1. Übersicht
  2. Forum
  3. Lexikon
  • Anmelden
  • Registrieren
  • Suche
Dieses Thema
  • Alles
  • Dieses Thema
  • Dieses Forum
  • Seiten
  • Forum
  • Lexikon
  • Termine
  • Erweiterte Suche
  1. Buddhaland Forum
  2. Buddhismus
  3. Allgemeines zum Buddhismus

Religion

  • Monikamarie
  • 19. Dezember 2023 um 14:21
  • Zum letzten Beitrag
  • Online
    Monikamarie
    Globale Moderation Themenautor
    Reaktionen
    6.960
    Punkte
    46.155
    Beiträge
    7.794
    Mitglied seit
    2. Oktober 2025
    Wohnort
    Hamburg
    Buddh. Richtung
    Theravada
    Geburtstag
    21. November 1948 (77)
    • 19. Dezember 2023 um 14:21
    • #1
    Verschoben

    @Monikadie4. hat diesen Thread nicht eröffnet, er wurde aus dem Thread Fragen zur Tradition des Zen abgespalten.void

    Hinzufügen, Rigpa, möchte ich noch, dass Buddhas Lehre keine Religion ist, auch wenn das oft gesagt wird und vielleicht auch nicht leicht zu verstehen.

    Re-Ligion bezieht sich auf einen Gott, Erlöser, Gnade.

    Buddha ist kein Erlöser, er hat einen Weg aus dem Leiden gefunden, ohne irgendeine Gnade von außen. Jede/r kann den Weg gehen, aber die wenigsten tun es.

    :heart:

  • Online
    Helmut
    Reaktionen
    2.685
    Punkte
    16.415
    Beiträge
    2.678
    Blog-Artikel
    6
    Mitglied seit
    7. Mai 2018
    • 19. Dezember 2023 um 15:03
    • #2

    Der Dharma ist sehr wohl eine Religion. Den westlichen Religionsbegriff, der aufs lat. Religio zurückgeht, kann man nur im Kontext theistischer Religionen anwenden. Aber nicht jede Religion ist theistisch.

    Man kann nicht von Religion im Singular sprechen, sondern nur im Plural. Religion ist mehr als theistische Religion. In anderen Kulturen wie zum Beispiel in Indien, Tibet, China oder Japan werden allerdings andere Begriffe für Religion verwendet als bei uns.

    Bei Religion geht es immer über Überweltliches. Im Theravada beginnt das Überweltliche mit dem Stromeintritt. Im Kontext des Bodhisattvapfades, wie er im Mahayana erklärt wird, beginnt es mit dem Pfad des Sehens.

    Der Buddhadharma ist sehr facettenreich. Er ist Philosophie, Meditation und Lebensführung, Religion, Psychologie usw. Als Religion kommt er eben ohne einen Schöpfergott aus.

    Gruß Helmut

    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Leonie
    Reaktionen
    3.302
    Punkte
    15.597
    Beiträge
    2.447
    Mitglied seit
    12. Juli 2017
    • 19. Dezember 2023 um 15:37
    • #3
    Helmut:

    Der Dharma ist sehr wohl eine Religion. Den westlichen Religionsbegriff, der aufs lat. Religio zurückgeht, kann man nur im Kontext theistischer Religionen anwenden. Aber nicht jede Religion ist theistisch.

    Was natürlich nicht korrekt ist. Macht aber auch wieder nix - wenn man eben kein Latein und keine christliche Literatur kennt.

    Allerdings gibt es da auch das internet.[lz]

    Das Wort Religion wird oft von lateinisch ›religare‹ (zurückverbinden) hergeleitet. Diese Etymologie findet besonders in religiösen Kreisen Anklang, weil sie sich für die Vorstellung von einem persönlichen Band zwischen Mensch und Gott und die Behauptung veruntreuen läßt, Religion würde Menschen verbinden. Sie ist sogar in Wörterbücher und die Wissenschaft vorgedrungen – dabei ist sie allein aus christlichem Dogma abgeleitet und hält keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand.[/lz]


    [lz]

