Was sind Gedanken, was sind Gefühle?

  • accinca:
    hedin:


    Niemals z.B. sind karmisch heilsame und unheilsame Willenszustände die Wirkung früherer Taten, da sie eben selber Karma sind. Hierüber siehe titthāyatana, ferner Karma und Tab. I


    accinca:


    Wo kommen denn (nach deiner Meinung) heilsame und unheilsame Willenszustände her,
    wenn nicht durch die Wirkung früherer Taten in diesem oder einem anderen Dasein?


    Obiger Satz, der übrigens aus dem PK stammt, sagt nicht anderes aus, als dass die aktuellen heilsamen oder unheilsamen Taten niemals mit Taten aus vergangenen Zeiten identisch sind, sondern dass die aktuellen Taten lediglich mit der heilsamen oder unheilsamen karmischen Energie vergangener Taten korrespondieren.
    Bei dieser Gelegenheit fällt mir auf, dass Formulierung von „lichtem oder dunklen Wirken“ genau mit dieser Thematik zu tun haben könnte.


    hedin

  • hedin:
    Zitat

    Niemals z.B. sind karmisch heilsame und unheilsame Willenszustände die Wirkung früherer Taten, da sie eben selber Karma sind. Hierüber siehe titthāyatana, ferner Karma und Tab. I


    Obiger Satz, der übrigens aus dem PK stammt,


    Nein, der obige Satz kommt eben so nicht aus dem PK.


    Zitat

    sagt nicht anderes aus, als dass die aktuellen heilsamen oder unheilsamen Taten niemals mit Taten aus vergangenen Zeiten identisch sind,


    Was sicher auch niemand denken würde.


    Zitat

    sondern dass die aktuellen Taten lediglich mit der heilsamen oder unheilsamen karmischen Energie vergangener Taten korrespondieren.


    Diese letzte Aussage darf ich hier mal ein wenig zusammenfassen:

    Zitat

    sondern dass die aktuellen Taten mit vergangenen Taten korrespondieren.


    Was auch nicht bezweifelt wurde, allerdings die von mir oben gestellte
    Frage nur sehr indirekt beantwortet. Ich nehme es aber mal als falsch zu sagen:

    Zitat

    Niemals z.B. sind karmisch heilsame und unheilsame Willenszustände die Wirkung früherer Taten.


    Das heißt dann: Der Geisteszustand aus dem heraus der heilsame oder unheilsame
    Wille (der sich in Werken, Worten und Gedanken ausdrückt und die der Buddha die Taten nennt)
    entsteht, der entsteht aus den zuvor schon gestalteten Taten. Danach erzeugen Taten immer
    wieder neue Taten und halten so das Rand des Daseins am laufen.
    Wirkungen führen also zu Tat wie zu Wirkungen die wieder zu Taten führen usw.usw.
    Letztendlich sind also Taten auch Wirkungen. Das ganze nennt sich daher auch "sankhāra".
    (oft steht auch cetanā (Wille) statt sankhāra)

  • accinca:


    Diese letzte Aussage darf ich hier mal ein wenig zusammenfassen:


    Du kannst das Zitat,

    Niemals z.B. sind karmisch heilsame und unheilsame Willenszustände die Wirkung früherer Taten, da sie eben selber Karma sind.


    solange zusammenfassen, drehen oder verbiegen wie du willst, deine diesbezüglichen Ansichten sind und bleiben aber dennoch purer Determinismus, der m.E. in der Buddha Lehre nichts zu suchen hat.
    Um die Herkunft der Willenszustände zu ermitteln, wäre eine genaue Analyse eines Bewusstseinsmomentes notwendig, was hier das Thema sprengen würde.
    Nur soviel, die aktuelle, augenblickliche Situation/Umstand/Gegebenheit während eines Bewusstseinsmomentes spielt dabei eine entscheidende Rolle und nicht vergangene Taten, die als solche genau denen entsprechen sollen, welche in der Gegenwart geschehen.


