Beiträge von Sudhana im Thema „Umgang mit dem Tod eines geliebten Menschen“

    Vor vielen Jahren starb meine Stieftochter. Ich habe sie als Pubertierende kennengelernt, ein intelligentes, aufgewecktes Mädchen mit großem Potential und habe Verantwortung für sie und ihre Zukunft übernommen. Nach einer mehrjährigen typischen Drogenkarriere (typisch heisst in diesem Alter: die Eltern leben die Karriere als Ko-Abhängige mit), nach drei Therapien mit drei Therapieabbrüchen und Rückfällen in die Sucht, nach einer HIV-Infektion und schließlich dem Tod des derzeitigen Lebenspartners durch Überdosis kam der Bilanzselbstmord. Einziges Erfolgserlebnis in diesen Jahren: der Schulabschluss, in einer Therapieeinrichtung natürlich. Ihre Beerdigung leitete ein katholischer Priester - aus Mitgefühl. Ihm war es egal, dass ihm seine Kirche die Beerdigung von Selbstmördern eigentlich verbot und dass weder meine Frau noch ich in der Kirche waren. Meine Tochter selbst sah sich als Jüdin (ihr leiblicher Vater war Jude). Der erste katholische Priester, vor dem ich wirklich Respekt empfand. Das war der Punkt, an dem meine Zufluchtnahme begann.


    Vor ziemlich genau einem Jahr starb meine Schwiegermutter im Alter von 97 Jahren. Wir hatten ganz in der Nähe eine Einliegerwohnung für sie gefunden - ebener Zugang mit Terrasse direkt neben der Haustür und Ausblick auf Weinberge und den nahen Soonwald. Sie liebte es, bei schönem Wetter auf der Terrase zu sitzen. Meine Frau war die letzten Jahre jeden Tag mehrere Stunden bei ihr. Ihren eigenen Haushalt, so lange es irgend ging, führen zu können (auch wenn es eigentlich meine Frau war, die den Haushalt zusätzlich zu ihrem eigenen für sie führte). Das war ein Teil ihrer Würde, die wir ihr so lange wie möglich bewahren wollten. Nach einer Lungenentzündung letzten Winter bekam sie nach Ausheilung nicht mehr richtig Luft. Sie war auf dauerhafte Sauerstoffzufuhr angewiesen - das hieß, 24-Stunden-Bereitschaft. Schweren Herzens suchten wir einen Pflegeplatz in einem Heim. Sie war fünf Tage dort, dann hatte sie losgelassen. Wir haben einen Familienbaum in einem Friedwald, wo wir ihre Urne beigesetzt haben. Es war eine buddhistische Zeremonie - das war mit ihr so schon vor vielen Jahren abgesprochen und sie hatte den Priester, der die Zeremonie dann leitete, kennengelernt und er sie. Ich habe ihm assistiert. Die anderen Familienangehörigen hatten kein Problem mit der 'heidnischen' Beerdigung.


    Hier im Wohnzimmer steht ein Foto von ihr und davor ein Salzstein, in den man ein Teelicht stellen kann. Abends zündet meine Frau das Teelicht an.


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