Beiträge von Kirschbluete im Thema „Rechte Rede“

    Hallo Kevin,


    Zitat

    Ich stelle mich jeder Diskussion, aber es gibt auch andere Menschen, die so auf ihren STandpunkten beharren, dass jegliches Ansprechen nur zur Eskalation führt oder keine Veränderung bringt, da überlegt man es sich dann ob man es sich antut, weil es kostet ja auch kraft.


    was ich für mich erkannt und gelernt habe ist:
    ich stelle mich nicht mehr jeder Diskussion und das beruhigt ungemein.
    Es gibt für mich gar keinen Grund, mich jeder Diskussion zu stellen - "nicht überall mit zu diskutieren" kann innerlich sehr frei machen! :D

    Hallo Karnataka,


    Zitat

    puh… das ist eine schwierige Situation. Der Umgang mit dauernder Selbstaggression kann, glaube ich, ganz stark eigene zornige Impulse und Frustration auslösen. Ich bin seit über 20 Jahren in der Betreuung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung beschäftigt – und ich habe die Betreuungstätigkeit über einen langen Zeitraum, rückblickend betrachtet, oft nicht optimal hingekriegt. Der Buddhismus hat mir unglaublich geholfen und überhaupt erst die gezielte Arbeit mit den eigenen Emotionen ermöglicht, und heute besitze ich einen wirklich liebevollen Zugang und mehr noch, ich empfinde die Tätigkeit als große Bereicherung für mich. Trotzdem blicke ich mit Respekt auf die Situation in anderen Teams, die besondere Belastungen tragen.


    Durch das eigene Kind so gefordert zu werden, ist etwas, das ich vor wenigen Jahren wohl kaum bewältigt hätte und es hätte beinahe zwangsläufig zur Überforderung geführt, weiß ich. Auch heute bin ich mir über die tatsächliche Belastung kaum im Klaren, doch sehe ich den Charakter der selbstlosen Liebe zum eigenen Kind deutlich und weiß (besonders aus dem Kontakt mit vielen Angehörigen), dass keinerlei Unterschied in der innigen Verbundenheit besteht, auch wenn die Anforderungen ungleich größer sind. Persönlich glaube ich, dass es sinnvoll ist, einen Menschen mit starker Lernbeeinträchtigung so ab dem Erwachsenenalter aus dem Wohnen im engen Familienverband in das betreute Wohnen übersiedeln zu lassen. Viele, viele Eltern sehen das jedoch anders


    die Selbst- und Fremdaggressionen haben sich glücklicherweise in den vergangenen Jahren stark verringert.
    Was bei mir aber "hängen geblieben" ist, ist eine latente "erhöhte Alarmbereitschaft", d.h. ich habe dadurch gelernt, die "Flöhe husten" und das "Gras wachsen" zu hören.
    Ich merke immernoch, dass ich innerlich anspanne, wenn unsere Kleine z.B. eine Bewegung macht, die bei mir sofort im Geist anfängt zu alarmieren: "Achtung, sie könnte jetzt wieder anfangen, mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen."
    Es wird bei mir innerlich allmählich ruhiger, aber die "Hab-Acht"-Tendenzen sind schon noch recht ausgeprägt und ich vermute, die werden auch noch eine Weile dauern.


    Was die Zukunft im Erwachsenenalter unserer Kleinen betrifft:
    wir liebäugeln (auch gemeinsam mit der Pflegemutter ihres ebenfalls schwerbehinderten Bruders) mit dem Gedanken, dass unsere Kleine und ihr Bruder im Erwachsenenalter möglicherweise mal in dieselbe Einrichtung gehen können.
    Beide Geschwister besuchen je eine anthroposophische Schule für Kinder mit geistiger Behinderung und der Träger dieser Schulen hat auch entsprechende Einrichtungen.
    Auch wenn unsere Kleine "erst" 12 Jahre alt wird: wir reden immer wieder über das Thema, auch mit unserem Jugendamt (wir arbeiten sehr gut mit unserem Pflegekinderdienst und dem Vormund unserer Kleinen zusammen), so dass wir nicht erst "auf den letzten" Drücker mit einer Suche für eine würdige Unterbringung beginnen müssen.


    Mir/uns ist es als (Adoptiv-/Pflege)Eltern sehr, sehr wichtig, dass unsere beiden Kinder ein von uns unabhängiges Leben führen können.
    Unsere Große (15) ist glücklicherweise gesund und munter wie ein Turnschuh und wird ihren Weg gehen - und auch wenn unsere Kleine zeitlebens auf die Unterstützung anderer angewiesen sein wird, wollen wir sie nicht an uns "festbinden".


