte die Kuh tränken, aber das Wasser ist schmutzig.

    ( nach Erinnerung )


    Der Eitelkeiten sind unendlich viele, ein Lehrer der seine Funktion nicht wahrnimmt hat seine Aufgabe verfehlt.

  • @ bakram:


    Ich hör mir diese Sendung nicht an, ich hör mir sowas generell nicht mehr an.
    Das Wort ist mir heute morgen eingefallen. Es passte ganz gut zu meinen Beobachtungen. Ich glaub, ich war auch mal Zen-Stoikerin,
    mit Anfang, Mitte 20. Und ja: Säkulare sind Stoiker - und Stoiker, die mit Zen-Buddhismus in Berührung kommen sind säkulare Zazen-Übende, aber nur nach meinem Gusto, also nach dem Wortsinn, wie er mir eingefallen ist.

    3 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()