Chantao das schliesst sich nicht aus, man kann - und sollte - kritisch selbst denken, wenn man Guru Yoga macht. Wichtig ist zu verstehen, dass man beim Guru Yoga, egal ob auf Karmapa oder Padmasambhava usw., nicht auf eine Person meditiert sondern auf dessen erleuchteten Eigenschaften, die man so aussen im Spiegel sieht und bei sich selbst wachruft. Das ist für viele Menschen leichter, sich damit zu identifizieren, wenn sie sich auf einen Buddha in Fleisch und Blut beziehen, als bei einer abstrakten Form. Aber auch die anderen Buddhaaspekte wie Chenrezig oder Manjushri kommen mit ihrer Darstellung dieser Neigung des Menschen entgegen. Karmapa steht dabei für Vajradhara, den Geist aller Buddhas, eine Form die für die Überwindung der Dualität steht.
Die Frage ob der Buddha das gelehrt hat ist die typische Auseinandersetzung zwischen Vertretern der "alten Schule" und Vertretern des Mahayana und Vajrayana. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass es nicht darauf ankommt was der Buddha im Wortlaut gelehrt hat und die Möglichkeiten darauf zu beschränken, sondern dass es darauf ankommt, das Ziel zu erreichen, das er vorgelebt hat. Daran muss sich eine buddhistische Lehre messen. Mahayana integriert die Lehren des Palikanon und verändert deren Essenz nicht. Sie gelten selbstverständlich als Grundlage. Es werden lediglich in Bezug auf die Praxis die Möglichkeiten erweitert.
Die Behauptung einiger Mahayanis, der Theravada sei als Weg minderwertig, weil man nicht die volle Buddhaschaft erreichen könne, halte ich für genauso widersinnig wie die Vorwürfe in die andere Richtung. Aus meiner Sicht gibt es nur eine Erleuchtung und ganz bestimmt keine "Sackgassen" bei der Buddhaschaft. Mag sein solche Ideen wurden in die Welt gesetzt, um die Leute für die neue Praxis zu begeistern, aber davon halte ich nichts. Eine gute Methode mit der richtigen Zielsetzung hat es nicht nötig, zu missionieren, auch nicht subtil. Die Leute kommen schon, wenn sie sehen, dass die Methode einen weiterbringt.