Ursachen, Bedingungen und wissenschaftliche Erklärungen

  • In dem Thread zu dem Mulamadhyamakarika "Nagarjuna: Die Lehre von der Mitte" habe ich begonnen mich mit dem Bedingten Entstehen auseinanderzusetzen. Dabei bin ich auch darauf gestoßen, dass die Begriffe "Bedingung" und "Ursache" in den dort diskutierten Beispielen in einer speziellen Weise gebrauch werden. Daher habe ich mich gefragt wie Ursachen und Bedingungen in der buddhistischen Philosophie aufgefasst werden. Im Handbuch zum Pali-Kanon werden 24 Arten von Bedingungen unterschieden. Dort heißt es:

    Zitat

    'Bedingung', bezeichnet das, wovon ein Anderes, das sog. Bedingte, abhängig ist und wofür es die nötige Voraussetzung bildet, ohne die das Andere nicht sein kann. Mannigfach ist die Art und Weise, wie ein Ding oder Vorgang für ein Anderes eine Bedingung sein kann

    Nach meinem Eindruck werden die Begriffe Ursache und Bedingung in manchen Texten auch als Synonyme verwendet. Das mag auch eine Frage der Übersetzung sein. Jedenfalls zeigen die 24 Arten, dass mit Bedingung sehr unterschiedliche Relationen gemeint sein können, die wir nach einem modernen (natur-)wissenschaftlichen Verständnis nicht alle als kausale Ursache-Wirkungs-Beziehung auffassen würden. In dem Unterschied von Erklären und Verstehen, der sich auch auf die wesentlichen Unterschiede zwischen Geistes- und Naturwissenschaften bezieht, sehe ich eine Möglichkeit diese Vielfalt von verschiedenen Bedingungsarten zu verstehen. Was ich zudem interessant finde ist, dass sich im Palikanon die Beispiele anscheinend ausschließlich auf das Bewusstsein beziehen und nicht auf die geistlosen Dinge und deren bedingtes Entstehen.


    Habt ihr Euch schon mal mit diesem Themenkreis befasst und was sind eure Erkenntnisse dazu?

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    Einmal editiert, zuletzt von Maha ()

  • Schon ein paar Jahre. Keine Möglichkeit der Übereinstimmung, gerade was das Bewusstsein angeht und den buddhistischen Meinungen. Beim Physikalische ist man hier im Buddhismus sowieso raus. Keine Chance klarzumachen das Buddha gerade durch seine Beobachtungen der physischen Welt auf seine psychologischen, sozialen Schlussfolgerungen gekommen ist.

    Außerdem liege in den physischen Beobachtungen der Grund, warum Buddha nichts zu Wiedergeburten sagt, wenn er direkt danach gefragt wird. Was ihn nicht davon abbringt, den Menschen nach ihrem Maul zu reden, um wenigstens ein bisschen Einsicht zu erreichen.


    Wiedergeburt im Indien dieser Zeit radikal infrage zu stellen, konnte jemanden schon den Kopf kosten. Nicht jeder ist ein Jesus.

  • Ursachen und Bedingungen sind in der buddhistischen Erkenntnistheorie ein gewichtiges Thema, da das abhängige Entstehen das Grundprinzip des Dharma ist.


    Dass Ursachen Wirkungen hervorbringen ist eine kausale Beziehung in der es auch eine zeitliche Abfolge gibt. Zur Zeit der Ursache besteht noch nicht die Wirkung und zur Zeit der Wirkung besteht die Ursache nicht mehr. Es gibt bei der kausalen Ursache-Wirkungs-Beziehung also keine Gleichzeitigkeit von Ursache und Wirkung.


    Abhängiges Bestehen bedeutet aber auch, dass viele Ursachen eine Wirkung hervorbringen. Da kann man dann unterscheiden zwischen substanziellen und mitwirkenden Ursachen. Die substanzielle Ursache einer Vase ist der Ton aus dem sie hergestellt wird und der Töpfer und seine Arbeitsgeräte sind mitwirkende Ursachen. Der Ton und die daraus entstandene Vase bilden ein Kontinuum, während die mitwirkenden Ursachen nicht in dieses Kontinuum eingehen. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, wird von Ursachen und Bedingungen oder Umständen gesprochen.


