Beiträge von caber

    mukti:

    Dann wird es darauf ankommen sich dem Amida zu öffnen durch diese Praxis. Wenn es vor allem auf den Glauben ankommen sollte, erinnert mich das an gewisse neuzeitliche Formen des Christentums, die sagen: "glaube einfach und du bist erlöst. Egal was du tust oder in welchem Bewusstseinszustand du bist, du hast die Gnade Gottes wenn du es nur glaubst".


    Meinem Verständnis nach ist es nicht egal, was man tut; was immer man aber anstellt, es hemmt nicht die Hingeburt ins Reine Land, wenn man auf sie vertraut. - Dennoch sollte man natürlich die "Spielregeln" einhalten. Man muss aber nicht zu verzweifeln, wenn einem das nur ansatzweise gelingt!


    Es gibt dazu ein schönes Gleichnis, das diesen Standpunkt verdeutlicht: Auch wenn man im Besitz des rettenden Serums ist, wird man sich nicht mutwillig von einer Giftschlange beißen lassen. Wurde man aber gebissen, gibt es keinen Grund, darüber zu verzweifeln!


    Ich empfinde das als ungeheuer befreiend - und auch verändernd!


    lg Alfred

    Es geht meinem Verständnis nach nicht darum, beim Nembutsu-Sagen irgendeine Leistung zu erbringen. Insofern erscheint mir die Zahl der Wiederholungen relativ belanglos. (Eigentlich ist es ja Amida, der dabei durch uns spricht: Wollen wir ihm eine genaue Zahl vorschreiben?)


    lg caber

    Der Thread entwickelt sich in meinem Sinn - fort von einer Parallelisierung Christentum (speziell Protestantismus) und Shinbuddhismus. Das eigentlich Interessante (Provokante) liegt für mich vielmehr im "Tu, was du willst!"


    Persönlich werte ich das nämlich nicht als Freigabe des Bösen, sondern als eine grandiose Zusicherung: Was du - wissentlich oder unwissentlich - auch anstellen magst, du fällst nicht aus Amidas Zusage heraus, solange du auf sie vertraust!


    Vor diesem Hintergrund sind mir zwei Punkte wichtig, die auch schon von anderer Seite angeschnitten wurden:


    • Es ist aus meiner Sicht nicht wirklich klar, was gut bzw. böse ist; selbst wo ich es zu erkennen glaube, bleibt es doch immer nur meine subjektive Erkenntnis.
    • Persönlich vermute ich auch, dass mich das Vertrauen in Amidas Zusage in meinem Wollen und Tun beeinflusst - vielleicht hin zum objektiv Besseren - wenn es so etwas überhaupt gibt. Man müsste einfach (mehr) WISSEN...


    Da ich das aber nicht tue, bleibt mir m. E. nur das VERTRAUEN.


    lg caber

    Aiko:

    Nee - aber falsch zitiert.
    Richtig heißt es „Dilige, et quod vis fac“ AZS 130
    „Liebe, und was du willst, das tu!“ übersetzt C.Mayer das.


    Ich sehe bedeutungsmäßig keinen Unterschied zwischen der Übersetzung von Cornelius Mayer und der Formulierung "Liebe und tu, was du willst", mit der der Originaltext üblicherweise übersetzt wird. (Wir stimmen aber vermutlich darin überein, dass es im Original "dilige" heißt und nicht "ama", wie Augustinus leider oft unterstellt wird.)


    Aiko:

    Und wenn man Augustinus kennt, dann weiß man auch, was er mit Liebe meint - nämlich Gott. Es geht da also nicht um deinen Willen und deine Liebe, sondern um die Liebe und den Willen Gottes. Das Tun richtet sich also nach diesem Willen, dieser Liebe aus. Und wie das zu verstehen ist, findet sich dann bei Paulus - seinem Hymnus an der Liebe.
    Eine Parallele zum Shin-Buddhismus sehe ich da nicht.


