Beiträge von Sôhei im Thema „Ego, Ich und Selbst“

    Tai:
    Sôhei:

    Zumindest nicht präzise oder klar in dem Sinne, dass sie auch für einen Außenstehenden nachvollziehbar ist.


    Du sagst es! Genau deshalb geht es ja darum, die Antwort klar zu verwirklichen, nicht aber darum, sie von außen her nachzuvollziehen.


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    Tai


    Hmm, vielleicht willst du nicht drauf eingehen, vielleicht verstehst du auch nicht worum es mir geht.


    Wie soll den eine klare Verwirklichung vonstatten gehen, wenn sie nicht in der Form und nicht im Inhalt liegt?
    Das klingt mir doch sehr nach Beliebigkeit.

    Tai:


    Ich will mich jetzt nicht am Begriff "präzis" aufhängen, ich verwende ihn hier im Sinne von "genau, klar bestimmt". Gemeint ist, dass ein Koan jeweils eine klare Frage impliziert, auf die es eine klare Antwort gibt und es keineswegs, wie keks weiter oben ausgeführt hat, quasi egal sei, was man antworte, solange es "ohne Grübelei" geschehe, da "jede Antwort richtig und alle Antworten gleich" seien.
    Tai


    Hallo Tai,


    gut, aber genau das war ja der Punkt, den ich in meiner Antwort versucht habe herauszustellen. Wenn die Klarheit von Frage und Antwort nicht darin besteht, dass man einfach nur zwei passende Puzzleteilchen zusammensteckt (egal was sie zeigen), aber auch nicht im diskursiv-begrifflichen Inhalt, dann scheint es mir in der Tat prinzipiell egal, wie die Antwort lautet - denn dann geht es gar nicht um den Inhalt der Worte im Koan und Dokusan, sondern eben um die Beziehung von Lehrer und Schüler sowie die Entwicklung mit Bestätigung, welche aber eben nicht präzise ist. Zumindest nicht präzise oder klar in dem Sinne, dass sie auch für einen Außenstehenden nachvollziehbar ist. Oder doch? Maximal würde sich das Ganze dann etwa auf dem Level der Bewertung eines Deutschaufsatzes durch einen Lehrer bewegen - natürlich gibt es gewisse Kriterien, anhand denen der Lehrer seine Beurteilung fest- und nachvollziehbar macht; aber es bleibt ein ziemlicher Interpretationsspielraum (der durchaus vier Notenstufen ausmachen kann).


    Tai:


    Dass man von dem, was man tut, besser überzeugt sein sollte, ist doch selbstverständlich und gilt sicher für alles, was in jeder wie auch immer gearteten Tradition wann auch immer vollzogen wird.
    Tai


    Hmm, das geht etwas an dem vorbei was ich gesagt habe, oder wie ich es gemeint habe (ich denke du beziehst das auf meinen Satz mit der Selbstzuschreibung). Um z.B. Chemie zu lernen und gute Noten zu bekommen, musst du aber keineswegs von Chemie überzeugt sein oder daran glauben. Überzeugtsein ist bestimmt oftmals hilfreich beim Lernen (wenn es nicht in Dogmatismus abgleitet - "Ausgleich der fünf Kräfte" bietet sich da an). Aber hier ging es mir ja auch darum, ob das Ergebnis, in dem Fall einer Koan-Bearbeitung, welches ja im Zusammenhang mit sonst nicht weiter überprüfbaren Einsichten und Erleuchtungsstufen steht, auch noch eine andere Dimension aufweist als die, welche ihm die Beteiligten selbst beimessen.


    Hallo Tai,
    danke für deine ausführliche Antwort.
    Wirklich weiter hilft sie mir aber nur recht begrenzt. So wie ich deine Antwort verstehe, sind da zwei Komponenten im Spiel:


    a) Die schriftliche Tradition, d.h. es gibt bestimmte "korrekte" Antworten auf bestimmte Fragen. Was dann ja auch zu Büchern geführt hat, in denen diese Antworten gesammelt wurden. Dabei könnte man zwar von präzise sprechen, allerdings wäre das ein reiner Formalismus (im Sinne von: auf Frage x73 passt Antwort y28 etc.).


    b) Die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler einschließlich des "Bestätigen". Aber was daran präzise sein soll, kann ich nicht erkennen. Letzten Endes basiert das ja komplett auf dem Glauben und der Selbstzuschreibung beider Akteure an das, was sie da tun.


    Damit will ich jetzt keineswegs Chan/Zen und oder die Koan-Tradition schlecht machen; ich denke das Ganze bewirkt natürlich etwas, und die zum Einsatz kommenden Mittel (Sitzen, Koan, Dokusan etc.) sind funktionierende Bestandteile davon. Aber präzise ist das meiner Meinung nach nicht.

    (Was ja okay ist. Die abendländische Pädagogik betreibt seit etwa 30 Jahren einen enormen Aufwand, um besser zu verstehen, was genau in Lehr-, Lern- und Bildungsprozessen abläuft und wie diese verbessert werden können. Und von präzisen Einsichten ist man da im Grunde genommen auch Lichtjahre entfernt. Man kann rudimentäre Faktoren isolieren, die sich förderlich im Gesamtprozess auswirken: aber eine echte Methode zum Erfolg gibt es nicht.)

    Tai:

    Koanfragen sind präzise Fragen, die eine präzise Antwort implizieren. Dass diese Antwort nicht durch intellektuelles Verstehen bzw. in Form von begrifflichem Denken gefunden werden kann, steht auf einem anderen Blatt.
    Tai


    Hmm, inwiefern sind denn die Fragen und Antworten eines Koans präzise? V.a. wenn man den begrifflich-intellektuellen Sinn weglässt?

    Sherab Yönten:

    Ego, Ich und Selbst: Sind diese drei Begriffe aus buddhistischer Sicht ein und dasselbe oder gibt es da Unterschiede und wenn ja welche Unterschiede sind es ?


    Hy Sherab,


    streng genommen ist in der Fragestellung schon ein nicht unwichtiger Fehler versteckt: alle drei Begriffe sind ja gar keine buddhistischen Begriffe. Es gibt aber natürlich Sanskrit-Begrifflichkeiten im Hinduismus und Buddhismus, welche wir für gewöhnlich mit diesen Begriffen wiedergeben.
    Aber jeder Begriff - egal ob Lateinisch, Griechisch oder Sanskrit - ist für sich alleine genommen leer und nichtssagend. Jeder Begriff hat eine Etymologie (die meisten Begriffe, manche sagen sogar alle, gehen auf Eindrücke der fünf Sinne zurück), eine Geschichte seiner pragmatischen Verwendung, und verschiedene maßgebliche Definitonen durch Gelehrte unterschiedlicher Schulrichtungen.
    Kurzum, die Frage ob sie ein und dasselbe sind ist nicht zu beantworten, da weder die deutschen/eingedeutschten Begriffe, noch die buddhistischen Gegenüber jemals eindeutig bestimmt worden sind oder bestimmbar wären.
    Was möglich ist, ist den Umfang des Wissens darüber zu erweitern, sowie klarere Abgrenzungen zu erkennen.