    Abhängiges Bestehen bezieht sich nicht nur auf Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Es gibt auch wesensgleiche Beziehungen, dass heißt Phänomene existieren zeitgleich; ein Phänomen kann nur existieren, wenn gleichzeitig ein anderes Phänomen existiert. Ein Beispiel wäre die Abhängigkeit des Ganzen von seinen Teilen. Ganzes und Teile existieren nicht nacheinander wie bei der kausalen Abhängigkeit, sondern immer gleichzeitig. Geist und Geistesfaktoren existieren immer gleichzeitig. Unser Geist existiert immer gleichzeitig mit den Geistesfaktoren Empfindung, Unterscheidung, Wille, Berührung und Aufmerksamkeit. Der Geist existiert nur, wenn diese Geistesfaktoren gegeben sind und diese Geistesfaktoren existieren nicht losgelöst vom Geist.


    Das abhängige Bestehen auf physikalischer Ebene unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom abhängigen Bestehen auf der geistigen Ebene.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Ursache/Wirkung heißt, etwas erscheint aus/durch einen Prozess/Karma. Wiederholbar, nachvollziehbar.

    Abhängiges Entstehen sagt aus, dass alle Phänomene/Erscheinungen immer abhängig sind von etwas anderen.

    Eine Ursache hat immer eine Wirkung und eine Wirkung immer eine Ursache.

    Wobei weder eine UrUrsache noch eine Muss-Wirkung gefunden werden kann.

    Alle Ursachen, Wirkungen, Phänomene sind rein geistige Vorgänge.

  • Dass Ursachen Wirkungen hervorbringen ist eine kausale Beziehung in der es auch eine zeitliche Abfolge gibt. Zur Zeit der Ursache besteht noch nicht die Wirkung und zur Zeit der Wirkung besteht die Ursache nicht mehr. Es gibt bei der kausalen Ursache-Wirkungs-Beziehung also keine Gleichzeitigkeit von Ursache und Wirkung.

    Beziehst du das jetzt auf die buddhistische Philosophie oder die moderne Naturwissenschaft? Es kann ja auch durchaus eine Ursache weiterbestehen, wenn die Wirkung schon gezeitigt ist. Zum Beispiel: "Wenn es regnet, wird die Wiese naß." Die Wiese kann schon nass sein und es regnet immer noch weiter.

    Abhängiges Bestehen bedeutet aber auch, dass viele Ursachen eine Wirkung hervorbringen. Da kann man dann unterscheiden zwischen substanziellen und mitwirkenden Ursachen. Die substanzielle Ursache einer Vase ist der Ton aus dem sie hergestellt wird und der Töpfer und seine Arbeitsgeräte sind mitwirkende Ursachen. Der Ton und die daraus entstandene Vase bilden ein Kontinuum, während die mitwirkenden Ursachen nicht in dieses Kontinuum eingehen. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, wird von Ursachen und Bedingungen oder Umständen gesprochen.

    Danke für die Erläuterung! Um mal bei dem Beispiel mit der Vase zu bleiben. In unserem Sprachgebrauch würde man ja eher nicht auf die Idee kommen den Ton als Ursache der Vase zu bezeichnen. Der Ton an sich bewirkt ja nichts. Unter Bezug auf Naturgesetze und die materiellen Eigenschaften des Tons, der Glasur und der fachgerechten Anwendung bestimmter Werkzeuge und Techniken würde man die Ursache nach unserem Sprachgebrauch wohl eher in der Produktion - dem Tonbrand inklusive der ablaufenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten etc. sehen. Dass Ton und Vase ein Kontinuum bilden, ist aber eine sehr einleuchtende Sichtweise.



    (11) Als 'Nachherentstehung-Bedingung' (pacchājāta-p.) gelten das Bewußtsein und die damit verbundenen Geistesfaktoren, denn diese sind, genau wie das Hungergefühl und der Nahrungstrieb, eine notwendige Bedingung für die Erhaltung dieses schon früher entstandenen Körpers.

    Das würden wir in modernen Begrifflichkeit wohl eine funktionale oder teleologische Erklärung nennen. Das Hungergefühl besteht, um den Körper am Leben zu erhalten.