    Was ich aber auch merke ist, wie schützend und unterstützend ich den Dhamma für mich empfinde.
    Ich fühle mich dadurch getragen und auch orientiert und das gibt mir sehr viel Kraft.



    Lieber Kevin,


    Zitat

    Mein Ziel ist Entwicklung nach vorne, und ich sage euch auch warum, weil es mir seit Jahren gesundheitlich so schlecht geht, dass man das nicht als Leben bezeichnen kann, es dreht sich alles um das Leid, um Schmerzen, Symptome, es ist alles eskaliert in den letzten 2 Jahren, ich bin resistent geworden gegen jeweilige Therapien, gegen Schmerzen aller Art, gegen Symptome aller Art. Daher bin ich heute auch der der ich bin, wäre mein Leben problemlos gelaufen wäre ich wohl ein anderer geworden, daher suche ich eben den Schlüssel was es ist, ich kann es mir nicht erklären und ich bin ja kein Mensch der nicht nachdenkt.


    Verzeiht mir dass ich hier ein wenig aushole, aber ich denke es gehört zu meiner Geschichte, weil es der Mittelpunkt ist. Ich bin heute über 40 Jahre und seit ich denken kann habe ich Schmerzen und Symptome, ich kenne das Leben nicht anders und daran zerbricht man irgendwann halt auch mal. Die Schulmedizin steht "daneben", die Alternativmedizin ebenso - das bekam ich mehr als einmal gesagt, wir können ihnen leider nicht helfen - aber wie gesagt, es eskaliert und ich habe keine Gegenstrategie mehr außer mich dem zu ergeben, mit Leben hat das Ganze nichts mehr zu tun. Ich habe mich auch gefragt, ob ein Vierjähriger schon so viel angestellt hat, dass er mit diesen Dingen bereits konfrontiert ist, wie Gedanken an den Tod, das Sterben und die permanenten Schmerzen und manchmal auch Krankheiten, ja und da gibt es natürlich auch eine massive Angsterkrankung, also liebe Leute geht zu Ärzten wenn ihr was habt, aber Hände weg von den Psychodoktoren, sie stehen komplett daneben, die Angebote sind keine Alternative für mich. Sie arbeiten nur mit Medikamenten, und das ist der Weg in der Abgrund, wobei die Medizin natürlich auch viel gutes hat, mir haben sie halt nicht helfen können.


    Deine Offenheit berührt mich sehr!
    Ich kann mir vermutlich kaum vorstellen, wie stark diese Belastung durch die Beeinträchtigungen für Dich sein muss.
    Im Moment fühle ich mich leider auch ein bisschen ratlos, weil ich Dir gerne etwas Hilfreiches an die Hand geben möchte und weiß nicht so recht, was Dir in dieser Situation hilfreich ist.


    Was mir in krisenreichen Lebenslagen bisher am meisten geholfen hat, war die zwischenmenschliche Kontakt zu Dhammafreunden, Gespräche über die Lehre usw.
    Was ich Dir von ganzem Herzen wünsche ist, dass Dir jemand begegnet, der Dich praktisch "an der Stelle abholen" kann, an der Du Dich im Moment befindest.



    Hallo Kevin,


    die Geduld mit mir selbst ist genau die Übung, die ich bisher am hilfreichsten empfinde.
    Mal ein kleines Beispiel aus meinem "Lebensnähkästchen":
    mein Mann und ich haben ein schwerbehindertes Kind aufgenommen. Unsere Kleine ist jetzt nicht ganz 12 Jahre alt und hat insgeamt ein "schweres Päckchen" mit sich gebracht - nicht nur ihre geistige Behinderung, sondern auch viele Verhaltensauffälligkeiten.
    Ihr Tag bestand noch vor nicht wenigen Jahren aus "Haben wollen, haben wollen, haben wollen!"
    Und wenn sie "es" (was auch immer) nicht bekommen hat, ist sie regelrecht ausgerastet - sie wurde unbeschreiblich wütend und hat getobt.
    Das ging bei ihr über Eigen- bis zu Fremdaggression.