    Allein die These Nagarjuna`s, der zufolge zuerst eine sog. Wirkung eingetreten sein muss, bevor man deren Ursache feststellen kann, belegt eindeutig, dass da im deterministischen Sinne nichts vorbestimmt sein kann.


    hedin

  • hedin:
    accinca:


    Diese letzte Aussage darf ich hier mal ein wenig zusammenfassen:


    Du kannst das Zitat,
    Niemals z.B. sind karmisch heilsame und unheilsame Willenszustände die Wirkung früherer Taten, da sie eben selber Karma sind.


    solange zusammenfassen, drehen oder verbiegen wie du willst, deine diesbezüglichen Ansichten sind und bleiben aber dennoch purer Determinismus, der m.E. in der Buddha Lehre nichts zu suchen hat.


    Manchmal wird eine Aussage ja klarer wenn man das Unwesentliche wegläßt.
    Unter "puren Determinismus" kann man viele Vorstellungen haben.
    In der Lehre des Buddha kann ich keine unbedingten Dinge sehen.
    Hier bedingen sich alle Dinge gegenseitig. Sogar die Einsicht daß man
    sich nicht auf frühere Dinge ausruhen kann und sollte, ist hier bedingt.
    Die Aussage der Wille ist bedingt und so von den jeweiligen Bedingungen
    vollständig abhängig, führt in der Lehre zur Aufhebung dieser Bedingungen
    und damit zur Erlöschung des Wollens und Willens was andernfalls auch
    gar nicht möglich wäre.

  • accinca


    Ich neige halt manchmal zu „maßlosen“ Übertreibungen. :D


    Zu den das Thema betreffenden Gefühlen und Gedanken möchte ich noch ganz allgemein bemerken, dass diese weder von einem „Ich“ erzeugt, noch von einem "Mein" erlebt werden.
    Gefühle und Gedanken sind auch nicht von Geistfaktoren (cetasika) erzeugt, sondern Gefühle und Gedanken sind Geistfaktoren.


    hedin

  • hedin:

    Gefühle und Gedanken sind auch nicht von Geistfaktoren (cetasika) erzeugt, sondern Gefühle und Gedanken sind Geistfaktoren.


    Geistfaktoren (cetasika) können aber nicht aus dem Nichts entstehen.
    Nur weil sie Geistfaktoren (cetasika) sind schließt das doch nicht aus, das
    diese Geistfaktoren nicht durch andere Geistfaktoren bedingt sein können.
    Letztendlich sind alle Geistfaktoren wiederum durch Geistfaktoren bedingt.
    Die ganze bedingte Entstehung (paticca-samuppāda) beruht auf Geistfaktoren.

  • Mirco:

    Wenn ich voll unwissend bin, wie soll ich denn unterscheiden, welches die unheilsamen Ansichten sind? Da lege ich mich ja selber rein. Also, erst mal leer machen und dann schauen, oder!?


    Schöne Grüße


    Weitreichender Gedanke, Mirco! Deswegen beginnt der Buddha-Weg mit Saddha - Vertrauen. :)


    Liebe Grüße.

    Kein "Ich" - keine Probleme.


  • Frank, was bringt dich auf den Gedanken, dass Gefühle Eigenschaften von Gedanken sind?
    Das Gefühl ist einfach vorgelagert; es kommt zeitlich vorm Gedanken. Schau mal hin:
    (1) irgendwas Rotes streift deine Netzhaut (Auge!) - es erinnert dich leider instinktiv an den Slip deiner großen Schwester, die mit dem Teil immer nach dir geworfen hat -> (2) ein ungutes Gefühl (im Buddhismus nennt man das 'Empfindung') löst dieses Schwesternslip-Erinnerungsbild in dir aus -> (3) die Folge könnte in etwa sein: Abneigung/Wut/Hass (im Gegensatz zu Anhaftung und/oder Unwissenheit) und JETZT BEGINNST DU AN DEM TEIL RUMZUKNETEN (nicht am Slip deiner Schwester, sondern an der Wut oder dem Versuch das ganze zu verdrängen... und endlich wieder an was Anderes Rotes zu denken) rumzudenken, also begriffffflich - also in Gedanken - daran rumzudrehen. (Anmerkung: das ist das was Tiere wahrscheinlich nicht können.) Du beginnst also angestrengt zu überlegen, zu denken, mit Gedanken wie du da rauskommst. Es ist der dritte Schritt (in dieser Aufzählung).