    Hier wiederum ist man dann beim logischen Raum der Gründe und nicht mehr bei kausalen Wirkungen. Es gibt bestimmte Gründe für ein Verhalten. Diese Gründe können auch in der Zukunft liegen und können gegen andere Gründe abgewogen werden.

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  • Unter Bezug auf Naturgesetze und die materiellen Eigenschaften des Tons, der Glasur und der fachgerechten Anwendung bestimmter Werkzeuge und Techniken würde man die Ursache nach unserem Sprachgebrauch wohl eher in der Produktion -

    Das ist der Prozess Karma der nicht durch die physikalischen Bedingungen erzeugt werden kann, dafür braucht es den Handelnden, der etwas aus etwas macht, ein Etwas das nicht durch Natur ermöglicht wird. Vase existiert ausschließlich durch die Hände eines Geistes.

  • Danke für die Erläuterung! Um mal bei dem Beispiel mit der Vase zu bleiben. In unserem Sprachgebrauch würde man ja eher nicht auf die Idee kommen den Ton als Ursache der Vase zu bezeichnen. Der Ton an sich bewirkt ja nichts.

    Das war nicht immer so. Ich denke man geht von der Frage "Warum ist da eine Vase?" und kommt von da aus auf all die Bedingungen, die die eine Vase ermöglichen. Ohne Ton keine Vase. Ohne Töpfer keine Vase. Ohne Plan keine Vase.


    Es ist interessant sich da die Ursachen bei Aristoteles anzusehen:

    Während Aristoteles noch Stoff-, Form- und Zweckursache gelten ließ, verstehen wir nur die Wirkursache als Ursache .


    Aber ich glaube, es gibt neben den von Aristoteles in der Physik genannten Ursachen noch weitere Richtungen in der man das Feld der Ursachen ausweiten kann. Ein Bereich ist natürlich der der nicht-physikalischen Ursachen z.B Schicksal, göttliche Ursache oder karmische Ursache.


    Aber ein anderer wichtiger Punkt ist, wenn man nicht zwischen der physikalischen und der begrifflichen Ebene trennt.


    Also sich z.B fragt, welche Bedingungen die Verwendung des Begriffs "Vase" hat. Wann spricht man von einer Vase?


    Zum Beispiel wenn es Hohlgefäß ist, wenn es aus einem haltbaren Material ist ( z.B keine Melone) wenn es nicht gleichzeitig als Trikgefäß verwendet wird. Wenn man die begriffliche Ebene und die physikalische Ebene nicht trennt, passiert es ganz leicht dass man die "Ursachen des Begriffs" mit den "Ursachen des Dings" gleichzeitig betrachtet.


    Ich denke, es hat unglaublich lange gedauert und viel Disziplin erfordert, die Beziehung zwischen Sprache und Welt zu klären. Man hat ja sehr lange Sachen, die rein Fragen der Benennung sind "wie lange nenne ich etwas Samen, ab wann nenne ich es Sprößling" mit dem auf was sich die Benennungen bezieht vermischt. Eben gerade weil Unterschiede in der Benennung ja ein Weg sind um sich auf Unterschiede in der Wirklichkeit beziehen und man selber als Mittel die Sprache benutzt.


    Von daher gab es in der Moderne drei Bewegungen.


    1. Erstens, dass man den Begriff von dem Ding trennt.
    2. Zweitens, dass man Übernatürliches ausschließt.
    3. Drittens, dass man nur mehr die Wirkursache als Ursache gelten ließ.

    Ich denke, dass es auch in Asien Denker gab, die ersteres praktizierten und es auch im Buddhismus versucht wird.


    Während Punkt 3 viel seltener ist. Es hat glaube ich mit der westlichen Auseinandergehen zwischen Naturwissenschaft und Theologie zu tun.

  • Es ist interessant sich da die Ursachen bei Aristoteles anzusehen:

    Während Aristoteles noch Stoff-, Form- und Zweckursache gelten ließ, verstehen wir nur die Wirkursache als Ursache .