    Wenn wir uns die ältesten überlieferten Zitate mit religio ansehen, sehen wir, dass es nichts mit Göttern zu tun hat: es ist eher die Sorge, oder fast die Angst, dass etwas schief gehen könnte. Das Darauf-Achten, dass niemand wütend wird, nicht einmal die Götter. Und daraus ergibt sich, sich penibel an die Riten halten, die Regeln richtig auszuführen.[/lz]

    Woher kommt das Wort Religion?
    Religare, relegere und religere
    www.belleslettres.eu

    :zen:

  • Hingabe
    Reaktionen
    843
    Punkte
    8.683
    Beiträge
    1.471
    Mitglied seit
    26. Januar 2022
    • 19. Dezember 2023 um 15:49
    • #4
    Helmut:

    Der Buddhadharma ist sehr facettenreich. Er ist Philosophie, Meditation und Lebensführung, Religion, Psychologie usw. Als Religion kommt er eben ohne einen Schöpfergott aus.

    Das hast du alles wunderbar erklärt ( auch das andere ).

    Leonie:

    Wenn wir uns die ältesten überlieferten Zitate mit religio ansehen, sehen wir, dass es nichts mit Göttern zu tun hat: es ist eher die Sorge, oder fast die Angst, dass etwas schief gehen könnte. Das Darauf-Achten, dass niemand wütend wird, nicht einmal die Götter. Und daraus ergibt sich, sich penibel an die Riten halten, die Regeln richtig auszuführen.

    Danke, dann heißt der Ursprung des Wortes eben religare- zurückverbinden. Zurückverbinden womit auch immer. Aber es geht auch irgendwie darum, finde ich.

    Und es geht aber auch darum, sich an Regeln zu halten. Also ich denke hier an die Sila.

    Daher passen beide Wörter.

    Im Übrigen kann man es dem anderen auch freundlich sagen, wenn er sich geirrt hat. :)

    Viele sagen, dass der Buddhadharma eine Religion ist, aus den Gründen, die Helmut angeführt hat :

    Helmut:

    Bei Religion geht es immer über Überweltliches. Im Theravada beginnt das Überweltliche mit dem Stromeintritt. Im Kontext des Bodhisattvapfades, wie er im Mahayana erklärt wird, beginnt es mit dem Pfad des Sehens.

    Danke für diese Erklärung/ Richtigstellung. :) Nur weiß ich jetzt dank dir, das das eben nicht alles ist, was er ist. :klee: Danke für diesen Hinweis lieber Helmut. Das war mir vorher nicht bewusst, oder habe ich nicht so gut in Worte fassen können, was er sonst noch ist.

    Von daher sollte ich ab jetzt nicht Religion sagen, sondern ein Befreiungsweg oder so etwas. Denn wenn ich dazu Religion sage, beschränke ich den Buddadharma nur darauf.

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.

    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).



    7 Mal editiert, zuletzt von Hingabe (19. Dezember 2023 um 16:28)

  • Hingabe
    Reaktionen
    843
    Punkte
    8.683
    Beiträge
    1.471
    Mitglied seit
    26. Januar 2022
    • 19. Dezember 2023 um 16:23
    • #5

    Der Begriff Befreiungsweg würde ja mehr das Religiöse betonen. Alternativ zum Begriff Religion, könnte ich ja ab jetzt lieber sagen " die buddhistische Lehre " oder eben, der " Buddhadharma ". Ja, das werde ich.

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.

    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).



    Einmal editiert, zuletzt von Hingabe (19. Dezember 2023 um 16:28)

  • Leonie
    Reaktionen
    3.302
    Punkte
    15.597
    Beiträge
    2.447
    Mitglied seit
    12. Juli 2017
    • 19. Dezember 2023 um 18:53
    • #6
    Helmut:

    Bei Religion geht es immer über Überweltliches. Im Theravada beginnt das Überweltliche mit dem Stromeintritt. Im Kontext des Bodhisattvapfades, wie er im Mahayana erklärt wird, beginnt es mit dem Pfad des Sehens.

    Dazu sollte doch zunächst einmal geklärt werden, was denn im Buddhismus mit "überweltlich" gemeint ist. Lokuttara - überweltlich - transzendent; überschreiten, über das Weltliche hinaus - deshalb ist es mit dem Stromeintritt verbunden, da das in jedem Fall zum Nibbana führt.