    Diese Wutattacken waren für uns alle eine Belastung und ich habe mir irgendwann gedacht, dass ich es mal ganz sachte mit Geduldsübungen bei ihr versuche.
    Wann immer sie sofort "haben wollte", habe ich mit ihr geübt, einen Moment inne zu halten und habe immer ganz langsam den Begriff "Geeee-duld" ausgesprochen, egal, an welcher Stelle wir uns befunden haben.
    Wenn sie mit innehalten konnte, habe ich sie sehr gelobt und ihr gesagt, dass es gut ist, wenn man Geduld hat.


    Ich habe mit ihr trainiert, ein Ding nach dem anderen zu machen - immer ein bisschen inne zu halten, bevor man das nächste macht.
    Irgendwann hat sie angefangen, sich selbst zu "ertappen", wenn sie etwas "sofort gewollt" hat und irgendwann habe ich dann gehört, wie sie zu sich selbst gesagt hat: "Geeeeee-duld." (Ihr Sprachwortschatz ist ungefähr dem eines dreijährigen Kindes gleich, jedes neue Wort ist ein kleines Wunder bei ihr!)


    Warum ich das schreibe...
    um nicht selbst bei ihren damals dauerhaften Wut- und Zornesattacken irgendwann auszuflippen, musste ich selbst erst mal Geduld entwickeln.
    Auch als ich mit ihr das Geduldstraining gemacht habe, musste ich mit mir jede Menge an Geduld haben - sonst hätte ich die Erwartungshaltung an mich direkt auf unsere Kleine übertragen und das hätte wiederum eine sich negativ auswirkende Spannung erzeugt -
    und hätte die ganze Sache vermutlich eher verschlimmert, als verbessert.

    Kevin05:

    Hallo Kirschblüte,


    deine Frage ist leicht beantwortet, ich wünsche mir von mir selbst wie auch von meinen Mitmenschen einen wertschätzenden, achtsamen, ehrlichen, respektvollen Umgang miteinander, das was ich von anderen einfordere gilt selbstverständlich auch für mich.



    Hallo Kevin,


    was ich in dieser Hinsicht recht hilfreich finde ist, die Entwicklung von Geduld.
    Bei mir war es so: je mehr Geduld ich mit mir entwickelt habe, desto geduldiger und nachsichtiger wurde ich auch meinen Mitmenschen gegenüber.
    Das hatte wiederum zur Folge, dass sich eine gewisse Art der "Geschmeidigkeit" in meine sozialen Kontakte eingeschlichen hat, insgesamt wurde das "Miteinander" leichter für mich.


    Das "Einfordern" von sich und den Mitmenschen lässt dann allmählich nach und man empfindet eine friedlichere und wohlwollendere Gesinnung.


    So meine momentanigen Erkenntnisse, die ich im Umgang mit mir gesammelt habe. ;)
    Dabei rede ich aber auch von einem sich einschleichenden Prozess, der auch immernoch stattfindet.
    Das heißt nicht, dass ich nicht auch mal heftig entnervt sein kann oder zu einer ungehaltenen Reaktion neigen könnte.

    Hallo Kevin,


    die Frage, die ich mir bei dem Beitrag stelle ist:
    was wünschst Du Dir von Deinen Mitmenschen und was wünschst Du Dir von Dir selbst?

    Zitat

    Ich kann mir vorstellen, dass ich mich selbst kontrollieren kann und mit der Zeit das schaffe, was ich auch versuche schon seit längerem, aber meine Frau, meine Mama und eben auch Freunde reden fast nur über Belangloses oder eben andere Menschen und wie soll das funktionieren, dass ich immer schweige?


    Diese Herausforderung kenne ich auch ;) .
    Was ich mir zur Übung gemacht habe: wenn ich z.B. Besuch von meiner Tante und meinem Onkel bekommen, die ganz, ganz liebe Menschen sind, dann versuche ich ihnen sprichwörtlich "mein Gehör zu schenken".
    Was auf mich "belanglos" wirkt, kann für meine Tante z.B. sehr bedeutungsvoll sein.
    Als ich mal in einer ganz blöden Lage war, hat sie mir "ihr Gehör geschenkt", also mache ich es mir (wenn auch Jahre später) zur freudigen Aufgabe, dass jetzt ich diejenige bin, die ihr Gehör schenkt.
    Wenn meine Tante etwas über ihren Garten und ihre Nachbarn erzählen möchte, dann will ich ihr die Zeit und mein Gehör schenken, dass sie das auch aussprechen kann.


