Beiträge von Benkei im Thema „Shugendo“

    Namaste!


    void:
    Benkei:

    Die Traditionslinien des Shugendô beziehen sich meist auf einen größeren Tempel.


    Ich war mal auf dem Ontake und habe da in eher radebrechenden Englisch mit einem der Pilger gesprochen. Der sagte, dass er zu keinem Tempel gehört, sondern dass er einem Pilger-Verein angehört, in dem man jährlich einmal zur Pilgerfahrt aufbricht. Auf der Seite Ontake Shinkō werden diese als kō (confraternities) bezeichnet, von denen sich einige wohl als shintoistisch, andere als shugendo sehen. Aber alle Pilger die ich dort sah, trugen diese weissen Pilgergewänder, die man mit dem Yamabushi assoziiert. Und alle hatten da wohl die gleiche Praxis, nämlich die Verehrung der Göttheiter des Ontake, auch wenn sie diese vielllicht unterschiedlich interpretieren.


    Unter Shinto and Shugendō heisst es, dass Shugendo ursprünglich davon ausgeht, dass die Praxis selbst ( "transmission beyond words / furiyūmonji) auch ohne Interpretation wirksam ist, auch wenn sich später solche Interpretationen gebildet haben.


    In "Shugendô Now" ist auch eine dieser jährlichen Pilgerfahrten, nämlich vom Kinpusen-ji (einem unabhängigen Haupttempel einer Shugendô-Traditionslinie) hoch zum Berg Kinpu zu sehen. Die Priester des Kinpusen-ji begleiten da andere Shugenjas und Laien-Pilger auf dem strapaziösen Weg.


    Die weißen Pilgergewänder sind eigentlich Standard für die meisten japanische Pilgerschaften, unabhängig davon ob Buddhismus, Shinto oder Shugendô - (Stroh-)Hut, (Glöckchen-)Stab und weißes (Pilger-)Hemd sind die Merkzeichen, an denen man als offizieller Pilger erkannt werden kann. Das weiße Hemd soll dabei für das Leichengewand stehen, welche verdeutlichen soll, dass der Pilger bereit ist während seiner Pilgerschaft zu sterben und dann auch gleich so begraben / eingeäschert werden kann.


    Dieser Kleidung bin ich auch in Kamakura begegnet, wo mehrere Pilgerwege sich kreuzen, bzw. hatte sie selbst an als ich dort die verschiedenen Pilgertempel der Reihe nach besuchte und dort jeweils Kannon, bzw. Amida zu verehren.
    Lediglich bei den "Drei Bergen von Dewa" - Dewa-Sanzan, wo ich letzten Sommer nur den kleinsten Berg, den Haguro-san "erpilgert" habe, wirkte diese Gewandung etwas deplatziert, da die Pilger dort - wenn sie denn überhaupt offizielle Pilgerkleidung tragen - blau/weiß- oder orange/weiß-karierte Oberteile tragen. Der Haguro-san gehört, soweit ich mich erinnere, zu einem Shugendô-Zweig der Tendai Shû.


    Auch am Haguro-san ist es die Praxis der Pilger, während des beschwerlichen Treppenaufstiegs an den Heiligen Bäumen und Schreinen am Wegesrand anzuhalten und diesen, bzw. deren Gottheiten, seine Ehrerbietung zu erweisen. [Da sind glücklicherweise viele hl. Bäume und Schreine, so dass man viele Pausen machen muss - für einen untrainierten Gaijin wie mich sehr willkommen ;) ]


    void:

    Ich finde es gut, Berge zu verehren einfach, weil sie da sind. Nicht als Symbol der Wirklichkeit sondern als Wirklichkeit.


    Dem kann ich nur beipflichten.
    Man sollte nicht immer nur nach Symbolen suchen und dann darin irgendetwas finden wollen, was man "Wirklichkeit" oder "Wahrheit" nennt.
    Eigentlich sind die Dinge genau-so wie sie sind!
    So-heit eben.


    Jizo:

    Vielen Dank für Eure Info, das hilft mir sehr weiter. Aber wegen dem Kuji in... das würde mich sehr interessieren, ich denke das geht sehr in die magische Praktik oder ? Kennt sich da wer aus von Euch. Es ist ja im Prinzip nichts weiter als Sanmitsu oder?