    Ein sotāpanna - Stromeingetretener: hat die ersten drei samyojana - Fesseln überwunden, nämlich:

    Zitat
    1. sakkāya-ditthi - Falscher Glaube an ein Ich
    2. vicikicchā - Zweifel bezüglich Buddha, Dhamma, Sangha
    3. sīla-bbata-parāmasa - Hängen an Regeln und Riten

    DAS hat nichts mit Religion zu tun - man mag da einer idee oder ideologie anhängen und Anhänger sammeln, aber Religion ist immer weltlich - der Gegenstand ist eine Vorstellung und sonst nichts.

    :zen:

  • Online
    Helmut
    Reaktionen
    2.685
    Punkte
    16.415
    Beiträge
    2.678
    Blog-Artikel
    6
    Mitglied seit
    7. Mai 2018
    • 20. Dezember 2023 um 17:30
    • #7
    Leonie:

    ... aber Religion ist immer weltlich - der Gegenstand ist eine Vorstellung und sonst nichts.

    Ich finde diese Religionsdefinition ziemlich dürftig. Da ist selbst die westliche Religionswissenschaft schon weiter. Aber diese Definition hat natürlich den Vorteil, dass man mit ihr behaupten kann, die Lehre des Buddha sei keine Religion. Und genau darum geht es dir ja.

    Gruß Helmut

    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Online
    void
    Globale Moderation
    Reaktionen
    7.452
    Punkte
    60.595
    Beiträge
    10.512
    Mitglied seit
    6. August 2009
    Buddh. Richtung
    Zen
    • 20. Dezember 2023 um 18:10
    • #8

    Religion ist ein komplexer Begriff. Oftmals verweist Religion auf ein "übernatürliches", aber nicht alles was auf ein "übernatürliches" verweist ist Religion.

    So kann ich z.B in manchen Kulturen bei Krankheit zu meinem lokalen Schamanen gehen und der interagiert da mit einer Geisterwelt und versucht die Ursachen der Krankheit zu beseitigen. Hier spricht man eher von Magie, weil es um eine private, technische Angelegenheit geht.

    Wenn jedoch der gleiche Schamane für die Gemeinschaft Regen beschwören soll, dann würde man eher von Religion sprechen. Religion ist also eher ein kollektives Wenden an das "Übernatürliche".

    Wobei es in vielen Gesellschaften so ist, dass das "Übernatürliche" Teil des Alltags ist - also gar nicht als eine separate Sphäre verstanden wird. Bei Krankheit Helden Kräuter und Sprüche. Wenn man den Herd bei entzündet gehört eine Zeremonie mit dazu, genauso wie bei dem Bau eines Hauses. Reste davon haben sich erhalten wenn man andere mit "Grüß Gott" grüßt.

    Religion hat in dieser Hinsicht sehr viel mit den Kitt zu tun der die Gesellschaft zusammenhält und Rituale sind ein Herstellen und Erhalten dieser Ordnung - ein "Wiedenbinden des Menschen an die Gemeinschaft"

    Dort wo der Buddhismus "antisozial" ist - dort wo er die Gemeinschaft der Menschen negiert und ganz in die Hauslosigkeit zieht ist er von daher weit von Religion entfernt. Dort wo er, oft als Gegenleistung dafür dass die Menschen Mönche und Nonnen finanzieren, den "Kitt" stärkt , nähert er sich Religion. Also wo Wats soziale Orte sind, wo die Ordinierten für den Staat gutes Karma erzeugen und so das Gemeinwohl fördern, wo sie Rituale durchführen, ist Buddhismus Religion.

    Das was den Buddhismus ausmacht, ist dass er sich nicht in Religion - in "Kitt der Gesellschaft" erschöpft - sondern sich ein Element von Hauslosigkeit bewahrt

    Weil "Kitt der Gesellschaft" zu sein - so edel es ist und so übernatürlich es aufgeladen wird - aus Sicht des Buddhismus wo es um die vollständige Befreiung geht - etwas Weltliches ist.