    In der Übersetzung des Mulamadhyakakarika von Geldsetzer findet sich im Vorwort die These, dass Nagarjunas Werk eine Kritik an Aristoteles Lehre von den vier Ursachen sei:

    Zitat

    Setzt man dies voraus, wird deutlich, daß er seine eigene Theorie vom »Entstehen im Zusammenhang« (pratitya-samutpada) in der Kritik an der aristotelischen Vier-Ursachen-Lehre entwickelt und dieser gegenübergestellt hat. Ebenso wird die Bedeutung der Benennung dieser vier Ursachen sowohl im Sanskrit wie im Chinesischen als Übersetzung der griechischen Bezeichnungen der »Form- und Materieursache sowie der Wirk- und Zweckursachen« überhaupt erst verständlich.

    Der Gang seiner Analysen der einzelnen Ursachen aber zeigt, wie er drei dieser Ursachen, nämlich die materiellen und die Wirk- und Zweckursachen als wiederum »unvorstellbar« destruiert und nur die Formursache in einer neuen und originellen Deutung für seine »Kausaltheorie« der Entstehung in Abhängigkeit

    Demnach gilt für die buddhistische Schule des Mittleren Wegs anscheinend allein die Formursache also die Idee oder der Begriff als Ursache.

    Ich denke, es hat unglaublich lange gedauert und viel Disziplin erfordert, die Beziehung zwischen Sprache und Welt zu klären. Man hat ja sehr lange Sachen, die rein Fragen der Benennung sind "wie lange nenne ich etwas Samen, ab wann nenne ich es Sprößling" mit dem auf was sich die Benennungen bezieht vermischt. Eben gerade weil Unterschiede in der Benennung ja ein Weg sind um sich auf Unterschiede in der Wirklichkeit beziehen und man selber als Mittel die Sprache benutzt.

    Sprache und Namen wurden auch als eine Art magische oder mystische Form der Erkenntnis der Welt verstanden bevor die Sprache und die Wörter zu willkürlichen und zufälligen Zeichen wurden, deren Bedeutung alleine auf Konventionen beruht. Diese religiöse Vorstellung von Sprache hat Benjamin beispielhaft in seinem Essay über Sprache ausgedrückt:

    Ich kann mir auch vorstellen, dass Sprache aus Lautmalereien und Nachahmung von natürlichen Lauten entstanden ist und zunächst zum Zweck der Beschwörung von Naturmächten und -geistern gebraucht wurde.


    Ich frage mich aber auch, ob die strikte Trennung von Zeichen und bezeichnetem Ding wirklich als eine Errungenschaft zu betrachten ist oder vielleicht auch etwas damit verloren gegangen ist. Die Sprache als reine Mitteilungsfunktion hat keinen wirklich erkennenden sondern nur noch einen zufälligen Bezug zur Welt.

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  • In der Übersetzung des Mulamadhyakakarika von Geldsetzer findet sich im Vorwort die These, dass Nagarjunas Werk eine Kritik an Aristoteles Lehre von den vier Ursachen sei:

    Zitat

    Setzt man dies voraus, wird deutlich, daß er seine eigene Theorie vom »Entstehen im Zusammenhang« (pratitya-samutpada) in der Kritik an der aristotelischen Vier-Ursachen-Lehre entwickelt und dieser gegenübergestellt hat. Ebenso wird die Bedeutung der Benennung dieser vier Ursachen sowohl im Sanskrit wie im Chinesischen als Übersetzung der griechischen Bezeichnungen der »Form- und Materieursache sowie der Wirk- und Zweckursachen« überhaupt erst verständlich.

    Der Gang seiner Analysen der einzelnen Ursachen aber zeigt, wie er drei dieser Ursachen, nämlich die materiellen und die Wirk- und Zweckursachen als wiederum »unvorstellbar« destruiert und nur die Formursache in einer neuen und originellen Deutung für seine »Kausaltheorie« der Entstehung in Abhängigkeit

    Demnach gilt für die buddhistische Schule des Mittleren Wegs anscheinend allein die Formursache also die Idee oder der Begriff als Ursache.

    Ja, für Geldsetzer ist Nagarjuna ein Vertreter des philosophischen Idealismus, der die Existenz von Dingen dort draussen und die Beziehung die sie haben leugnet und bei dem deswegen eher alles von Geist konstruiert wird.


