Beiträge von Sunu im Thema „Unterschied Buddhismus und Daoismus?“

    Ich finde das gar nicht mal so einfach zu beantworten. Die Phänomene werden im Buddhismus ja auch nicht als Illusorisch gesehen. Es gibt schon einen Tisch, die Person usw., das wird ja nicht bestritten. Nur existieren diese Dinge nicht unabhängig bzw. aus sich selbst heraus. Sie existieren in Abhängigkeit zueinander, aber sie existieren. Es gibt nur keinen festen unveränderlichen Kern, also keine intrinsische Existenz . Deswegen spricht man da von Leerheit. Wenn im Daodejing von Leere gesprochen wird, dann ist damit erstmal etwas anderes gemeint. Es wird hier z.B. auf das Hohle in einer Schüssel verwiesen, wodurch die Schüssel erst ihre Funktion als Schüssel wahrnehmen kann. Also das Materielle bekommt erst Form durch das Immaterielle. Hier bekommt Leerheit einen anderen Sinn als im Buddhismus, aber es wird meiner Meinung nach trotzdem deutlich, dass auch im Daoismus den Dingen keine intrinsische Eigenexistenz zugesprochen wird, sondern dass sie in Abhängigkeit zu einander existieren. Viele Stellen im Daodejing weisen darauf hin. Auf der anderen Seite wird das Dao immer wieder als eine Art Urgrund beschrieben, also als etwas, aus dem alle Dinge hervorgehen, was es im Buddhismus nicht gibt, da dort ja wie gesagt, alles in Abhängigkeit zu einander entsteht.
    Insofern wäre ein Unterschied also schon deutlich festzustellen, wenn da nicht auch das Daodejing wiederum klarstellen würde, dass man sich das Dao nicht als letztlich existent vorstellen kann, sondern sowohl als existent, als auch als nichtexistent. Ich denke man könnte das Dao also auch so interpretieren, dass es in einem buddhistischen Sinne als " leer" ( frei von intrinsischer bzw. Eigenexistenz) bezeichnet werden kann. Es wird auch darauf hingewiesen, daß man Dao nicht beschreiben kann, auch Nibbana ist letztendlich nicht durch Worte zu beschreiben. Man versucht sich trotzdem irgendwie begrifflich anzunähern.. im Daoismus an das Dao... und im Buddhismus an das Nibbana. Beides erfolgte vlt. eben doch nur auf Basis einer unterschiedlichen Sprache, beschreibt aber Grundsätzlich das Selbe. Letztendlich kommen Daoismus und Buddhismus zum Schluss, dass man Dao bzw. Nibbana nicht beschreiben, sondern nur erfahren kann. Hierzu wird die Geistesschulung ( z.B. Meditation) im Buddhismus, wie auch im Daoismus als Mittel genannt.
    Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den beiden Richtungen, aber ich glaube fast, dass diese nur auf der konventionellen Ebene bestehen....Auf Universeller Ebene gibt es eigentlich Keinen wirklichen Unterschied. Es sind für mich zwei verschiedene Systeme, die jeweils mit unterschiedlichen Sprachen, versuchen letztendlich das Selbe zu beschreiben, etwas was allerdings eigentlich nicht durch Worte beschreibbar ist.
    Das ist aber auch nur meine Meinung ;)

    Zitat

    Tatsächlich lösen Vorstellungen von "Auflösung in Leere" und "Rückkehr zum alles erzeugenden (mütterlichen) Urgrund" unterschiedliche Gefühle in mir aus.
    Bei meinen Recherchen zum Buddhismus im Internet bin ich irgendwo auf die Info gestoßen das man je nach persönlicher Veranlagung "Einheit" oder "Auflösung" zur Zielstellung machen solle.
    Ist das richtig?


    Wie ist das denn mit dem "Anhaften" gemeint? Löst man sich als Buddhist von diesen Haftungen wenn man leidvolle Erfahrungen macht (zB Trennungsschmerz) um diese besser zu verarbeiten oder gilt dieses Nicht-Anhaften auch für die Nicht-Leidvollen Lebensmomente? Mit letzterem habe ich (vermutlich auch meiner Unwissenheit geschuldet) meine Probleme. Denn es ist doch i.m.A. wünschenswert zu zB Frau und Kindern starke Verbundenheitsgefühle zu empfinden und demnach "Anzuhaften


    mkah hat das super erläutert finde ich.
    Und es geht nicht darum sich in Leerheit aufzulösen.
    Leerheit ist selbst auch leer, da ist nichts worin man sich auflösen könnte. Laut Nagarjuna z.B. Ist mitLeerheit einfach nur der Umstand gemeint, dass die Dinge frei von Eigenexistenz sind. D.h. alle Phänomene die existieren, existieren ausschließlich in gegenseitiger Abhängigkeit zueinander. Der Tisch der vor dir steht z.B. existiert nicht aus sich selbst heraus und unabhängig, auch wenn uns unsere Sinne diesen Eindruck zunächst vermitteln. Er besteht u.A. aus Holz, also Baum und er brauchte Wasser, Sonne, Erde zum wachsen; einen Holzfäller brauchte es um den Baum zu fällen, einen Schreiner und und und...
    Am Ende erkennt man das letztlich jedes Ding im Universum an diesen Tisch mitgewirkt hat..... Den Baum Holz, die Wolken, Schwerkraft usw. siehst Du aber nicht, sondern du siehst nur den Tisch. Das ist Verblendung. Und auf Grund dieser Verblendung kann der Geist zwischen Dingen die er extrem ablehnt( Hass) und extrem begehrt ( Gier) unterscheiden. Anhaftung meint, dass man die Leerheit hinter den Dingen nicht erkennt, sondern handelt als würden sie unabhängig existieren. Man haftet an der Vorstellung der unabhängigen Existenz der Dinge. Leerheit meint, dass es unabhängig existierende Dinge nicht gibt. Die Dinge sind eben leer von Eigenexistenz. Inklusive des eigenen "ichs". Demjenigen dem das zu jeder Zeit vollkommen Bewusst ist, der sich gar nicht mehr davon blenden lässt, wie ihm die Dinge von seine Sinnen dargestellt werden, den verstehe ich als jemanden der Nibbana erreicht hat. Wobei Nibbana auch nur ein leerer Begriff ist, bzw. die Leerheit selbst ist damit gemeint, die ich versucht habe zu beschreiben. Was ziemlich sinnfrei ist, denn wie soll man etwas beschreiben, was es eigentlich gar nicht gibt.


    Die Frage nach dem Unterschied zwischen Daoismus und Buddhismus wäre dann: wird das Dao im Daoismus als etwas mit einer intrinsischen Eigenexistenz gesehen, oder wird es als Leer ( also etwas das nur in Abhängigkeit aller Dinge existiert) gesehen? Im zweiten Fall gäbe es meiner Meinung nach keinen grundlegenden Unterschied zur buddhistischen Vorstellung.


    Liebe Grüße


    Sunu