  • Leonie
    Reaktionen
    3.302
    Punkte
    15.597
    Beiträge
    2.447
    Mitglied seit
    12. Juli 2017
    • 20. Dezember 2023 um 18:27
    • #9
    Helmut:

    die westliche Religionswissenschaft

    Wen meinst du damit? Das ist ein uneinheitliches Feld - da ist Religionsphilosophie, -soziologie und -pädagogik dabei und manche sind Atheisten, andere Agnostiker und wiederum andere Pfarrer der einen oder anderen Kirche.

    Den Anfang kann man auf das Weltparlament der Religionen 1893 im Rahmen der Weltausstellung setzen - da wurde der Religionsbegriff der Kolonialmächte auf die Kolonisierten übertragen.

    Bergunder, Michael: Was ist Religion[lz]

    Die Religionswissenschaft kann sich nicht auf einen gemeinsamen Gegenstand einigen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass in

    der bisherigen Diskussion ein konsensfähiges zeitgenössisches Alltagsverständnis von "Religion" vorausgesetzt wird, das aber unerklärt und unreflektiert blieb.

    Im Rahmen eines kulturwissenschaftlichen Ansatzes ist es möglich, dieses All-

    tagsverständnis so zu konzeptualisieren, dass es als historischer Gegenstand der Religionswissenschaft etabliert werden kann. Dazu wird insbesondere auf die theoretischen Ansätze von Ernesto Ladau, Judith Butler und Michel Foucault zurückgegriffen. Die vorgestellten Überlegungen sind unmittelbar anschlussfähig an die postkolonialen Debatten und ermöglichen dadurch zugleich, das Konzept eines "europäischen Religionsbegriffs" zugunsten eines globalen Verständnisses zu überwinden.
    [/lz]

    :zen:

  • Online
    void
    Globale Moderation
    Reaktionen
    7.452
    Punkte
    60.595
    Beiträge
    10.512
    Mitglied seit
    6. August 2009
    Buddh. Richtung
    Zen
    • 20. Dezember 2023 um 19:07
    • #10
    Leonie:
    Helmut:

    die westliche Religionswissenschaft

    Wen meinst du damit? Das ist ein uneinheitliches Feld - da ist Religionsphilosophie, -soziologie und -pädagogik dabei und manche sind Atheisten, andere Agnostiker und wiederum andere Pfarrer der einen oder anderen Kirche.

    Den Anfang kann man auf das Weltparlament der Religionen 1893 im Rahmen der Weltausstellung setzen - da wurde der Religionsbegriff der Kolonialmächte auf die Kolonisierten übertragen.

    Bergunder, Michael: Was ist Religion

    Da geht es ja so um die Religionswissenschaftler, die das für was sie zuständig sind, gerne inhaltlich bestimmen würden - wohl weil sonst ihre Disziplin zur Disposition steht. Von daher wird da die funktionale Definition nur kurz angerissen:

    Burgunder:

    Der zweite Ansatz besteht in den sogenannten "funktionalen Religionsbe-

    stimmungen". Sie fragen danach, was Religion für den Menschen oder die Ge-

    sellschaft leistet, reduzieren Religion also auf eine Funktion, deren Merkmale im Rahmen sozialwissenschaftlicher oder psychologischer Theoriebildungen be-

    gründet werden. In diesen Definitionen erhält die inhaltliche Dimension von

    Religion nur einen sekundären Status, weswegen ihre Popularität in der Reli-

    gionswissenschaft eher gering blieb.

    Alles anzeigen

    Für die funktionale Sichtweise ist aber ja gerade in der Anthroplogie sehr verbreitet.

    Ich finde aber das mit der Funktion doch eine sehr wichtige Sache. Wenn man über die Funktion geht, ist das vielleicht sinnvoller als so etwas amorphes wie den Religionsbegriff zu verwenden

    Nehmen wir an irgendwo steht eine Statue von Avalokiteshvara, die für alle ein tiefer Gegenstand der Verehrung ist. Da ist es doch sehr wichtig, was die Funktion dieser Verehrung ist. Diese kann ja ein komplexer Überlagerunszustand sein.

