Beiträge von Stero im Thema „niedere Wiedergeburten“

    kilaya:

    Ich verstehe, was Du meinst, stimme aber nicht zu, wo es um die absolute Konsequenz geht, die Du daraus schlussfolgerst.


    Meine Folgerungen sind immer relativ, niemals absolut. Jede Folgerung setzt eine bestimmte Begriffsbildung voraus. Denn um wie hier zu meiner Folgerung zu kommen, muss ich ja einen bestimmten Begriff zu "Gewohnheit" im Kontext von Sprachverarbeitung haben.



    kilaya:


    Das läuft dann aber wirklich auf eine Grundsatzfrage "gibt es einen freien Willen" hinaus. Aus meiner Sicht: gäbe es ihn nicht, wäre der ganze Buddhismus sinnlos.


    Bei der philosophisch offenen und nicht religiös vorbestimmten Fragestellung wird deshalb meist nie Übereinstimmung erzielt, weil die Diskutierer unterschiedliche Begriffe zu "Freiheit" haben. Die Frage ist z.B. u.a. ob man einen Willen, der abhängig entsteht als "frei" bezeichnen kann. Dann ist die Frage, ob ein Wille, der immer menschlicher Wille sein muss, als "frei" bezeichnet werden kann. Dann gibt es da die Frage, ob die Frage nach der Freiheit des Willens sich vielleicht nur deshalb stellt, weil man die inhärente Existenz eines "central executives" annimmt, der sich "in seinem eigenen Haus" unabhängig entscheiden will.

    kilaya:

    Dass es eine Form von Gewohnheit sein muss, etwas zu lesen oder zu hören, das einem einen Impuls für ein Sprengen der eigenen Konzepte und karmischen Hamsterräder gibt, sehe ich nicht so. Den Gedanken finde ich arg konstruiert. Auch hier ist mir das deswegen wichtig, weil sowas die Lücke ermöglicht, über die eine Lehre oder ein hilfreiches Wesen zu einem Wesen, das in Samsara steckt, durchdringen kann. Ohne diese Freiheit, sich neu zu entscheiden und ohne diese potentielle Offenheit eines Wesens wäre Karma blos eine Form von Fatalismus.


    "Sprengen der eigenen Konzepte und karmischen Hamsterräder" lasse ich einfach mal so stehen. Aber selbst wenn der Ausdruck valide wäre, so ist es denoch so, dass es innerhalb des Buddhismus nicht so ist, dass jeder dem gleichen Geschriebenen oder Gehörten zugeneigt ist und dass eben diese individuelle Neigung Manifestation individueller Gewohnheiten ist, Gewohnheiten die in der spezifischen Art und Weise von Sprachverarbeitung liegen.


    kilaya:


    Die gute Nachricht im buddhistischen Konzept von Karma ist eben gerade, dass man auch einen freien Willen hat, wenn man bereit ist, ihn anzuwenden.


    Das mit dem freien Willen ist ein nach wie vor heißdiskutiertes Thema in den Philosophien.

    Stero:


    Als Fazit bleibt für mich, dass das was du als Gewohnheit ansiehst nicht weit genug geht. Du erkennst das Ausmaß an Gewohnheit nicht angemessen. Das ermöglicht dir dann, dir selbst eine Zuflucht vor Gewohnheit zu definieren, die bei genauerem Hinsehen auch nur Gewohnheit ist.


    Das ist der knackpunkt, denn wenn ich jegliche Gewohnheit "abschalte", dann bin ich beim Bewußtseins-Modus der Nicht-Zuschreibung. Hafte ich daran an, dann ist es der Gipfel, der Zenit zyklischer Existenz lt. Palikanon, "das einzig Wahre" umgangssprachlich, hafte ich nicht daran an, dann ist es die letztendliche Befreiung ... von was auch immer. ;)

    kilaya:
    Stero:

    Aber diese deine Aussage resultiert nur aus deinem zu engen Verständnis von "Gewohnheit". Natürlich lässt sich Rückzug in deinem Beispiel auf Gewohnheit, Gewohnheit im Denken in einem bestimmten Kontext, zurückführen.


    Ich schrieb ja auch das:
    "Es gibt vielleicht sehr tief liegende grundsätzliche Gewohnheiten der Wahrnehmung und Wirklichkeitskonstruktion, die jedem karmischen Handeln zugrunde liegen, wie die Illusion von "Ich" und "andere", so gesehen gibt es immer auch einen Aspekt der Gewohnheit."
    Trifft es das nicht einigermassen, was Du meinst? Oder meinst Du noch was anderes?