    Ich habe das mal gegoogelt.
    Das sieht für mich ganz genauso aus wie die Mudra-Praxis, welche Teil des Mikkyô [japanischer Vajrayana, also Hauptpraxis der Shingon Shû und Teil des Tendai Shû-Systems] ist.
    Beim Mikkyô geht es darum, dem (respektive seinem persönlichen) Buddha gleich zu werden, und zwar in Körper, Rede und Geist.
    Hierfür praktiziert man mit dem Körper Mudras [geheime Handgesten], mit dem Mund Mantras und mit dem Geist Visualisierungen der (bzw. seiner persönlichen) Buddha-Form, oder deren Sanskrit-Silbe (vgl. hier).
    Ich sehe gerade, der Link beinhaltet auch den Begriff "Sanmitsu".


    < gasshô >


    Benkei

    Namaste!


    Hallo Jizo,

    void:

    Shugendo ist synkretisch und nimmt sowohl Elemente aus dem Shintiosmus als auch aus dem japanischen tantrischen Buddhismus (Shingon) auf.


    Im japanischen tantrischen Buddhismus werden ja, wie auch im tibetischen Buddhismus - verschiedene Buddha-aspekte als "Gottheiten" verehrt. So ist z.B das allumfassende Mitgefühl aller Buddhas in Avalokiteshvara symbolisiert. In Tibet wie auch in Japan gab es Tendenz, den Buddhismus mit der einheimischen Religion zu verbinden und dessen Gottheiten mit diesen Buddhaspekten zu assoziieren. In diesem Bereich zwischen Buddhismus und Shintoismus bewegt sich Shugendo.


    Da hat void ganz recht.
    Neben der Gleichsetzung von japanischen Kami mit Buddhaformen, was man allerdings auch in vielen anderen japanisch-buddhistischen Traditionen finden kann - eher als Volksglauben und Einzelmeinung allerdings und selten als offizielle Traditions-Doktrin - gibt es im Shugendô dann noch sogenannte Gongen, welche als spezielle, dem Shugendô eigene Avatare [Verkörperungen] von Buddha-/Kami-Aspekten angesehen werden. Diese Gongen haben auch eigene geheime oder weniger geheime Mantren.


    void:

    Soweit ich weiss ist Shugendo in Japen nichts einheitliches sondern eher ein Sammelbegriff für unterschiedliche Traditionslinien.


    Ja, genau. Es soll ja mitunter sogar 60 mehr oder weniger selbstständige japanische buddhistische Traditionen geben, und Shugendô ist da auch nichts einheitliches.


    Die Traditionslinien des Shugendô beziehen sich meist auf einen größeren Tempel.
    Dieser gehört dann entweder zur Shingon Shû [quasi der japanische Vajrayana], mit seinem Haupttempel auf dem Koya-san (oder einer der Nebenlinien der Shingon Shû),
    zur Tendai Shû [diejenige japanische Schule, welche die meisten anderen Traditionen, auch das Vajrayana, in sich vereint], mit seinem Haupttempel auf dem Hiei-san,
    oder der Tempel samt Traditionslinie ist unabhängig. Er entstammt dann aber einer der vorgenannten Richtungen.


    Die Praktiken, mit Goma-Zeremonie, Gebirgswanderungen- und Bergsteigen, Feuerlaufen und Eiswasserfallbaden ähneln sich bei all diesen Richtungen.
    Der Shingon-Shugendô ist bekannt für das Sokushinbutsu - die Selbstmumiefizierung, welche als "Buddha-werden-in-diesem-Körper" angesehen wird. [Seit dem 19. Jh offiziell unter Strafe gestellt verboten].
    Der Tendai-Shugendô ist für das Kaihôgyô bekannt - die Laufaskese, bei der man über hunderte von Tagen täglich mehr als 30 km läuft.


    Viele Anhänger des Shugendô sind aber auch ganz gewöhnliche Buddhisten, die anstelle eines "normalen" Tempels eben einem Shugendô-Tempel angehören.
    Sie machen dann täglich ihre Andachten vor dem Butsudan, der dann vielleicht nicht Kannon [Avalokiteshvara], Shakyamuni oder Amida [Amitabha] enthält, sondern vielleicht Fudo Myôô oder vielleicht Zao Daigongen.
    So wie unsereins an Wochenend-Sesshins teilnimmt und Zazen praktiziert, so nehmen die "Shugendô-Laien" dann beispielsweise an speziellen "Berg-Askese"-Events teil.


    Den Film "Shugendô Now" kann ich in diesem Zusammenhang empfehlen.
    Oder auch das You-tube-Video über die japanischen Mumien (wenn das mal wieder "on" ist).


    < gasshô >


    Benkei