    1. Für den Mönch kann Avalokiteshvara ein grundlegendes Element seiner spirituellen Praxis sein. Und die Funktion hier ist, Befreiung zum Wohle aller Wesen zu erlangen.
    2. Für jemand ist die Statue vielleicht etwas auf was er stolz ist - etwas was für ihn tiefer Teil seiner Kultur ist - ein Ort wo seine Großeltern Verehrung zollten und der die Gegend beschützt.
    3. Jemand anders sieht die Praxis der Verehrung als etwas, um gutes Karma zu generieren, um so selber eine bessere Wiedergeburt zu bekommen oder um weltliche Hindernisse zu beseitigen.
    4. Wieder wer anderes sieht in der Verehrung etwas, um weltliche Wünsche erfüllt zu bekommen. Ein Mofa wäre super
    5. Und für wen anderes ist die Statue das spirituelle Zentrum des Dorfes.

    Die Funktionen wären dann also:

    1. Spirituell
    2. Kulturell
    3. Karma
    4. Wunscherfüllung
    5. Sozial

    Der Buddhismus ist etwas, was seine Primäre Funktion bei 1 hat - er weißt den Weg zur Befreiung. Aber ein wichtiges Element ist auch 2 - die meisten Buddhisten sind keine Ordinierten und hoffen auf zukünftige Wiedergeburten. Von da aus hat er auch die Aufgabe übernimmen sozialer Kitt zu sein (2/5) und ist auch gegenüber eher weltlichen Wünschen (4) offen.

    Von daher kann man den Dialog vielleicht als einen zwischen purstischen Absatz ( Buddhismus sollte nur 1sein) und einem offenen Ansatz ( es ist gut dass Avalokiteshvara für alle Funktionen da ist) führen.

    Das wäre vielleicht ehrlicher und zielführender als es als Dehnbarkeitsübung für den Religionsbegriff zu formulieren.

  • Hingabe
    Reaktionen
    843
    Punkte
    8.683
    Beiträge
    1.471
    Mitglied seit
    26. Januar 2022
    • 20. Dezember 2023 um 20:15
    • #11
    Helmut:

    Man kann nicht von Religion im Singular sprechen, sondern nur im Plural. Religion ist mehr als theistische Religion. In anderen Kulturen wie zum Beispiel in Indien, Tibet, China oder Japan werden allerdings andere Begriffe für Religion verwendet als bei uns.


    Bei Religion geht es immer über Überweltliches.

    Zitat

    Johannes Figl: Im Allgemeinen geht es in den Religionen um die Transzendenz, also eine Wirklichkeit, die unser Leben und unser Dasein sowie unsere geschaffene materielle Welt überschattet. Wenn Menschen der religiösen Wirklichkeit mehr Wert zumessen als der materiellen Welt, dann haben sie eine religiöse Einstellung. Von Religionsgemeinschaften sprechen wir, wenn Religiosität im Rahmen einer Gemeinschaft realisiert wird. Ein weiterer Aspekt ist, ob es kultische Aktivitäten gibt sowie eine gewisse ethische Orientierung, die jeweils von Religionen vorgegeben werden. Aus religionswissenschaftlicher Sicht sind diese Voraussetzungen im Buddhismus gegeben.

    https://www.ursachewirkung.com/leben/853-ist-…s-eine-religion

    Dem muss ich zustimmen. Aber wie Helmut ja auch schon geschrieben hatte, ist Buddhas Lehre nicht nur eine Religion, sie ist noch mehr. Aber ihr das Religiöse abzusprechen, das macht mich ehrlich gesagt wütend. Da es sich auch um Erfahrungen dreht die wir nur glauben können, solange wir sie nicht selbst erlebt haben, und der Welterhabene hatte ja einige Erfahrungen, die wir nur glauben können, solange wir das nicht auch erlebt haben. Er lehrt das Weitergeboren werden oder das etwas wieder verkörpert wird, das Samsara- Karussel, er sieht es als Heil an, aus diesem auszusteigen. Es geht auch um andere Erfahrungen, die sich jenseits der materiellen Welt abspielen meiner Meinung nach.

    Manche haben hier einen Religions- Komplex. Oder Trauma scheint mir, darum wehren sie so vehement ab, dass die Lehre Buddhas auch religiös ist.