    Ich habe noch den Artikel gefunden:


    Mulamadhyamakakarika - Nagarjunas grundlegende Gedanken zum Mittleren WegEntwicklung einer deutschsprachigen Interpretation - von Hans Korfmacher


    Hier kommt mir das differenzierter gedacht vor.


    Zitat

    Das Erscheinen ist gleichzeitig Begründung dafür, dass Ursachen nicht aus sich heraus existieren. Deshalb lehnt Nagarjuna radikal jedes Entstehens aus isolierbaren Ursachen ab.


    Doch wie kann etwas ohne Ursachen und nicht ohne Ursachen entstehen? In diesem scheinbaren Paradoxon zeigt sich die besondere Qualität Nagarjunas Denken: Er will uns von der üblichen Denkweise wegführen, die die eigenständige Existenz von Erscheinungen annimmt und die wir im Sinne der ebenfalls üblichen Kausalitätsgesetze als Ursache oder einer Nicht-Ursache begreifen, um uns auf neuen Wegen darauf hinzuweisen, dass Erscheinungen sich in einem ständigen Werden und Vergehen befinden, ohne je als eigenständige Ursachen oder Wirkungen isoliert werden zu können.


    Hier klingt es so, als lehr er das "Wirken" nicht ab sondern eher die Idee isolierbarer Ursachen.

  • Ich habe auch mal die Fühler ausgestreckt nach dem Abhidhamma, insbesondere dem siebten Band Paṭṭhāna:

    Paṭṭhāna, Bedingungszusammenhänge. Über die Entstehung und Zusammenhänge der materiellen und geistigen Phänomene nach 24 Abhängigkeitsbedingungen, wie: Wurzel, Objekt, Prädominanz, zeitliche Kontiguität, Co-Existenz, Kamma, usw.

    Da geht es um eine systematische Darstellung der Ursachen.

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  • Guten Tag ihr lieben,


    dann traue ich mich auch mal :)

    Beziehst du das jetzt auf die buddhistische Philosophie oder die moderne Naturwissenschaft? Es kann ja auch durchaus eine Ursache weiterbestehen, wenn die Wirkung schon gezeitigt ist. Zum Beispiel: "Wenn es regnet, wird die Wiese naß." Die Wiese kann schon nass sein und es regnet immer noch weiter.

    Genau das hatte ich beim Lesen dieser Gedanken auch gedacht :)
    Auch im gesellschaftlichen kann eine Ursache durchaus noch da sein, während sie ihre Auswirkungen auf das Geschehen hat.

    Danke für die Erläuterung! Um mal bei dem Beispiel mit der Vase zu bleiben. In unserem Sprachgebrauch würde man ja eher nicht auf die Idee kommen den Ton als Ursache der Vase zu bezeichnen. Der Ton an sich bewirkt ja nichts. Unter Bezug auf Naturgesetze und die materiellen Eigenschaften des Tons, der Glasur und der fachgerechten Anwendung bestimmter Werkzeuge und Techniken würde man die Ursache nach unserem Sprachgebrauch wohl eher in der Produktion - dem Tonbrand inklusive der ablaufenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten etc. sehen. Dass Ton und Vase ein Kontinuum bilden, ist aber eine sehr einleuchtende Sichtweise

    Ich würde da sogar einen Schritt weiter gehen und sagen, dass die Ursache für eine Vase (oder eine kreative Schöpfung an sich) immer der Mensch, also der Schöpfende ist. Die Ursache im Menschen für diesen Prozeß ist sein Schöpferwunsch. Also entsteht die Vase als Ursache aus dem Schöpferwillen des Menschen heraus. Denk ich mir zumindest.


    Das ist der Prozess Karma der nicht durch die physikalischen Bedingungen erzeugt werden kann, dafür braucht es den Handelnden, der etwas aus etwas macht, ein Etwas das nicht durch Natur ermöglicht wird. Vase existiert ausschließlich durch die Hände eines Geistes.

    Ich sehe, da ist noch jemand vor mir drauf gekommen :D :)


    Ich finde die Thematik von Ursache und Wirkung an sich unheimlich spannend, insbesondere, da ich gerade heutzutage den Eindruck habe, dass sehr vielen Menschen nicht wichtig ist, wirklich nach Ursachen zu forschen, insbesondere wenn sie darauf kommen, dass manches in ihnen selbst begründet liegt.


