Beiträge von BigLebowski im Thema „Ist die SGI-D am Ende?“

    Hallo zusammen!

    Vorab: Ich war lange Jahre Verantwortlicher in der SGI-D, bevor ich mich aus dem aktiven Teil zurück gezogen habe. Ich kenne den Laden also von innen und stimme zu, daß da einiges nicht optimal läuft. Aber die Art und Weise wie die Diskussionen darüber geführt werden finde ich schräg und das Bild das aufgebaut wird bedauerlich.

    Zunächst die gute Nachricht: Die Mitglieder der SGI-D sind sich in ihrem naiven Enthusiasmus durchaus bewusst keine Chance auf die Erringung der Weltherrschaft zu haben. Sie versuchen es gar nicht. Vielmehr sind sie eine Laien-Bewegung und sie wollten nie was anderes sein. Damit unterliegen sie den gleichen Mechanismen wie jeder Kleingärtnerverein, in dem die deutsche Vereinsmeierei fröhlich Urstände feiert, weil wir das wohl hierzulande so dringen brauchen?

    Zum anderen sind alle deutschen Buddhisten in erster Linie Konvertiten. Und Konvertiten nerven, weil sie alles besser machen wollen, besser verstehen wollen und durchdringen wollen, als jene, die mit dem Buddhismus groß geworden sind. Da nehme ich mich nicht aus.

    Ich will auch nicht das Fehlverhalten einzelner schönreden, oder schlimme Vorfälle verharmlosen,

    doch wenn man einen Blick auf die typischen Killerargumente gegen die SGI-D wirft, muss man immer an Kleingärtner-Konvertiten denken.


    • Gern angeführt wird, man wisse gar nicht, wie viele Mitglieder die SGI-D habe. Sie verschleiere ihre Zahlen, oder rechne sie schön. Da fehle die Kontrolle. Lustigerweise wird dieses Argument gerne von Leuten gebracht, die im gleichen Atemzug der SGI-D einen veritablen Kontrollwahn unterstellen. Was denn nun? Fakt ist: Es werden nur die Mitglieder gezählt, die offiziell eintreten. Niemand geht rum und zählt die Gohonzons nach, macht ein Prüfsiegel drauf, ob sie richtig, oder überhaupt benutzt werden. Man nennt das Freiheit. Diverse monotheistische Organisationen in Deutschland bestimmen auf ähnliche Weise ihre Mitgliederzahlen – durch Taufe und Kirchensteuer. Ja, da gibt es Zahlen zum Austritt. Aber wie viele der Mitglieder denn nun wirklich zum Verein gehören, oder nur der Form halber weiß keiner. Da regt sich niemand auf.


    • Niemand wird gezwungen in der SGI-D zu bleiben. Ich habe viele Leute erlebt, die ausgetreten sind. Das eine Gruppe darüber unglücklich ist, oder einzelne Mitglieder ist mitunter normal. Die Versuche die Gründe für Austritte verstehen zu wollen, wird aber immer schnell als Gängelei einer Sekte empfunden. Warum? Wird der Austritt schulterzuckend hingenommen, heißt es: „Die hatten nie Interesse an mir!“ Können wir uns mal entscheiden? Auch wird immer wieder angeführt, man wäre nach dem Austritt isoliert worden. Ist es nicht ehrlicherweise so, das die austretende Person keine anderen Kontakte als die Gruppe hatte und sich nun selbst isoliert hat? Oder schlicht wegen nicht erfüllter Erwartungen trotzig reagiert?


    • Weil es eine Laien-Organisation ist, sind alle Verantwortlichen auch Laien. Ja, niemand wird ausgebildet, geschult oder darf dies nur, wenn er Abitur hat. Die Verantwortlichen sind normale Menschen, die dies neben Familie, Freunden, Hobby und Beruf tun. Einige wenige machen das sehr gut, viele andere eiern so durch und sind auf Unterstützung angewiesen. D.h. es gibt auch immer Personen, die doof sind, ungeschickt oder dogmatisch. Doch sie sind eben keine Profis. Und was würde das bringen? Im Beruf, der Schule oder im Bibelkreis trifft man immer wieder ausgebildete Leute, die es auch nicht können. Man hat also keine Garantien (die wir in D'land ja für alles brauchen). Was man erlebt ist also der normale Wahnsinn an guten/schlechten Teamleitern im Leben. Ich habe in all den Jahren niemanden getroffen, der Verantwortlicher wurde, weil er Leute knechten wollte! Im Gegenteil: Es ist extrem schwierig Verantwortliche zu bekommen!