    Es geht mir auch nicht um eine inhaltliche Parallele, sondern um eine formale: Ich finde, der formal sehr ähnliche Satz "Vertraue und tu, was du willst!" verdichtet sehr schön shinbuddhistisches Gedankengut - nicht mehr, nicht weniger! - Man kann sich natürlich auch hier überlegen, woher dieses Vertrauen rührt und was es letzten Endes im Vertrauenden auslöst (mit seinem Willen anstellt).


    lg caber

    Als Kurz- oder vielleicht sogar Kürzestfassung shinbuddhistischer Lehren geht mir seit einiger Zeit eine Abwandlung des bekannten Augustinusworts "Liebe und tu, was du willst!" im Kopf herum. In shinadäquater Form müsste dieses Wort dann wohl lauten: "Vertraue und tu, was du willst!"


    Allzu provokant?


    lg caber

    Lieber Son,


    es gibt im Leben Situationen, in denen man trotz sorgfältigen Abwägens einfach nicht mehr weiß, was "richtig" bzw. "falsch" ist - und selbst wenn man es weiß, schafft man nicht immer die Umsetzung. Das Resultat ist dann mitunter zunehmende Verzweiflung...


    Mir persönlich hat in einer derartigen Entwicklung die Hinwendung zum Shin-Buddhismus (Amitabha-Buddhismus, Amidismus, Reines Land-Buddhismus) sehr geholfen. Ein entsprechendes Forum gibt es hier auf Buddhaland.


    lg caber

    Benkei:


    Sehr versöhnlich konnte ich das dann alles sehen, als ich mir den folgenden Satz aus dem Lotos-Sutra (Nyoraijuryohon - 16. Kapitel, Versteil) vergegenwärtigte:
    "Ich kenne die Lebewesen, ob sie auf dem Weg gehen oder nicht.
    Damit ich sie entsprechend ihren Fähigkeiten erlösen kann, lege ich ihnen auf verschiedene Weise das Gesetz dar.
    Ständig richte ich meinen Sinn darauf, wie ich die Lebewesen dazu bringen kann, in die unübertroffene Weisheit einzutreten, damit sie schnell die Buddhaschaft verwirklichen können.


    Danke, Benkei. Du hast mir zum zweiten Mal sehr geholfen...


    lg caber

    Benkei:

    Demnach wäre es schon so, dass man von Amida gehört haben und aus dem Gehörten die Konsequenzen ziehen muss, nämlich die Anrufung, das Anvertrauen und das Wünschen.


    Das sehe ich auch so: Allen, die die Hingeburt vertrauensvoll ersehnen, wird sie zuteil. Von Jiriki/Tariki steht explizit nichts im Hongan; dieses Element dürfte vielmehr durch Shinran in den Amidismus eingebracht worden sein. (Vor dem Hintergrund seiner Lebensgeschichte ja durchaus plausibel...)


    Man müsste also von Amida gehört haben, von ihm angerufen worden sein und sich in der Folge Befreiung wünschen und sich Amida anvertrauen. Wen aber ruft Amida an, wen nicht? Welche Auswahlkriterien verfolgt er dabei?


    Entschuldigt bitte meine Penetranz (Advocatus diaboli) aber ich möchte die Sache für mich klären. Und irgendwie stört mich dabei die Vorstellung, Amida wäre hinter seinen prinzipiellen Möglichkeiten (rasche Befreiung aller fühlenden Wesen) zurückgeblieben...


    lg caber

    void:

    Ist der Hintergrund nicht ein unendlich lange existierende Welt, in der die Wesen eine unendliche Anzahl von Wiedergeburten durchlaufen? Wenn man einen Rost uendnlich oft durchfällt, ist die Wahrscheinlichkeit daran hängenzubleiben doch recht hoch, oder?


    Eine immense Anzahl von "Durchgängen" bedeutet natürlich den Verzicht auf jeglichen raschen Erlösungsanspruch. Meiner Meinung nach deckt sich das nicht mehr mit dem shinbuddhistischen Grundkonzept (leichter, rascher Weg).


    Ich muss nachdenken...


    lg caber

    Zitat

    Und die Idee des "Anvertrauen" impliziert ja schon etwas Äußeres (Tariki). Weil radikal versucht wird, das Heilsame nicht als eigenes zu reklamieren ist sogar das Anvertrauen keine Eigenleistung sondern ein Wirken Amidas.


    Und genau da beginnt mein Problem: Wenn Amidas Ruf an mich in mir Vertrauen in sein Erlösungswirken quasi automatisch generiert, ist tatsächlich nur Tariki im Spiel. (Dies scheint im Übrigen ja die offizielle shinbuddhistische Haltung zu sein!)


