Beiträge von diamant im Thema „Motivation zur Praxis - habt Ihr Tipps?“

    Zitat

    es würde mich sehr interessieren, wie Ihr Euch zur täglichen Meditationspraxis motiviert


    Gar nicht. Weil dieser Mechanismus als "fehlerhaft" durchschaut ist. a) Es gibt eine (separate) Meditationspraxis. b) Ich habe sie zu befolgen. c) Es bedarf einer "Motivation".


    Ich halte den Ansatz daher für falsch, statt sich um bellende Hunde, schreiende Kinder etc. zu "kümmern", indem man die Geräusche in sich wahrnimmt und intensiv betrachtet, auf Meditationsobjekte oder -übungen auszuweichen. Die Meditationspraxis ist schlicht der Alltag, ohne ihn religiös zu "belasten" oder sich von ihm zu entfremden ("Shine", "zazen", was auch immer). Es ist ein konstantes Bewusstsein meiner Gedanken-, Gefühls- und Körperwelt, das abrufbar ist, auch wenn ich in Träume abdrifte.


    Gibt es ein Problem? Will ich meinem Chef eine scheuern? Dann beobachte ich den Ärger und hänge mich nicht dran. Gibt es keins, dann beobachte ich den bellenden Hund. Ist der bellende Hund ein Problem, kann ich mich um den Hund kümmern, weil sein Bellen ja sein Problem signalisiert (Bodhisattva-Ideal). Vielleicht muss das Problem Chef auch mit einer Ohrfeige beantwortet werden. Das zeigt mir die Situation, wenn ich mir ihrer Vergänglichkeit und der meiner Projektionen darauf bewusst bin.


    Die "Praxis" besteht in der permanenten Anwendung des einmal Begriffenen: Loslassen (können), Loslassen (können), Loslassen (können). Genau wie bei jeder Sportart wird mit hunderttausendfacher praktischer Wiederholung Meisterschaft erlangt. Nicht durch Ausweichen auf eine andere Sportart ("Widmungen"), sondern indem man beim konkreten Alltagsgeschehen verweilt. Der stinknormale Alltag ist die Praxis. Weil dem oft nicht so ist (und weil es buddhistische Lehrer nicht konsequent genug lehren), rennen die Leute lieber in Retreats und Leadershipseminare. Begreifen müssen sie aber nur die Basics, um sie im Alltag sogleich anzuwenden: Teilen, kein Anhäufen, Loslassen (können). Das gilt insbesondere für Gedanken und Gefühle.