Beiträge von Doris im Thema „Missbrauch in Buddhistischen Gruppen“

    Sexueller Missbrauch hat nichts mit Nötigung zu tun.
    Nötigung ist ja was sehr Offensichtliches und daher relativ leicht abzuwehren.
    Der Missbrauch, der häufiger vorkommt, der in Gruppenkonstellationen öfter zum Tragen kommt, hat mit offensichtlicher Drohung und Gewalt nichts zu tun.
    Da wird kein Täter zum Opfer sagen: "Wenn du nicht willig bist, dann werde ich was über dich ausplaudern/deinem Mann bei seinem Chef anschwärzen/euren Kindern was antun …" In Gruppen sind die Mechanismen subtiler. Zum wievielten Mal verweise ich jetzt schon auf die Seite von Tenzin Peljor?????


    Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sexueller Missbrauch nur eine Variante ist. Vielleicht nicht einmal die Häufigste.
    Vielleicht ist es mal an der Zeit sich zu überlegen, was Missbrauch alles ist, was es beinhaltet?

    Zitat

    Psychologie und das Ansprechen "persönlicher Defizite" hat in einem Dharmagespräch so wenig zu suchen, wie ein ein Fisch auf dem Land.


    Ich habe nicht das Sprechen ÜBER Defizite gemeint.


    In einem vertrauensvollen Gespräch zwischen Lehrer und Schüler werden aber sehr wohl auch diese Dinge angesprochen. In der Regel wird sich jedoch der Schüler mit Fragen zu Problemen an seinen Lehrer wenden und der Lehrer von sich aus nur auf Praxisfehler hinweisen. Mit "Lehrer und Schüler" ist jetzt keinesfalls die Begegnung zwischen Hörern und dem Dharmareiselehrer gemeint, der einmal im Jahr ins Zentrum kommt und einen Vortrag hält, sondern die Beziehung zwischen spirituellem Freund und Schüler, die sich im Laufe der Jahre entwickelt hat, von beiden Seiten geprüft wurde und wirklich vertrauensvoll ist.

    Sexueller Missbrauch ist auch so eine Grauzone.
    Oft herrscht die Vorstellung, da ist ein Täter, der zwingt das Opfer mit Gewalt oder durch Androhung zum Sex und das Opfer erdulde dies lediglich.
    Aber schon beim Missbrauch von Kindern kann man sehen, dass Kinder dabei sogar einen Lustgewinn (man kann das auch Sexualisierung nennen) haben können. Oftmals lieben sie den/die TäterIn und denken, dass ihnen besondere Zuwendung geschenkt wird. Dennoch ist es Missbrauch, allein schon aufgrund des Machtgefälles. Und nicht vergessen, bei Kindern und Vergewaltigungsopfern gibt es das sehr wohl, der Körper kann funktionieren, ohne dass der Mensch es will (das erhöht das empfundene Scham- und Schuldgefühl auf Seiten der Opfer enorm). Manipulation ist für mich hier das Stichwort. So ein Lehrer macht sich seine Schüler nicht durch Gewalt, sondern durch Ansprechen der Defizite und Bedürfnisse gefügig, ob bewusst oder unbewusst sei mal dahingestellt. Das wird man dann z.b. zum bevorzugten Schüler, zur besonders attraktiven und fortgeschrittenen Schülerin, man bekommt das Privileg besonderer Einweisungen. Der Fantasie sind da nur wenig Grenzen gesetzt. Dieser Prozess dauert ein wenig, und Menschen, die da besonders ansprechbar sind, können dann allmählich in so etwas hineinrutschen.
    Wir kennen das aus der Praxis der Psychotherapie. Auch können sich Patienten in den Behandler verlieben, nur verbietet der ärztliche Ethos dies auszunutzen. Ebenso wie er vorschreibt die Behandlung abzubrechen und den Patienten auf einen anderen Therapeuten zu verweisen, falls der Behandler sich in den Patienten verliebt.

    Zitat

    Ich kann keine Hoffnung machen in, mit Gruppen Mißbrauch zu verarbeiten oder zu überwinden.


    Lieber Helmut,


    Du hast schon Hoffnung gemacht. Allein das Gefühl, nicht alleine mit dem Problem zu sein, macht Hoffnung.


    Liebe Grüße
    Doris - Knochensack

    Ich bin dafür erst mal an die Prophylaxe zu denken.
    Wie kann sich der Einzelne schützen? Vor allem der unerfahrene Anfänger?
    Dabei hege ich nicht die Illusion, dass es nie mehr solche Fälle geben wird, doch die Hoffnung, dass es weniger werden, schon.
    Prophylaxe könnte auch bei einem früheren Ausstieg behilflich sein.