    Dann sind aber alle jene arm dran, an die Amidas Ruf nicht ergeht, z. B. jene, die sterben, ohne je von Amida gehört zu haben. In ihnen wird infolge des fehlenden Anrufs auch kein Anvertrauen erweckt. Fallen die dann durch den Rost? Rasche Erlösung also doch nicht für alle?


    Finde ich irgendwie unbefriedigend und mit Amidas Grundkonzept auch nicht wirklich vereinbar...


    lg caber

    Lieber void, liebe Mitleser,


    ja, es sähe in der Tat für alle fühlenden Wesen schlecht aus, wenn da nicht Amidas grenzenloses Mitgefühl wäre. Nach meinem Verständnis hat es sich Amida allerdings zur Aufgabe gemacht, unser (aller?) Leid zu beenden. In diesem Sinn wären wir dann eben nicht mehr Icchantika.


    Was aber passiert mit denen, die nichts von Amida (in deinem Beispiel: von der Möglichkeit einer Privatinsolvenz) wissen? Haben die einfach Pech gehabt? Ist im Shin das Bekennen der eigenen Unfähigkeit wirklich die conditio sine qua non? Fordert Amida dieses Bekenntnis irgendwo ein oder geht diese Forderung auf seine Interpreten (Shinran) zurück? Mit anderern Worten: Ist die Lehre von Tariki/Jiriki tatsächlich ein zentrales und unverzichtbares Shin-Element? Oder noch schärfer formuliert: Ist Amidas Erlösungswirken bedingungslos zu haben oder doch an eine Form von Anvertrauen (und damit Eigenleistung) gebunden?


    lg caber

    Liebe Freunde!


    Bewege ich mich eigentlich noch auf shinbuddhistischem Terrain, wenn ich als Skopus (zentrale Aussage) des Shin den Satz ansehen:


    "Es geht - unabhängig von ihrem Verhalten - für alle fühlenden Wesen nicht schlecht aus."


    Wäre das eine Überinterpretation dessen, was sich in Amidas Gelübden findet? Geht Amidas Mitgefühl doch nicht so weit? Ist es an Bedingungen geknüpft oder kann es das gar nicht bewirken?


    lg caber

    Benkei:

    Dazu gibt es eine schöne, passende Zen-Geschichte:
    Ein Gelehrter fragte den Zen-Meister Gudo: «Was geschieht mit einem erleuchteten Menschen nach seinem Tod?» Gudo erwiderte barsch: «Woher soll ich das wissen?» Der Gelehrte sagte: «Warum? Weil du ein Meister bist.» Gudo bemerkte daraufhin: «Ja, aber kein toter.»


    Das ist dann wohl auch der Unterschied zwischen Weisheit und Gelehrsamkeit: Weisheit hält es aus, nicht zu wissen!


    lg caber

    Lieber Benkei, liebe Mitleser!


    Meine Vorstellung vom Reinen Land? - Na ja - ich bin christlich - genauer: katholisch - geprägt und mit extrem ängstigenden Jenseitsvorstellungen (Stichwort immerwährende Verdammnis) aufgewachsen. Kognitiv habe ich sie inzwischen hinter mir gelassen, emotional wirken sie immer noch...


    Es war daher für mich daher zunächst enorm befreiend, als ich entdeckte, dass es im Buddhismus eine zweite, dritte, vierte...x-te Chance gibt. Aber ist das ständige "Neuantreten" (was immer das genau ist) wirklich soviel tröstlicher, wenn man um die eigenen bescheidenen Fähigkeiten weiß?


    Shin traf mich dann wie ein Schlag: Nirvana für jede/jeden, die/der das Nembutsu sagt! Aber eigentlich möchte ich mehr: Nirvana für alle - und zwar ganz ohne Bedingung!


    Wenn nun, wie manche glauben, mit dem Tod ohnehin alles auf quasi natürliche Weise aus ist, wäre das eigentlich für Gute wie Böse gleichermaßen gegeben. (Ungerecht? Großzügig?) - Leben könnte ich mit dieser Vorstellung - wenn auch ein bisschen wehmütig. (Aber diese Wehmut wäre dann ja mit dem Tod ebenfalls ausgestanden.)


