Wir sind da gar nicht so weit auseinander…
Bailong:
malsehen:
Es ist alles hier, nicht in der Welt der Nicht-Erbsensuppen.
Das sehe ich nicht so. Es ist alles in dieser Welt, auch die Nicht-Erbsensuppe.
Das meinte ich mit dem Bild meiner "Skalen" mit dem Nullpunkt. Etwas, das sich nicht bewegt, liegt nicht "außerhalb" aller Dinge, die sich bewegen, es hat nur ein singuläres "Bewegungsattribut", nämlich Null.
Bailong:
Indem wir uns über "Erbsensuppe" unterhalten, legen wir ja irgendwie fest, dass es Erbsensuppe gibt und was (so ungefähr) eine Erbsensuppe ausmacht. Indem wir diese Definition treffen (bewusst oder unbewusst) definieren wir automatisch das mit, was Erbsensuppe eben nicht ist. Aus der Definition von "Erbsensuppe" folgt zwingend die Definition von "Nicht-Erbsensuppe".
Hier wird’s etwas schräg. Klar, hinter dem Begriff "Erbsensuppe" (ich kann das Wort "Konzept" nicht mehr sehen) stecken tlw. unterschiedliche Definitionen. Das automatische mitdefinieren von NIcht-Erbsensuppen finde ich befragbar. Alle Begriffe, die nicht eine Erbensuppe definieren, sind "Nicht-Erbsensuppen"? Welche Erkenntnisqualität gewinne ich, wenn ich einen Kugelschreiber unter dem Aspekt seine "nicht-Erbsensuppigkeit" betrachte? Ich denke, der Umgang mit dem Erkenntnisfeld der Nicht-Erbsensuppe zielt auf etwas anderes ab…
Bailong:
Und das ist auch gar nicht weiter schlimm, ohne diese Begriffsdefinition könnten wir nicht ein einziges sinnvolles Gespräch führen. …
Wie willst Du etwas definieren, ohne es zum "Gegenteil" abzugrenzen? …
Einen Begriff für ein Verständnis einzugrenzen (aka definieren) ist oft recht einfach über den Weg, zu fragen, was es alles nicht ist. Ich bleibe mal bewusst bei den landläufigen Begriffen ohne Begrifflichkeiten aus einer "Transwelt": "Eine Erbsensuppe ist nicht lang und dünn und man kann sie nicht in die Hemdtasche stecken" grenzt sie für ein gemeinsames Verständnis von einem Kugelschreiber ab. Was diese Abgrenzung über ein "was es nicht ist" nicht ist, ist eine Definition eines Gegenteils. Ein Gegenteil ist (siehe mein vorheriger Post) in unserer Sprach- und Gendankenwelt anders besetzt. Ich reite deswegen so darauf herum, weil man über diese Gegenteiligkeit leicht in eine "Trans-Welt" rutscht. Nötig ist das – siehe Erbensuppen in ihrer Qualität als NIcht-Kugelschreiber erst einmal nicht. Der Kugelschreiber ist nicht das Gegenteil einer Erbsensuppe.
Schön an diesem Beispiel ist auch die Erkenntnis, dass es leidlich absurd ist, nach Gegenteilen für bestimmte Begriffe überhaupt zu suchen. Was ist das Gegenteil einer Erbsensuppe? Man kann sicher lange alle Attriubute einer Erbsensuppe auflisten, und etwas suchen, was diese Eigenschaften in ein Gegenteil verkehrt (heiße Suppe – kalter Kufgelschreiber | weiche Suppe – harter Kugelschreiber | etc., etc.) Macht eine solche Suche aber einen Sinn?
Bailong:
Dass solche Definitionen nicht unbedingt einer Skala entspringen, lieber Malsehen, kannst Du Dir schnell bei Adjektiven klarmachen. Wenn es heiß geben soll, gibt es auch kalt. "Oh, Kind, ich glaube, Du musst ins Bett! Du bist ja ganz heiß" sind irgendwas zwischen 38°C und 40°C. "Die Oberfläche der Sonne ist heiß" ist irgendwas bei 6.000°C (glaub' ich. Nagelt mich nicht 'drauf fest, ich hab' jetzt keine Lust, das zu googeln). Wo ist jetzt die Skala für heiß und kalt? Gibt es nicht. Aber damit etwas "heiß" sein kann, muss irgendwo irgendwas existieren, das "kalt" ist.