    Leonie:

    Dazu sollte doch zunächst einmal geklärt werden, was denn im Buddhismus mit "überweltlich" gemeint ist. Lokuttara - überweltlich - transzendent; überschreiten, über das Weltliche hinaus - deshalb ist es mit dem Stromeintritt verbunden, da das in jedem Fall zum Nibbana führt.

    Ich sehe da keinen Widerspruch zu Helmuts Aussage, dass es ab da um Überweltliches geht, überweltlich für einen wird. :)

    Erich Fromm hatte diese Einstellung zu dem Begriff Religion ( ich habe die meiner Ansicht nach hilfreichsten Aussagen kopiert und werde sie hier als Zitat vorstellen ) :

    Zitat

    Er kritisiert den autoritären Charakter der christlichen Religionen als ein Machtinstrument, das dem Urbedürfnis der Menschen eine göttliche Vaterfigur gibt. (..)

    Der Hang nach Objektivität, nach Abschaffung eines theistischen Weltbildes, ist zwar auch in Fromms Leben immer ein Thema gewesen. Vom Gott seiner Väter hat er sich zwar losgesagt, von kirchlicher Autorität und jede Form spiritueller Entmündigung ebenso, aber nicht vom Potential einer humanistischen Religion. Erich Fromm äußert sich 1962 in einem Radiovortrag in den USA über die Bedeutung der monotheistischen Religionen.

    „Was haben sie gelehrt? Sie lehrten in erster Linie, dass Gott nicht erkennbar ist. Dass du Gottes Namen nicht benutzen darfst. Dass du kein Bild von Gott machen darfst. Dieser Gott ist keine Sache. Und Gott ist keine Person. Aber Gott ist ein Wort für das, was wir nicht verstehen und doch das Ziel unserer Bestrebungen ist. Was monotheistische Religion wirklich bedeutete, war, dass Gott die Idee der Wahrheit und der Liebe darstellte. Die religiöse Aufgabe bestand nicht nur darin, an eine solche Idee zu glauben, sondern sie ernst zu nehmen, sie als ein letztes Anliegen zu betrachten und das Leben so zu leben, dass er seine Liebesfähigkeit entfalten und fördern konnte. Seine Fähigkeit, Vernunft zu entwickeln, sind die Hauptziele, denen ein Leben gewidmet ist.“

    (...)

    „Es wäre einfach zu sagen, Freud sei ein Feind der Religion, aber die Antwort ist nicht einfach. Freud schrieb ein Buch, das sich fast ausschließlich mit Religion befasste und das er „Die Zukunft einer Illusion“ nannte. Freud sprach dort über eine bestimmte Art von Religion, die, wie ich befürchte, eine Art von Religion ist, die die meisten Menschen haben. In dem Gott als erweiterte Vaterfigur gesehen wird, von der man Hilfe erwartet, wenn man in Not ist, an die man denkt, wenn man Glück oder Erfolg hat.“

    (...)

    Was die Menschen denken und fühlen, so Fromm, hat seine Wurzeln in ihrer Charakterstruktur, und dieser Charakter wird geprägt durch die gesamte Struktur ihrer Lebenspraxis – genauer gesagt, durch die sozio-ökonomische und politische Struktur ihrer Gesellschaft. In Gesellschaftsformen, wo eine Minderheit die Macht in Händen und die Massen in Unterwerfung hält, wird das Individuum so von Furcht erfüllt sein, so unfähig, sich stark und unabhängig zu fühlen, dass seine religiöse Erfahrung autoritärer Natur sein wird. Vor diesem Hintergrund entwirft Fromm seine funktionale Religionsvorstellung, die das Ziel verfolgt, den Menschen Vom „Haben-Wollen“ abzubringen.

