Beiträge von Sabeth im Thema „Mitgefühl statt Abgrenzung oder umgekehrt?“

    Liebe Menschen, die mir hier alle so freundlich geantwortet habt - ich danke euch für alle Hinweise und Ideen, wie ihr mit der Situation umgehen würdet, und ich fand einige Beiträge, in denen ich für mich las: "Ich DARF mich abgrenzen" sehr, sehr tröstlich.


    Aber insgesamt geht es mir tatsächlich gar nicht (oder gar nicht mehr) so sehr um "Was mache ich nur mit diesem Mann", sondern um das, was sich da eigentlich in mir abspielt, in Bezug auf ihn. Ich hoffe sehr, ihr kommt euch nicht veräppelt vor, weil ich im Eingangsposting um Rat gebeten habe. Ich merke gerade, dass das missverständlich ist; ich meinte dort schon Rat in Bezug auf meine innere Zerrissenheit/ Widersprüchlichkeit.


    Viele Grüße
    Sabeth

    Hallo, crazy dragon,


    ja, ich habe ihn gebeten, zu gehen. Oft. Er geht immer, aber er kommt immer wieder.
    Und... es besteht keine Beziehung außer der beschriebenen. Ich kenne den Mann nicht.
    Er ist auch kein "typischer" Obdachloser, sondern ein Mann aus Schwarzafrika, der irgendwie einen unklaren "Status" hat, sagte die Obdachlosenhelferin letztes Mal. Ich hab nicht wirklich Einblick, außer, dass er eben keine Wohnung hat.


    Ich bin auch ziemlich sicher, dass er mich nicht stalkt, also, dass er gar kein Interesse an meiner Person hat.
    Ich wohne ganz oben, und wenn er sich dort hin legt, dann kann er sicher sein, dass eben nur ich vorbei komme, weil
    sonst keiner so weit oben wohnt. Läge er woanders im Treppenhaus, würden mehrere Leute ihn sehen und ihm evtl. größere Schwierigkeiten machen als ich mit meinem "please leave."

    Das ist meine Lebensbotschaft von meiner Familie, Ji'un Ken.
    Ich hab auch überlegt, ob es das ist. Und ich danke dir für die Frage.
    Aber weißt du, was noch - wenn er ein Geschäftsmann wär, der sich mit Geld eben einen Platz vor meiner Tür erkauft (ist natürlich Quatsch, das macht keiner) - oder wenn es ein hoch angesehener Mensch wäre, der dort liegt, ein Star oder so etwas - es würde mich ganz genau so wütend machen. Ich seh da sehr die (auch so häufige) Botschaft an mich: Du darfst dir keinen Raum nehmen. DU darfst nur nehmen, was übrig bleibt.


    Aber er nimmt ihn, sich; er nimmt sich das, was er will. Und das macht mich so schrecklich wütend.


    Ja, freeman. Mich entscheiden. Also, das heißt - ich möchte es sehr. Wahrscheinlich zu sehr, ich krieg Kopfweh davon, weil ich so sehr eine Entscheidung zu brauchen glaube.


    Ich danke euch übrigens allen schon sehr für eure Worte und Gedanken. Auch denen, denen ich nicht direkt geschrieben habe.
    Ich habe versucht, zu beobachten, ohne Wertung - und bin erst ganz dicke Anfängerin darin. :) Ich möchte da weiter gehen.

    Hm... es ist diffus. Ich denke oft, mich beweisen zu müssen. Meist mach ich das Gegenteil und räume das Feld, und umso mehr muss ich mich dann beweisen. Ich war nie gut zu mir und hab mir meist das Ungünstigste für mich ausgesucht und oft nur geduldet und geduldet, und nun beiße ich mich überall fest, wo ich denke: Du gibst schon wieder nach. Nicht schon wieder!
    Mitgefühl mit mir haben geht irgendwie nicht - weil ich dann immer finde, ich sei egoistisch. Und so werde ich immer biestiger.
    (Und - natürlich habe ich dem Mann "geholfen", weil ich wollte, dass er weg geht. Mir ist schon klar, dass er keine Hilfe wollte... *seufz*)


    So sehe ich gerade das Problem. Ich weiß nicht, ob es sich für dich so darstellt, Ji'un Ken.


    Freeman, das mit dem Anhaften... ich war etwas neidisch auf deinen Ausspruch "er beherrscht die Kunst des Nicht-Anhaftens", habe mich geärgert, weil ich sozusagen doof da stehe, und er so "toll". Da wollte ich einfach anführen: Guck, gar nicht, er haftet auch...
    Und mit dem "Was nimmt er dir - nichts" - das ist das, was ich denken sollte, das, was meine Vernunft sagt.
    Mein Gefühl sagt aber:Stören. Das ist leider oft nicht zusammen passend.

    Zitat

    Ich vermute, dass der Gedanke evtl. da ist, ob man Helfen sollte, kann?


    Hallo, Markus Bertulat


    hm, mein Beitrag, dass ich ihm schon Brötchen gemacht hatte, ist nicht da.
    Der Gedanke war schon da. Im Winter habe ich ihn schlafen lassen. Dann habe ich versucht, über die Obdachlosenhilfe zu helfen - er bekam auch alles. Täglich Essensmöglichkeit, einen Wohncontainer, einen Raum in einer WG, eine Arbeit, eine andere Arbeit, aber überall wollte er sich an nichts halten und hat somit alle Anlaufmöglichkeiten wieder verloren.
    Ich hab es ganz ehrlich satt, dass er alle Möglichkeiten ausschlägt und ich mich innerlich dazu bereit erklären müsste zu sagen:
    Gut, ich nehme aber an, was mich ärgert. Bleib.


    Ich hab da ehrlich gesagt kein Mitgefühl mehr. Und trotzdem halte ich es für falsch.

    Liebe Menschen,


    ich habe mein Leben lang ein Problem mit Mitgefühl gehabt. Zurzeit gibt es etwas Klassisches, wieder mal: Ein Obdachloser schläft jede Nacht vor meiner Wohnungstür. Ich weiß nicht, warum er sich genau meine Wohnungstür ausgesucht hat, wahrscheinlich, weil sie im obersten Stock ist.
    Zuerst habe ich einige Male die Obdachlosenhilfe gerufen. Er wollte nur seine Ruhe. Ich habe auch die Polizei geholt, dann ging er und kam später wieder. Er ist also nachts immer da, morgens, wenn ich um 5 zur Arbeit muss, liegt er vor meiner Tür. Ich steige über ihn weg und gehe eben.
    Aber ich empfinde Ärger.


    Die ganze Zeit denke ich: "Praktiziere Mitgefühl. Lass ihn in Ruhe. Du wärst in seiner Situation froh, wenn du schlafen dürftest. Was nimmt er dir? Nichts.
    Welches Recht hast du, zu sagen: Geh weg aus dem Treppenhaus? Verschwinde von den 2 Quadratmetern, die du beanspruchst! (Ich habe 30.)"


    Es ist nur so sehr gegen mein Gefühl. Im Grunde will ich, dass er es sein lässt.


    Das ist mein Problem mit dem Mitgefühl -
    ich zwinge mich dazu, es zu empfinden, weil ich meine, ich habe kein Recht auf Abgrenzung. (= Da Egozentrik)
    Ich kann die "richtige" Richtung überhaupt nicht erkennen.


    Irgendwo ist da ein Fehler. Ich finde ihn nicht - bin zu sehr am Anfang oder zu sehr verstrickt.
    Habt ihr einen Rat für mich?


    Gruß
    Sabeth