Dass wir im Leben eine recht große Skala ggf. in ihren Ausschnitten betrachten, und sich dort eine Relativität der Zuordnungen ergibt, wie Du es ja beschreibst, ist eine Binsenweisheit. Des einen "Kalt" ist des anderen "Warm". Im jeweiligen Bezugssystem, ist Warm aber immer in einer (der gleichen, verhältnismäßigen) Richtung gegenüber Kalt verschoben. Aus diesem "immer gleichen" Verhältnis leiten wir die Begrifflichkeit von "Gegenteil" ab. Ich habe dieses Skalenbild verwendet, um das verlegen des Gegenteils in eine Gegenwelt zu vermeiden. Auf der Skala von heiß bis kalt sind alle Werte enthalten. Auf einer Skala von "komplex bedingt" bis "unbedingt" sind alle Werte enthalten. Nicht-Begingt ist nicht außerhalb der Welt der Bedingtheit. Es ist nur ein möglicher Fall von Bedingtheit.
Bailong:
malsehen:
Es geht darum, was Erbsensuppe mit mir macht oder mich machen lässt
Das sehe ich auch anders. Es geht darum, was der Begriff Erbsensuppe mit Dir macht. Die Erbsensuppe macht Dich satt. Punkt. Der Begriff "Erbsensuppe" vermag Dich sogar hungrig zu machen. Oder gierig. Oder auch angeekelt. Vielleicht erinnert er Dich an Deine Bundeswehrzeit, an Schlamm, Kälte und falsche (oder auch echte) Kameradschaft. An Tötungsbefehle und Verweigerungsgedanken. Vielleicht erinnert er Dich an ein warmes, liebevolles zuhause, einen alten Holztisch, Wärme, Nähe, Lachen. Das macht nicht die Erbsensuppe. Das macht Deine ganz persönliche Vorstellung vom Begriff "Erbsensuppe".
So lange man das nicht unterscheiden kann, klebt man an den Begriffen. Und dann - nur dann - sind sie leiderzeugend.
Das sehen wir glaube ich genau so. Du schiebst der Erbensuppe noch den "Begriff" vor. Andere würden die Erbsensuppe auf die Ebene eines Phänomens stellen. Ziemlich wumpe, und immer ein (möglicher, ich verdamme das nicht) sprachlicher Weg. Wichtig ist, dass wir darüber sprechen oder nachdenken oder meditieren, was – wie ich es sagte – die Erbsensuppe mit mir macht oder mich machen lässt. Es passiert alles in mir, nicht in oder mit der Erbsensuppe. Dabei sind die von dir angedeuteten Assoziationsketten ein Teil dessen, was Erbsensuppe mit mir macht. Und wenn wir auf dieser Ebene bleiben, dann erkennen wir, dass Erbsensuppe keine Eineindeutigkeit hat. Der Buddhist nennt das dann glaube ich die "Leerheit" der Erbsensuppe.
Am Beispiel der Erbsensuppe kann man noch relativ gut damit leben. So lange man mit dieser Erkenntnis nicht in das Problem kommt, an der Guklaschkanone eine Erbensuppe in all ihrer Bedingtheit und Leerheit bestellen zu müssen, sondern jederzeit in der Lage ist, eine Erbsensuppe im Alltag unter gegebenem, groben, dinglichem Denfintionsrahmen zu behandeln, ist alles gut.
Spannender wird, wenn man ähnliche Betrachtung auf andere Begriffe anwendet.
Aber immer ist – für mich – wichtig, nicht in die "Gegenteiligkeit" und die dahinter lauernde Trans-Welt zu rutschen.
Oder, wenn man einen Weg durch diese Trans-Welt macht, die Erkenntniss dort wieder in die hiesige zurückholt. Weil – ich bin nicht in der Transwelt. Ich bin und bleibe in dieser Welt, und alle Erkenntnisse, die ich mache, betreffen mich in dieser Welt. Dass diese Erkenntnisse mein in dieser Welt sein auf einer Skala für in der Welt sein so drastisch verschiebt, dass man das dann einen Übergang in eine andere Sphäre oder Erleuchtung oder was auch immer nennt, sei bitte jedem belassen. Für mich bleibe ich auf dieser Skala, habe nur eine andere Position als vorher.
Das scheint weniger, als ein wie auch immer glorifiziertes Nibbana und der Übergang dorthin. Aber wie Du schon ausführtest, die Betrachtung von mehr und weniger auf dieser Skala ist immer sehr sehr relativ.