    Zitat

    D.h. wenn ich mich um die Gedanken kümmere, kümmere ich mich auch um die Gefühle.

    Da hast du recht. Aber um an den richtigen Knöpfen drehen zu können (damit man eine buddhistenfreundlichere innere Ausstrahlung kriegt, und das Leid runter geht) - muss man das obige richtig verstanden haben. Du musst wissen Was dein Geist in dir Schritt für Schritt macht - als Zweites musst du ihn beobachten lernen, damit du im Dritten Zuge dann schneller bist als der reaktive AutomatikHandler...
    und du dann vielleicht diesmal nicht wieder automatisch dem Nachbarn die Vorderzähne ausschlägst, weil er schon wieder mit den Truckerreifen durch dein Blumenbeet gefahren ist

  • Frank1:

    Hier ist schon der erste Gedanke der aufgerufen wird, der an den Slip deiner Schwester

    dir fehlt da nur etwas die Übung, Frank
    du siehst den ganzen Kaugummi vor deinem ersten Gedanken nicht; es geht dir zu schnell


    Konzentriere dich etwas mehr (das kann schon dauern; kein IQ-Äffchen ist ausgebildet vom Baum gefallen. Es ist ein Lernprozess.)



    Um an den richtigen (Veränderungs)Knöpfen zu drehen, musst du sehen können was (in dir) läuft.

  • boehnchen:
    Frank1:

    Hier ist schon der erste Gedanke der aufgerufen wird, der an den Slip deiner Schwester

    dir fehlt da nur etwas die Übung, Frank
    du siehst den ganzen Kaugummi vor deinem ersten Gedanken nicht; es geht dir zu schnell


    Dazu kann ich als Lektüre folgende Texte aus einem Workshop von 2010 empfehlen (englisch):


    9.,10.,11. Five Aggregates (khandha) , Six sense doors (salyatana), Mind-Body operations (nama-rupa)
    12. What is Craving (tanha)?
    13. What is Clinging (upadana)?
    14. What is Habitual Tendencies (bhava)?


    http://library.dhammasukha.org/foundation.html


    _()_

  • Frank1:

    Ich bleib dabei: Alles fängt mit einem Gedanken an, der nicht bewusst sein muss



    nenn es doch einfach geistformationen. shankara. vorstellung, begriff und empfindung kommen immer gleichzeitig.
    kann man nicht trennen. während man begriff und denken leicht fallenlassen kann, sind vorstellung und empfindung sehr viel subtiler. ja, das gestaltet sich schon unbewusst. deshalb vermag das studium von schriften völlig unbemerkt-erstmal-im unterbewusstsein ein hemmniss zu setzen, einen vergleich zwischen erfahrung und vorstellung, erinnerung aus dem studium.
    daran kaut man rum wie an einem uraltem knochen. genauso versickern alle erfahrungen im unterbewusstsein und verbinden sich sofort mit einer empfindung als aufsteigende geistformationen in unendlicher, ineinandergreifender gestaltung, die den geist überschatten. den phänomenen geht der geist voran. und nun ? ;)

  • Frank1:

    Mich würden Eure Meinung und die buddhistische Sichtweise, besonders Textstellen dazu interessieren.
    Als Anregung:
    http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BChlen_%28Psychologie%29
    http://de.wikipedia.org/wiki/Gedanke


    Eine sehr interessante Frage.


    Ich kann nur aus meiner Erfahrung berichten.
    Meiner Erfahrung nach sind Gefühle/Emotionen keine eigenen Entitäten, sondern automatisierte Zusammensetzungen aus (a) Gedanken und (b) körperlichen Empfindungen.


    Dabei ist wichtig festzustellen, was man unter "Gefühl" versteht. Ich trenne zwischen "Gefühl/Emotion" und "Empfindung/Sensorik". Eine "Empfindung" ist für mich ein rein sensorisch-physisches Ereignis.