    Die X-Erfahrung

    Auch ein „Gott-Haben-Wollen“ ist auf dem Weg hin zu einem gelingenden Leben, hinderlich. Das Gottesbild ist für Fromm etwas poetisches, das Wort „Gott“ sogar unerheblich für eine zutiefst menschliche religiöse Erfahrung. Hier bringt er den Begriff einer sogenannten „X-Erfahrung“ ins Spiel, wie Rainer Funk erläutert: „In dem Buch „Ihr werdet sein wie Gott“ – dem Versprechen der Schlange im Paradies, das hat er als Buchtitel genommen. In diesem Buch spricht er von der X-Erfahrung. Es gibt eine Erfahrung, wenn der Mensch ganz von seinem „Ich“ fähig ist loszulassen, von jedem, was er machen, was er bewerkstelligen will, was er managen will, was er gebrauchen will. Wenn der Mensch fähig wird, durch Meditationsübungen, durch Aufmerksamkeitsübungen davon ablassen kann, wenn er innerlich ganz leer wird, macht er eine neue Erfahrung seiner Ganzheitlichkeit.“

    Was Erich Fromm mit dem Begriff „X-Erfahrung“ bezeichnet, ist das Programm einer humanistischen Religionsauffassung, die das patriarchalisch-theistische Gottesbild ablehnt. Fromms Religionsideal beruft sich auf Meister Eckhart und am Ende seines Lebens auf den Zen-Buddhismus, japanischer Prägung.

    https://www.deutschlandfunk.de/erich-fromm-un…e-gott-100.html

    Alles anzeigen

    Liebe Grüße

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.

    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).



    Einmal editiert, zuletzt von Hingabe (20. Dezember 2023 um 20:48)

  • sigala
    Reaktionen
    63
    Punkte
    353
    Beiträge
    54
    Mitglied seit
    13. Dezember 2011
    • 20. Dezember 2023 um 20:19
    • #12

    Ich bin weder buddhistisch sozialisiert worden noch bin ich aufgewachsen, wo der Buddhismus die prägende Religion ist. Das ist in meinem Falle das Christentum, obwohl ich selber nie gläubiger Christ war. Somit habe ich einen ganz anderen Bezug zum Buddhismus als zum Beispiel ein Asiate, der in einem vorwiegend buddhistisch geprägten Land aufgewachsen ist. Dort ist es ganz selbstverständlich, den Buddhismus als Religion zu sehen, was er nun mal auch ist.

    Wenn ich als Westler den Buddhismus kennenlerne, dann ist der Kontext ein anderer als der, den jemand erfährt, der von Geburt an in einem buddhistisch geprägten Land aufwächst und damit den Buddhismus vermutlich ziemlich ähnlich erfährt wie wir Westler das Christentum. Meist wird der Buddhismus hier im Westen als rationale Alternative bzw. als rationales Gegenstück zum Christentum verstanden.

    Persönlich halte ich die Lehre Buddhas und allgemeiner die Lehren, die der Buddhismus in den ca. 2500 Jahren seiner Existenz hervorgebracht hat, durchaus für rationaler als die christliche Lehre, soweit ich sie kenne. Für mich ist die buddhistische Lehre viel gehaltvoller und ihre Substant bleibt bestehen, wenn man die religiösen Elemente des Buddhismus wegnimmt. Meine Meinung ist, dass das den Buddhismus deutlich von anderen Religionen unterscheidet.

    Wenn ich mich allerdings nicht auf die philosophische Lehre beschränke, sondern auf die vielen Riten und die religiöse Praxis in buddhistischen Ländern sehe, dann ist mein Eindruck allerdings schon der, dass ich das als genauso religiös empfinde wie die Riten und Praxis des Christentums (ich meine das völlig wertfrei). Es gibt also einen Unterschied zwischen der gelebten Frömmigkeit und der reinen philosophischen Lehre.

    Ich sehe für mich keinen Sinn, religiöse Rituale zu übernehmen, wenn sie mir fremd sind und ich damit nichts verbinde. Mir persönlich ist es auch ziemlich egal, ob die Lehre Buddhas, der ich folge, als Religion bezeichnet wird oder als Philosophie, es ist die Lehre, die mich überzeugt, und es ist der Buddha, den ich verehre.