    Wie könnte diese aussehen?
    Erst mal eine Analyse der bisher bekannten Fälle. Wie auf der Seite von Tenzin Peljor oder bei Jack Kornfield, könnte dann ein Fragenkatalog erarbeitet werden.
    Jede Gruppe sollte sich dem daraus resultierenden Ethikkatalog verpflichten. Eine Beratungsstelle wäre ebenfalls wichtig, mit Ombudsleuten. Allein die Existenz einer solchen unabhängigen Stelle könnte vieles verhindern oder die Strukturen bereits im Keim erkennen lassen (ich gehe nämlich davon aus, dass ein großer Teil der Missstände nicht absichtlich entstehen und durch per se unfähige Lehrer, sondern dass sich das im Lauf der Machtetablierung allmählich und ganz unbewusst ausbildet – Macht korrumpiert).
    Vielleicht könnte ein umfangreicher Fragenkatalog auch für die Selbsterkundung der Anhänger dienlich sein. Mit Hilfe dieses Kataloges könnten sie vielleicht ihre eigene Gefährdung besser erkennen. Zumindest wäre es einen Versuch wert.


    Was dieses Forum tun könnte, wäre eine Rubrik zu eröffnen, die Webseiten mit Hilfe zu diesem Thema enthält. Dort sollte nicht diskutiert werden, sondern einfach nur die Information sichtbar bereitgehalten werden. Denn gerade Anfänger gehen unbedarft an die Sache heran und erfahren erst dann was, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
    Es sollte so selbstverständlich sein, schon zu Beginn mit dem Thema konfrontiert zu werden, wie es selbstverständlich ist, dass jeder Medizin ein Beipackzettel beiliegt. Nach meiner Sicht, würde dies von einer prinzipiellen Offenheit zeugen, deren Fehlen an den christlichen Kirchen so häufig bemängelt wird. Ich drücke es mal plakativ aus: Über das Thema bescheid zu wissen, damit umzugehen, sollte so alltäglich werden wie der Umgang mit Kondomen.


    Ich vermute, dass auch diese Vorgehensweise Blüten treiben würde, aber denke nicht, dass so was vermeidbar ist.


    Das Letzte worum es mir geht ist, dass Lehrer unter Generalverdacht geraten oder dass nun jede Berührung oder jede strengere Entscheidung eines Lehrers als Indiz für einen Missbrauch gewertet wird. Das wird wohl kommen, aber ehrlich, nach den Dingen, die ich bisher erlebt habe, ist das schon längst da. Damit dass andere Richtungen das Lehrer-Schüler-Verhältnis im Mahayana nicht verstehen können und dies generell als Abhängigkeit und Missbrauch werten, leben wir schon. Daran wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern, das liegt in der Natur der Sache.


    Liebe Grüße
    Doris - Knochensack

    Zitat

    Möchtest du nun mit diesem Beitrag potentielle Hilfesuchende ent-mutigen, sich an jemanden außerhalb der eigenen Gruppe zu wenden? Habe ich das richtig verstanden?


    Ich will niemanden entmutigen. Das ist jedoch die Schwierigkeit, auf die getroffen wird.

    Anzeige … Wie soll das gehen?
    Man kann jemanden deshalb kaum anzeigen und wenn das öffentlich gemacht wird, dann muss man damit rechnen, dass einem noch eines draufgehauen wird.
    Da wird immer erst mal an der Glaubwürdigkeit der Opfer gezweifelt. Und wenn das dann durch ist, dann kommen die Sätze wie "Du hättest Nein sagen können. Selber schuld. Hättest du was gesagt. Du hast halt so eine Struktur. Du wolltest doch nur Anerkennung und Zuwendung. Du hast eine narzisstische Störung. Wollest ja nur im Mittelpunkt stehen. Wollest nur was Besonderes sein…"
    Mit viel Glück findet man jemanden, der zu einem hält und sich für einen stark macht.


    Die DBU wird niemals einen Konsens finden. Wie denn auch? Das ist nicht anders als in der katholischen Kirche. Es herrscht die Angst, dass eine öffentliche Auseinandersetzung mit dieser Problematik den "Buddhismus als solchen" diffamieren könnte. Dabei sind buddhistische Gruppen nicht viel anders als andere Gruppen. Die Mechanismen machen nicht Halt vor ihnen, nur weil sie sich ein hehres Ziel gesetzt haben. Und die Gruppen sind sich auch nicht einig. Werden es wohl auch nicht, sind sie sich einander ja oft nicht grün. Darüberhinaus vertritt die DBU nur einen Teil der Gruppen.
    Für mich ist das auch die typische deutsche Vereinsmeierei: "Der Verein wird es schon richten."