Beiträge von void im Thema „Skopus des Shin“

    caber:


    Dann sind aber alle jene arm dran, an die Amidas Ruf nicht ergeht, z. B. jene, die sterben, ohne je von Amida gehört zu haben. In ihnen wird infolge des fehlenden Anrufs auch kein Anvertrauen erweckt. Fallen die dann durch den Rost? Rasche Erlösung also doch nicht für alle?


    Ist der Hintergrund nicht ein unendlich lange existierende Welt, in der die Wesen eine unendliche Anzahl von Wiedergeburten durchlaufen? Wenn man einen Rost uendnlich oft durchfällt, ist die Wahrscheinlichkeit daran hängenzubleiben doch recht hoch, oder?


    Aber das sind ja nur so müssige "kosmologische" Spekulationen, in denen man sich leicht verliert.


    Oder vielleicht ist es auch das kleine eigene Vertrauen in Amida und sein Gelübte, das sich in solchen Sorgen äußert? Wenn Amida überhaupt nicht so toll ist, sondern diejenigen die "durch den Rost fallen" links liegen lässt, dann erscheint ja eine Amida-Praxis dadurch weniger sinnvoll. Wer meldet schon freiwillig Konkurs an, wenn er sich mit seinem Latein noch nicht ganz am Ende sieht? Da findet man doch immer einen sehr guten Grund zur Konkursverschleppung.


    Solche Widerstände treten ja auch an anderer Stelle auf. Man hat z.B keinen Bock das hier und jetzt so anzumehmen wie es ist und fragt sich dann plötzlich ob die Praxis der Geduld nicht ziemlich zweifelhaft ist, da ja jeder Fortschritt auf Ungeduld basiert. Irgendeine Idee kommt auf, so dass der eigene Widerwille auf einmal ganz plausibel und theoretisch fundiert klingt. Man lässt das Meditieren nicht deswegen ausfallen, weil man seinen Arsch nicht runter kriegt sondern im Dienste des Fortschritts. Das kann man vor sich selbst viel besser verkaufen. Zumindest geht es mir so.

    caber:

    Lieber void, liebe Mitleser,


    ja, es sähe in der Tat für alle fühlenden Wesen schlecht aus, wenn da nicht Amidas grenzenloses Mitgefühl wäre. Nach meinem Verständnis hat es sich Amida allerdings zur Aufgabe gemacht, unser (aller?) Leid zu beenden. In diesem Sinn wären wir dann eben nicht mehr Icchantika.


    Was aber passiert mit denen, die nichts von Amida (in deinem Beispiel: von der Möglichkeit einer Privatinsolvenz) wissen? Haben die einfach Pech gehabt? Ist im Shin das Bekennen der eigenen Unfähigkeit wirklich die conditio sine qua non? Fordert Amida dieses Bekenntnis irgendwo ein oder geht diese Forderung auf seine Interpreten (Shinran) zurück? Mit anderern Worten: Ist die Lehre von Tariki/Jiriki tatsächlich ein zentrales und unverzichtbares Shin-Element? Oder noch schärfer formuliert: Ist Amidas Erlösungswirken bedingungslos zu haben oder doch an eine Form von Anvertrauen (und damit Eigenleistung) gebunden?


    Ich denke, Shin ist vor allem eine Form der buddhitischen Praxis, und die Konzepte machen im Bezug auf dieses Praxis Sinn. Dass sie unabhängig von dieser Praxis (also zur Welterklärung ) Sinn ergeben, muss ja nicht unbedingt sein. Da kann man sehr leicht in Widersprüche reinlaufen. Man kann sich z.B überlegen, dass Amida ein Bodhisattva ist, der gelobt hat erst dann zum Buddha zu werden, wenn alle Wesen befreit sind. Und dann ist man verwirrt, wer wan wieso befreit oder nicht befreit ist.


    Aber es ist ja die Praxis zentral: Und das ist Shin ein Praxis, in der das Anvertrauen eine zentrale Rolle spielt. Und die Idee des "Anvertrauen" impliziert ja schon etwas Äußeres (Tariki). Weil radikal versucht wird, das Heilsame nicht als eigenes zu reklamieren ist sogar das Anvertrauen keine Eigenleistung sondern ein Wirken Amidas.


    Ich habe sehr viel Respekt vor diesem Ansatz habe sie aber nicht für mich gewählt, da ich mir schwer tue nichts zu tun und mich anzuvertrauen. Natürlich kann man auch Meditatation als ein "nichts tun" sehen und jedes Loslassen von Ego ist in gewisser Weise ein Anvertrauen und Öffnen hin zur Wirklichkeit. Aber das Formale daran ist mir eine Stütze.

    caber:

    Liebe Freunde!


    Bewege ich mich eigentlich noch auf shinbuddhistischem Terrain, wenn ich als Skopus (zentrale Aussage) des Shin den Satz ansehen:


    "Es geht - unabhängig von ihrem Verhalten - für alle fühlenden Wesen nicht schlecht aus."


    Ein Wesen, das so mies darauf ist, dass es niemals Befreiung erlangen wird - für das es also schlecht ausgeht - wird ja mit dem Begriff "Icchantika" bezeichnet. Deine Aussage könnte man also als ein "Es gibt keine Icchantika" umformulieren.


    Seltsamerweise sagt Shinran das Gegenteil, also dass wir alle "Icchantika" sind - hoffnungslos verblendetete, die auf sich gestellt, nichts auf die Reihe bringen. Deswegen wird ein Anvertrauen an Amida Buddha und sein Gelübte gelehrt. Sähe es für alle fühlenden Wesen nicht wahrhaft schlecht aus, wäre das Gelübte hinfällig.


    Das klingt furchtbar paradox. Mich erinnert das an den Fall von jemand hoffnungslos überschuldeten, der dadurch, dass er Privatinsolvenz anmeldet, also seine Zahlungsunfähigkeit bekennt, langfristig wieder zahlungsfähig werden kann. Jemand, der eine Insolvenz verschelppt, der zahlugnsunfähig ist, aber seine Zahlungsunfähigkeit nicht bekennt, der hat diese Tür für sich verschlossen. Auch wenn gesetzlich dazu alle Möglichkeiten dazu offen stehen. Die Chance ist da, wird aber nicht wahrngenommen.


    Thomas Moser - Icchantika
    http://shinbuddhismus.wordpress.com/2010/07/27/767/#more-767