    • Viele Mitglieder sollten sich mal selber an die Nase fassen und fragen, ob sie nicht nur ihre eigenen Ansprüche in eine Gruppe tragen. Es gibt nach meiner Erfahrung keinen Ikedaismus. Es gibt einen Haufen Leute, die eine Vaterfigur brauchen und jetzt im Buddhismus gerne hätten, was sie aus dem Monotheismus kannten. Diese Mitglieder übertreiben es gern und werden – so weit ich das sagen kann – milde belächelt. Es ist fast so, wie beim peinlichen Onkel auf dem Familienfest. Sie gehören halt dazu. Andere Mitglieder haben eine unerträgliche Konsumenten-Haltung. Sowohl an den Buddhismus (sie hätten gerne Buddhismus mit Vergebung der Sünden), als auch an die Verantwortlichen, die in ihren Augen wirklich alles falsch machen. Und darum unterstützen sie diese auch nie, geschweige denn, daß sie mal selber Verantwortung übernehmen würden. Das schafft eine Menge Situationen, auf die man bei einem Treffen gerne verzichtet, das kann ich Euch sagen!


    • Soweit es mich betrifft, kann ich auf Priester verzichten. Ich möchte keinen Kuttenträger, der selber im spirituellen Schlaraffenland lebt und mir sagt, was mir fehlt. Eine Religion ohne Priester ist eine glückliche Religion. Ja, das schafft Probleme bei Entscheidungen, aber mir ist keine Religion bekannt, die wegen ihrer Priester und ihrer Hierarchien besser wäre. Durch meine Kontakte weiß ich, daß viele Mitglieder eben auch keine Priester oder Meister haben wollen und den Austausch unter Gleichen schätzen und ihren Verstand selber benutzen wollen. Es wäre darum keine Rettung, wenn die SG wieder ordinierte Mitglieder hätte.
    • Immer wieder werden buddhistische Schulen, Verse, Texte und historische Fakten herangezogen, die zeigen sollen, das man den Nichiren-Buddhismus falsch oder nur in Teilen verstanden hat. Ich maße mir hier nicht an, ihn perfekt zu verstehen, aber ich weiß das alle Mitglieder die ich kenne – und ich – immer versucht haben so viel über den Buddhismus zu erfahren, wie es nur geht. Und zwar über alle Formen des Buddhismus. Es ist auch nicht verpönt dies zu tun! Tut man es nicht, könnte es ein Zeichen von Faulheit sein. Ob der Nichiren-Buddhismus nun der einzig selig machende ist, oder ob er untergeht, wenn Daisaku Ikeda nicht mehr lebt, ist mir egal. Für mich ist es der Buddhismus, der mir durchs Leben hilft. Und zwar durch mein tägliches Leben. Durch die Arbeit, die Familie und die Beziehung. Und mit dem ich mich selbst und die Welt um mich verstehen kann. Eben weil er alltagsbezogen und auch auf banale Dinge ausgerichtet ist. Das erreiche ich nicht, wenn ich auf einem Kissen hocke oder im Kreis gehe. Oder mir einrede, ich hätte kein Ich. Wem das nicht hilft, der muss vielleicht einfach für sich erkennen, daß er bei der SGI-D falsch ist. Und nicht der SGI-D die Schuld geben, weil er die Zuständigkeit für das eigene Leben abgeben will.


    Noch kurz zu mir: Ich habe vor einigen Jahren meine Verantwortlichkeiten niedergelegt und mich von allen Gruppenaktivitäten zurück gezogen. Das war meine Entscheidung und sie kam abrupt. Etliche Mitglieder waren geschockt und gute Bekanntschaften haben einen derben Knick erlebt. Jeder, der mal aus einem Verein ausgetreten ist, wird so was kennen. Ich weiß also, wovon ich spreche.

    Vielleicht kann das eine Anregung dafür sein, mal über die SGI-D mit etwas mehr Bodenhaftung zu sprechen, anstatt immer gleich die böse Sekte zu sehen.


    Sayonara