Doris Rasevic-Benz:Alles anzeigenDann versuch ich das mal zu erklären … ich finde es übrigens schwer und weiß nicht, ob mir das gelingt.
Ich bezweifle nicht deren Erleuchtung. Sollten sie das sein, dann sind sie das auch objektiv, egal ob andere das glauben oder nicht.
Wie andere das empfinden ist völlig egal, weil es nicht um das Empfinden der Anderen geht. Es ist auch egal, was ich empfinde: Erleuchtung – was immer das ist – ist oder ist nicht. Und wenn sie ist, dann ist sie für alle gültig.
Wer das alles bezweifelt, soll das ruhig tun. Das ändert nichts daran, ob diese nun erleuchtet sind oder nicht. Ebensowenig ändert der Glaube an deren Erleuchtung was an der Tatsache.
Auch wenn ich das nicht bezweifle, weil ich es ohnehin weder belegen noch entkräften könnte, kann ich für mich persönlich nur wissen, dass es eine Eigenschaft ist, mit denen ich die Leute ausstatte. Vielleicht entspricht diese Ausstattung der Tatsache, vielleicht nicht.
Puh, ist das schwierig …
Vielleicht geht es auch nur um die Ebene, von der aus betrachtet wird.
Was ich meine ist, dass mir bewusst ist, dass es sich um eine Vorstellung von mir handelt. Ich weiß aber auch, dass es den Kern nicht berührt und will den Kern auch nicht berühren. Mir geht es nur um meine Vorstellung und was ich damit anstelle.
Was Du schilderst, ich lese das so, ist, dass es um Meinungen gibt, und diese berühren den Kern. Es geht weniger um die Auseinandersetzung mit der Meinung und dem eigenen Geistesprodukt und wie damit umgegangen wird, sondern um die Infragestellung des Kerns.
Darum gibt es die Religionsstreitereien, weil sich der Streit um die Inhalte dreht, nicht um die Art, wie wir mit diesen Inhalten umgehen. Also nicht die Frage: "Was machst Du mit Deinen Glaubensinhalten?" sondern "Beweise Deine Glaubensinhalte!".
Ich weiß nicht, ob ich das gut ausgedrückt habe. Das ist ein neuer Gedanke für mich und ich kann den noch nicht ausformulieren …
Hallo Doris,
danke für deine Bemühungen!
Ich verstehe dich in etwa so: Du sagst, wenn es Erleuchtung gibt, gibt es sie unabhängig davon, ob ich daran glaube oder nicht; und wenn es sie gibt und irgendwer erleuchtet ist, dann ist er das auch objektiv und für alle (egal, ob man daran glaubt oder nicht, es versteht oder nicht).
Dazu würde ich sagen: Klar, sehe ich auch so. Mein großes ABER: der Begriff "Erleuchtung" ist im Grunde inhaltsleer (und auch zu sagen: völliges Triebversiegen, völliges Durchschauen des Bedingten Entstehens etc. verschiebt das Problem nur), und es gibt nicht die Möglichkeit zu überprüfen, ob und inwieweit denn jetzt jemand erleuchtet ist. Darum macht für mich die Verwendung des Begriffs keinen großen Sinn. Ich vermute die Leute meinen mit Erleuchtung meist irgendwie sowas wie "sehr empathisch, einfühlsam, willensstark, klug, vorausschauend, ehrlich, aufrichtig" und noch eine Menge andere Attribute - von denen aber auch nie ganz klar ist, wie sie im jeweiligen tatsächlichen Fall sich dann genau äußern. Aber anstatt einzuräumen, dass es da nichts eindeutiges und endgültiges gibt, ernennen die Menschen aus ihrer Sehnsucht heraus diesen oder jenen (Buddha, Jesus, Mohammed, LamaXY, Osho etc.) zur festen Verkörperung all dieser an sich leeren Begrifflichkeiten und hängen sich daran an.
Die Unterscheidung "Was machst du mit deinen Glaubensinhalten?" versus "Beweise deine Glaubensinhalte" finde ich sehr schön und wichtig. Aber ich finde auch dass beide Aspekte dazu gehören, nicht nur einer. D.h. ich denke es ist ebenso wichtig zu schauen, was machen meine Überzeugungen mit mir und ich mit ihnen, wie sich der Frage zu stellen, was daran wie und inwieweit logischer oder empirischer Hinterfragung/Bestätigung standhält.