Beiträge von void im Thema „Shinrans Höllenvorstellung“

    Das die Welt leidhaft ist, ist ja desto weniger einsichtig, je privilegierter und sorgloser die eigene Position ist. Von daher sehe ich die buddhitische Kosmologie hauptsächlich als eine Einteilung nach Lebensqualität. Die Götterwelt steht dabei für sorglose Zustände (Wellnessblase) die dazu verführen, wenig Motivation für die Praxis aufzubringen, während die Höllen umgekehrt für Bedingungen stehen, unter denen es so grauenhaft ist, das auch keine Paxis möglich ist.


    Wo sich diese Bereiche örtlich befinden ist dabei irrelevant. In der traditionellen Auslegung gibt es ja sogar die Vorstellung, dass sich Höllenwesen und Himmelswesen an dem selben Ort befinden und für den einen Wasser köstliches Getränk, für den anderen glühende Lava ist. Da ich mal mit einem Methadonsüchtigen zusammengewohnt habe, ist es mir sehr ersichtlich, dass man am selben Ort in ganz unterschiedlichen Welten sein kann.


    Von daher ist für mich klar, das Hölle nicht als Ort zu sehen ist, sondern als ein "in üblen Bedingungen" sein.


    Sich Höllen zu vergegenwärtigen hat die Funktion auch unter entspannten Bedingungen Motivation zur Praxis aufzubringen. Indem man sich vergegenwärtigt, dass die jetztigen Bedingungen befristet sind und man jederzeit in ganz üble Bedingungen abstürzen kann.


    So war es z.B bei dem Zen Meister Hakuin, ein Vortrag eines Nichiren Mönchs über die acht Höllen, die in ihm Furcht vor niederen Geburten erweckte und ihn dazu brachte Mönch zu werden. Klar braucht es dazu keine Höllen. Es würde ja auch reichen, sich irgendwie anders zu vegegenwärtigen, das die Welt ein "brennendes Haus" ist. Aber vielleicht wäre Hakuin ohne Höllen kein Mönch geworden, oder wir- wenn wir mehr vor Höllen Angst hätten - schon?


    Neben dieser motivierenden Wirkung hat die Vorstellung von Höllen natürlich auch graviernde Risiken und Nebenwirkungen: Angst muss ja nicht unbedingt dazu bringen, zum positiven zu motivieren sondern kann einfach nur bedrücken und belasten. Motivation druch Angstmachen ist "schwarze Pädagogik."


    Und natürlich wurde das nicht nur in der katholischen Kirche ausgenutzt um Geld und Macht zu gewinnen:


    So gab es in Japan die äußert gewinnbringende und seixtische Idee der "Bluttümpelhölle". Den Frauen wurde erzählt, dass Menstruation eine schlimme Sache sei, weil das Blut spirituell so unrein sei, dass die in der Erde und Wasser lebenden Götter (Kami) schädigt. Weswegen Frauen nach ihrem Tod generell in die "Bluttümpelhölle" kommen um für diese üble Frevelei zu büssen. Sie lässt sich aber umgehen, indem man buddhitische Priester regelmässig bestimmte teuere Rituale durchführen lässt.


    Was ja sehr an das Motto des Ablasspredigers Johann Tetzel erinnert: „Sobald der Gülden im Becken klingt im huy die Seel im Himmel springt“.