    Einfaches Beispiel: Wie kann es sein, dass ich mich immer noch in der misslichen Lage befinde, die mich unglücklich macht?

    Ich forsche nach der Ursache und stelle fest, dass ich der Grund bin. Jetzt gefällt das meinem Ego aber nicht, und ich suche nach einer angenehmeren Alternative. Man findet auch oft eine.
    Diese ist dann aber nur ein Alibi und ein Verschieben der eigentlichen "Problematik".

    Das, in meinen Augen, leitet einen weg von ehrlichem Verstehen von Ursache und Wirkung und ist meines Erachtens einer der Gründe, wieso vieles so aus den Fugen gerät - für einen selbst und für die Menschen und Wesen um einen herum.


    Weisheit und Güte _()_

  • Diese ist dann aber nur ein Alibi und ein Verschieben der eigentlichen "Problematik".

    Das hab ich auch bei Buddha so gelernt. Er zeigt nie auf andere, wenn ich eine persönliche Frage nach Ursachen habe. Er zeigt auch nicht auf mich. Die Antwort ist nicht das, was Buddha mit seinen Sinnen erkennt. Er zeigt eben nicht auf mich, da muss ich schon selbst draufkommen. Ich muss in mir selbst, in meinem eigenen Geist, die Antwort finden.

    Weder das Außen noch einer von außen hat die Antwort.

  • Das hab ich auch bei Buddha so gelernt. Er zeigt nie auf andere, wenn ich eine persönliche Frage nach Ursachen habe. Er zeigt auch nicht auf mich. Die Antwort ist nicht das, was Buddha mit seinen Sinnen erkennt. Er zeigt eben nicht auf mich, da muss ich schon selbst draufkommen. Ich muss in mir selbst, in meinem eigenen Geist, die Antwort finden.

    Weder das Außen noch einer von außen hat die Antwort.

    So sehe ich das auch. Es kann Dir ein Vertrauter einen Rat geben, den man in die Überlegungen mit einbeziehen kann, aber die eigentliche Antwort, die Ursache, die ist in einem selbst, und dann kommt es darauf an: bin ich bereit dazu, das zu erkennen UND umzusetzen oder nicht?

    Keine leichte Angelegenheit :)


    Weisheit und Güte _()_

  • Hallo Qui-Ran,


    Ich würde da sogar einen Schritt weiter gehen und sagen, dass die Ursache für eine Vase (oder eine kreative Schöpfung an sich) immer der Mensch, also der Schöpfende ist. Die Ursache im Menschen für diesen Prozeß ist sein Schöpferwunsch. Also entsteht die Vase als Ursache aus dem Schöpferwillen des Menschen heraus. Denk ich mir zumindest.

    Bei der Vase stimme ich dir zu. Die Vase ist ja ein Kulturprodukt und damit etwas menschengemachtes. Und die Welt wirkt nicht nur auf den Menschen ein und prägt ihn, sondern umgekehrt wirkt der Mensch auch auf die Welt ein und formt sie nach seinen Vorstellungen, z.B. in künstlerischer Tätigkeit oder als Ingenieur. Wenn der Mensch auf die Welt einwirkt ist der Grund für sein Einwirken eine Idee oder ein Willen, die Welt zu verändern. Und das ist eine Form der Bedingtheit, die ich ganz klar von einer naturwissenschaftlichen Kausalität unterscheiden würde. Es ist der Raum der Gründe, in dem eine Begründung wirksam werden kann. Das ist aber etwas anderes als zu sagen: Dann feuern die Synapsen im Hirn von X, X bewegt daraufhin seinen Arm und malt mit dem Pinsel einen Kreis auf die Leinwand. Bei der Begründung kann die Vorstellung von dem Ziel der Handlung der Grund für die Handlung sein.


    Aber wie verhält sich im Gegensatz zu der Vase bei einer Blume oder einem Berg. Die sind ja nicht vom Menschen geschaffen und doch durch Ursachen und Bedingungen entstanden.

    Einfaches Beispiel: Wie kann es sein, dass ich mich immer noch in der misslichen Lage befinde, die mich unglücklich macht?

