Beiträge von caber im Thema „Skopus des Shin“

    Benkei:


    Sehr versöhnlich konnte ich das dann alles sehen, als ich mir den folgenden Satz aus dem Lotos-Sutra (Nyoraijuryohon - 16. Kapitel, Versteil) vergegenwärtigte:
    "Ich kenne die Lebewesen, ob sie auf dem Weg gehen oder nicht.
    Damit ich sie entsprechend ihren Fähigkeiten erlösen kann, lege ich ihnen auf verschiedene Weise das Gesetz dar.
    Ständig richte ich meinen Sinn darauf, wie ich die Lebewesen dazu bringen kann, in die unübertroffene Weisheit einzutreten, damit sie schnell die Buddhaschaft verwirklichen können.


    Danke, Benkei. Du hast mir zum zweiten Mal sehr geholfen...


    lg caber

    Benkei:

    Demnach wäre es schon so, dass man von Amida gehört haben und aus dem Gehörten die Konsequenzen ziehen muss, nämlich die Anrufung, das Anvertrauen und das Wünschen.


    Das sehe ich auch so: Allen, die die Hingeburt vertrauensvoll ersehnen, wird sie zuteil. Von Jiriki/Tariki steht explizit nichts im Hongan; dieses Element dürfte vielmehr durch Shinran in den Amidismus eingebracht worden sein. (Vor dem Hintergrund seiner Lebensgeschichte ja durchaus plausibel...)


    Man müsste also von Amida gehört haben, von ihm angerufen worden sein und sich in der Folge Befreiung wünschen und sich Amida anvertrauen. Wen aber ruft Amida an, wen nicht? Welche Auswahlkriterien verfolgt er dabei?


    Entschuldigt bitte meine Penetranz (Advocatus diaboli) aber ich möchte die Sache für mich klären. Und irgendwie stört mich dabei die Vorstellung, Amida wäre hinter seinen prinzipiellen Möglichkeiten (rasche Befreiung aller fühlenden Wesen) zurückgeblieben...


    lg caber

    void:

    Ist der Hintergrund nicht ein unendlich lange existierende Welt, in der die Wesen eine unendliche Anzahl von Wiedergeburten durchlaufen? Wenn man einen Rost uendnlich oft durchfällt, ist die Wahrscheinlichkeit daran hängenzubleiben doch recht hoch, oder?


    Eine immense Anzahl von "Durchgängen" bedeutet natürlich den Verzicht auf jeglichen raschen Erlösungsanspruch. Meiner Meinung nach deckt sich das nicht mehr mit dem shinbuddhistischen Grundkonzept (leichter, rascher Weg).


    Ich muss nachdenken...


    lg caber

    Zitat

    Und die Idee des "Anvertrauen" impliziert ja schon etwas Äußeres (Tariki). Weil radikal versucht wird, das Heilsame nicht als eigenes zu reklamieren ist sogar das Anvertrauen keine Eigenleistung sondern ein Wirken Amidas.


    Und genau da beginnt mein Problem: Wenn Amidas Ruf an mich in mir Vertrauen in sein Erlösungswirken quasi automatisch generiert, ist tatsächlich nur Tariki im Spiel. (Dies scheint im Übrigen ja die offizielle shinbuddhistische Haltung zu sein!)


    Dann sind aber alle jene arm dran, an die Amidas Ruf nicht ergeht, z. B. jene, die sterben, ohne je von Amida gehört zu haben. In ihnen wird infolge des fehlenden Anrufs auch kein Anvertrauen erweckt. Fallen die dann durch den Rost? Rasche Erlösung also doch nicht für alle?


    Finde ich irgendwie unbefriedigend und mit Amidas Grundkonzept auch nicht wirklich vereinbar...


    lg caber

    Lieber void, liebe Mitleser,


    ja, es sähe in der Tat für alle fühlenden Wesen schlecht aus, wenn da nicht Amidas grenzenloses Mitgefühl wäre. Nach meinem Verständnis hat es sich Amida allerdings zur Aufgabe gemacht, unser (aller?) Leid zu beenden. In diesem Sinn wären wir dann eben nicht mehr Icchantika.


    Was aber passiert mit denen, die nichts von Amida (in deinem Beispiel: von der Möglichkeit einer Privatinsolvenz) wissen? Haben die einfach Pech gehabt? Ist im Shin das Bekennen der eigenen Unfähigkeit wirklich die conditio sine qua non? Fordert Amida dieses Bekenntnis irgendwo ein oder geht diese Forderung auf seine Interpreten (Shinran) zurück? Mit anderern Worten: Ist die Lehre von Tariki/Jiriki tatsächlich ein zentrales und unverzichtbares Shin-Element? Oder noch schärfer formuliert: Ist Amidas Erlösungswirken bedingungslos zu haben oder doch an eine Form von Anvertrauen (und damit Eigenleistung) gebunden?


    lg caber

    Liebe Freunde!


    Bewege ich mich eigentlich noch auf shinbuddhistischem Terrain, wenn ich als Skopus (zentrale Aussage) des Shin den Satz ansehen:


    "Es geht - unabhängig von ihrem Verhalten - für alle fühlenden Wesen nicht schlecht aus."


    Wäre das eine Überinterpretation dessen, was sich in Amidas Gelübden findet? Geht Amidas Mitgefühl doch nicht so weit? Ist es an Bedingungen geknüpft oder kann es das gar nicht bewirken?


    lg caber