    Die Gewohnheit von "'Ich' und 'andere'" mag eine allgemeine Gewohnheit sein. Jedoch erklärt sie nicht die Denk-Gewohnheit, die in deinem Beispiel zu Rückzug statt Gegenangriff führt, weil die Gewohnheit von "'Ich' und 'andere'" sowohl dem Rückzug als auch dem Gegenangriff zugrundeliegt.


    kilaya:
    Zitat

    Natürlich lässt sich Rückzug in deinem Beispiel auf Gewohnheit, Gewohnheit im Denken in einem bestimmten Kontext, zurückführen.


    Können wir uns darauf einigen, dass alle karmische Handeln auf tief liegenden Wahrnehmungsgewohnheiten beruht, dass aber auf der Handlungsebene selbst die Entscheidung für ein abweichendes Verhalten sowohl auf einer weiteren Gewohnheit beruhen kann, aber eben auch als völlig neuer Impuls auftreten kann, vielleicht angeregt durch etwas, das man gehört oder gelesen hat. Auf letzteres wollte ich hinaus, dass es nicht gewohnheitsmäßig sein muss, dass es auch eine spontane und in für dieses Wesen neuartige Handlung sein kann.


    Na ja. Abgesehen davon, dass wir uns vielleicht nicht auf "karmische Handeln" einigen können, so vielleicht doch auf "gewohnheitsmäßiges Handeln". Was deinen "völlig neuen Impuls" angeht, also etwas, das verursacht ist durch etwas, "das man gehört oder gelesen hat", so frage ich mich, was an dem Hören oder Lesen denn nicht gewohnheitsmäßig sein sollte.
    Als Fazit bleibt für mich, dass das was du als Gewohnheit ansiehst nicht weit genug geht. Du erkennst das Ausmaß an Gewohnheit nicht angemessen. Das ermöglicht dir dann, dir selbst eine Zuflucht vor Gewohnheit zu definieren, die bei genauerem Hinsehen auch nur Gewohnheit ist.

    kilaya:
    JazzOderNie:

    Kilaya: was stimmt denn an "Gewohnheit" nicht, bzw. was ist Karma dann, wenn nicht individuelle "Wiederholung" (in diesem Leben und in Bezug auf die Begriffsbildung)?


    Wie oben schon geschrieben: Karma umfasst auch Aspekte, die nichts mit Gewohnheit zu tun haben: "Es gibt aber auch karmische Handlungen, die nicht aus Gewohnheit begangen werden und solches Karma, das nicht zu Gewohnheiten führt. Das ist wichtig, weil ansonsten ein Ausbrechen aus dem samsarischen Kreislauf kaum möglich wäre."


    Bsp: aus Gewohnheit reagiert jemand immer nach dem gleichen Muster, z.B. auf einen Angriff mit einem Gegenangriff. Dann aber trifft er die Entscheidung, nicht mit einem Gegenangriff zu reagieren, sondern z.B. einfach gar nicht oder durch Rückzug. Da wird die Gewohnheit gebrochen, aber trotzdem ist die gewählte Alternative eine karmische Handlung.


    Aber diese deine Aussage resultiert nur aus deinem zu engen Verständnis von "Gewohnheit". Natürlich lässt sich Rückzug in deinem Beispiel auf Gewohnheit, Gewohnheit im Denken in einem bestimmten Kontext, zurückführen.


    kilaya:


    Oder jemand hat mal eine einzelne schwierige Handlung vollzogen, die nicht gewohnheitsmäßig war. Wenn sich das Karma daraus dann manifestiert, kann es sich auch in einer einzelnen Erfahrung entladen, die nicht in neue Gewohnheiten mündet.


    Wenn man mal "über den eigenen Schatten springt", dann muss das "über den eigenen Schatten Springen" nicht zur Gewohnheit werden, ja. ;)

    Also ich finde, man kann ja zu dem ganzen Sila-Zeugs und Wiedergeburts-Zeugs stehen wie man will, aber wie der Raphy drüber schreibt, das hat doch was ... fast möcht ich sagen ... was Authentisches.
    Keine Ahnung, was mich bewegt das zu schreiben ... aber wenn ich den Eindruck habe, dass Leute sich ausdrücken und nicht nur nachplappern, dann find ich das gut ... auch wenn ich mich anders ausdrücken würde. ;)