Liebe Vimokkha,
ich sehe das genauso wie Du, dass es ein Problem mit den Übersetzungen ins Deutsche gibt (könnte eine lange Liste nennen), die grausam missverständlich sind - solange man sich nur auf die Worte bezieht und sich nicht mit dem Inhalt vertraut macht/machen kann.
Das ist ein Dilemma, denn deutsche Worte müssen nunmal benutzt werden - aber viele Worte bekommen mit der Zeit und der Praxis fast eine umgedrehte Bedeutung, wenn man dahinterblickt. So ist es auch mit dem Wort "Analyse" anscheinend. Oft auch mit dem Wort "Selbstlosigkeit" - das bekomme ich meist um die Ohren gehauen von Leuten, die mich da "christlich" verstehen... Egal, off topic.
Jedenfalls reden die Theravadins hier deshalb ein deutliches Pali-Deutsch, das kein Unstudierter mehr verstehen kann. Vielleicht ist das ehrlicher, weil jedem sofort klar ist "Ich versteh's nicht" - aber so ganz hilfreich find ich es in der Kommunikation mit Neulingen oder anderen Traditionen auch nicht...
Was das Verhältnis von Shamata zu Vipassana angeht, so glaube ich Dir, dass Du es so erlebst, aber muss Dir sagen, in unserer Tradition wird das so nicht gelehrt. Das eine lenkt nicht vom anderen ab, sondern sie ergänzen sich unabdingbar. Fängt man an "sich den Kopf zu zerbrechen" (die Tibeter übersetzen das mit "Aufregung") gleitet man in Shamata über, beruhigt sich und kommt in die Tiefe, die Quelle. Andererseits ist bei uns "Analyse" unverzichtbar, denn die Stille des Shamata erklärt einem nicht den Beweis für die Leerheit und tiefe Erkenntnis bleibt im wortlosen Raum unerkannt... (Die Tibeter nennen es "Absinken" oder "Dumpfheit")
So wird es im tibetischen Buddhismus gelehrt. Methode und Weisheit müssen zusammengehen und sind allein nichts wert. Bei uns. Dem Zen will ich damit nicht reinreden. (Außerdem sind wir gnadenlos off-topic)
Ich bin der festen Überzeugung, dass alle Wege funktionieren können. Nur sollte man versuchen, nicht alles durcheinander zu mischen. Sonst hat man an einem Fuß einen Gummistiefel, am anderen einen Turnschuh, und wundert sich, wie schlecht man vorankommt.
Dir alles Liebe, mögen sich für Dich alle Pforten öffnen, die Du berührst.
LL