die Wahl der Kleidung besorgt seine Frau, sagt er
Ethik war ziemlich lang eine verstaubte Angelegenheit, wo seit der Aufklärung über das moralische Urteil gestritten wurde. Die analytische Philosophie hat ihr dann endgültig den Garaus bereitet, da dort nicht mal klar ist, wovon überhaupt gesprochen wird. Man möge über die Kunst von Rembrandt sprechen, doch mit der Auflage, man dürfe sie nicht bewerten. Was dabei rauskommt, ist vermutlich genau die gleiche Frage, die sich analytische Ethiker seit über 30 Jahren stellen: Worüber reden wir überhaupt? Kann man sich eigentlich ein Thema vorstellen, das noch sinnloser wäre? Das nennt sich übrigens Metaethik.
Leute wie Precht führen die Ethik endlich auf den Boden der Tatsachen zurück: unsere instinktive Veranlagung zum Mitgefühl und das Gefühl für Unfairness, die Ausreden und Schlichen, die wir uns einfallen lassen usw. Daher kann diese Ethik erklären, wie wir moralisch funktionieren und auch endlich wieder das tun, wofür sie mit Aristoteles von Anfang an gedacht war, nämlich Anregungen geben, wie man sein Leben und das Leben der Gemeinschaft verbessern kann, zwar nicht als billiger Ratgeber, sondern im Dialog mit den Wissenschaften.
Allerdings sucht Precht nicht den Dialog mit den Religionen. Er ist ein säkularer Ethiker. Wenn unser Hirn moralisches Verhalten belohnt, dann ist das eben evolutionär so entstanden. Nach meiner Ansicht ist hier ebenso eine andere Position vertretbar, ohne jedoch irgendwas zu verleugnen. Hirnvorgänge sind schließlich nicht gleichbedeutend mit dem, was wir denken, fühlen und wahrnehmen, sondern bilden nur eine Grundlage. Hier gilt das geflügelte Wort von der reduktionistischen Sicht der Naturwissenschaften. Dass Mitgefühl evolutionär entstanden ist, bedeutet daher nicht zwangsläufig, dass es keine tiefere Bedeutungsebene enthielte.