  • Online
    Monikamarie
    Globale Moderation Themenautor
    Reaktionen
    6.960
    Punkte
    46.155
    Beiträge
    7.794
    Mitglied seit
    2. Oktober 2025
    Wohnort
    Hamburg
    Buddh. Richtung
    Theravada
    Geburtstag
    21. November 1948 (77)
    • 20. Dezember 2023 um 20:43
    • #13

    Klasse Sigala ♥

  • Online
    Thorsten Hallscheidt
    Reaktionen
    4.185
    Punkte
    18.055
    Beiträge
    2.700
    Mitglied seit
    2. März 2019
    • 20. Dezember 2023 um 21:17
    • #14

    Bis zur ersten echten Stille ist der Buddhismus von scheinbarer Rationalität geprägt, die aber eher eine Effizienz ist, den Weg zu dieser Stille aufzuzeigen. Mit der Stille wird sofort und unmissverständlich klar, warum Buddhismus reine Religion ist.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Maha
    Reaktionen
    545
    Punkte
    3.685
    Beiträge
    602
    Mitglied seit
    11. November 2022
    Buddh. Richtung
    Interesse an tibetischem Buddhismus / bisher eher säkularer Hintergrund
    • 21. Dezember 2023 um 13:49
    • #15

    Der Inhalt kann nicht angezeigt werden, da du keine Berechtigung hast, diesen Inhalt zu sehen.

    Ich habe gerade das Bodhicaryavatara von Santideva zu lesen begonnen. Auf der ersten Seite der Einleitung von Ernst Steinkellner geht es genau um die Frage, die hier in dem Thread diskutiert wird. Und ich finde Steinkellner beantwortet die Frage mit einer dialektischen und durchaus komplexeren Antwort.

    Liebe Grüße

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Online
    Helmut
    Reaktionen
    2.685
    Punkte
    16.415
    Beiträge
    2.678
    Blog-Artikel
    6
    Mitglied seit
    7. Mai 2018
    • 21. Dezember 2023 um 16:11
    • #16

    Ich habe zu unserem Thema, ob der Buddhismus eine Religion ist folgendes gefunden. Die Zitate stammen aus einem Vortrag, den Michael Zimmermann 2010 auf einem Kongress an der Uni Hamburg hielt:

    Zunächst geht er auf den Religionsbegriff ein:

    Zitat

    ... ist man im Bereich der Religion, nämlich bei der Frage des Religionsbegriffs, auf einem viel schwierigeren Pflaster. [im Vergleich zum Philosophiebegriff, meine Anmerkung]

    Ob man nun versucht, Religion substanziell oder funktionell zu bestimmen: der alte Diskurs in der Religionswissenschaft, wie Religion zu definieren sei, ist bis heute noch zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Das ist auch kaum zu erwarten, gehen doch die Ideen und Ansätze in einem erst seit relativ kurzer Zeit die gesamte Vielfalt von religiösen Erscheinungsformen in West und Ost ernst nehmenden religionswissenschaftlichen Diskurs in ganz unterschiedliche Richtungen.

    In Bezug zur Frage, ob der Buddhismus eine Religion oder eine Philosophie sei, führt er aus:

    Zitat

    Für mich ist das eigentlich eine falsche Frage, allerdings eine Frage, die inspirieren kann und vielleicht auch eine nicht zu leugnende provokative Dimension enthält. Denn natürlich sind im Buddhismus beide Dinge, Religion und Philosophie, eng miteinander verwoben. Es ist ein Miteinander von religiösen und philosophische Standpunkten, und ich plädiere dafür, den Buddhismus als eine Einheit von Religion, Philosophie sowie ethischer und spiritueller Praxis zu begreifen und ihn in seiner nicht irreduziblen Vielfalt auf allen Ebenen anzuerkennen und wertzuschätzen.

    Die Zitate stammen aus: M. Zimmermann, Der Buddhismus - mehr als Religion und Philosophie, erschienen in: Roloff, Weiße, Zimmermann (Hrsg.) Buddhismus im Westen - Ein Dialog zwischen Religion und Wissenschaft, Münster 2011, S.65 und S.69

    Gruß Helmut

    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

Ausgabe №. 134: „Keine Angst vor der Angst"

  1. Impressum
  2. Datenschutzerklärung
  3. Nutzungsbedingungen
Community-Software: WoltLab Suite™ 6.1.15
Buddhaland Forum in der WSC-Connect App bei Google Play
Buddhaland Forum in der WSC-Connect App im App Store
Download