    Wenn ihr etwas Widriges widerfahren ist, dann soll sie mir das erzählen können ohne dass ich ihr das Gefühl gebe, dass mich ihre Erzählungen langweilen.
    Authentizität (also aufrichtiges Interesse) ist da aber sehr wichtig!
    Was für sie im Moment unseres Beisammenseins wichtig ist, mache ich mir in dem Moment auch zur Wichtigkeit.


    Das heißt ja noch lange nicht, dass ich mit ihr "gemeinsam auf den Tisch haue" und mit ihr in eine Lästertirade verfalle.
    Man kann auch so damit umgehen, dass man einfach fragt: "Ja, wie ist es denn Dir dabei gegangen, als Deine Nachbarin *diesunddasundjenes* - das muss sich ja nicht gut angefühlt haben..." usw. usw.


    Es gibt immer wieder Möglichkeiten, Gespräche auch ganz sanft in eine gewisse Richtung umzulenken, man dabei dem Gesprächspartner aber auch Wertschätzung signalisiert.


    Zuhören ist für mich auch eine Übung im "sich zurücknehmen", sich nicht so wichtig zu nehmen und dem Gesprächspartner Platz und Raum zu überlassen.

    Hallo Kevin,


    was ich auch als recht wichtig empfinde ist, dass man nicht in die Denkweise gerät. "Ich, der gute Buddhist - Ihr, die unwissenden Weltlinge, die Ihr tratscht und klatscht und keine Ahnung habt....".
    M.E. fängt die rechte Rede mit den eigenen Denkgewohnheiten an.
    In dem Moment, in dem ich anfange, den "Tratsch und Klatsch" meiner Mitmenschen zu bewerten, in dem Moment ist auch schon die Tendenz angelegt, dass ich mich irgendwo be- oder aburteilend über die Menschen äußere.


    Ich versuche mich immer auch ein Stück weit in die Lage meiner Mitmenschen zu versetzen.
    Glücklicherweise lebe ich in einem sozialen und beruflichen Umfeld, in dem es wenig zu Lästereien kommt und wenn ich mal in etwas ähnliches gerate, dann übe ich mich in einer Art "wohlgesonnene Zuhörerrolle".


    Für mich ist es auch vorstellbar, dass ich auf so manchen Mitmenschen wie ein "Alien" wirken muss, weil ich schon tw. deutlich andere Interessen habe.
    Mittlerweile kann ich das auch akzeptieren, dass mich nicht jeder "verstehen" kann.


    Mich wollte mal eine weitläufige Bekannte "therapieren", weil ich auf sie so weltfremd gewirkt haben muss.
    Dazu hat sie mir eine DVD mit "Bauer sucht Frau" eingelegt, damit ich das "wahre Leben" kennenlernen könnte.


    Mittlerweile glaube ich verstanden zu haben, dass sie einfach händeringend eine Basis gesucht hat, auf der wir uns begegnen können.



    Was ich aber auch in den vergangenen Jahren an Erfahrung gemacht habe:
    irgendwann wird die eigene innere Haltung weicher, geschmeidiger, wohlgesinnter - manches wirkt dann auch ganz anders und es fällt auch gar nicht mehr so schwer, sich z.B. bei Lästereien zu enthalten.
    Man hört aber auch auf, Mitmenschen abzuurteilen, die lästern, weil man auch die Not dahinter immer mehr erspüren kann.
    Aber das ist alles ein sich einschleichender Prozess und ich bin ganz offen:


    auch wenn ich mich in der rechten Rede übe (und diese Übung für mich auch sehr ernst nehme):
    ich laufe auch ab und zu mal am Rande des Vulkans herum und mir wäre neulich fast eine ziemlich unheilsame Entgleisung passiert, weil ich mich sooooooo über jemanden aufgeregt hatte.


    Es gibt wenig, über das ich mich aufrege, aber umso heftiger habe ich das vor kurzer Zeit empfunden.


    Mit einem Satz, der mir zu Ohren gekommen ist, habe ich auf einmal im Brustkorb eine Hitewelle aufsteigen spüren, die mir unmittelbar in den Kopf geschossen ist und da konnte ich meine Zunge fast nicht mehr in Zaum halten. Ich hatte gerade noch so "die Kurve" gekriegt, bevor mir etwas nicht besonders "Nettes" aus dem Mund gekommen wäre.


    Von daher übe ich mich schön "brav" weiter, erst mal vor meiner Haustüre zu kehren - denn ich bin da auch noch lange nicht "jenseits von Gut und Böse" ;)