    Ich kenne mich in den Jenseitsvorstellungen der Religionen nicht so gut aus, habe allerdings den Eindruck, dass es hier eine "Evolution" hin zum "Positiven", zum "Nicht-Trivialen" gibt. Aber hier beginnt wohl wirklich die Zone gläubigen Vertrauens...


    lg caber

    caber:

    Ebenso lösen sich wohl auch alle sonstigen Illusionen/Konstrukte auf.


    Wenn sich mit der Hingeburt ins Reine Land (= Nirvana) alle Illusionen/Konstrukte auflösen - was unterscheidet Shin-Buddhisten bezüglich ihrer "Zielvorstellung" dann eigentlich noch von jenen "Ungläubigen", die glauben, mit dem Tod sei alles aus - gleichermaßen für die Guten wie für die Bösen? - Ist das Vertrauen in Amida wirklich so essentiell für die Hingeburt oder geht es auch ohne?


    lg caber


    PS: Ein Unterschied fällt mir schon auf: Shin-Buddhisten sehen die Auflösung als etwas Positives, für die meisten "Ungläubigen" dürfte sie dagegen negativ besetzt sein...

    Danke für eure Beiträge. Ich fasse mit eigenen Worten zusammen, was ich dem Diskurs entnehme:


    Nicht das Ich (das ohnehin nicht "real" bzw. "an sich seiend" ist) verweht bei der Hingeburt ins Reine Land (= Nirvana), sondern die Ich-Illusion. Konstruktivisten würden dazu vielleicht Ich-Konstrukt sagen. Ebenso lösen sich wohl auch alle sonstigen Illusionen/Konstrukte auf.


    Ist nicht spätestens hier eine Grenze - nicht nur des logischen Denkens - erreicht?


    lg caber

    Liebe Leserinnen und Leser,


    mich "plagen" einige Fragen:


    1 Bedeutet "Nirvana" im Shin-Buddhismus die vollständige, unwiderufliche Desintegration des Subjekts (Verwehen)? (Wenn nein - was dann?)
    2 Ist das "Reine Land" mit "Nirvana" gleichzusetzen?
    3 Ist es sinnvoll, über "Nirvana" bzw. über das "Sein" überhaupt nachzudenken? Führt es zu etwas, das mehr ist als eine plausible Annahme, die uns irgendwie befriedigt?


    lg caber

    Honens Ein-Seiten-Testament


    Das Nembutsu, das ich gelehrt habe, ist nicht die kontemplative Übung, die von den vollendeten Weisen Chinas und Japans diskutiert und gelehrt wurde.


    Es bedeutet auch nicht, das Nembutsu zu sagen, nachdem man seine Essenz durch gelehrte Studien ergründet hat.


    Es bedeutet einfach, Namu Amida Butsu auszusprechen in dem Bewusstsein, dass du mit Sicherheit in Amidas Reines Land hineingeboren wirst, wenn du es einfach nur sagst. Nichts anderes ist dazu erforderlich.


    Was die vier wesentlichen Haltungen betrifft, die vier Qualitäten des Übens usw.: All diese sind einbeschlossen in dem Gedanken, dass man durch Namu Amida Butsu mit Sicherheit in Amidas Reinem Land geboren wird.


    Wenn du glaubst, es gebe abgesehen davon noch etwas Tieferes, wirst du dich isolieren vom Mitgefühl der zwei Ehrwürdigen Shakyamuni und Amida und wirst durch das Netz von Amidas uranfänglichem Schwurgelübde hindurchfallen.


    Der Mensch, der sich dem Nembutsu anvertraut - mag er auch gründlich alle Lehren studiert haben, die Shakyamuni zu seinen Lebzeiten gelehrt hat - sollte zu einem törichten Menschen werden, der so ist, als würde er nicht einen einzigen geschriebenen Buchstaben kennen.


    Er sollte einfach wie eine unbelesene alte Frau werden, die religiöse Weisungen angenommen hat, während sie zu Hause lebte und die, ohne sich wie eine Weise zu gebärden, einfach mit ganzem Herzen das Nembutsu sagt.


    Quelle: http://www.teeweg.de/de/literatur/rikyu/ichimaikishomon.html