Bailong:
Aber nu' kommts: wenn man von der Zweiseitigkeit alles Dinglichen ausgeht (und da wird Dir nix anderes übrigbleiben, denn jedes A hat formallogisch auch ein nicht-A: Eier plus Mehl plus Backofen = Kuchen; NichtEier plus NichtMehl plus NichtBackofen = NichtKuchen), dann muss es logisch zwingend eine nichtdingliche, nicht bedingte Welt geben, sonst gäbe es keine Dingliche. Oder?
Hallo Bailong,
für mich ist das nicht so.
Du sagst ja selbst: "Wenn man von der Zweiseitigkeit alles Dinglichen ausgeht."
Damit bist du also immer noch im "Dinglichen", nur auf der anderen Seite. Du nennst es jetzt "Nicht-Dinglichkeit". Ist es aber im Grunde nicht, weil du es immer noch beschreibst.
Man kann nur Objekte beschreiben, Dinge. Und auch nur die, die man selbst erfahren hat. Vorher sind es nur Theorien und Vorstellungen über etwas.
Da muß etwas sein was ich ergreifen und festhalten kann. Wenigstens scheinbar.
Man könnte vielleicht sagen Worte konservieren eine Erfahrung. Ich mache zum Beispiel die scheinbare Erfahrung "Baum" und benenne sie dannach so. Und kann dann scheinbar weitergeben was ich erfahren habe.
Aber der Begriff "Baum" ist etwas Totes. Er ist auf eine Art festlegend. Er tut so, als wenn es immer einen "Baum" geben würde. Als wenn das was ich "Baum" nenne, etwas Festes, Unveränderliches wäre.
Weil da dieser Begriff "Baum" fest und unveränderlich zu stehen scheint. Er drängt der Erfahrung die ich "Baum" nenne - wenn auch auf subtile Weise - etwas auf, was diese Erfahrung nicht ist. Er tut so als wenn "Baum" etwas Getrenntes ist von dem Boden wo er wurzelt, von dem Regen der ihn nährt, von den Lebewesen die mit und auf ihm leben, von dem Beobachter der ihn wahrnimmt, von dem Universum in dem er erscheint.
Er kastriert diese Erfahrungen, diese ganzen Phänomene und Wechselspiele zu einem Wort. Zu einem Ding. Zu etwas Festem. Zu etwas Abgeschlossenem, Fertigen, Toten.
Zu Etwas was scheinbar immer da ist.
Deswegen sage ich auch manchmal, dass Worte die Illusion verstärken, dass es voneinander getrennte Dinge gibt. Und Worte gleichzeitig aber auch Ausdruck dieser Trennung sind, aus ihr heraus geboren werden.
Die Illusion bedingt und verstärkt sich sozusagen selbstständig, wenn man an diese Illusion glaubt.
Hat man für sich aber einmal gesehen was die Illusion ist, scheint sie sich auch selbstständig wieder aufzulösen. Weil das grundlegende Mißverständnis beseitigt ist. Und somit die Grundlage fehlt, die sie weiter am Leben hält und sogar verstärkt.
Der Ofen hat sich aufgelöst, der Kuchen ist noch da, aber er wird auch irgendwann verrotten oder aufgegessen.
Es kann aber auch kein neuer Kuchen mehr gebacken werden, weil der Ofen nicht mehr da ist. Und weil man kein Interesse mehr an dieser Art Kuchen hat.
Hätte man noch Interesse, könnte man ganz einfach wieder einen neuen Ofen bauen und weiterbacken. Und man hätte es wahrscheinlich auch garnicht erst soweit kommen lassen, dass sich der Ofen auflöst, wenn man dieses Backen mag.
Ich stimme dir also zu, dass es diese Zweiseitigkeit des Dinglichen gibt.
Ich würde sogar sagen Dinglichkeit ensteht erst durch scheinbare Zweiseitigkeit.
Von einem Objekt kann ich nur sprechen, wenn es auch ein Subjekt gibt. Wenn es scheinbar zwei voneinander getrennte Dinge gibt.
Aber diese Zweiseitigkeit und Trennung ist Illusion. Ein Mißverständnis, dass durch Benennung von Erfahrung entsteht und verstärkt wird. Und gleichzeitig scheint das Mißverständnis von Trennung auch den Drang nach Benennung weiter zu nähren und zu verstärken, weiter zu kultivieren.
Benennungen sind letztendlich Illusion. Und somit auch jede Theorie und überhaupt alles was man mit Worten ausdrücken kann.
Worte haben keine Wahrheit an sich. Jedenfalls für mich nicht. Sie sind ja eigentlich nur Beschreibungen, Benennungen von Erfahrungen.
Ohne die dazugehörige Erfahrung sind Worte nichts. Sie haben keine Seele, sie sind tot. Von der Quelle abgeschnitten. Sie verselbstständigen sich.
Erfahrung ist ihre Grundlage. Wenn wir keine Erfahrungen machen würden, zum Beispiel die scheinbaren Erfahrungen einer Welt, eines Körpers, von Gefühlen und Gedanken oder was auch immer, könnten wir auch nichts benennen. Weil nichts da wäre.
Worte sind nur Hilfsmittel zur Kommunikation, weil es für uns scheinbar die offensichtlichste Art der Kommunikation ist. Aber es ist auch die Art, die von der eigentlichen Erfahrung über die man spricht, am weitesten weg ist. Jedenfalls meiner Meinung nach.
Worte haben für mich keine Wahrheit an sich. Sie können Werkzeuge, Hilfsmittel und Diener sein.
Aber nichts davon gehört mir und nichts davon bin ich.
Ich kann mich darin also auch nicht finden.
Und darin auch keine Wahrheit, aus sich heraus, finden.
Aber alles nur meine Meinung.
Liebe Grüße