Hallo Andreas,
nach meiner Erfahrung erfüllen die Mantras mehrere Zwecke.
Einer davon ist "Ankern".
Bleiben wir bei Avalokteshvara …
Was stellt er dar? Was personifiziert er? Was geschieht mit mir, wenn ich mich an eine Gestalt wende, die umfassendes Mitgefühl usw. verkörpert? Was geschieht mit mir, wenn ich mich gedanklich an Stalin hinwende, was, wenn ich mich mit Avalokiteshvara beschäftige?
Selbst eine "einfache Gläubigkeit", die leider von konvertierten Buddhisten gerne mal mit Verachtung belegt wird, verändert die Gewohnheiten des Geistes und kann zur Erleuchtung führen. Vielleicht kennst Du die Geschichte von der Mutter, die ihren Sohn um eine Reliquie von Buddha bittet, und der ihr einen Hundezahn mitbringt?
Ich habe mir angewöhnt die Mantren Om Mane Peme Hung und Om Ah Hung zu rezitieren. Das kommt automatisch in bestimmten Situationen und hilft mir sofort dabei meine Gedanken umzulenken. Der Anblick bestimmter Abbilder stimmt mich sofort auf die Eigenschaften des Abgebildeten ein.
Auch ganz vernünftig gedacht: Was spricht eigentlich dagegen eine Person zu verehren, die so viel Positives verwirklicht hat? Wir verehren doch ständig irgendwen, nicht nur Stars, sondern auch Schriftsteller, Schauspieler, Künstler usw. Warum dann nicht so jemanden?
Es gibt noch einen weiteren Aspekt. Das ist die Erkenntnis darüber wie der Geist funktioniert. Wenn das annähernd klar geworden ist, taucht die Frage nach dem Warum gar nicht mehr auf. Du erkennst, dass dies alles ein Potential auch Deines eigenen Geistes ist (ich gehe davon aus, dass historisch gesehen die jeweiligen Bilder durchaus reale Personen gewesen sein könnten, die dann transzendiert wurden). Wenn ich also Avalokiteshvara verehre, dann verehre ich mein eigenes Potential – und letztendlich erkenne ich, dass alles nur im Geist entsteht.
Mantren helfen also nicht nur in schwierigen Situationen, sie ändern nicht nur Gewohnheiten, sie sind ein Wegweiser zur Erkenntnis.
Liebe Grüße
Doris