    Ich forsche nach der Ursache und stelle fest, dass ich der Grund bin. Jetzt gefällt das meinem Ego aber nicht, und ich suche nach einer angenehmeren Alternative. Man findet auch oft eine.
    Diese ist dann aber nur ein Alibi und ein Verschieben der eigentlichen "Problematik".

    Es ist ja auch die Frage, was es genau heißt, dass "ich" der Grund bin. Ist es meine Persönlichkeit, mein Charakter, sind es meine Verhaltensmuster oder meine Unwissenheit. Und was wäre die Alternative zu Verdrängung und Verleugnung? Kann ich meine Persönlichkeit einfach so ändern oder muss ich mich zehn Jahre beim Psychoanalytiker auf die Couch legen oder zehn Jahre über die Leerheit meditieren?

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Aber wie verhält sich im Gegensatz zu der Vase bei einer Blume oder einem Berg. Die sind ja nicht vom Menschen geschaffen und doch durch Ursachen und Bedingungen entstanden.

    Bei der Vase geht es dich was an, bei der Blume, Pflanze oder jeden erdenklich anderen lebenden Wesen geht es dich nichts, absolut nichts an, wie es erscheint oder wie du glauben könntest, wie es erscheint. Du hast schlicht und einfach keine Ahnung wie Leben entsteht, bei einer Vase ist das ganz was anderes. Jedes Lebewesen hat seine individuellen unergründlichen Ursachen, eine Vase nicht.

  • Bei der Vase geht es dich was an, bei der Blume, Pflanze oder jeden erdenklich anderen lebenden Wesen geht es dich nichts, absolut nichts an, wie es erscheint oder wie du glauben könntest, wie es erscheint. Du hast schlicht und einfach keine Ahnung wie Leben entsteht, bei einer Vase ist das ganz was anderes. Jedes Lebewesen hat seine individuellen unergründlichen Ursachen, eine Vase nicht.

    Die Blume geht mich etwas an, da ich mich über ihre Schönheit freue, wenn ich sie betrachte. Oder da ich aus ihren Blüten einen Tee koche, der sich auf meinen Organismus und meine Psyche in einer bestimmten Weise auswirkt. Vor der Erhabenheit des Bergs kann ich in Respekt und Ehrfurcht stehen. Ich kann versuchen ihn zu erklimmen in mit einer respektvollen oder einer größenwahnsinnigen Haltung oder mit der Seilbahn hoch fahren.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Aristoteles war jemand der sich für die Welt interessiert . Als er im Exil auf Lesbos war beschäftigte er sich sehr mit den dortigen Tiere und suchte zu ergründen, wie das alles zusammenhing:


    Aristoteles interessierte sich als einer der Ersten für den Bauplan von Meereswürmern und Kopffüßern, für den „Vollkommenheitsgrad“ ihres Körperbaus und für die Lebensweise anderer Wirbelloser, für die Funktionsweise von Schneckenmägen, für die Struktur des menschlichen Herzens und Blutkreislaufs, aber auch für die Tanzsprache von Bienen, die Paarung von Reihern und die elterliche Fürsorge von Xphjnen. Aristoteles wollte wissen, wie sich Lebewesen aus dem Ei entwickeln, warum einige länger leben als andere, warum wir sterben

    Aristoteles war also jemand der neugierig auf die Natur war und von daher als einer der Gründerväter der Naturwissenschaft helfen kann.


    Über Nagarjuna weiß man wenig aber ich würde nicht annehmen, dass er sich groß für Delphine und Bienen interssiert. Seine Sprache ist nicht dazu geeignet die Beziehung zwischen Ei und Tier zwischen Sprössling und Pflanze zu ergründen.


    Er war ein Weltentsagender der sich nicht für weltliche Beziehungen interessiert sondern dafür unter welchen Bedingungen

    leidvollen Phänomene im Geist auftauchen.


    Auch wenn es beides Philosophen sind, folgen sie zwei gegensätzliche Bewegungsrichtungen "Hin zur Welt/ weg von der Welt" die ihr Denken kennzeichnet und von daher ihr Verständnis von Ursachen prägt.


    Das das was für Aristoteles wichtig ist für Nagarjuna unwichtig ist, ist vielleicht eben nur Ausdruck der Entsagung.