    Eine "Empfindung" kann entweder wahrgenommen werden oder unterhalb der Wahrnehmungsschwelle verbleiben. Empfindungen sind wie Schauspieler auf einer unbeleuchteten Theaterbühne. Es kann sein, dass auf der Bühne (Körper) ein Schauspieler (Empfindung) vorhanden ist. Wir hören ihm rumpeln, reden und auf und abgehen, können ihn aber nicht sehen (Bewusstheit). Erst wenn das Spotlight (Wahrnehmung) eingeschaltet wird, wird der Schauspieler (Empfindung) sichtbar.


    Wenn ein sensorisch-physisches Ereignis bewusst wahr-genommen wird, kann es gedanklich passend verarbeitet werden. Das ist nicht-getäuschtes Bewusstsein.


    Wenn das sensorisch-physisches Ereignis unterhalb der Schwelle der bewussten Wahrnehmung verbleibt, kann es uns dennoch beeinflussen. Wir befinden uns dann in einer nicht-analysierten Verfassung, die wir uns und anderen erklären wollen oder müssen. Z.B. "ich fühle mich morgens unbehaglich, also bin ich ein Morgenmuffel". Das ist fast immer getäuschtes Bewusstsein.


    (Um im obigen Bild zu bleiben: wir hören den Schauspieler rumpeln und reden, und versuchen uns in einer logischen Erklärung, was das sein könnte.)


    Wenn diese Koppelung (sensorisch-physisches Ereignis, ohne bewusste Wahrnehmung, mit selbsterklärenden Gedanken) immer wieder in gleicher Weise geschieht, entwickelt sich ein automatisierter Empfindungs-/Gedankenkomplex. Diesen Komplex nennen wir dann irgendwann "Gefühl".


    Ein Gefühl ist immer ein nicht-durchschautes Ereignis.


    Wenn ich ein Gefühl durchschauen will, konzentriere ich mich im Fall seines Auftauchens komplett auf das rein sensorische Empfinden. Die dazu auftauchenden Gedanken nehme ich zur Kenntnis, und kehre dann zum Atem oder zu dem sensorischen Haupt-Empfinden - sozusagen zu der Schmerzspitze - zurück.


    Wenn ich ein Gefühl durch-schaue, löst es sich immer in Empfindung und Gedanke auf. Sobald das geschieht, kann ich das Gefühl fallen lassen. Es kann mich dann nicht mehr überwältigen.


    Ein kleines Problem dabei ist, dass ich nur sehr selten den Willen aufbringe, meine Gefühle in dieser Weise zu analysieren. Das mache ich eigentlich nur, wenn mir ein Gefühl absolut unerträglich erscheint, z.B. in Situationen von Herabsetzung, nicht-erwiderter Liebe und so weiter. Ich hoffe, dass das Sitzen meine Wahrnehmung so weit verfeinert, dass mir alle negativen Gefühle irgendwann absolut unerträglich erscheinen, so dass ich mich in allen Situationen gezwungen sehe, so zu verfahren.


    Ein terminologischer Aspekt:
    Die fünf Skandhas werden oft wie folgt aufgezählt: Körper, Gefühl, Wahrnehmung, Gedanken, Bewusstsein.
    Im Gespräch stellt sich dabei immer wieder heraus, dass die Worte "Gefühl" und "Gedanke" unterschiedlich verstanden werden. Daraus ergeben sich viele Missverständnisse.


    Zunächst ist es also wichtig, genau zu klären, was du unter jedem einzelnen dieser Worte verstehst.
    Ich verstehe die Skandhas so:
    1. Körper = Objekte,
    2. Empfindungen = Sensorik,
    3. Wahrnehmungen = Perzeption,
    4. Gedanken = Geistesformationen,
    5. Bewusstsein = Bewusstheit.


    Viele verstehen den Punkt (2) Empfindung als "Gefühl" im Sinne von "Emotion". Ich glaube, dass das falsch ist, kann das aber nicht belegen.

  • Frank1:

    Ich bleib dabei: Alles fängt mit einem Gedanken an, der nicht bewusst sein muss


    Was bezeichnest du denn als 'Gedanke'? beschreib mal genau. (und Frank, schaue dir dabei, zu Übungszwecken, gleich innerlich zu)