Lieber Mr. Bilboa,
ich bin zwar noch recht neu hier und auch keine der Sattelfestesten in Sachen buddhistische Lehre, aber so viel habe ich im Laufe der Jahre gelernt: es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Meditieren, sich an die Vier Edlen Wahrheiten und den Achtfachen Pfad halten, den Geist und das Herz offen halten (=lernen) und der Rest ergibt sich von allein. Klingt einfach, ist es auch, kommt einem nur anfangs nicht so vor. Es ist zu simpel und scheint so gar nicht in unsere komplexe Welt zu passen.
Was Dein berufliches Dilemma angeht, wird es sicher eine Lösung geben. Ich kenne solche Höhen und Tiefen aus meinem (39-jährigen) Leben nur zu gut. Je mehr ich mich in das Problem verbiss, je zwanghafter ich nach Lösungen suchte, umso weiter rückten sie von mir weg. Erst wenn ich Abstand von ihnen nahm (Achtung, das bedeutet nicht sie zu leugnen!), wenn ich mich auf das Wesentliche besann und mich entspannte, ergaben sich Möglichkeiten, die ich mir vorher nicht im Traum hätte ausmalen können. Das mag wohl auch daran gelegen haben, dass ich ohne die Entspannung nicht in der Lage gewesen wäre eine Lösung zu erkennen, selbst wenn man sie mir ins Gesicht geschmiert hätte....
Wenn ich Deine Worte so lese, dann fühlt sich das für mich an wie eine Kugel zu beobachten, die in einem Flipperautomaten hin und her flitzt, von einer Ecke in die andere....rauf....runter...links....rechts.....Mitte...oben....links....runter......Und während diese Kugel so hin und her flitzt, wird man dann gefragt: "Und, wie sieht die Kugel aus? Welchen Durchmesser hat sie? Aus welchem Material ist sie gemacht? Welches Gewicht hat die Kugel? Diese Fragen kann man jedoch erst beantworten, wenn die Kugel stillsteht und man sie in die Hand nehmen und betrachten kann. Aber vor lauter Angst, dass man den High Score verpassen könnte, lässt man die Kugel lieber weiter hin und her flitzen, immer schneller, hektischer, kraftvoller. Und was, wenn die Kugel aus Gold ist und innen drin vielleicht sogar noch ein Diamant versteckt ist? Nun, man wird es nicht erfahren, solange man sich auf den High Score konzentriert und die Kugel hin und her flitzen zu lassen......
Du kannst Dein Leben nicht steuern. Aber Du kannst das steuern, was das Leben Dir vor die Füße wirft. Entspanne Dich und mache das Beste aus allem. Ob das nun unbedingt im Retreat in Asien sein muss/soll? Diese Frage kannst letztlich nur du beantworten. Ich hatte es für mich auch mal in Betracht gezogen, den Gedanken dann jedoch wieder verworfen. Wie ein Vorredner schon sagte: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. Warum kompliziert, wenn's auch einfach geht. Es braucht für mein Dafürhalten nicht zwingend einen Retreat in einem exotischen Land, um Ruhe, Ausgeglichenheit, Distanz zu erfahren. Es ist "nur" eine Frage der inneren (geistigen) Haltung. Ob man diese nun in Castrop-Rauxel oder einem nepalesischen Kloster übt, sollte doch eigentlich egal sein, oder? Ich habe für mich zumindest entschieden, dass ich so eine Reise schon noch machen werde und zwar genau dann, wenn ich so richtig Bock drauf habe und allein der Gedanke daran mir schon ein Lächeln ins Gesicht zaubert.