Beiträge von Sôhei im Thema „Lehrer notwendig?“


    Hallo Doris,


    danke für deine Bemühungen!


    Ich verstehe dich in etwa so: Du sagst, wenn es Erleuchtung gibt, gibt es sie unabhängig davon, ob ich daran glaube oder nicht; und wenn es sie gibt und irgendwer erleuchtet ist, dann ist er das auch objektiv und für alle (egal, ob man daran glaubt oder nicht, es versteht oder nicht).


    Dazu würde ich sagen: Klar, sehe ich auch so. Mein großes ABER: der Begriff "Erleuchtung" ist im Grunde inhaltsleer (und auch zu sagen: völliges Triebversiegen, völliges Durchschauen des Bedingten Entstehens etc. verschiebt das Problem nur), und es gibt nicht die Möglichkeit zu überprüfen, ob und inwieweit denn jetzt jemand erleuchtet ist. Darum macht für mich die Verwendung des Begriffs keinen großen Sinn. Ich vermute die Leute meinen mit Erleuchtung meist irgendwie sowas wie "sehr empathisch, einfühlsam, willensstark, klug, vorausschauend, ehrlich, aufrichtig" und noch eine Menge andere Attribute - von denen aber auch nie ganz klar ist, wie sie im jeweiligen tatsächlichen Fall sich dann genau äußern. Aber anstatt einzuräumen, dass es da nichts eindeutiges und endgültiges gibt, ernennen die Menschen aus ihrer Sehnsucht heraus diesen oder jenen (Buddha, Jesus, Mohammed, LamaXY, Osho etc.) zur festen Verkörperung all dieser an sich leeren Begrifflichkeiten und hängen sich daran an.


    Die Unterscheidung "Was machst du mit deinen Glaubensinhalten?" versus "Beweise deine Glaubensinhalte" finde ich sehr schön und wichtig. Aber ich finde auch dass beide Aspekte dazu gehören, nicht nur einer. D.h. ich denke es ist ebenso wichtig zu schauen, was machen meine Überzeugungen mit mir und ich mit ihnen, wie sich der Frage zu stellen, was daran wie und inwieweit logischer oder empirischer Hinterfragung/Bestätigung standhält.


    Ich verstehe nicht, wo deine Erwiderung dem entgegensteht, was ich dazu geschrieben habe. (Und vorstellen/empfinden: wo exakt soll da der Unterschied sein?)
    Was sollte ich dir da glauben oder nicht glauben können?

    Doris Rasevic-Benz:

    Daher zählt auch alleine, dass ich sie als "erleuchtete Figuren" betrachte.


    Und mit dieser Formulierung, vermute ich, würde auch niemand ein Problem haben.

    Leider wird aber halt nur allzu oft gesagt: Buddha (oder Jesus, oder Osho, oder wer auch immer) war erleuchtet (oder auch nicht). So ganz grundsätzlich, objektiv und für alle verbindlich. Und das führt zu Problemen. Dabei wären die so leicht zu vermeiden, wenn man einfach bei sich bleibt und von seinem Empfinden spricht, anstatt nicht überprüfbare Aussagen und inhaltsleere Begrifflichkeiten wie Tatsachen zu präsentieren, die für alle Gültigkeit besitzen sollen.

    So sieht´s aus.


    Niemand lernt gänzlich ohne Lehrer, niemand lernt gänzlich nur durch Lehrer.


    Der TB als System von Übungen und Texten ist wie andere Fertigkeiten und Systeme an Experten gebunden, welche z.B. mit speziellen Details ritueller Abläufe oder der Deutung von Texten vertraut sind. Und manche Einzelheiten wird man eben nur innerhalb der jeweiligen Linie erfahren können.


    Aber: über Schriftverständnis und Ritualwesen hinausgehende Aspekte, welche im TB, im Buddhismus überhaupt und in anderen Religionen als eigentliches "Ziel" angegeben werden (Erleuchtung, Gott usw.), können allesamt sowieso nicht unmittelbar geprüft oder nachgewiesen werden.


    Ober irgend ein Lama weiser oder befreiter ist als der Papst oder irgendein Bischoff, oder irgendein "Laie" oder Atheist oder Müllman, oder Philosoph oder oder oder: dafür gibt es keinerlei Beweise. Man kann sich nur anschauen wie sich die Menschen verhalten, und was sie sagen (und sie vielleicht noch befragen, wie zufrieden sie mit ihrem Leben und dem Leben an sich sind). Und unter dem Aspekt gibt es überall Meister und Nullen und Blender und Aspiraten etc.


    Wenn du gewisse Spezialkenntnisse des tibetischen Buddhismus erlangen willst, wirst du kaum umhin kommen, in Zentren/bei Geshes etc. zu lernen und praktizieren. Ansonsten nicht.