Beiträge von Sudhana im Thema „Buddhistische Genesis“

    Nur eine kleine Hilfestellung für die, die das Sutta im Kontext (der hier die Enstehung der Varna oder Kasten ist) lesen möchten und es mit der spärlichen Quellenangabe nicht identifizieren können - es handelt sich um DN 27, das Aggañña Sutta. Auf Deutsch steht es im Netz mW leider nur in der mängelbehafteten Übersetzung Neumanns zur Verfügung. In der Kritik am Kastensystem - und insbesondere an den angemaßten Privilegien der Brahmanenkaste - liegt auch die eigentliche Funktion des Sutta, nicht in der Lehre einer Kosmologie mit quasi ewigen Geistwesen, die sich in Menschen verkörpern. Das würde wiederum eher zu Ron Hubbard passen.


    In DN 26 finden sich übrigens noch mehr Details zur "Menschheitsgeschichte" - so sollen z.B. die ersten Menschen 20.000 Jahre alt geworden sein - was immerhin den biblischen Methusalem noch deutlich überbietet.


    ()

    mukti:

    Naja, kürzlich habe ich gehört dass das zyklische Weltbild in der Wissenschaft gegenüber dem linearen in letzter Zeit mehr an Bedeutung gewinnt.


    Das ist so nicht ganz korrekt. Richtig ist vielmehr, dass insbesondere die von Explorer80 (genauer: Wilkinson Microwave Anisotropy Probe, WMAP) vom 01.10.2001 bis 20.08.2010 gesammelten Daten auf ein offenes, beschleunigt expandierendes Universum verweisen. Diese empirischen Daten stehen im Widerspruch zum Cyclic Universe - Modell von Paul Steinhardt und Neil Turok, das eine Verlangsamung der Expansion bis zum Stillstand und eine anschließende Kontraktionsphase postuliert. Außerdem eine fünfdimensionale Raumzeit (Bulk) und miteinander kollidierende vierdimensionale Branen. Dieses Modell ist nicht nur hochspekulativ; das größte Problem besteht darin, dass es nicht validierbar zu sein scheint. Jedenfalls sind diesbezügliche Vorschläge nirgendwo in Sicht. Überspitzt formuliert bedeutet das, dass das Steinhardt-Turok-Modell in etwa denselben naturwissenschaftlichen Wert besitzt wie das hier erörterte Sutrenzitat. Ein mehr oder weniger interessantes spekulatives Glasperlenspiel.


    Ich persönlich finde das so beliebte Verweisen auf die tatsächliche oder auch nur vorgebliche Kompatibilität buddhistischer Lehren mit modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen (Entschuldigung) völlig irrelevant und entsprechend uninteressant. Die im Palikanon beschriebene Kosmologie zum Beispiel ist in religionswissenschaftlicher Hinsicht durchaus nicht uninterressant. Es wäre jedoch unsinnig, sie aus ihrem zeitgeschichtlichen Kontext zu reißen und als Dogma zu präsentieren - oder auch nur als eine Theorie mit wissenschaftlichem Anspruch, die angeblich von der modernen Naturwissenschaft bestätigt wird. Das wäre auf derselben Ebene angesiedelt wie das 'intelligent Design' fundamentalistischer (und naturwissenschaftlich komplett ahnungsbefreiter) Christen. Mit buddhistischer Praxis haben solche archaischen Weltbilder (und Dogmatik überhaupt) nichts zu tun - sie sind absolut verzichtbar. Da geht es vielmehr um Entstehen und Vergehen der Welt im eigenen Geist.


    Zitat

    Da erkennt denn, ihr Mönche, der Vollendete: 'Solche Ansichten, also angenommen, also beharrlich erworben, lassen dahin gelangen, lassen eine solche Zukunft erwarten.' Das erkennt der Vollendete, und erkennt was darüber hinausreicht. Bei dieser Erkenntnis beharrt er aber nicht, und weil er dabei nicht beharrt, findet er Einkehr eben in sich, und weil er der Gefühle Aufgang und Untergang, Labsal und Elend und Überwindung wirklich verstanden hat, ist ohne Anhangen abgelöst, ihr Mönche, der Vollendete.
    (Brahmajala Sutta, DN 1)


    ()